Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 18.05.2021

KVR 54/20

Normen:
AEUV Art. 101 Abs. 1
AEUV Art. 101 Abs. 3
AEUV Art. 101 Abs. 1
AEUV Art. 101 Abs. 3
AEUV Art. 101 Abs. 1
AEUV Art. 101 Abs. 3
GWB § 19 Abs. 1
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 20 Abs. 1

Fundstellen:
BB 2021, 1921
BB 2021, 2062
BGHZ 230, 88
CR 2022, 46
DB 2021, 1874
EuZW 2021, 844
GRUR 2021, 1213
MDR 2021, 1148
NJW-RR 2021, 1404
WM 2022, 1555
WRP 2021, 1313

BGH, Beschluss vom 18.05.2021 - Aktenzeichen KVR 54/20

DRsp Nr. 2021/12055

Kartellrechtswidrigkeit von Klauseln zur Raten- und Bedingungsparität einer Hotelbuchungsplattform; Einordnung der "Engen Bestpreisklausel" als Wettbewerbsbeschränkung; Beschränkung des Wettbewerbs beim Offline-Vertrieb von Hotelzimmern

a) Die von einer Hotelbuchungsplattform verwendete "enge Bestpreisklausel", die zwar günstigere Preise auf anderen Online-Reservierungsportalen oder, sofern dafür keine Online-Werbung oder -Veröffentlichung erfolgt, auch "offline", erlaubt, Hotels jedoch daran hindert, ihre Zimmer auf den eigenen Internetseiten zu niedrigeren Preisenoder besseren Konditionen anzubieten als auf der Plattform, stellt keine von der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommene Nebenbestimmung dar.b) Die von Booking.com verwendete "enge Bestpreisklausel" erfüllt nicht die Freistellungsvoraussetzungen des Artikels 101 Abs. 3 AEUV , weil die mit der Bekämpfung des Trittbrettfahrens allenfalls verbundenen Vorteile die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen in Form der erheblichen Behinderung des plattformunabhängigen Online-Eigenvertriebs der Hotels jedenfalls nicht ausgleichen, die sich daraus ergeben, dass die Hotels ihre Online-Angebote so bepreisen müssen, als wären sie mit den Kosten des plattformgebundenen Vertriebs belastet.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts wird der Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2019 aufgehoben.

Die Beschwerde der Betroffenen zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 22. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Betroffenen haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Auslagen des Bundeskartellamts zu tragen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000.000 € festgesetzt.

Normenkette:

AEUV Art. 101 Abs. 1 ; AEUV Art. 101 Abs. 3 ; GWB § 19 Abs. 1 ; GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1 ; GWB § 20 Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Betroffenen (nachfolgend: Booking.com) betreiben unter der Internetadresse "www.booking.com" ein in Deutschland und Europa führendes Hotelbuchungsportal (booking.com), das Hotelkunden Direktbuchungen ermöglicht. Für ihre Vermittlungsleistung erhält Booking.com von den Hotelunternehmen eine erfolgsabhängige Provision. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Booking.com enthielten als Nr. 2.2 eine "enge Bestpreisklausel". Danach durften die Hotels ihre Zimmer auf der eigenen Webseite nicht zu niedrigeren Preisen oder besseren Konditionen anbieten als auf der Plattform von Booking.com. Hingegen konnten die Hotelzimmer auf anderen Online-Reservierungsportalen oder, vorausgesetzt es erfolgte dafür keine Werbung oder Veröffentlichung online, auch "offline" günstiger angeboten werden. Ein Verstoß gegen diese Raten- und Bedingungsparität berechtigte Booking.com zur fristlosen Kündigung des Vertrags mit dem Hotelunternehmen.

Das Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 festgestellt, dass die Klauseln zur Raten- und Bedingungsparität kartellrechtswidrig sind, und ihre weitere Durchführung ab dem 1. Februar 2016 untersagt. Booking.com verwendet die enge Bestpreisklausel seitdem nicht mehr.

Auf Beschwerde von Booking.com hat das Beschwerdegericht (OLG Düsseldorf, WuW 2019, 386 ) den Amtsbeschluss aufgehoben. Dagegen wendet sich das Bundeskartellamt mit der vom Senat zugelassenen Rechtsbeschwerde. Booking.com tritt dem Rechtsmittel entgegen.

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die enge Bestpreisklausel verstoße weder gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV oder § 1 GWB noch stelle sie einen Missbrauch von Marktmacht gemäß §§ 20 Abs. 1 , 19 Abs. 1 , Abs. 2 Nr. 1 GWB dar.

Diese Klausel beschränke zwar den Wettbewerb im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB sowohl auf dem Hotelportalmarkt als auch auf dem Markt für Hotelzimmer. Sie sei jedoch als notwendige Nebenabrede zu der kartellrechtsneutralen Plattformdienstleistung vom Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB ausgenommen. Die enge Bestpreisklausel gewährleiste einen fairen und ausgewogenen Leistungsaustausch zwischen Booking.com als Portalbetreiber und den vertragsgebundenen Hotels als Abnehmer der Vermittlungsdienstleistung. Sie gehe auch weder zeitlich noch räumlich oder sachlich über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinaus. Da Booking.com nur dann eine Provision erhalte, wenn das auf der Plattform gefundene Hotelzimmer auch über booking.com gebucht werde, störe es nachhaltig den ausgewogenen Leistungsaustausch unter den Parteien des Portalvertrags, wenn die Hotels Kunden vor einer Buchung bei Booking.com durch niedrigere Zimmerpreise oder bessere Vertragskonditionen auf hoteleigene Buchungsmöglichkeiten umleiten könnten. Ohne die enge Bestpreisklausel sei diese Gefahr naheliegend und ernsthaft. Die Hotels könnten dann die Vermittlungsprovision einsparen und eine intensivere Kundenbindung erreichen. Für eine Berechtigung Booking.coms, ein solches "Trittbrettfahren" seiner Vertragspartner zu verhindern, genüge bereits die Möglichkeit der Hotels, die Buchung umzulenken. Ohne Bedeutung sei, ob Booking.com durch eine andere Vergütungsabrede (z.B. eine Listungsgebühr oder eine Gebühr pro Klick) in der Lage sei, dem Trittbrettfahrerproblem abzuhelfen.

Die enge Bestpreisklausel verletze auch nicht das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung (§ 19 Abs. 1 und 2 , § 20 Abs. 1 GWB ). Dabei könne die Normadressateneigenschaft von Booking.com dahinstehen, jedenfalls fehle es an einem missbräuchlichen Verhalten.

III. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die enge Bestpreisklausel von Booking.com stellt eine Wettbewerbsbeschränkung dar, die nicht als notwendige Nebenabrede zur Portaldienstleistung von der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommen ist.

1. Art. 101 Abs. 1 AEUV verbietet den Abschluss von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken.

2. Die enge Bestpreisklausel ist eine Vereinbarung zwischen Unternehmen. Sie ist Bestandteil der zwischen Booking.com und den Hotels abgeschlossenen Verträge.

3. Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, die enge Bestpreisklausel beschränke den Wettbewerb beim Vertrieb von Hotelzimmern. Es kann daher dahinstehen, ob auch eine Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Hotelportalen eintritt.

a) Das durch die Bestpreisklausel gebundene Hotel darf im eigenen Onlinevertrieb keine günstigeren Zimmerpreise und Vertragsbedingungen anbieten als auf booking.com. Den Hotels wird dadurch insbesondere die naheliegende Möglichkeit genommen, die im Eigenvertrieb nicht anfallende Vermittlungsprovision von durchschnittlich 10 % bis 15 % des Zimmerpreises bei ihrer Preisgestaltung zu berücksichtigen und diese Ersparnis für niedrigere Preisangebote zu nutzen, um Kunden zu werben.

Diese Beschränkung des Intrabrand-Wettbewerbs beim Angebot der Zimmer eines Hotels zwischen dem hoteleigenen Online-Vertrieb und der Plattform booking.com schränkt die gebundenen Hotels zugleich im Interbrand-Preiswettbewerb mit anderen Hotels ein, da sie deren aktuellen oder potentiellen Kunden im eigenen Onlinevertrieb keine besseren Angebote als auf booking.com machen können. Den Hotels ist es dadurch insbesondere erschwert, zur Kapazitätssteuerung Restkapazitäten mit Preiszugeständnissen direkt online zu vermarkten. Zwar können sie solche Angebote machen, wenn sie zugleich ihren Preis auf booking.com entsprechend herabsetzen. Sie müssen dann aber die übliche Provision auf den niedrigeren Preis bei Vermittlungen auf booking.com zahlen, so dass ihr Preissenkungsspielraum und damit die Chance zur erfolgreichen "Lastminute"-Vermarktung entsprechend verringert wird. Da nicht belegte Hotelkapazitäten ungenutzt verfallen, sind solche "Lastminute"-Angebote auf diesem Markt von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung.

