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BGH - Entscheidung vom 26.01.2021

XIII ZR 18/19

Normen:
EEG (2012) § 12 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1

BGH, Urteil vom 26.01.2021 - Aktenzeichen XIII ZR 18/19

DRsp Nr. 2021/7976

Geltendmachung eines Anspruchs der Betreiberin eines Solarparks gegen einen Netzbetreiber auf Ersatz für entgangene Einnahmen wegen mehrerer durch Netzausbaumaßnahmen veranlasster Unterbrechungen der Stromeinspeisung

Eine entschädigungspflichtige Einspeisereduzierung "wegen eines Netzengpasses" im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 und damit eine Maßnahme des Einspeisemanagements liegt nicht vor, wenn das Betriebsmittel, über welches die betreffende Erneuerbare-Energien-Anlage Strom in das Netz einspeist, aufgrund von Reparatur-, Wartungs-, Instandhaltungs-, Netzausbau- oder sonstigen Maßnahmen durch Abschaltung außer Funktion gesetzt ist. Denn die Regelungsmaßnahmen des Netzbetreibers dienen in diesem Fall nicht der Entlastung des andernfalls überlasteten Netzes. Die Entschädigungspflicht des Netzbetreibers nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 und nach § 15 Abs. 1 der seit dem 1. August 2014 geltenden Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird durch die Abregelung einer Erneuerbare-Energien-Anlage und eine dadurch bedingte Einspeiseunterbrechung nur dann ausgelöst, wenn die geregelte Anlage gerade zu dem Zweck vom Netz getrennt wird, eine Verringerung der insgesamt in den Netzbereich einzuspeisenden Strommenge herbeizuführen. Das setzt voraus, dass in den betroffenen Bereich des Netzes weiterhin von anderen Stromerzeugungsanlagen Strom eingespeist wird und dass eine Einspeisung des in der Anlage produzierten oder produzierbaren Stroms ohne die in Frage stehenden Maßnahmen des Netzbetreibers in der bestehenden Anschlusssituation technisch möglich wäre.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Juli 2019 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Normenkette:

EEG (2012) § 12 Abs. 1 ; BGB § 280 Abs. 1 ;

Tatbestand

Die Klägerin, die in Brandenburg einen Solarpark betreibt, verlangt von den beklagten Netzbetreibern Ersatz für entgangene Einnahmen wegen mehrerer durch Netzausbaumaßnahmen veranlasster Unterbrechungen der Stromeinspeisung in den Jahren 2016 und 2017.

Die im Jahr 2011 in Betrieb genommene Freiflächenphotovoltaikanlage der Klägerin (fortan: Solarpark Tutow V) mit einer installierten Leistung von knapp 20.000 kWp speist den von ihr erzeugten Strom über eine 20-kV-Leitung und das angeschlossene Umspannwerk Kruckow in das ursprünglich im Eigentum der Beklagten zu 1, infolge einer Ausgliederung seit dem 3. Juli 2017 im Eigentum der Beklagten zu 2 stehende Netz der allgemeinen Versorgung ein. Die Vergütung erfolgt nach den Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2009. Das Umspannwerk Kruckow ist an die von den Beklagten betriebene 110-kV-Freileitungstrasse zwischen den Umspannwerken Siedenbrünzow und Anklam angeschlossen. Diese Trasse besteht aus zwei technisch getrennten Systemen (Leitungssystem 1 und Leitungssystem 2), wobei in das Leitungssystem 2 ein weiteres Umspannwerk eingebunden ist. Bis zum 11. Mai 2017 speiste das Umspannwerk Kruckow ausschließlich in das Leitungssystem 1 der Beklagten ein, danach wurde es auch an das Leitungssystem 2 angeschlossen.

Da die Übertragungsfähigkeit der Freileitungstrasse in dem Abschnitt zwischen den Umspannwerken Siedenbrünzow und Anklam aufgrund des Zubaus von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht mehr ausreichte, führte die Beklagte zu 1 dort seit Beginn des Jahres 2016 Baumaßnahmen zur Erweiterung der Netzkapazität durch, die auf drei Jahre projektiert waren. Im Zuge der Bauarbeiten wurden in beiden Leitungssystemen abschnittsweise nacheinander die einfachen Leiterseile durch Hochstromfreileitungen mit zwei Bündelleitern ersetzt sowie die Leitermasten entlang der gesamten Trasse ausgetauscht. Die Arbeiten, die einen spannungslosen Netzzustand voraussetzten, wurden an einzelnen Tagen zwischen 6.30 Uhr und 17.00 Uhr jeweils an einem der Systeme durchgeführt, das zu diesem Zweck vollständig bis zu den nächsten Umspannwerken abgeschaltet wurde. Ein- und Ausspeisungen von Strom konnten in diesen Zeitabschnitten nur über das jeweils andere, aktuell nicht von den Bauarbeiten betroffene Leitungssystem erfolgen. Im übrigen Zeitraum standen beide Leitungssysteme zur Verfügung.

Im Zusammenhang mit den Bauarbeiten forderte die Beklagte zu 1 die Klägerin im Zeitraum vom 9. März 2016 bis zum 11. Mai 2017 in 116 Fällen auf, den Solarpark am jeweiligen Tag abzuschalten, um den 110 kV-Transformator im Umspannwerk Kruckow während der Ausbauarbeiten außer Betrieb nehmen zu können. Die Klägerin kam diesen Aufforderungen nach. