Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 15.04.2021

I ZB 64/20

Normen:
MarkenG § 50 Abs. 1
MarkenG § 83 Abs. 3 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 15.04.2021 - Aktenzeichen I ZB 64/20

DRsp Nr. 2021/8345

Patentstreit zwischen Konkurrenten um Ersatzteile für Oldtimer-Traktoren mit originalgetreuem Aussehen und Schriftzügen; Löschen einer Marke bei Anmeldung in der Absicht eines zweckwidrigen Einsatzes ihrer Sperrwirkung als Mittel im Wettbewerbskampf; Geltendmachung der Verletzung rechtlichen Gehörs

Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht verletzt, wenn das Gericht einen Parteivortrag zwar zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, daraus jedoch andere rechtliche Schlüsse gezogen hat als die vortragende Partei.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den am 18. August 2020 an Verkündungs Statt zugestellten Beschluss des 29. Senats (MarkenBeschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Markeninhabers zurückgewiesen.

Normenkette:

MarkenG § 50 Abs. 1 ; MarkenG § 83 Abs. 3 Nr. 3 ; GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Beteiligten stehen in Bezug auf den Handel mit Ersatzteilen für Oldtimer-Traktoren miteinander im Wettbewerb. Die potentiellen Kunden der Beteiligten legen Wert auf das originalgetreue Aussehen der Traktoren, weshalb eine besondere Nachfrage nach Ersatzteilen mit originalgetreuen Schriftzügen besteht. In der Vergangenheit wurden Scheinwerfer für Oldtimer-Traktoren unter anderem unter der Marke "Hassia" vertrieben. Der zuletzt bestehende Schutz an dieser erstmalig im Jahr 1930 zugunsten der Hassia Maschinenfabrik GmbH eingetragenen Marke ist am 31. Juli 2010 abgelaufen.

Auf Antrag des Markeninhabers ist am 23. Oktober 2013 zu seinen Gunsten das Zeichen

Hassia

für Waren der Klassen 7, 9 und 11 (unter anderem landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, Beleuchtungsgeräte für Fahrzeuge sowie Scheinwerfer und Leuchten für Kraftfahrzeuge) als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden. Den Antrag der Antragstellerin auf Löschung der Marke hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 14. März 2017 zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht den Beschluss aufgehoben und die Löschung der Marke angeordnet (BPatG, GRUR 2020, 1206 ). Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit seiner nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde und rügt mehrere Verletzungen seines Grundrechts auf rechtliches Gehör.

II. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, die Marke sei nach § 50 Abs. 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aF [§ 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG nF] zu löschen, da ihre Anmeldung in der Absicht eines zweckwidrigen Einsatzes ihrer Sperrwirkung als Mittel im Wettbewerbskampf und damit bösgläubig erfolgt sei. Zwar könne Bösgläubigkeit im Falle des Aufgreifens früherer Marken nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Solche besonderen Umstände seien im Streitfall aber gegeben. Indem sich der Markeninhaber die für Oldtimer-Ersatzteile ursprünglich verwendete Bezeichnung "Hassia" habe schützen lassen, habe er sich eine Monopolstellung verschafft, die es allein ihm ermögliche, die spezifische Nachfrage nach Scheinwerferreplikaten mit dem eingeprägten originalgetreuen Schriftzug "Hassia" zu bedienen. Für eine Behinderungsabsicht spreche außerdem, dass der Markeninhaber trotz vorgetragener Verwendung des Zeichens bereits seit 2009 die Marke erst im September 2013 und damit in engem zeitlichen Zusammenhang mit verschiedenen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der Antragstellerin angemeldet habe und er aus der Marke in den Folgejahren auch gegen diese vorgegangen sei. Die eigene Benutzungsabsicht des Markeninhabers stehe der Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung nicht entgegen.

III. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs und hat dies im Einzelnen begründet. Darauf, ob die Rügen durchgreifen, kommt es für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 6. Juli 2017 - I ZB 59/16, GRUR 2018, 111 Rn. 7 = WRP 2018, 197 - PLOMBIR; Beschluss vom 10. September 2020 - I ZB 13/20, juris Rn. 5, jeweils mwN).