Zu Recht hat das Beschwerdegericht ferner angenommen, die enge Bestpreisklausel beschränke auch den Wettbewerb beim Offline-Vertrieb von Hotelzimmern. Zwar dürfen die gebundenen Hotels außerhalb ihres Internetvertriebs günstigere Zimmerpreise und Vertragskonditionen als auf booking.com anbieten. Eine Onlinewerbung dafür ist ihnen aber untersagt. Dadurch wird die Kundenreichweite der Hotelunternehmen im Offline-Vertrieb verringert.

b) Nach den auf die Nachermittlungen des Bundeskartellamts gestützten Feststellungen des Berufungsgerichts kommt diesen mit der engen Bestpreisklausel verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen in der Praxis große Bedeutung zu. So bieten 72 % der Hotelunternehmen, die online eine Echtzeitbuchungsmöglichkeit bereitstellen, dort günstigere Preise oder Konditionen als auf booking.com an, seitdem die weite Bestpreisklausel nicht mehr verwendet wird. Bei Hotelunternehmen ohne eine solche Buchungsmöglichkeit, aber mit eigener Internetseite, beträgt dieser Anteil immer noch 47 %.

c) Die Wettbewerbsbeschränkung beim Vertrieb von Hotelzimmern wird nicht dadurch neutralisiert, dass es den Hotelunternehmen freisteht, ihre Zimmer auf anderen Buchungsplattformen zu günstigeren Preisen als auf booking.com anzubieten.

aa) Der Anreiz für Hotelunternehmen, auf einer anderen Plattform bessere Preise anzubieten, etwa weil die Plattform eine geringere Provision verlangt als Booking.com, wird dadurch begrenzt, dass sie in diesem Fall negative Auswirkungen auf ihren Online-Eigenvertrieb befürchten müssten. Sie wären durch die Bestpreisklausel mit Booking.com daran gehindert, die Preise in ihrem Eigenvertrieb an die in anderen Portalen angebotenen günstigeren Preise anzupassen. Da jedes andere Portal für die Zimmervermittlung ebenfalls eine - allenfalls niedrigere - Provision verlangen wird, wiegt aus Sicht des Hotels ein im provisionsfreien Eigenvertrieb verlorener Kunde schwerer als ein auf der anderen Plattform durch einen niedrigeren Preis hinzugewonnener Kunde. Zudem wird die dem hoteleigenen Online-Angebot entgegengebrachte Wertschätzung dadurch beeinträchtigt, dass für Kunden, die die Angebote vergleichen, in einem solchen Fall deutlich wird, dass der im Eigenvertrieb verlangte und damit provisionsfreie Preis sogar noch über demjenigen Preis liegen kann, zu dem auf einer Hotelplattform recherchiert, verglichen und gebucht werden kann und zu dem der Kunde mithin eine zusätzliche Leistung erhält.

bb) Unerheblich ist, dass eine Preisdifferenzierung zwischen den Hotelplattformen für ein Hotel trotz mit Booking.com vereinbarter enger Bestpreisklausel gleichwohl lohnend sein kann, wenn ein preisgünstigeres Angebot auf einer anderen Plattform aufgrund einer dadurch erschlossenen größeren Kundenreichweite mehr Neukunden anlocken kann, als ein entsprechendes Angebot auf der hoteleigenen Internetseite (vgl. Mörsdorf/Schäfer, NZKart 2019, 659, 663).

Damit hängt zwar der Grad der Beeinträchtigung des Wettbewerbs bei den Zimmern des einzelnen Hotels durch die enge Bestpreisklausel vom Einzelfall ab. Soweit nach der von Booking.com in Bezug genommenen Studie von RBB Economics unter Geltung der engen Bestpreisklausel rund 40 % aller Hotels auf mindestens einer Hotelbuchungsplattform andere Preise als auf booking.com angeboten haben sollen, wird indes schon nicht deutlich, ob es sich dabei um höhere oder - hier allein relevante - niedrigere Preise handelte. Jedenfalls steht die wettbewerbsbeschränkende Wirkung der engen Bestpreisklausel aber außer Frage, wenn sie den Online-Direktvertrieb aller gebundener Hotels erfasst, die von ihr eröffnete Möglichkeit zur Preisdifferenzierung zwischen Portalen aber von 60 % dieser gebundenen Hotels nicht genutzt wird.

d) Auch wenn die Hotels den auf booking.com angebotenen Zimmerpreis frei festsetzen können, stellt jede vertragliche Bindung, allgemein oder auch nur in bestimmten Fällen anderswo keine anderen Preise anzuwenden, eine Einschränkung ihrer Preisgestaltungsfreiheit dar. Sie zwingt die Hotels, die von Booking.com verlangte Provision, die grundsätzlich durch den Beherbergungspreis gedeckt werden muss, auch dort bei ihrer Preisbestimmung zu berücksichtigen, wo sie gar nicht anfällt. Die Wettbewerbswirkung der engen Bestpreisklausel ist insoweit grundsätzlich vergleichbar mit einer (gegenständlich beschränkten) Mindestpreisvorgabe, die etwa in Art. 4 Buchst. a Vertikal- GVO als Kernbeschränkung qualifiziert wird, wobei diese Bestimmung hier allerdings nicht direkt anwendbar ist, weil die Hotels hinsichtlich der angebotenen Beherbergungsmöglichkeit keine Abnehmer von Booking.com sind und deren Vermittlungsleistung ihren Kunden nicht weiterverkaufen, sondern nur als Element des Beherbergungspreises indirekt weiterberechnen. Dabei kommt es im Rahmen des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht darauf an, aus welchem Grund der Preiswettbewerb beschränkt wird. Ob mit der Beschränkung lediglich oder hauptsächlich eine Bindung der Plattformnutzer oder die Vermeidung von "Trittbrettfahren" bezweckt wird und ob ein solcher Zweck im konkreten Fall möglicherweise ein kartellrechtlich legitimes Ziel darstellen kann, ist für das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung unerheblich und kann nach der Systematik des Art. 101 AEUV erst bei der Prüfung der Freistellungsvoraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV Bedeutung gewinnen.

e) Die durch die enge Bestpreisklausel von Booking.com bewirkte Wettbewerbsbeschränkung ist spürbar. Booking.com betreibt ein in Deutschland und Europa führendes Hotelbuchungsportal. Nach den vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Feststellungen des Bundeskartellamts sehen 64,5 % der Hotelunternehmen die Präsenz auf booking.com als für den Vertrieb ihrer Hotelzimmer wirtschaftlich kaum verzichtbar an und weitere 29,4 % halten diese Präsenz für wichtig. Rund zwei Drittel der Hotelkunden, die ihre Unterkunft vor der Buchung nicht kannten, haben diese auf booking.com gefunden.

Zudem haben die auch von Booking.com in Bezug genommenen Nachermittlungen des Amtes ergeben, dass die weit überwiegende Mehrheit der Unterkünfte eine signifikante (fünf- bis fünfzehnprozentige) Preis- und/oder Konditionenunterbietung auf der eigenen Website betreibt, seit Booking.com die engen Paritätsklauseln nicht mehr verwendet. Sofern Unterkünfte dies noch nicht tun, haben sie angegeben, es für die Zukunft zu planen.

4. Die spürbare zwischenstaatliche Bedeutung der engen Bestpreisklauseln Booking.coms ergibt sich bereits daraus, dass sie jedenfalls im gesamten Bundesgebiet als wesentlichem Teil des gemeinsamen Marktes Hotels daran hindert, auf ihren eigenen Webseiten Gästen aus anderen Mitgliedstaaten günstigere Zimmerpreise als auf booking.com anzubieten. Soweit Booking.com enge Bestpreisklauseln auch gegenüber Hotels in anderen Mitgliedstaaten der Union anwendet, ist das Merkmal der Zwischenstaatlichkeit erst recht erfüllt. Zudem handelt es sich bei zwei der drei großen Anbieter, Booking.com und der Beigeladenen zu 2, Expedia Inc., um grenzüberschreitend tätige ausländische Unternehmen. Danach steht unter Berücksichtigung der Marktbedeutung von Booking.com außer Frage, dass die enge Bestpreisklausel den Dienstleistungsverkehr zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinflussen kann (vgl. nur EuGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - Rs. 56/65, Slg. 1966, 281, 303 - Maschinenbau Ulm; Urteil vom 24. September 2009 - C-125/07 u.a., WuW/E EU-R 1633 Rn. 36 - Lombardclub).

5. Sind damit alle Tatbestandsmerkmale des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllt, ist die Anwendung dieser Bestimmung entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die enge Bestpreisklausel als Nebenabrede zu einem kartellrechtsneutralen Austauschvertrag notwendig ist, um einen fairen und ausgewogenen Leistungsaustausch zwischen Booking.com als Portalbetreiber und den vertragsgebundenen Hotels als Abnehmern der Vermittlungsdienstleistung zu gewährleisten, und zeitlich, räumlich und sachlich nicht über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinausgeht.

a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union fällt dann, wenn eine bestimmte Tätigkeit wegen ihrer Neutralität oder ihrer positiven Wirkung auf den Wettbewerb nicht vom grundsätzlichen Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfasst wird, auch eine Beschränkung der geschäftlichen Selbständigkeit eines oder mehrerer an dieser Tätigkeit Beteiligten nicht unter dieses Verbot, wenn die Beschränkung für die Durchführung dieser Tätigkeit objektiv notwendig ist und zu deren Zielen in einem angemessenen Verhältnis steht. Kann eine solche Beschränkung nicht von der Haupttätigkeit getrennt werden, ohne deren Ziele zu gefährden, muss ihre Vereinbarkeit mit Art. 101 AEUV zusammen mit der Haupttätigkeit untersucht werden, und zwar auch dann, wenn die Beschränkung als solche auf den ersten Blick unter Art. 101 Abs. 1 AEUV zu fallen scheint.

aa) Als Nebenabrede zu einer Haupttätigkeit vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommen sind dabei nur die für die Durchführung der Haupttätigkeit objektiv notwendigen und unerlässlichen Beschränkungen. Es reicht nicht aus, dass die Haupttätigkeit ohne die Nebenabrede nur schwerer durchführbar oder weniger rentabel wäre (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 11. September 2014 - C-382/12 P, NZKart 2015, 44 Rn. 89-91 - MasterCard/Kommission; Urteil vom 23. Januar 2018 - C-179/16, NZKart 2018, 84 Rn. 69-71 - Hoffmann-La Roche/Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato; EuG, Urteil vom 18. September 2001 - T-112/99, WuW/E EU-R 469 Rn. 103-114 - Métropole télévision/Kommission; Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag , ABl. 2004 C 101 S. 97, Rn. 29). Dabei muss die Prüfung der objektiven Notwendigkeit einer Beschränkung für die Haupttätigkeit nach einem eher abstrakten Maßstab erfolgen, wie ihn auch das Beschwerdegericht angelegt hat. Denn eine Abwägung der wettbewerbsfördernden und wettbewerbswidrigen Auswirkungen einer Beschränkung kann nur im Rahmen des Art. 101 Abs. 3 AEUV stattfinden (EuG, WuW/E EU-R 469 Rn. 107109 - Métropole télévision/Kommission). Dieser Rechtsprechung der Unionsgerichte entspricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Dezember 2008 - KZR 54/08, WuW/E DE-R 2554 Rn. 15 - Subunternehmervertrag II).

bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts reicht die Eignung oder auch Erforderlichkeit einer Vertragsbestimmung zur Sicherung eines fairen und ausgewogenen Leistungsaustauschs im bilateralen Verhältnis der Vertragsparteien nicht aus, um eine Nebenabrede vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV auszunehmen.

