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BGH - Entscheidung vom 02.02.2021

X ZR 53/19

Normen:
PatG § 121 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1

BGH, Urteil vom 02.02.2021 - Aktenzeichen X ZR 53/19

DRsp Nr. 2021/7734

Rechtsstreit über ein Patent für einen Hörer, der mit einem für die Ausgabe von Audiosignalen eingerichteten Gerät verbindbar ist und daneben auch ein Mikrofon aufweisen kann; Ein nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehender Gegenstand unter Offenbarung der Erfindung in der Streitpatentschrift zur Ausführung durch einen Fachmann; Keine Vorwergnahme des streitgegenständlichen Patents durch einen bereits veröffentlichten chinesischen Hörer

Im Hinblick darauf, ob der Gegenstand eines Patentanspruchs auf erfinderischer Tätigkeit beruht, kann die Anwendung eines bestimmten Mittels nur dann ohne entsprechende Anregung naheliegend sein, wenn dieses als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel seiner Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmanns gehört, die Nutzung der in Rede stehenden Funktionalität sich in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen.

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 6. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 9. Januar 2019 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Normenkette:

PatG § 121 Abs. 2 ; ZPO § 97 Abs. 1 ;

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des unter Inanspruchnahme der Priorität einer österreichischen Patentanmeldung vom 30. Juni 2000 am 2. Juli 2001 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 299 988 (Streitpatents), das einen Hörer betrifft. Das Streitpatent umfasst einen Hauptanspruch, auf den 25 weitere Ansprüche zurückbezogen sind. Die Patentansprüche 1 und 2 lauten in der Verfahrenssprache:

1.

Hörer, welcher über zumindest eine Schnittstelle (14) mit zumindest einem zumindest für die Ausgabe von Audiosignalen eingerichteten Gerät verbindbar ist, mit zumindest einer Hörkapsel (7), welche in einem Gehäuse (2) angeordnet ist, und mit einem verformbaren Haltebügel (3) zur lösbaren Befestigung am Ohr (EAR) eines Benutzers, wobei der Bügel (3) am Gehäuse (2) und von diesem weglaufend angeordnet ist und das Ohr (EAR) in einem Bereich der Helix (HEL) mit einem in Richtung des Gehäuses (2) rücklaufenden Bereich (3b) hintergreift, wobei der die Helix (HEL) hintergreifende Bereich (3b) des Bügels (3) einen in befestigtem Zustand an der Rückseite des Ohres (EAR) anliegenden Endbereich aufweist, das Gehäuse (2) an seiner der Außenseite des Ohres (EAR) zugewandten Seite eine Ohrauflagefläche (10) aufweist, wobei in befestigtem Zustand der Bügel (3) zumindest bereichsweise gegen die Rückseite des Ohres (EAR) und der Hörer (1) mit der Ohrauflagefläche (10) zumindest bereichsweise so gegen die Außenseite des Ohres (EAR) gedrückt ist, dass die Hörkapsel (7) im Nahbereich des Schalltrichters (CON) und/oder der Gehörgangsöffnung (MEA) des Ohres angeordnet ist, wobei die Ohrauflagefläche (10) sowie die Hörkapsel (7) einen Abstand zu der Gehörgangsöffnung (MEA) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass der Haltebügel (3) elastisch verformbar ausgebildet ist.

2.

Hörer nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass er in einem hinteren, dem Bügel (3) zugewandten Bereich der Ohrauflagefläche (10) eine Erhebung (6) aufweist, welche in befestigtem Zustand des Hörers (1) in einem hinteren, im wesentlichen der Antihelix (ANT) zugewandten Bereich des Schalltrichters (CON) bzw. in dem in die Antihelix (ANT) übergehenden Bereich des Schalltrichters (CON) abgestützt ist.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Zudem sei die Erfindung nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit vier Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über die Fassung nach Hilfsantrag I hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin weiterhin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent mit den drei nachgeordneten Hilfsanträgen erster Instanz.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I. Das Streitpatent betrifft einen Hörer, der mit einem für die Ausgabe von Audiosignalen eingerichteten Gerät verbindbar ist und daneben auch ein Mikrofon aufweisen kann.

1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift waren im Stand der Technik verschiedene Arten solcher Hörer bekannt.

Verbreitet seien Hörer, die so ausgebildet sind, dass sie im Bereich des Außenohrs in den Schalltrichter eingesetzt werden. Solche Geräte wiesen einen relativ guten Halt im Ohr auf, doch werde das Einsetzen des Lautsprechers in den Gehörgang bzw. in den Schalltrichter als unhygienisch empfunden. Ein guter Halt im Ohr sei im Übrigen meist nur dann gegeben, wenn der Hörer möglichst fest und tief in den Schalltrichter oder den äußeren Gehörgang eingeführt werde. Dies könne zu einem unangenehmen Fremdkörpergefühl führen (Abs. 3).

Bekannt seien ferner Hörer, die durch einen über den Kopf reichenden Bügel am Ohr gehalten würden. Solche Vorrichtungen seien unhandlich, relativ schwer, benötigten nach der Benutzung viel Platz und seien daher insbesondere für den mobilen Einsatz wenig geeignet.

Ferner sei aus der internationalen Patentanmeldung WO 95/15044 (NiB1) ein Headset bekannt, das durch sein Eigengewicht am Ohr des Benutzers gehalten werde. Ein solches Headset könne bei raschen Bewegungen des Nutzers leicht verrutschen (Abs. 5-7).

Das US-amerikanische Patent 4 932 052 (D4) zeige ein Headset, das auch als Handset genutzt werden könne. Das Gehäuse sei so geformt, dass es im Bereich des Gehörgangs bzw. des Schalltrichters in das Ohr einsetzbar sei. Zur Befestigung am Ohr weise das Headset einen Querbalken auf, der gegen die Rückseite des Ohrs gedrückt werden, und zwar in dem Bereich, in dem es am Kopf angewachsen sei. Nachteilig sei, dass es sich um ein relativ großes und schweres Produkt handle. Wegen der Verwendung von verschiebbaren Teilen und einer Feder zum Fixieren des Querbalkens relativ zum Gehäuse sei es zudem vergleichsweise teuer in der Herstellung und wartungsanfällig (Abs. 8 f.).

Das US-amerikanische Patent 5 903 644 (D1) zeige einen Hörer, der am Ohr eines Benutzers getragen werde und bei dem die Verformbarkeit über ein Gelenk realisiert werde, wobei der Bügel um dieses Gelenk gegen die Rückstellkraft einer Feder verschwenkbar sei.

2. Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, einen Hörer bereitzustellen, der einfach hergestellt und sicher am Ohr befestigt werden kann und dabei einen hohen Tragekomfort bietet.

3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in der vom Patentgericht aufrechterhaltenen Fassung von Patentanspruch 1 einen Hörer vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind unterstrichen):

1.

Hörer, der über zumindest eine Schnittstelle mit einem zumindest für die Ausgabe von Audiosignalen eingerichteten Gerät verbindbar ist,

2.

mit zumindest einer Hörkapsel (7), die in einem Gehäuse (2) angeordnet ist;

3.

mit einem Haltebügel (3) zur lösbaren Befestigung am Ohr eines Benutzers.

4.

Der Haltebügel

4.1

ist am Gehäuse (2) und von diesem weglaufend angeordnet

4.2

hintergreift das Ohr in einem Bereich der Helix mit einem in Richtung des Gehäuses (2) rücklaufenden Bereich (3b) und 9. ist elastisch verformbar ausgebildet.

5.

Der die Helix hintergreifende Bereich (3b) des Bügels (3) weist einen in befestigtem Zustand an der Rückseite des Ohres anliegenden Endbereich auf.

6.

Das Gehäuse (2) weist an seiner der Außenseite des Ohres zugewandten Seite eine Ohrauflagefläche (10) auf.

8.

Die Ohrauflagefläche (10) sowie die Hörkapsel (7) weisen einen Abstand zu der Gehörgangsöffnung (MEA) auf.

10.

Der Hörer weist in einem hinteren, dem Bügel (3) zugewandten Bereich der Ohrauflagefläche (10) eine Erhebung (6) auf, die in befestigtem Zustand des Hörers in einem hinteren, im Wesentlichen der Antihelix (ANT) zugewandten Bereich des Schalltrichters (CON) bzw. dem in die Antihelix (ANT) übergehenden Bereich des Schalltrichters (CON) abgestützt ist.

7.

In befestigtem Zustand werden infolge der Elastizität des Bügels (3)

7.1

der Bügel (3) zumindest bereichsweise gegen die Rückseite des Ohres gedrückt und

7.2

der Hörer mit der Ohrauflagefläche (10) zumindest bereichsweise so gegen die Außenseite des Ohres gedrückt, dass die Hörkapsel (7) im Nahbereich des Schalltrichters (CON) und/oder der Gehörgangsöffnung (MEA) des Ohres angeordnet ist.