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil der gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt. Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht verletzt den Markeninhaber nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG , Art. 103 Abs. 1 GG ).

a) Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs ist hingegen nicht verletzt, wenn das Gericht einen Parteivortrag zwar zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, daraus jedoch andere rechtliche Schlüsse gezogen hat als die vortragende Partei. Das Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde dient nicht der Überprüfung, ob die Entscheidung des Bundespatentgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht fehlerfrei ist (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2018, 111 Rn. 11 - PLOMBIR, mwN).

b) Vergeblich rügt die Rechtsbeschwerde daher, das Bundespatentgericht habe Vortrag des Markeninhabers zu den fehlenden Voraussetzungen einer bösgläubigen Markenanmeldung nicht in der gebotenen Weise zur Kenntnis genommen oder zumindest nicht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Beschlusses verarbeitet. Der Markeninhaber habe geltend gemacht, bereits seit 2009 und damit vor der Antragstellerin Scheinwerfergläser mit dem eingeprägten Schriftzug "Hassia" vertrieben zu haben. Außerdem habe er bestritten, dass die Antragstellerin vor dem Jahr 2013 Scheinwerfer mit der Bezeichnung "Hassia" vertrieben habe. Nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (BPatG, Beschluss vom 13. März 2008 - 26 W (pat) 153/04, juris Rn. 16; Beschluss vom 5. September 2011 - 27 W (pat) 72/10, juris Rn. 79 f. - BEFA) stünden die Vorbenutzung eines Kennzeichens und der sich daraus ergebende Besitzstand der Annahme einer bösgläubigen Anmeldung desselben Zeichens als Marke entgegen, da die Anmeldung in einem solchen Fall als Wahrnehmung berechtigter wirtschaftlicher Interessen anzusehen sei. Das Bundespatentgericht hätte daher zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass es dem Markeninhaber um die Förderung eigenen Wettbewerbs und nicht darum gegangen sei, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen.

Ein Gehörsrechtsverstoß ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht. Das Bundespatentgericht hat seinen rechtlichen Ausführungen den Vortrag des Markeninhabers, wonach er das Zeichen "Hassia" bereits seit 2009 verwende, ausdrücklich zugrunde gelegt. Auch ist es darauf eingegangen, dass der Markeninhaber bestritten hat, dass die Antragstellerin vor 2013 Scheinwerfer mit dem eingeprägten Schriftzug "Hassia" verkauft habe. Dass es aus diesen Umständen nicht den Schluss gezogen hat, eine bösgläubige Markenanmeldung liege nicht vor, sondern vielmehr darauf hingewiesen hat, der Markeninhaber habe trotz der vorgetragenen Verwendung der Marke seit 2009 erst im Juli 2013 und damit im zeitlichen Zusammenhang mit den zwischen den Beteiligten geführten weiteren Rechtsstreitigkeiten deren Registereintragung beantragt, kann die Beschwerde mit der Gehörsrüge nicht erfolgreich angreifen. Es stellt insbesondere keinen Gehörsverstoß dar, dass das Bundespatentgericht die Umstände des Streitfalls anders gewürdigt hat als diejenigen, die den von der Beschwerde angeführten vorangegangenen Entscheidungen des Bundespatentgerichts zugrunde lagen.

c) Ohne Erfolg macht die Beschwerde außerdem geltend, das Bundespatentgericht habe den Vortrag des Markeninhabers unvollständig gewürdigt, wonach er die verfahrensgegenständliche Marke nicht als Reaktion auf die gerichtliche Auseinandersetzung mit der Antragstellerin angemeldet habe und der zeitliche Zusammenhang mit dieser Auseinandersetzung darauf beruhe, dass ihm erst durch diese bewusst geworden sei, dass er für die Zulassung von Scheinwerfern eine Marke angeben müsse, unter der die Scheinwerfer vertrieben würden.

Auch hiermit zeigt die Beschwerde keinen übergangenen Vortrag des Markeninhabers auf. Das Bundespatentgericht hat das Vorbringen des Markeninhabers zur Erforderlichkeit der Angabe einer Marke berücksichtigt und ausgeführt, daraus ergebe sich nicht, weshalb hierfür die Anmeldung gerade der angegriffenen Marke erforderlich gewesen sei. Es liegt kein Verkennen des Kerns der Argumentation des Markeninhabers darin, dass sich das Bundespatentgericht dieser nicht angeschlossen hat.

d) Schließlich hat das Bundespatentgericht auch das Vorbringen des Markeninhabers nicht unvollständig gewürdigt, wonach er bereits vor der gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Antragstellerin unter der Bezeichnung "Hassia" neben diversen Scheinwerfern auch Scheinwerferanbauteile, Blinker und Rückleuchten vertrieben und deren Vertrieb geplant habe, indem es ausgeführt hat, ein solcher (geplanter) Vertrieb würde an der Beurteilung des Verhaltens als bösgläubig nichts ändern. Auch insoweit zeigt die Rechtsbeschwerde keinen übergangenen Vortrag auf, sondern versucht lediglich, ihre eigene rechtliche Beurteilung an die Stelle derjenigen des Bundespatentgerichts zu setzen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG .

Vorinstanz: BPatG, vom 18.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 29 W (pat) 45/17