(1) Ein weites Verständnis der objektiven Erforderlichkeit, das in großem Umfang Wettbewerbsbeschränkungen bereits vom Tatbestand des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgrenzt, bloß weil das mit ihnen verfolgte Ziel im bilateralen Verhältnis der Vertragsparteien angemessen erscheint, ist unvereinbar mit der Systematik des Art. 101 AEUV . Die für enge Bestpreisklauseln geltend gemachten wettbewerbsfördernden Aspekte, wie die Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Plattformleistung durch Lösung des Trittbrettfahrerproblems oder eine erhöhte Markttransparenz für die Verbraucher, müssen vielmehr sorgfältig gegen ihre wettbewerbsbeschränkenden Aspekte (s.o. Rn. 11 bis 14, 19) abgewogen werden. Diese Abwägung kann nach der Systematik des Art. 101 AEUV allein im Rahmen der Prüfung nach Absatz 3 dieser Vorschrift stattfinden und würde durch eine zu großzügige Anwendung der Tatbestandsrestriktion für Nebenabreden auf Ebene des Art. 101 Abs. 1 AEUV abgeschnitten (vgl. EuG, WuW/E EU-R 469 Rn. 107 f. - Métropole télévision/Kommission; Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG - Vertrag aaO, Rn. 30).

Wie das Bundeskartellamt zutreffend geltend macht, ist nur im Rahmen der Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV Raum für die gebotene abwägende Betrachtung aufgrund der gerade für die Beurteilung enger Bestpreisklauseln wesentlichen Marktparameter wie etwa

-

der Marktstellung der Buchungsplattform und der Zersplitterung der Marktgegenseite der Hotels,

-

einer möglichen Verstärkung indirekter Netzwerkeffekte zugunsten des Marktführers mit der möglichen Folge eines "Tippings" der Märkte,

-

des Grads und des Preisbezugs der Wettbewerbsbeschränkung,

-

der tatsächlichen Bedeutung des Trittbrettfahrerproblems,

-

der Auswirkungen der engen Bestpreisklausel auf die Verbraucher und die Wettbewerber der sie verwendenden Plattform sowie

-

des öffentlichen Interesses an unverfälschtem Preiswettbewerb.

Diese Marktparameter können im Einzelfall unterschiedliche Ausprägungen und unterschiedliche Bedeutung aufweisen, so dass die wettbewerbliche Wirkung enger Bestpreisklauseln nicht einheitlich beurteilt werden muss, sondern insbesondere von der Marktstärke des Verwenders abhängen kann. Die gerade auch bei Plattformmärkten erforderliche Flexibilität in der Würdigung aller wettbewerblich relevanten Aspekte bietet allein die Prüfung der Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV , nicht aber eine Tatbestandsrestriktion, die zwangsläufig alle engen Bestpreisklauseln erfasst (vgl. etwa Nolte in Langen/Bunte, EU-Kartellrecht, 13. Aufl., nach Art. 101 AEUV Rn. 827 f.; MünchKomm.EU WettbR/Zöttl, 3. Aufl., Art. 4 Vertikal- GVO Rn. 55; MünchKomm.EU WettbR/Wolf aaO, Art. 101 AEUV Rn. 498; für eine Abwägung der wettbewerblichen Wirkungen von Bestpreisklauseln auch die im Auftrag der Europäischen Kommission erstellte Studie Crémer/de Montjoye/Schweitzer, Competition policy for the digital era, 2019, S. 5, 55 ff.).

(2) Dementsprechend zeigt auch der angefochtene Beschluss, dass sich die praktische Bedeutung des von Booking.com geltend gemachten Trittbrettfahrerproblems erst nach aufwendigen und etwa nach Erst- und Folgebuchungen sowie Vertriebskanälen (Eigenvertrieb der Hotels, andere Plattformen) differenzierenden Prüfungen erschließt. Das Beschwerdegericht hat dazu vielfach auf den Auswertungsvermerk des Bundeskartellamts zu den im Beschwerdeverfahren von ihm veranlassten Nachermittlungen Bezug genommen. Damit hat es indes den Rahmen der Beurteilung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verlassen und sich auf die Ebene einer Abwägung begeben, die Art. 101 Abs. 3 AEUV vorbehalten ist.

b) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der von Booking.com verwendeten engen Bestpreisklausel um keine von der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommene Nebenbestimmung (ebenso Augenhofer, NZKart 2019, 415, 417; Bernhard NZKart 2019, 577, 580 f.; Birk, GRURPrax 2019, 452; Mörsdorf/Schäfer, NZKart 2019, 659, 664 bis 666; Kühling/Ceni-Hulek/Engelbracht, NZKart 2021, 76, 79; aA Santos Goncalves/Karsten, WuW 2019, 454 , 457). Für die Durchführung des Vertrages über die Online-Vermittlung von Hotelzimmern ist die enge Bestpreisklausel keine unerlässliche Nebenabrede.

aa) Es ist nicht festgestellt oder als in der Tatsacheninstanz vorgetragen aufgezeigt, dass Booking.com ohne diese Klausel Umsatzeinbußen entstehen könnten, die Funktionsfähigkeit und Rentabilität des Geschäftsmodells einer provisionsfinanzierten Hotelbuchungsplattform gefährdeten.

(1) In diesem Zusammenhang hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft den Ermittlungsergebnissen des Bundeskartellamts keine Bedeutung beigemessen. Zwar muss die Prüfung der objektiven Notwendigkeit einer Beschränkung für die Haupttätigkeit verhältnismäßig abstrakt erfolgen, weil eine Abwägung ihrer wettbewerbsfördernden und wettbewerbswidrigen Auswirkungen nur im Rahmen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfolgen kann (s.o. Rn. 27). Das heißt aber nicht, dass für die Beurteilung der objektiven Notwendigkeit relevante Erkenntnisse über die Marktverhältnisse unberücksichtigt bleiben dürfen. Vielmehr sind alle Marktdaten zu berücksichtigen, die zum maßgeblichen Prüfungszeitpunkt ohne Abwägung verwendet werden können.

Dazu gehören im vorliegenden Fall insbesondere die Ergebnisse der aufgrund des Beschlusses des Beschwerdegerichts vom 17. März 2017 durchgeführten Nachermittlungen des Bundeskartellamts gemäß dem Auswertungsvermerk vom 21. Januar 2019, soweit gegen die Belastbarkeit dieser Ergebnisse keine erheblichen Einwände erhoben worden sind. Das Beschwerdegericht hat den Auswertungsvermerk vielfach für die Begründung der angefochtenen Entscheidung herangezogen, allerdings offengelassen, ob die Nachermittlungsergebnisse des Bundeskartellamts uneingeschränkt belastbare Ergebnisse zutage gefördert hätten. Mit diesem Vorbehalt hat das Beschwerdegericht der von Booking.com an den Nachermittlungen geäußerten methodischen Kritik Rechnung getragen. Diese Kritik richtete sich indes im Wesentlichen gegen die vom Bundeskartellamt durch eine Verbraucherbefragung gewonnenen Ermittlungsergebnisse und außerdem nur noch - in deutlich geringerem Umfang - gegen die Unterkunftsbefragung. Von Booking.com nicht angegriffen wurden dagegen diejenigen Ermittlungsergebnisse, die das Bundeskartellamt von den Hotelbuchungsplattformen - und damit auch von Booking.com selbst - aufgrund eines gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 6 , § 59 Abs. 2 GWB bußgeldbewehrten Auskunftsverlangens gemäß § 59 Abs. 1 GWB gewonnen hat. Mangels abweichender Feststelllungen des Beschwerdegerichts oder gegenteiligen Vortrags von Booking.com können damit die auf den Seiten 1 bis 15 und den Tabellen 1 bis 15 der nichtvertraulichen Fassung des Auswertungsvermerks des Bundeskartellamts wiedergegebenen Erkenntnisse zur Marktstruktur im Rechtsbeschwerdeverfahren berücksichtigt werden.