4. Einige Merkmale bedürfen näherer Betrachtung:

a) Der Hörer weist aus Sicht des Fachmanns, den das Patentgericht von den Parteien unbeanstandet als Produktdesigner charakterisiert hat, der zur technischen Umsetzung seiner Vorgaben einen Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulausbildung zu Rate zieht, eine Hörkapsel auf, in der sich der Lautsprecher befindet. Die Hörkapsel ist in einem Gehäuse angeordnet, das an seiner der Außenseite des Ohres zugewandten Seite eine Ohrauflagefläche aufweist.

b) Wie sich aus den Merkmalen 8 und 7.1 ergibt, ist der Hörer so gestaltet, dass die Ohrauflagefläche und die Hörkapsel einen Abstand zur der Gehörgangsöffnung aufweisen und die Hörkapsel im Nahbereich des Schalltrichters oder der Gehörgangsöffnung angeordnet ist. Damit grenzt sich das Streitpatent von Hörern ab, die in den Schalltrichter eingesteckt werden.

aa) Für den Fachmann ergibt sich daraus die Vorgabe, die Ohrauflagefläche so zu gestalten, dass der Hörer außerhalb des Schalltrichters auf der Außenseite des Ohrs so aufgelegt werden kann, dass der Bereich des Gehäuses, in dem sich die Hörkapsel befindet, über dem Schalltrichter liegt. Hierzu muss die Ohrauflagefläche (10), wie sich etwa aus dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 des Streitpatents ergibt, nicht völlig plan sein; sie kann auch leicht konvex ausgestaltet sein.

bb) Nach Merkmal 10 weist der Hörer in einem hinteren, dem Bügel zugewandten Bereich der Ohrauflagefläche eine Erhebung (6) auf, die in einem hinteren, der Antihelix zugewandten oder in diese übergehenden Bereich des Schalltrichters abgestützt ist.

Der Anspruch gibt nicht vor, dass die Erhebung auf den hinteren Bereich des Schalltrichters beschränkt ist. Er legt auch nicht fest, aus welchem Material die Erhebung gebildet und wie sie dimensioniert ist. Aus ihrer Funktion, den Hörer abzustützen und zu verhindern, dass er nach hinten verrutscht (Abs. 22), ergibt sich jedoch, dass die Erhebung so am Gehäuse angeordnet und dimensioniert sein muss, dass sie den genannten Bereich des Schalltrichters berührt.

c) Nach den Merkmalen 4.1 und 4.2 ist der Bügel am Gehäuse des Hörers angeordnet. Der Bügel läuft zunächst von diesem Gehäuse weg (3a) und hintergreift dann die Helix mit einem in Richtung des Gehäuses rücklaufenden Bereich (3b).

Bei der Helix handelt es sich um den wulstartig verdickten Rand der Ohrmuschel, der unten am Ohrläppchen (lobulus auriculae) endet.

d) Nach Merkmal 9 ist der Bügel elastisch verformbar ausgebildet. Er hat also die Eigenschaft, unter Krafteinwirkung seine Form zu verändern und bei Wegfall dieser Kraft in seine ursprüngliche Form zurückzukehren.

Nach Merkmalsgruppe 7 sind in befestigtem Zustand der Bügel zumindest bereichsweise gegen die Rückseite des Ohres und der Hörer mit der Ohrauflagefläche zumindest bereichsweise gegen die Außenseite des Ohres gedrückt. Zu Recht sind sich die Parteien darüber einig, dass beides eine Folge der Elastizität des Bügels ist.

Um diese Wirkungen erzielen zu können, muss der Bügel zumindest in dem Bereich, in dem er die Helix übergreift, elastisch ausgestaltet sein. Das Maß der Elastizität gibt das Streitpatent nicht konkret vor. Damit Merkmalsgruppe 7 verwirklicht ist, muss die Rückstellkraft so bemessen werden, dass der Bügel zum Anbringen und Abnehmen des Hörers vom Gehäuse abgespreizt werden kann und der Hörer in befestigtem Zustand hinreichend sicher am Ohr gehalten wird.

e) Merkmal 5 gibt vor, dass der Bügel einen Endbereich aufweist, der an der Rückseite des Ohres anliegt.

Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist als Rückseite des Ohres in diesem Sinne - abweichend von Merkmal 7.1 - nur der hintere Teil des Bereichs anzusehen, der die Ohrmuschel mit dem Kopf verbindet.

aa) Das Streitpatent verwendet den Begriff "Rückseite des Ohres" in zwei unterschiedlichen Bedeutungen.

(1) Um die in Merkmalsgruppe 7 festgelegte Klemmwirkung zu erzielen, muss der Bügel (3) eine zur Außenseite des Ohrs hin gerichtete Kraft entfalten, die bewirkt, dass das Ohr gewissermaßen zwischen dem Bügel (3) und der Auflagefläche (10) eingeklemmt wird. Hierzu muss der Bügel (3) gegen einen Teil der Ohrmuschel drücken, der der Außenseite gegenüberliegt. Eine Kraftentfaltung in Richtung auf den Übergang zwischen Ohr und Kopf ist für diesen Zweck nicht geeignet. In Einklang damit wird der Übergang zwischen Ohr und Kopf in der Beschreibung des Streitpatents in Zusammenhang mit dieser Klemmwirkung nicht erwähnt (Abs. 45 f.).