(2) Gegen die objektive Notwendigkeit der engen Bestpreisklausel spricht bereits, dass Booking.com nach den Ermittlungen des Amtes zwischen der Aufgabe der Verwendung der Klausel am 1. Februar 2016 und dem Ende des Erhebungszeitraums am 30. Juni 2017, also fast eineinhalb Jahre lang, ihre Marktstellung nicht nur behaupten, sondern weiter ausbauen konnte. Es ist nichts dafür geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass dieser Zeitraum für den transaktionsintensiven Markt der Hotelbuchungsplattformen, auf denen ständig in kurzer Zeit sehr viele Zimmer einer großen Anzahl von Hotels vermittelt werden, nicht aussagekräftig wäre. Die Nachermittlungen des Bundeskartellamts haben ergeben, dass Booking.com nach allen maßgeblichen Parametern wie Umsatz, Marktanteil, Buchungsmengen, Zahl der Hotelpartner und Anzahl der Hotelstandorte in Deutschland eine weitere Stärkung und keine Schwächung ihrer Marktstellung erfahren hat; Booking.com stellt dies auch nicht in Frage.

bb) Ein Vergleich mit den eng begrenzten Fallgruppen, in denen bisher im Ausnahmefall Nebenabreden aufgrund einer Tatbestandsrestriktion vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommen worden sind, bestätigt dieses Ergebnis. Die enge Bestpreisklausel will ein Trittbrettfahrerproblem durch eine den bedeutendsten Wettbewerbsparameter, den Preis, in nicht unerheblichem Umfang regelnde Klausel bekämpfen. Schon im Hinblick darauf ist diese Klausel qualitativ mit keinem der vom Beschwerdegericht angeführten Beispiele vergleichbar.

(1) Schon keine Fallgruppe der notwendigen Nebenabrede bilden Absprachen mit Handelsvertretern, soweit diese mit dem Auftraggeber im Hinblick auf den Absatz der jeweiligen Vertragswaren eine wirtschaftliche Einheit bilden. Insoweit stehen sich Handelsvertreter und Auftraggeber nicht als unabhängige Wirtschaftsteilnehmer gegenüber (vgl. EuGH, Urteil vom 11. September 2008 - C-279/06, WuW/E EU-R 1475 Rn. 35 f. - CEPSA). Trägt der Auftraggeber und nicht der Handelsvertreter die finanziellen und kommerziellen Risiken des Warenabsatzes an Dritte, so stellen die dem Handelsvertreter im Hinblick auf diesen Warenabsatz erteilten Weisungen und Vorgaben keine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne des Kartellrechts dar. Ist Art. 101 Abs. 1 AEUV bereits deshalb nicht anwendbar, weil es an einer tatbestandsmäßigen Vereinbarung von Unternehmen fehlt, erfolgt bei dieser Fallgruppe keine Einschränkung des Begriffs der Wettbewerbsbeschränkung.

(2) Die kartellrechtliche Unbedenklichkeit des qualitativ selektiven Vertriebs ergibt sich bereits daraus, dass er keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellt (vgl. nur EuGH, Urteil vom 25. Oktober 1983 - Rs. 107/82, Rn. 33 f. - AEG -Telefunken). Einer erst nach Feststellung einer Wettbewerbsbeschränkung eingreifenden Tatbestandsrestriktion unter dem Aspekt der notwendigen Nebenabrede bedarf es insoweit ebenfalls nicht.

(3) Ferner stellt der vom Beschwerdegericht in Bezug genommene mietvertragliche Konkurrenzschutz keinen Anwendungsfall für eine Tatbestandsrestriktion des Art. 101 Abs. 1 AEUV unter dem Aspekt der Nebenabrede dar.

Die vom Vermieter als Hauptleistungspflicht geschuldete ungestörte Gebrauchsüberlassung der Mietsache (§ 535 BGB ) umfasst bei einem Gewerberaummietverhältnis grundsätzlich auch einen vertragsimmanenten Konkurrenzschutz. Danach ist der Vermieter grundsätzlich gehalten, keine in der näheren Nachbarschaft des Mieters gelegenen Räume an Konkurrenten zu vermieten oder selbst in Konkurrenz zum Mieter zu treten. Der Vermieter hat dem Mieter jedoch nicht jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist im Einzelfall abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist (BGH, Urteil vom 26. Februar 2020 - XII ZR 51/19, BGHZ 224, 370 Rn. 37; Urteil vom 8. Dezember 2020 - KZR 124/18, NZKart 2021, 302 Rn. 36 f. - Konkurrenzschutz für Schilderpräger II).

Dieser vertragsimmanente Konkurrenzschutz ist keine Wettbewerbsbeschränkung, solange Wettbewerber des Mieters innerhalb des für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen jeweils relevanten örtlichen Markts ein ausreichendes Angebot geeigneter Gewerbeflächen finden. Ist dies unter Berücksichtigung entsprechender, im konkreten Fall relevanter Konkurrenzschutzklauseln in anderen Mietverträgen nicht der Fall, kommt dem vereinbarten Konkurrenzschutz eine marktabschottende Wirkung zu. Dann sind diejenigen Konkurrenzschutzklauseln in Mietverträgen bewirkte Wettbewerbsbeschränkungen, die erheblich zur Abschottung des Markts beitragen (vgl. EuGH, Urteil vom 26. November 2015 - C-345/14, WuW 2016, 74 Rn. 24, 27 -29 - Maxima Latvija, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 28. Februar 1991 - C-234/89, WuW/E EWG/MUV 911 Rn. 20-26 - Delimitis). Sofern danach eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt, kann ein mietvertraglicher Konkurrenzschutz nur bei Erfüllung der Freistellungsvoraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV wirksam vereinbart werden.

(4) Die als notwendige Nebenabreden von Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommenen Beschränkungen des Franchisenehmers sind, anders als die enge Bestpreisklausel, unerlässlicher Bestandteil des kartellrechtsneutralen Hauptvertrags, der Franchisevereinbarung. Dies gilt zunächst für die Maßnahmen und Vorgaben zum Schutz der Marke des Franchisegebers und des Systemimages, etwa zur Werbung, zum Produktangebot, zur Gestaltung und Ausstattung des Geschäftslokals oder zum Service. Ausschließliche Bezugsverpflichtungen des Franchisenehmers sind nur von Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommen, wenn und soweit sie zur Sicherstellung einer einheitlichen Produktqualität notwendig sind, weil etwa objektive Qualitätsstandards nicht möglich oder nicht praktikabel sind. Demgegenüber werden Vereinbarungen, die den Franchisenehmer am Preiswettbewerb hindern - wie es bei der engen Bestpreisklausel hinsichtlich des Online-Direktabsatzes der Hotelunternehmen der Fall ist - vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfasst (EuGH, Urteil vom 28. Januar 1986 - Rs. 161/84, WuW/E EWG/MUV 693 Rn. 15-23 - Pronuptia).

(5) In ihren Wettbewerbswirkungen mit engen Bestpreisklauseln nicht vergleichbar sind ferner Wettbewerbsverbote in Unternehmenskaufverträgen sowie das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot für Gesellschafter, die maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft haben (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1985 - Rs. 42/84, GRUR Int. 1986, 55 Rn. 19 - Remia; Urteil vom 15. Dezember 1994 - C-250/92, Slg 1994, I-5641, Rn. 33-35 - Gottrup-Klim; BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - KZR 58/07, WuW/E DE-R 2742 Rn. 16-20 - Gratiszeitung Hallo).

Bei diesen beiden Fallgruppen von Wettbewerbsverboten erfolgt eine Tatbestandsrestriktion des Art. 101 Abs. 1 AEUV unter dem Aspekt der zulässigen Nebenabrede, um die Substanz eines Unternehmens als eines von der Rechtsordnung eigentumsrechtlich geschützten Vermögensgegenstands zu wahren. Demgegenüber zielt die enge Bestpreisklausel lediglich darauf ab, eine Beeinträchtigung von Geschäftschancen im Sinne bloßer künftiger Verdienstmöglichkeiten infolge des Trittbrettfahrerproblems zu vermeiden. Bloße Geschäftschancen sind jedoch rechtlich grundsätzlich nicht vor solchen Beeinträchtigungen geschützt, die auf erlaubtem Verhalten von Marktsubjekten wie etwa der Nutzer der Plattform beruhen.

(6) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist schließlich ein Wettbewerbsverbot in einem Subunternehmervertrag - ebenso wie in anderen Austauschverträgen - mit § 1 GWB vereinbar, wenn es sachlich erforderlich und zeitlich, räumlich und gegenständlich darauf beschränkt ist, den mit dem Austauschvertrag verfolgten Zweck zu erreichen (BGH, WuW/E DE-R 2554 Rn. 15 - Subunternehmervertrag II). Diese Sichtweise steht mit der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs zu Art. 101 Abs. 1 AEUV in Einklang (vgl. BGH, WuW/E DE-R 2554 Rn. 17 - Subunternehmervertrag II).

(a) Zweck des Subunternehmervertrags ist die arbeitsteilige Durchführung bestimmter Arbeiten, wobei der Hauptauftragnehmer die Kunden akquiriert und der Subunternehmer die ihm zugeteilten (Teil-)Aufträge mit eigenem Personal und eigenen Geräten ausführen soll. Soweit der Senat in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, der ausgewogene Leistungsaustausch könne empfindlich gestört werden, wenn der Subunternehmer, der bei der Vertragsabwicklung zwangsläufig in Kontakt mit den Kunden des Hauptunternehmers tritt, mit diesen unmittelbare Vertragsbeziehungen knüpft, erfolgte dies, weil die Kundenschutzklausel im Verhältnis zwischen Hauptauftragnehmer und Subunternehmer in den gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverboten vergleichbarer Weise der naheliegenden Gefahr der inneren Aushöhlung der Vertragsbeziehungen des Hauptauftragnehmers zu seinen Auftraggebern begegnet (BGH, WuW/E DE-R 2554 Rn. 19 - Subunternehmervertrag II, mit Verweis auf Urteil vom 12. Mai 1998 - KZR 18/97, WuW/E DE-R 131, 133 [juris Rn. 19] - Subunternehmervertrag I). Als den Tatbestand des Art. 101 Abs. 1 AEUV und des § 1 GWB ausschließende Nebenabrede sind derartige Kundenschutzklauseln deshalb anerkannt, weil dem aktuellen Kundenstamm eine erhebliche Bedeutung für den Wert eines Unternehmens zukommt und er deshalb ebenso schutzwürdig erscheint wie der gesamte Unternehmenswert beim Unternehmenskauf und das gemeinsame Unternehmen der Gesellschafter.

(b) Entgegen der Ansicht von Booking.com ist die enge Bestpreisklausel indes keine mildere Form einer solchen Kundenschutzklausel.

Eine Hotelbuchungsplattform verbindet die Funktionen einer branchenspezifischen Suchmaschine, die dem Nutzer das Aufsuchen und Vergleichen einer Vielzahl von Beherbergungsmöglichkeiten nach voreingestellten oder aus einem angebotenen Katalog selbst gewählten Kriterien ermöglicht, mit einer Makler- oder Vermittlungsleistung, die es erlaubt, aufgrund des Ergebnisses von Suche und Vergleich unmittelbar und mit geringem - idealerweise nur aus wenigen "Klicks" bestehenden - Aufwand einen Vertrag mit dem vom Nutzer bevorzugten Anbieter zu generieren. Wer über eine solche Plattform eine Hotelübernachtung bucht, ist deshalb - nicht anders als bei einer Buchung beim Hotel selbst - Kunde des Hotels. Kunde der Plattform ist er nur hinsichtlich der Inanspruchnahme der Maklerleistung, die er freilich dem gewählten Makler nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar über die im Beherbergungspreis enthaltene Provision vergütet. Booking.com kann deshalb für Hotelgäste, die die Plattform nur zur Suche nach ihren Zwecken entsprechenden und verfügbaren Hotels sowie zum Vergleich der aufgefundenen Angebote nutzen, jedoch nicht dort, sondern direkt bei einem der aufgefundenen Hotels buchen, gegenüber dem Hotel keinen Kundenschutz in Anspruch nehmen. Die Bestpreisklausel ist daher keine Kundenschutzklausel, sondern eine Provisionssicherungsklausel, die den Nutzer zu einer Buchung auf der Plattform veranlassen soll, damit Booking.com die entsprechende Provision von den Hotels erhält. Schließlich handelt es sich bei den als kartellrechtsneutrale Nebenabreden anerkannten Kundenschutzklauseln im Gegensatz zur engen Bestpreisklausel nicht um preisbezogene Beschränkungen.

IV. Der angefochtene Beschluss stellt sich nicht deshalb als im Ergebnis richtig dar, weil die enge Bestpreisklausel von Booking.com gruppen- oder einzelfreigestellt wäre.

1. Die von Booking.com verwendete enge Bestpreisklausel ist schon deshalb nicht gemäß Art. 2 Abs. 1 Vertikal- GVO vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV freigestellt, weil der Marktanteil von Booking.com auf dem relevanten Markt der Hotelbuchungsplattformen in Deutschland mehr als 30 % beträgt.

a) Das Beschwerdegericht hat in Einklang mit der Amtsverfügung (Rn. 130 bis 147) den "Hotelportalmarkt" als sachlich relevanten Markt zugrunde gelegt, also den Markt, auf dem die Hotelbuchungsplattformen den Hotelunternehmen ihre Vermittlungsleistungen anbieten (vgl. OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 4572, juris Rn. 30 bis 59). Dagegen wie auch gegen die Beschränkung des räumlich relevanten Markts auf Deutschland (vgl. Amtsverfügung, Rn. 152 bis 158; OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 4572, juris Rn. 60 f.) erhebt Booking.com im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Einwände; Rechtsfehler sind nicht erkennbar. Booking.com hat auch nicht geltend gemacht, ihre enge Bestpreisklausel falle unter die Gruppenfreistellung.

b) Nach den insoweit von Booking.com nicht angegriffenen Ergebnissen der Nachermittlungen des Bundeskartellamts hält Booking.com auf dem relevanten Hotelportalmarkt in Deutschland jedenfalls einen Marktanteil von über 30 %.

Danach ist der Hotelbuchungsportalmarkt durch eine starke Konzentration gekennzeichnet. Gegenüber den großen Portalbetreibern Booking.com, Expedia und HRS mit den von ihnen betriebenen Webseiten fallen die kleineren Portalbetreiber mit einem Marktanteil von insgesamt höchstens 5 % in den Jahren 2013 bis 2017 nicht ins Gewicht. Aus den Tabellen 4 und 6 des Auswertungsvermerks ergibt sich, dass der Marktanteil von Booking.com in den Jahren 2013 bis 2017 unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags sowohl auf der Basis von Umsätzen (Provisionsumsätze) als auch mengenbasiert (Buchungen/Übernachtungen) zwischen 45 % und 65 % betrug. Diese sehr große Marktbedeutung von Booking.com wird dadurch bestätigt, dass dieses Unternehmen in den Jahren 2015 und 2017 mindestens eine doppelt so große Anzahl von Hotelpartnern vermittelte wie seine großen Wettbewerber HRS und Expedia (Tabelle 11 des Auswertungsvermerks). Dasselbe gilt jedenfalls ab 2014 für die Anzahl der in Deutschland vermittelten Hotelstandorte (Tabelle 12 des Auswertungsvermerks). Damit steht außer Frage, dass der Marktanteil von Booking.com jedenfalls über 30 % beträgt.

2. Die Anwendbarkeit des Art. 101 Abs. 1 AEUV auf die enge Bestpreisklausel ist nicht aufgrund einer Einzelfreistellung gemäß Absatz 3 dieser Vorschrift ausgeschlossen.

a) Gemäß Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 sind Vereinbarungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV , welche die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllen, nicht verboten, ohne dass dies einer vorherigen Entscheidung bedarf (Legalausnahme). Die Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV setzt voraus, dass die Vereinbarung unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt, ohne dass den beteiligten Unternehmen (a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder (b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

b) Auf der Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts scheidet eine solche Einzelfreistellung aus, da es bereits an der ersten Freistellungsvoraussetzung mangelt.

aa) Nach der ersten Freistellungsvoraussetzung ist eine Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder die Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts erforderlich. Darunter sind durch die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung bewirkte Effizienzvorteile zu verstehen (vgl. Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag , Rn. 48 ff.).

bb) Es steht außer Frage, dass der Betrieb einer Hotelbuchungsplattform zu erheblichen Effizienzvorteilen sowohl für die Verbraucher als auch für die ihr angeschlossenen Hotels führt. Mit den Funktionen Suchen, Vergleichen und Buchen bietet das Hotelbuchungsportal dem Verbraucher ein komfortables, in dieser Form sonst nicht verfügbares, attraktives Dienstleistungspaket. Er erhält für einen gesuchten Ort eine große, ausführlich beschriebene und leicht vergleichbare Hotelauswahl, die er sich sonst nicht oder nur äußerst mühsam erschließen könnte und für die er jedenfalls unmittelbar kein Entgelt entrichten muss. Infolge der umfassenden Vergleichsmöglichkeiten können Verbraucher insbesondere erhebliche Einsparungen bei den von ihnen zu zahlenden Unterkunftskosten erzielen. Hinzu kommt der Zugriff auf die Erfahrungen früherer Hotelgäste, die dem Verbraucher für die Entscheidung zwischen den aufgefundenen Angeboten eine zusätzliche Information liefern. Schließlich wird die Buchung eines ausgewählten Angebots durch die Möglichkeit der Sofortbuchung über die Hotelbuchungsplattform deutlich erleichtert. Insgesamt führen Hotelbuchungsplattformen damit zu einem erheblichen Transparenzgewinn, geringeren Unterkunftskosten und vermindertem Transaktionsaufwand bei den Verbrauchern. Für die Hotels bieten die Hotelbuchungsplattformen den Vorteil einer deutlich erweiterten Kundenreichweite.

cc) Das Bundeskartellamt erkennt diese Effizienzvorteile der Hotelbuchungsplattformen ausdrücklich an. Zu Recht stellt es jedoch die Kausalität der engen Bestpreisklausel für diese Effizienzvorteile in Abrede, weil sie sich nicht erst aus der Verwendung der Bestpreisklausel ergeben und ein dauerhafter und wirtschaftlich erfolgreicher Plattformbetrieb auch ohne Vereinbarung enger Bestpreisklauseln möglich ist.

(1) Für die Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV ist allerdings nicht maßgeblich, ob ein Unternehmen ohne die wettbewerbsbeschränkende Klausel in seiner Existenz gefährdet ist. Andererseits kommt es auch nicht darauf an, ob ihm bei einem Verzicht auf die fragliche Klausel weniger Investitionskapital zur Verfügung steht, das zur Erhaltung und kontinuierlichen Verbesserung seines Leistungsangebots eingesetzt werden kann. Entscheidend ist allein, ob konkrete Effizienzvorteile ohne die Wettbewerbsbeschränkung nicht erzielt werden können (vgl. Kommission, Leitlinien zu Art. 81 Abs. 3 aaO, Rn. 53 f.).

(2) Es sind keine Anhaltspunkte dafür festgestellt oder von Booking.com vorgebracht worden, dass ohne die enge Bestpreisklausel eine wettbewerblich relevante Verschlechterung des Leistungsangebots bei der Bereitstellung der Funktionen Suchen, Vergleichen und Buchen für Endverbraucher oder bei der Reichweitenerhöhung für die der Plattform angeschlossenen Hotels eintritt.

(a) Insoweit zeichnet sich der vorliegende Fall nach Ansicht beider Parteien durch die Besonderheit aus, dass die enge Bestpreisklausel von Booking.com seit Februar 2016 nicht mehr verwendet wird und dass infolgedessen keine fiktiven, sondern die tatsächlich seitdem bestehenden Marktverhältnisse zu beurteilen sind.