Die in Merkmal 7.1 vorgesehene Druckwirkung kann deshalb grundsätzlich an einer beliebigen Stelle der Ohrmuschel zwischen dem Übergang vom Ohr zum Kopf und der Helix ausgeübt werden.

(2) Der in Merkmal 5 vorgesehene Endbereich des Bügels (3) liegt nach der Beschreibung des Streitpatents zusätzlich noch an der Rückseite des Ohrs in jenem Bereich an, mit dem dieses an den Kopf angewachsen ist (Abs. 47 Z. 50-53). Hierzu kann der Bügel (3) an seinem das Ohr hintergreifenden Abschnitt (3b) ein Passstück (4) aufweisen, das eine an der Rückseite des Ohres anliegende und an deren Verlauf angepasste Kontur aufweist (Abs. 47 Z. 53-58) und mit einem weichen Überzug (5) aus Kunststoff oder Gummi versehen sein kann (Sp. 9 Z. 1-4). Diese Ausgestaltung, die unter anderem in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 5 schematisch dargestellt wird, ist in den Ansprüchen 4 bis 7 zwingend vorgesehen.

In diesem Zusammenhang ist als Rückseite des Ohrs der Übergang zwischen Ohr und Kopf anzusehen. Dies ergibt sich aus den oben wiedergegebenen Ausführungen, wonach der Endbereich des Bügels (3) "zusätzlich" im Bereich des Übergangs zwischen Ohr und Kopf anliegt, und aus dem Umstand, dass die in Figur 5 dargestellte Kontur (4a) des Bügels (4) an der Stirnseite an die gebogene Form dieses Bereichs angepasst ist.

In gleichem Sinne zu verstehen sind die Ausführungen des Streitpatents zu D4, wonach dort ein Querbalken gegen die Rückseite des Ohres gedrückt ist. Wie die Figur 1D dieser Entgegenhaltung zeigt, liegt der Querbalken (14) zwar auch an der Rückseite der Ohrmuschel an. Einen für die Befestigung des Headsets relevanten Druck übt er aber allenfalls auf den Bereich aus, an dem das Ohr am Kopf angewachsen ist.

Die besondere Ausgestaltung mit einem Passstück, dessen Kontur dem Übergang zwischen Ohr und Kopf angenähert ist, sieht das Streitpatent zwar nur in den Ansprüchen 4 bis 7 zwingend vor. Patentanspruch 1 greift in Merkmal 5 aber die allgemeine Anforderung auf, dass der Bügel einen Endbereich aufweist, der an der Rückseite des Ohrs anliegt. Diese Anforderung ist im Lichte der hierauf bezogenen Ausführungen in der Beschreibung dahin zu verstehen, dass der Endbereich jedenfalls auch an dem Übergang zwischen Ohr und Kopf anliegt und damit zusätzlich zu der in Merkmal 7.1 vorgesehenen Klemmwirkung dafür sorgt, dass der Hörer möglichst nicht verrutscht.

bb) Wenn der Hörer ein Passstück (4) aufweist, wie es in der Beschreibung geschildert und in den Ansprüchen 4 bis 7 zwingend vorgesehen ist, bildet dieses einen Bestandteil des Bügels (3).

Dies ergibt sich aus den bereits zitierten Ausführungen in der Beschreibung (Abs. 47 Z. 53-58), wonach das Passstück (4) an dem das Ohr hintergreifenden Abschnitt (3b) des Bügels (3) angebracht ist. Dies hat zwar nicht zwingend zur Folge, dass Passstück und Bügel einstückig ausgebildet sein müssen, wie dies in Patentanspruch 6 vorgesehen ist. Auch bei einer aus mehreren Teilen zusammengesetzten Anordnung bilden Passstück und Bügel aber eine funktionelle Einheit. Dies wird bestätigt durch die im gleichen Zusammenhang stehenden Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents, wonach das Passstück die Funktion hat, den auf die Rückseite des Ohrs ausgeübten Druck möglichst gut zu verteilen und ein Verrutschen des Hörers nach oben oder unten zu verhindern (Abs. 48).