Das Bundeskartellamt hat in seinen Nachermittlungen Daten zur Marktentwicklung auf dem Markt der Hotelbuchungsplattformen für die Zeit von 2013 bis Ende Juni 2017 erhoben. Dieser Erhebungszeitraum umfasst den Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis 30. Juni 2017 und damit die ersten 17 Monate nach Einstellung der Verwendung der engen Bestpreisklausel durch Booking.com. Vor dem Hintergrund, dass der Hotelbuchungsmarkt durch eine sehr große Zahl von Transaktionen in kurzer Zeit und eine saisonal oder aufgrund besonderer, oft regelmäßiger Veranstaltungen wie etwa Messen schwankende Nachfrage geprägt ist, erscheint dieser Zeitraum für eine Beurteilung der Auswirkungen eines Wegfalls der engen Bestpreisklausel grundsätzlich ausreichend. Insbesondere umfasst er ein vollständiges, reguläres Reisejahr. Booking.com erhebt gegen die Verwertung dieser Daten zur Marktentwicklung keine Einwände und geht selbst davon aus, dass die Wettbewerbsbedingungen, wie sie seit Februar 2016 bis heute bestehen, die Marktverhältnisse ohne die Klausel zutreffend abbilden.

(b) Nach den Ermittlungen des Bundeskartellamts konnte Booking.com von 2014 bis 2017 den Provisionsumsatz jährlich um mindestens 20 % steigern (Tabelle 3 des Auswertungsvermerks). Eine monatsweise Betrachtung der Buchungsmengen für in Deutschland oder in der EU gelegene Unterkünfte (Tabellen 7 bis 9 des Auswertungsvermerks) ergibt für Booking.com im gesamten Zeitraum von Januar 2016 bis Juni 2017 für jeden Monat eine positive Differenz zum Vorjahr von mindestens 10 %, in der Regel indes mindestens 20 % bis 30 %. Außerdem vermittelte Booking.com nach Stand 30. Juni 2017 eine doppelt so hohe Zahl von Hotelpartnern in Deutschland an ebenfalls doppelt so vielen deutschen Hotelstandorten als 2015, dem letzten Jahr mit enger Bestpreisklausel (Tabellen 11 und 12 des Auswertungsvermerks).

Booking.com stellt auch dies nicht in Frage; seine Einwände gegen die Aussagekraft dieser Umsatz- und Geschäftsentwicklung greifen nicht durch.

Selbst wenn der Markterfolg durch ein starkes Wachstum des Online-Reisemarktes und hohe Investitionen Booking.coms begünstigt oder sogar bewirkt worden sein sollte, ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die Unternehmensentwicklung Booking.coms unter dem Wegfall der Klausel gelitten hat. Ebenso wenig kann es im Rahmen der Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV darauf ankommen, ob Booking.com ohne den Wegfall der Klausel noch stärker gewachsen wäre. Ferner ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich, dass mit Airbnb, Google-Hotel oder auch Amazon und Facebook bei der online Buchung von Unterkünften neue und starke Wettbewerber in den Markt eingetreten sind oder potentiell eintreten können. Soweit sich Booking.com allerdings auf sich selbst verstärkende Netzwerkeffekte beruft (je mehr Hotels auf der Plattform angeboten werden, desto mehr Kunden werden angelockt), um seinen ohne enge Bestpreisklausel eingetretenen Markterfolg zu erklären, zeigt dies gerade die bestehende Marktstärke von Booking.com. Sie ermöglicht Booking.com die Bereitstellung des aus Sicht der Verbraucher und Hotels gewünschten und intensiv genutzten Leistungsangebots auch ohne enge Bestpreisklausel. Das Zusammentreffen eines erweiterten Leistungsangebots auf der Plattform mit stetig wachsenden Buchungsmengen und Provisionseinnahmen bietet keinen Anhalt für die Annahme, dass sich das Leistungsangebot von Booking.com für Hotelkunden und Hotels infolge des Wegfalls der engen Bestpreisklausel verschlechtert hat.

(3) Zwar weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend darauf hin, dass die Hotelkunden ohne die enge Bestpreisklausel nicht mehr darauf vertrauen können, dass ein bei Booking.com gefundenes Angebot nicht direkt beim Hotel online günstiger angeboten wird. Dieser gewisse Verlust an Preistransparenz aus Sicht der Verbraucher wird jedoch durch ihre Möglichkeit, das von ihnen begehrte Zimmer online im Direktvertrieb des Hotels günstiger finden zu können, mindestens aufgewogen.

Die These der Rechtsbeschwerdeerwiderung, ein Verzicht auf die enge Bestpreisklausel minimiere gleichzeitig den Preisdruck zwischen Unterkünften und führe in der Folge zu höheren Preisen, ist nicht plausibel. Auch ohne die enge Bestpreisklausel müssen die Hotels in Anbetracht des hohen Marktanteils von Booking.com bestrebt sein, die Aufmerksamkeit der Kunden auf der Buchungsplattform zu finden. Sie müssen sich daher dort weiterhin im Verhältnis zu den Preisen ihrer Wettbewerber attraktiv positionieren. Sie haben deshalb keinen Anlass, ihre Preise auf der Plattform zu erhöhen, um finanziellen Spielraum für günstigere Preise im Online-Direktvertrieb zu gewinnen. Dieser Spielraum steht ihnen zudem bereits dadurch zur Verfügung, dass für sie im Direktvertrieb die sonst an Booking.com zu zahlende, nicht unerhebliche Provision in Höhe von 10 % bis 15 % entfällt. Die Ersparnis können sie ohne weiteres teilweise an die Hotelkunden weitergeben, um ihre Zimmer günstiger direkt online zu vermarkten.

dd) Zwar kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass für Booking.com bei einem Verzicht auf die enge Bestpreisklausel ein "Trittbrettfahrerproblem" besteht (nachfolgend (1)). Dessen Beseitigung oder Eindämmung durch diese Klausel stellt im vorliegenden Fall aber keinen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV anerkennungsfähigen Effizienzvorteil dar (nachfolgend (2)).

(1) Für die Prüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren ist zu unterstellen, dass Booking.com bei einer Preisdifferenzierung, die durch eine Vertragsgestaltung ohne enge Bestpreisklausel ermöglicht wird, in nennenswerten Umfang Provisionen entgehen, weil Kunden nach Hotelsuche und Vergleich auf der Plattform das gewünschte Hotel zu einem geringeren Preis direkt online buchen können.

(a) Das Bundeskartellamt meint, dem bei einem Wegfall der engen Bestpreisklausel für Booking.com zur erwartenden Trittbrettfahrerproblem komme nur marginale Bedeutung zu. Nach dem Ergebnis der in seinem Auftrag durchgeführten Verbraucherbefragung würden 99 % der Verbraucher, die eine Unterkunft erstmals bei booking.com finden, sie dort auch buchen. Bei Folgebuchungen, also in Fällen, in denen dem Verbraucher das Hotel bereits bekannt gewesen sei, erfolgten mit 44,35 % immer noch mehr Buchungen bei Booking.com, als mit 37,6 % direkt beim Hotel. Diese 37,6 % Direktbuchungen könnten jedoch nicht als Trittbrettfahren angesehen werden. Denn zu solchen Folgebuchungen komme es nur, wenn das Hotel zuvor bei der Erstbuchung mit seinen Leistungen überzeugt habe.

(b) Das Beschwerdegericht hat sich nicht mit den Einwänden befasst, die Booking.com im Beschwerdeverfahren gegen die Belastbarkeit des Befragungsergebnisses erhoben hat, nach dem 99 % der befragten Verbraucher, die ihre Unterkunft zuerst auf booking.com fanden, anschließend auch dort buchten. Die tatrichterliche Prüfung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden. Vielmehr ist rechtsbeschwerderechtlich zugunsten von Booking.com zu berücksichtigen, dass sich aus den Nachermittlungen des Amtes jedenfalls Anhaltspunkte für ein gewisses Trittbrettfahren der Hotelkunden auf booking.com ergeben.

Laut Tabelle 32 bieten 88 % der Unterkünfte mit Online-Echtzeitbuchungsmöglichkeit im Online-Direktvertrieb günstigere Preise als auf booking.com an, davon 60 % meistens oder immer, 12 % häufig und 16 % gelegentlich. Auch von den Hotels, die nur Internetseiten ohne Online-Echtzeitbuchungsmöglichkeit haben, bieten nach den Ermittlungsergebnissen des Bundeskartellamts 71 % günstigere Preise als auf booking.com an, und zwar 43 % meistens oder immer, 17 % häufig und 21 % gelegentlich. Gemäß Randnummer 53 des Auswertungsvermerks verfügen 61,3 % der Hotels, die booking.com nutzen, über eine OnlineEchtzeitbuchungsmöglichkeit. Daraus folgt, dass 53,42 % der insgesamt booking.com nutzenden Hotels die dort angebotenen Preise in ihrem Online-Direktvertrieb meistens oder immer unterbieten (61,3 % x 60 % + 38,7 % x 43 % = 53,42 %).

Rund ein Drittel der Verbraucher, die ihre Unterkunft auf booking.com gefunden haben, gaben an, vor der Buchung Preise verglichen zu haben (Tabelle 56), wobei von diesen 85 % die Hotel-Webseite in den Vergleich einbezogen haben. Etwa die Hälfte davon, also mindestens 14 % der Kunden, die auf booking.com fündig geworden sind, konnte danach von günstigeren Preisen auf den Internetseiten des Hotels Kenntnis erhalten. Dieser Befund wird dadurch bestätigt, dass knapp ein Drittel der Kunden über den Direktvertrieb des Hotels online gebucht und zuvor einen Preisvergleich vorgenommen hat (Tabelle 55 des Auswertungsvermerks), in den mehr als die Hälfte dieser Kunden booking.com einbezogen haben (Tabelle 60 des Auswertungsvermerks). Diese rund 17 % aller befragten Kunden könnten also nach dem Besuch von booking.com einen günstigeren Preis im Direktvertrieb des Hotels gefunden und dann auch dort gebucht haben.

(2) Die Lösung oder Begrenzung dieses danach jedenfalls in gewissem Umfang im Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellenden "Trittbrettfahrerproblems" durch eine enge Bestpreisklausel stellt jedoch im vorliegenden Fall keinen Effizienzvorteil gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV dar.

(a) Schon im Ausgangspunkt ist die Vertragsgerechtigkeit als solche kein Effizienzvorteil im Sinne von Art. 101 Abs. 3 AEUV (vgl. Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag aaO, Rn. 47). Vereinbarungen, die es ohne wettbewerbsfördernde Wirkungen den beteiligten Unternehmen lediglich ermöglichen, ihre Gewinne zu steigern oder stabil zu halten, bewirken ebenfalls keine objektiven Vorteile, die einen Effizienzgewinn nach Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen können (vgl. aaO, Rn. 49).

(b) Auch der Gerichtshof der Europäischen Union hat entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung keinesfalls angenommen, die Bekämpfung des Trittbrettfahrens rechtfertige als solche ohne weiteres stets eine Beschränkung des Wettbewerbs. Er hat vielmehr lediglich im Zusammenhang mit Ausführungen zum Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung für einen konkreten Fall die Auffassung des Gerichts der Europäischen Union bestätigt, im CB-System, das die Interoperabilität der Systeme für Zahlung und Abhebung mit den Bankkarten seiner Mitglieder gewährleisten sollte, stelle die Bekämpfung des - die Zuverlässigkeit des grundsätzlich wettbewerbsfördernden CB-Systems gefährdenden - Trittbrettfahrens ein legitimes Ziel dar (EuGH, Urteil vom 11. September 2014 - C-67/13 P, NZKart 2014, 399 Rn. 75 - Groupement des cartes bancaires).

Wie ausgeführt, ist jedoch auch nach den Nachermittlungen des Bundeskartellamts nicht ersichtlich, dass ohne enge Bestpreisklausel die Aufrechterhaltung des Leistungsangebots von Booking.com gefährdet wäre.

(c) Dementsprechend ist die Lösung des Trittbrettfahrerproblems bisher in erster Linie dann im Kartellrecht als legitime Aufgabe angesehen worden, wenn ein Lieferant seine Händler zu besonderen Leistungen beim Vertrieb bewegen möchte, etwa bei Beratung oder Einkaufserlebnis für den Kunden. In einem solchen Fall kann es erforderlich sein, den Vertragshändler davor zu schützen, dass die Vertragswaren bei anderen Händlern günstiger angeboten werden können, die diese Vertriebsleistungen nicht erbringen, so dass die begründete Gefahr besteht, die vertriebs- und wettbewerbsfördernden Leistungen der Vertragshändler unterblieben, wenn sie mit dem Lieferanten keine den Wettbewerb durch andere Händler beschränkende Vereinbarung abschließen können. Zur Lösung des Trittbrettfahrerproblems kommen dann je nach den Umständen selektive Vertriebsvereinbarungen, Alleinvertriebsverträge oder Wettbewerbsverbote in Betracht. In diesen Fällen konnte jeweils eine über die Lösung des Trittbrettfahrerproblems als solche hinausgehende, objektiv wettbewerbsfördernde Wirkung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung angenommen werden. Daran fehlt es, wie dargelegt (vgl. Rn. 75 bis 77), im Fall der engen Bestpreisklausel.

(d) Zwar könnte es je nach den Umständen des Einzelfalls als Effizienzvorteil gelten, ein aufgrund eines strukturellen Defizits zu einer nicht aufwands- oder leistungsbezogenen Unternehmervergütung führendes Geschäftsmodell durch die Bekämpfung des Trittbrettfahrens so umzugestalten, dass es eine leistungsgerechte Vergütung gewährleistet. Um die erste Freistellungsvoraussetzung zu erfüllen, müssten die mit einer solchen Umgestaltung etwa verbundenen Effizienzvorteile jedoch ihre wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen jedenfalls ausgleichen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1966 - Rs. 56/64, 58/64, Slg. 1966, 325, 396 f. - Grundig und Consten/Kommission; Urteil vom 6. Oktober 2009 - C-501/06 P u.a., WuW/E EU-R 1641 Rn. 92 - GlaxoSmithKline/Kommission; Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, ABl. 2010 C 130, S. 1, Rn. 122, und Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag aaO, Rn. 50). Daran fehlt es bei der Verwendung der engen Bestpreisklausel für die Hotelbuchungsplattform von Booking.com.

(aa) Von entscheidender Bedeutung ist dabei das von Booking.com verfolgte Geschäftsmodell der Hotelbuchungsplattform.

Die Verbindung der Such- und Vergleichsfunktion der Plattform mit der Möglichkeit einer Direktbuchung ermöglicht es dem Plattformbetreiber, über die Provision, die er sich von den Hotels versprechen lässt, nicht nur die eigentliche Vermittlungstätigkeit, sondern auch die der Vermittlung eines Vertrages über eine einzelne nachgesuchte Beherbergungsmöglichkeit vorgelagerten Plattformfunktionen zu finanzieren. Diese Plattformfunktionen verschaffen dem Plattformbetreiber jedoch vielfältige Vorteile, insbesondere wegen der bei Online-Plattformen regelmäßig auftretenden indirekten Netzwerkeffekte, aber auch wegen der Kundenbindung, die der Plattformbetreiber durch die Ausgestaltung des - als solchen für den Verbraucher unentgeltlichen - Plattformangebots erzielen kann. Dieses Angebot umfasst insbesondere die Präsentation und Sortierbarkeit der Suchergebnisse nach vom Verbraucher gewählten, aber auch vom Plattformbetreiber durch Voreinstellungen und einen beschränkten Katalog von Auswahlmöglichkeiten beeinflussbaren Kriterien sowie die Ausgestaltung des nicht hotel-, sondern plattformspezifischen Buchungsvorgangs, der Informationen über Stornierungsvoraussetzungen und -bedingungen sowie andere Vertragsbedingungen umfasst. Hinzukommt die Ausgestaltung eines Plattformnutzerprofils und die Darstellung einer individuellen Buchungshistorie des Nutzers sowie das Anbieten von an die Nutzung der Plattform gebundenen Rabatten und sonstigen Vergünstigungen. Dieses Leistungsbündel ermöglicht dem Plattformbetreiber jedenfalls potentiell die Erreichung einer eigenen Kundenbindung, die unabhängig von der Kundenbindung ist, die das einzelne Hotel mit seinem Leistungsangebot erzielen kann, und dadurch erleichtert wird, dass der Verbraucher den Preis der Leistungen von Booking.com nicht wahrnimmt, weil er zwar die Plattform wählt, die er nutzt, die Provision nach dem Geschäftsmodell aber nicht von ihm, sondern nur vom Hotel geschuldet wird.

Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten kann der Umstand, dass der Verbraucher - im Zweifel, ohne sich dessen bewusst zu sein - dem Plattformbetreiber die "verdiente" Provision durch eine Direktbuchung beim Hotel "entziehen" kann, entgegen der - im Zusammenhang mit der Annahme einer vertragsnotwendigen Nebenabrede entwickelten - Auffassung des Beschwerdegerichts nicht mit dem Fall einer Vereitelung der Provisionszahlung an einen herkömmlichen Vertragsmittler, der die vereinbarte Vermittlungsleistung erbracht hat, gleichgesetzt werden.

Wird in dem Geschäftsmodell der Hotelbuchungsplattform nicht jede Akquisitionsleistung durch eine Buchungsprovision bezahlt, können ebenso Provisionen verdient werden, denen nur eine geringe oder keine Akquisitionsleistung vorausgeht. Nach den Ermittlungen des Bundeskartellamts entfallen die Buchungen auf booking.com zu einem Anteil von knapp 30 % auf Hotels, die dem Nutzer schon vor der Buchung bekannt waren (Folgebuchungen). Soweit die Kenntnis des Hotels dabei aus einem früheren Aufenthalt stammt, beruhen diese Folgebuchungen regelmäßig primär auf der von dem Hotel dabei erbrachten Leistung, denn hätte diese zur Unzufriedenheit des Gastes geführt, würde er im Zweifel dieses Hotel nicht nochmals buchen. Zwar kann auch Booking.com an der Folgebuchung je nach den Umständen durchaus ebenfalls einen mehr oder weniger großen Anteil haben, und es kann sogar dieser Anteil in den Vordergrund treten, wenn ein Plattformnutzer gewohnheitsmäßig über booking.com bucht und gegebenenfalls auch die Gelegenheit nutzt, sich vor der Buchung darüber zu informieren, ob nicht ein anderes als das bereits bekannte Hotel ein besonders günstiges Angebot bereithält. Dieser "Anteil" am Zustandekommen der Folgebuchung entsteht für Booking.com aber gerade deshalb, weil sie über eigene plattformspezifische Möglichkeiten der Kundenbindung verfügt, so dass die eigentliche Vermittlungsleistung nur einen von mehreren Aspekten des Verbrauchernutzens darstellt. Unabhängig von ihrem konkreten Anteil am Abschluss der Folgebuchung erhält Booking.com jedoch bei jeder Folgebuchung von dem Hotel systemimmanent stets die volle Provision. Dies veranschaulicht, dass die lückenlose und leistungsgerechte Vergütung gerade (und nur) jeder vom Plattformbetreiber erbrachten Vermittlungsleistung kein Funktionsmerkmal des Geschäftsmodells einer Hotelbuchungsplattform ist.