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit im Berufungsrechtszug von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Streitpatent könne in der Fassung des Hilfsantrags I erfolgreich verteidigt werden. Der Gegenstand von Anspruch 1 gehe nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus. Auch sei die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Ein Hörer mit diesen Merkmalen sei durch die chinesische Patentanmeldung 1 256 607 (NK3) nicht vorweggenommen. Zwar möge die dort dargestellte Hörmuschel eine Erhebung im Sinne von Merkmal 6 aufweisen. Aus NK3 sei jedoch das Merkmal 7.1 nicht bekannt. Der Fachmann entnehme dieser Entgegenhaltung vielmehr, dass der Bügel infolge der Kraft einer Feder gegen die Rückseite des Ohrs gedrückt werde.

Der in dem japanischen Gebrauchsmuster 3051607 (NK1) beschriebene Hörer weise keine Erhebung gemäß Merkmal 6 auf.

Das US-amerikanische Patent 6 038 329 (NK4) zeige zwar möglicherweise eine Erhebung im Sinne von Merkmal 6, doch sei diese jedenfalls nicht an dem Lautsprecher angebracht, sondern an einem Ohrenschützer.

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in dieser Fassung habe für den Fachmann ausgehend von der NK3 im Prioritätszeitpunkt auch nicht nahegelegen. Zwar zeige NK3 neben der Möglichkeit, dass die das Ohr umgreifenden Klemmbügel über ein federbelastetes Gelenk verbunden seien, auch eine Gestaltung, bei der einer der Klemmbügel elastisch verformbar sei. Hieraus habe sich für den Fachmann jedoch nicht die Anregung ergeben, auch für den auf die Rückseite des Ohres wirkenden Anpressdruck die Materialelastizität anstelle einer Feder einzusetzen.

Eine weitergehende Anregung habe sich auch nicht aus der NK1 ergeben. Dort seien zwar für die federnde Abspreizbarkeit des Bügels sowohl ein Federgelenk als auch eine elastische Ausgestaltung des Bügels selbst offenbart. Bei dem in NK1 gezeigten Hörer sitze der Lautsprecher jedoch in der Vertiefung des Ohres. Zum Prioritätszeitpunkt sei der Fachmann offenbar der Überzeugung gewesen, dass es mit einem elastisch verformbaren Bügel nicht möglich sei, den erforderlichen Druck auf die Rückseite des Ohres zu erzielen. Dieses Vorurteil habe erst das Streitpatent überwunden.

III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.

1. Zutreffend und von der Berufung unbeanstandet hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der nunmehr maßgeblichen Fassung nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht und die Erfindung in der Streitpatentschrift so offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

2. Zu Recht hat das Patentgericht eine Vorwegnahme sämtlicher Merkmale des Gegenstands von Patentanspruch 1 durch NK3 verneint.

a) NK3, die in deutscher Übersetzung als NK3c vorliegt, grenzt sich einerseits von Kopfhörern mit einem über den Kopf geführten Bügel und andererseits von Kopfhörern ab, die in der Vertiefung der Ohrmuschel getragen werden, und schlägt stattdessen einen Hörer vor, der in der Größe etwa der Ohrmuschel entspreche.

Solche Hörer würden vielfach mit C-förmigen Bügeln getragen, mit denen sie an der Engstelle zwischen Kopf und Ohrmuschel aufgehängt würden. Dies gewährleiste keinen hinreichend stabilen Sitz. Nachteile weise der Stand der Technik auch insoweit auf, als die der Ohrmuschel zugewandte Seite des Hörers flach sei. Dadurch könne sich ein Zwischenraum zwischen Ohrmuschel und Lautsprecher ergeben, der die Tonwiedergabe beeinträchtigen könne.

Um diese Probleme zu vermeiden, schlägt NK3 eine besondere Ausgestaltung des außen auf dem Ohr aufliegenden Gehäuses und der zur Befestigung dienenden Trägereinheit vor.

Der Hörer umfasst ein Gehäuse (1), dessen Vorderseite (1a) mit einem Polster (4a) überzogen und der Ohrmuschel zugewandt ist. Die Vorderseite ist leicht gewölbt und liegt daher in ihrer endgültigen Position nicht nur in den Randbereichen des Ohrs auf, sondern auch im Mittelteil. Dies ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 7 schematisch dargestellt.

Die zur Befestigung dienende Trägereinheit ist mit zwei Klemmbügeln versehen, die die Engstelle zwischen Ohr und Kopf von hinten umfassen und sowohl in radialer Richtung als auch in Richtung zum Ohr hin einen Anpressdruck entfalten. Ein Ausführungsbeispiel ist in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2a und 2b dargestellt.

Die Trägereinheit (2) ist über eine federbelastete erste Drehachse (3) mit dem Gehäuse verbunden und wird durch die Feder gegen dieses gedrückt. Der Nutzer kann sie vom Hörer wegbewegen, indem er die Vorrichtung mit dem Zeigefinger im Bereich (1c) festhält und den Bereich (2d) mit dem Daumen in Richtung des Zeigefingers bewegt.

In dieser geöffneten Stellung kann der Hörer von hinten über das Ohr geschoben werden. Dies ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 6 dargestellt.

Das Trägerteil (2) besteht aus zwei Klemmbügeln (2b, 2c), die in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 dargestellt sind.

Die beiden Klemmbügel (2b, 2c) sind über eine zweite Drehachse (7) miteinander beweglich verbunden und mit einer Feder (10b) vorgespannt. Innen, zum Ohr hin, sind sie mit einer weichen Komponente (4b, 4c) beschichtet. Wenn der Hörer schräg von oben auf die Engstelle zwischen Ohr und Kopf aufgesetzt und dann gedreht wird, legen sich die beiden Klemmbügel von hinten um die Ohrmuschel.

Bei einem zweiten Ausführungsbeispiel, das in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 8 dargestellt ist, sind die Klemmbügel (2b, 2c) fest miteinander verbunden. Die zum Aufsetzen und Abnehmen erforderliche Bewegung wird dadurch ermöglicht, dass die Verbindung der beiden Klemmbügel einen Bereich (4d) aufweist, der aus elastisch verformbarem Material gefertigt ist.

b) Damit sind die Merkmale 1 bis 6 und 8 offenbart.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten nimmt NK3 auch Merkmal 9 vorweg.

Die in Figur 8 dargestellte Ausführungsform zeigt einen Klemmbügel, der im Bereich (4d) elastisch verformbar ist (NK3c S. 17). Diese Klemmbügel sind - ähnlich wie das in der Streitpatentschrift vorgesehene Passstück (4) - Teil des Trägerelements (2) und damit Teil des Haltebügels im Sinne des Streitpatents.

d) Anders als die Beklagte meint, offenbart NK3 ferner Merkmal 10.

Die Figuren 6b und 7 lassen erkennen, dass die der Außenseite des Ohrs zugewandte Fläche, mit der der Hörer auf dem Ohr aufliegt, am Rand flach, zur Mitte hin jedoch gewölbt ist. Beide Figuren zeigen zudem, dass diese Wölbung nicht unmittelbar am Rand der Ohrmuschel anliegt, sondern etwas weiter innen. In der Beschreibung wird als Vorteil dieser Ausgestaltung angeführt, dass das Gehäuse dadurch nicht entlang der Oberfläche der Ohrmuschel verrutschen könne (NK3c S. 16).

Dies entspricht sowohl hinsichtlich des Auflageorts als auch der Funktion demjenigen, was das Streitpatent in Merkmal 10 vorsieht. Dass sich die Auflagefläche über den der Antihelix zugewandten Bereich hinaus nach vorn erstreckt, ist unerheblich, weil Merkmal 10 eine solche Gestaltung nicht ausschließt.

e) Ebenfalls offenbart ist Merkmal 5.

Wie bereits oben ausgeführt wurde, genügt es zur Verwirklichung dieses Merkmals, dass der Endbereich des Bügels an dem Übergang zwischen Ohr und Kopf anliegt. Diese Voraussetzung erfüllen bei der in NK3 offenbarten Trägereinheit (2) die beiden Klemmbügel (2b, 2c).

Dass diese den genannten Bereich nicht nur an der nach hinten gewandten Seite umgreifen, sondern sich ein Stück weit über den oberen und unteren Scheitelpunkt hinaus erstrecken und das Ohr damit ähnlich einer Zange umgreifen, ist unerheblich. Merkmal 5 schließt eine solche Ausgestaltung nicht aus.

f) Nicht offenbart ist demgegenüber die Merkmalsgruppe 7.

aa) Wie auch die Berufung im Ansatz nicht verkennt, wird die Trägereinheit (2) bei beiden in NK3 geschilderten Ausführungsformen durch die Kraft einer Feder gegen die Rückseite und die Außenseite des Ohres gedrückt. Dies reicht zur Offenbarung von Merkmalsgruppe 7 nicht aus.

bb) Entgegen der Auffassung der Berufung ist NK3 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass der Anpressdruck in relevantem Umfang durch elastische Ausgestaltung des Materials erzielt wird.

(1) Die bei einem Hörer nach Ausführungsbeispiel 2 durch den aus elastisch verformbarem Material gefertigten Bereich 4d ausgeübte Kraft ist auf den Übergang zwischen Ohr und Kopf gerichtet. Eine von Merkmalsgruppe 7 geforderte Kraft gegen die Rückseite und die Außenseite des Ohres wird durch die Elastizität des Klemmbügels nicht ausgeübt. Dass die elastische Verformbarkeit des Klemmbügels zur Positionierung des Hörers am Ohr beiträgt, ist insoweit nicht ausreichend.