(bb) Der Funktionsweise eines Plattformmarktes wird eine auf das einzelne Leistungsaustauschverhältnis fokussierte Sichtweise auch deshalb nicht gerecht, weil die Verhinderung des "Trittbrettfahrens" - nicht, wie das Beschwerdegericht meint, des einen Kunden "umlenkenden" Hotels, sondern des Verbrauchers, der die Leistungen der Plattform nutzt, aber wegen des niedrigeren auf den eigenen Internetseiten angebotenen Preises eines Hotels dort statt auf der Plattform bucht - durch eine enge Bestpreisklausel eine effiziente plattformunabhängige Vermarktung von Unterkünften durch die Hotels erheblich behindert.

Sie verhindert, dass die Hotels mit günstigeren Preisen als auf Booking.com Kunden direkt etwa über Suchmaschinenwerbung wie "Google-Adwords", gezielte Werbung auf Reiseservice-Internetseiten oder über sonstige Online-Medien werben, was umso schwerer wiegt, als zu erwarten ist, dass Online- gegenüber telefonischen und persönlichen Buchungen bei Hotels künftig weiter an Bedeutung gewinnen werden. Durch die enge Bestpreisklausel muss jede auch auf booking.com angebotene Hotelleistung selbst dann, wenn die Leistungen von Booking.com gar nicht in Anspruch genommen werden, gleichwohl so bepreist werden, als wären sie in Anspruch genommen worden. Dies vermindert zugleich den Wettbewerbsdruck auf die Provisionshöhe, der jedenfalls potentiell von einem anderen Vertriebskanal ausgehen kann, weil sich die unter Inanspruchnahme der Leistungen der Plattform erzielbaren Erträge der Hotels nicht unverfälscht mit denjenigen messen lassen müssen, die sich ohne Inanspruchnahme von Plattformleistungen im Eigenvertrieb unter Ausnutzung dort erreichbarer Effizienzgewinne erzielen lassen. Dies ist umso bedeutsamer, als die indirekten Netzwerkeffekte einen Wettbewerbsdruck auf marktstarke Unternehmen durch von kleineren Wettbewerbern auf dem Plattformmarkt verlangte geringere Provisionen ohnehin mindern. Zugleich wird damit die Abhängigkeit der Hotels von der bereits sehr marktstarken Plattform booking.com erhöht, was die wettbewerbsbeschränkende Wirkung der engen Bestpreisklausel für die Hotels weiter verstärkt. Diese Wirkung ist direkte und bezweckte Folge der Verminderung der Attraktivität des Direktvertriebs, die das Trittbrettfahren nutzlos machen soll, und nicht etwa nur ein zu vernachlässigender Nebeneffekt der engen Bestpreisklausel.

(cc) Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Wirkungen der engen Bestpreisklausel von Booking.com treten keine Anhaltspunkte dafür hervor oder werden von Booking.com aufgezeigt, dass die mit der Klausel möglicherweise verbundenen Effizienzvorteile in Form einer Eindämmung des Trittbrettfahrens ihre manifesten wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen jedenfalls ausgleichen. Die wettbewerbsbeschränkende Klausel führt vielmehr zu erheblichen Effizienznachteilen, die nicht durch die bloße Möglichkeit von Booking.com gerechtfertigt werden können, höhere Erträge zu einer Verbesserung der angebotenen Leistungen zu nutzen.

(3) Schließlich macht die Rechtsbeschwerdeerwiderung ohne Erfolg geltend, dass sich aufgrund künftiger Verhaltensänderungen bei den Hotels und ihren Kunden eine derartige Verschärfung des Trittbrettfahrerproblems ergeben könnte, dass es Booking.com nicht mehr möglich wäre, ihr Leistungsangebot umfassend aufrechtzuerhalten. Konkrete Anhaltspunkte, die die Gefahr einer derartigen Entwicklung begründen könnten, zeigt sie nicht auf.

Die Antworten der drei großen Portalbetreiber, auf denen die im Auswertungsvermerk wiedergegebenen Angaben zur Marktentwicklung beruhen, beziehen sich auf die Zeit bis zum 30. Juni 2017. Bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht am 29. Mai 2019 konnte Booking.com die Daten zur Marktentwicklung aktualisieren, also bis zu einem Zeitpunkt von drei Jahren und nahezu drei Monaten nach Aufgabe der Verwendung der engen Bestpreisklausel am 1. Februar 2016. Booking.com hat sich jedoch gegenüber dem Beschwerdegericht auf keine gegenüber den Nachermittlungen des Bundeskartellamts aktuelleren Zahlen zur Marktentwicklung berufen, die für das Unternehmen Nachteile infolge des Wegfalls der Klausel belegen könnten.

ee) Ist also bereits die erste Freistellungsvoraussetzung nicht erfüllt, kommt es auf die übrigen Freistellungsvoraussetzungen und damit insbesondere auf die Frage nicht mehr an, ob die enge Bestpreisklausel im Sinne der dritten Freistellungsvoraussetzung unerlässlich wäre, um eine Lösung des Trittbrettfahrerproblems herbeizuführen.

V. Der angefochtene Beschluss ist danach aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 80 Abs. 4 Nr. 1 GWB ) und die Beschwerde zurückweisen. Stellt die enge Bestpreisklausel von Booking.com eine nicht freigestellte, spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV dar, war das Bundeskartellamt zur Untersagung ihrer Verwendung berechtigt.

1. Ohne Erfolg rügt Booking.com, das Bundeskartellamt habe ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Die von Booking.com angegriffenen Äußerungen des Bundeskartellamts, wie die Pressemitteilung des Amtes vom 2. April 2015 und die Rn. 82, 85, 89, 94 der Untersagungsverfügung, sind nicht zu beanstanden. Sie halten sich im Rahmen seiner Aufgaben, die insbesondere auch eine Pflicht zur Öffentlichkeitsarbeit umfasst.

2. Keinen Erfolg hat auch die weitere Rüge von Booking.com, das Kartellamt habe seine Kooperationspflichten gemäß Art. 11 VO 1/2003 verletzt, indem es in einem nationalen Alleingang bei der Untersagung der engen Bestpreisklausel nicht die Auffassung anderer nationaler Wettbewerbsbehörden in der Union berücksichtigt und sich auch nicht hinreichend innerhalb des European Competition Network (ECN) abgestimmt habe. Abgesehen davon, dass sich aus dem Vortrag des Bundeskartellamts eine Auseinandersetzung mit den Auffassungen der Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten wie auch eine Beteiligung des Amtes am Meinungsaustausch im ECN über die Behandlung von Bestpreisklauseln für Hotelbuchungsplattformen ergibt, werden durch die unter den Kartellbehörden der Europäischen Union oder zwischen diesen und der Kommission bestehenden Kooperationspflichten jedenfalls keine subjektiven Rechte privater Unternehmen begründet.

VI. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Dies gilt namentlich für den unionsrechtlichen Begriff der Wettbewerbsbeschränkung, dem das Selbständigkeitspostulat zugrundeliegt, wonach jeder Unternehmer insbesondere selbst zu bestimmen hat, welche Preispolitik er auf dem Markt verfolgen will (vgl. nur EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - C-8/08, WuW/E EU-R 1589 Rn. 32 f. - T-Mobile Netherlands), und die Anforderungen an eine notwendige Nebenabrede zu einem kartellrechtlich unbedenklichen Vertrag (vgl. nur EuGH, NZKart 2015, 44 Rn. 89-91 - MasterCard/Kommission; NZKart 2018, 84 Rn. 69-71 - Hoffmann-La Roche/Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato).

Der Senat legt seiner Entscheidung auch keinen Rechtssatz zugrunde, der von der Auslegung des Unionsrechts durch die Kommission oder Gerichte anderer Mitgliedstaaten abwiche. Insbesondere stellt der Senat die Auffassung der Kommission nicht infrage, dass enge Bestpreisklauseln nach der derzeit geltenden Vertikal- GVO freigestellt sein können. In dem von der Rechtsbeschwerdeerwiderung angeführten Urteil des Svea Hovrätt als schwedischen Patent- und Marktobergerichts wird die Zivilklage gegen die Verwendung der engen Bestpreisklausel durch Booking.com ebenfalls nicht wegen einer anderen Auslegung des Art. 101 AEUV , sondern deshalb abgewiesen, weil der Kläger für einen Wettbewerbsschaden infolge der Unterbindung einer von den auf der Plattform angebotenen Preisen unabhängigen Preissetzung der Hotels beweisfällig geblieben sei (kritisch dazu Mackenrodt, IIC 2019, 1131, 1136 f., 1139). Der Senat hat seiner Entscheidung hingegen den vom Beschwerdegericht festgestellten Sachverhalt zugrunde zu legen, nach dem eine solche, durch die Untersagung der Bestpreisklausel ermöglichte unabhängige Preissetzung tatsächlich praktiziert wird.

Soweit Wettbewerbsbehörden in Frankreich, Italien, Irland und Schweden enge Bestpreisklauseln als Verpflichtungszusage von Booking.com akzeptiert haben, ist den entsprechenden Vereinbarungen keine kartellrechtliche Würdigung zu entnehmen, so dass dafür Opportunitätserwägungen leitend gewesen sein mögen. Die Aussagekraft dieser Verpflichtungszusagen wird zudem dadurch vermindert, dass sie in Frankreich und Italien einer Überprüfung in Kartellzivilverfahren entzogen wurden, weil in diesen Staaten - wie auch in Österreich - zwischenzeitlich Bestpreisklauseln generell gesetzlich verboten worden sind.

VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 71 Satz 1 und 3 GWB , § 91 Abs. 1 ZPO .

Verkündet am: vom 8. Juli 2021 18. Mai 2021

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 04.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen VI-Kart 2/16 [V]
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 04.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen VI-Kart 2/16 [V]
Fundstellen
BB 2021, 1921
BB 2021, 2062
BGHZ 230, 88
CR 2022, 46
DB 2021, 1874
EuZW 2021, 844
GRUR 2021, 1213
MDR 2021, 1148
NJW-RR 2021, 1404
WM 2022, 1555
WRP 2021, 1313