(2) Zugunsten der Berufung kann unterstellt werden, dass die in NK3 vorgeschlagenen Materialien der Trägereinheit im Übrigen von Haus aus ein gewisses Maß an Elastizität aufweisen. NK3 lässt sich aber nicht entnehmen, dass diese Eigenschaft dazu eingesetzt wird, um zusätzlich zu der von der Feder ausgehenden Kraft eine Anpresswirkung zu entfalten.

(3) Entgegen der Auffassung der Berufung reicht es zur Offenbarung von Merkmal 7.1 nicht aus, dass die beiden Klemmbügel (2b, 2c) bei der zweiten in NK3 offenbarten Ausführungsform aufgrund der Elastizität eines dieser Bügel gegen den Bereich gedrückt wird, an dem das Ohr in den Kopf übergeht.

Wie bereits oben dargelegt wurde, erfordert Merkmal 7.1, dass der Bügel aufgrund seiner Elastizität eine zur Außenseite des Ohrs hin gerichtete Klemmkraft entfaltet. Eine solche Kraft wird auch beim zweiten Ausführungsbeispiel von NK3 nur durch eine Feder erzeugt.

(4) Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Elastizität des Bügels nach Merkmalsgruppe 7 für beide dort beschriebenen Wirkungen ursächlich sein muss, keine abweichende Beurteilung.

Gerade weil die Elastizität sowohl den Druck gegen die Rückseite des Ohres als auch den Druck auf die Außenseite bewirken muss, reicht es nicht aus, wenn bei der zweiten Ausführungsform aus NK3 schon die Elastizität des Klemmbügels (2c) dafür sorgt, dass der Hörer zumindest in einigen Bereichen auf die Außenseite des Ohres gedrückt wird. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass der Bügel auch in der oben beschriebenen Weise gegen die Rückseite des Ohres gedrückt wird. Zumindest diese Wirkung ist in NK3 aus den oben dargelegten Gründen nicht offenbart. Ob die zuerst genannte Wirkung bei dieser Ausführungsform tatsächlich eintritt, kann deshalb dahingestellt bleiben.

3. Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

a) Aus NK3 ergab sich für den Fachmann keine Anregung, anstelle der Verbindung von Bügel und Gehäuse durch ein federbelastetes Gelenk einen Bügel aus elastisch verformbarem Material vorzusehen.

Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht deshalb veranlasst, weil NK3 neben einer Verbindung der beiden Klemmbügel durch ein federbelastetes Drehgelenk auch die Möglichkeit beschreibt, diese Verbindung elastisch verformbar auszubilden.

Wie aus den Figuren 8a und 8b hervorgeht, ist bei dieser Ausführungsform ein Bereich (4d) vorgesehen, der aus elastischem Material hergestellt ist. In der Beschreibung wird hierzu ausgeführt, dass sich die elastische Komponente verforme, wenn der Hörer an das Ohr herangeführt werde und das Ende (2c1) des Klemmbügels (2c) auf die Engstelle zwischen Ohrmuschel und Kopf treffe. Dadurch werde der Abstand zwischen den beiden Klemmbügeln vergrößert (NK3c S. 17), so dass diese über die Engstelle gleiten und sich um sie herum legen könnten. Befinde sich diese Engstelle schließlich zwischen den beiden Klemmbügeln, bewirke die Elastizität der Komponente, dass der Bügel 2c wieder nach innen geführt werde.

Das Patentgericht hat zu Recht entschieden, dass der Fachmann dadurch keine Anregung erhielt, auch die Verbindung zwischen Gehäuse und Trägereinheit entsprechend zu modifizieren.

NK3 beschreibt anhand der Figur 2, dass bei einer Verbindung der Trägereinheit (2) mit dem Gehäuse (1) über eine federbelastete Drehachse (3) eine Spreizbewegung zwischen Gehäuse und Träger bewirkt wird, indem ein Finger und der Daumen der gleichen Hand an den mit den Bezugsziffern 2d und 1c bezeichneten Stellen ansetzen und aufeinander zu bewegt werden (NK3c, S. 15). Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anhand einer von der Beklagten überreichten Skizze erörtert wurde, ist es insoweit - anders als bei der Verbindung der beiden Klemmbügel - nicht damit getan, anstelle eines federbelasteten Drehgelenks eine Verbindungskomponente vorzusehen, die aus elastischem Material gefertigt ist. Die Möglichkeit, den Hörer durch den Druck zweier Finger einer Hand aufzuspreizen, erforderte vielmehr weitere Modifikationen, etwa eine Verlagerung der Drehachse in den Bereich zwischen den beiden Ansatzpunkten. Eine hinreichende Anregung, entsprechende Überlegungen anzustellen, ergab sich für den Fachmann aus NK3 nicht.

Angesichts dessen ergab sich aus dem Umstand, dass NK3 für eine Drehverbindung eine alternative Möglichkeit zur Entfaltung einer Rückstellkraft aufzeigt, keine hinreichende Anregung, diese Abwandlung auf die anders funktionierende Drehverbindung zu übertragen.

b) Entgegen der Auffassung der Berufung war eine Anregung nicht im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen entbehrlich.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Anwendung eines bestimmten Mittels auch ohne entsprechende Anregung naheliegend sein, wenn dieses als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel seiner Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmanns gehört, die Nutzung der in Rede stehenden Funktionalität sich in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 Rn. 26 - Farbversorgungssystem; Beschluss vom 13. Juli 2020 - X ZR 90/18, GRUR 2020, 1074 Rn. 49 - Signalübertragungssystem).

Im Streitfall spricht viel dafür, dass es zum allgemeinen Fachwissen gehörte, dass eine Anpresskraft nicht nur durch eine Feder, sondern auch durch eine aus elastischem Material bestehende Klammer entfaltet werden kann. Entgegen der Auffassung der Berufung ergab sich für den Fachmann ausgehend von NK3 aber nicht ohne weiteres, dass die Nutzung dieser Funktionalität auch für die dort offenbarte Anordnung objektiv zweckmäßig ist. Der Umstand, dass NK3 die Ersetzung einer Feder durch elastische Ausgestaltung des Materials nur für eine von zwei Drehverbindungen vorschlägt, gab aus den oben genannten Gründen vielmehr Anlass zu der Annahme, dass eine vergleichbare Abwandlung für die andere Drehverbindung jedenfalls nicht ohne weiteres möglich ist.

c) Aus der NK1 ergaben sich keine weitergehenden Anregungen.

aa) NK1 betrifft einen Kopfhörer, dessen Körper möglichst nah an der Ohröffnung befestigt wird. Der Kopfhörer weist hierfür einen Einklemmkörper auf, der am Kopfhörerkörper, also am Lautsprecher, ansetzt und den Hörer an der Ohrmuschel festklemmt.

Hierzu sieht NK1 die Möglichkeit vor, dass die beiden Arme (1a, 1b) des Klemmkörpers über ein Drehlagerteil (4) aus Federmaterial verbunden sind, wie dies in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 dargestellt ist.

Bei einer zweiten Ausführungsform, die in Figur 3 gezeigt ist, besteht der Einklemmköper aus zwei Armen (11a, 11b), die etwa in U-Form gebogen und aus einem Federmaterial geformt sind (Abs. 15).

bb) Ein solcher Hörer weist mithin einen Bügel aus elastisch verformbarem Material auf. Auch endet der rücklaufende Bereich des Bügels an der Rückseite des Ohres.

cc) NK1 betrifft jedoch, worauf das Patentgericht zu Recht hingewiesen hat, einen Im-Ohr-Kopfhörer, also eine Vorrichtung, bei der die Hörkapsel in den Schalltrichter bzw. den äußeren Gehörgang eingeführt wird.

Auf die von den Parteien diskutierten Unterschiede zwischen den als NK1a und NK1b vorgelegten Übersetzungen der NK1 in die deutsche Sprache kommt es dabei nicht an. In beiden Übersetzungen wird in den Absätzen 13 und 19 ausgeführt, das Versenken des Kopfhörerkörpers in den Vertiefungsteil der Ohrmuschel führe dazu, dass ein großer Widerstand auftrete, wenn eine Kraft von außen auf das Verbindungskabel wirke, wodurch ein Herausfallen verhindert werde. Der Klemmwirkung, die darüber hinaus von einem Bügel aus elastisch verformbarem Material erzielt wird, kommt danach nur ergänzende Bedeutung zu.

dd) Für den Fachmann lag es daher nicht nahe, eine solche Gestaltung des Bügels auf einen Hörer der Lehre des Streitpatents zu übertragen.

Denn nach dem Streitpatent soll zur Vermeidung der mit einem Im-Ohr-Hörer verbundenen Nachteile gerade darauf verzichtet werden, die Hörkapsel in den Schalltrichter bzw. den äußeren Gehörgang einzustecken. Hinweise darauf, dass auch bei einem solchen Hörer die durch Einsatz eines Bügels aus elastisch verformbarem Material erzielbare Klemmwirkung genügt, um den Hörer sicher am Ohr zu halten, ergaben sich aus NK1 nicht.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 2. Februar 2021

Vorinstanz: BPatG, vom 09.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Ni 52/16 (EP)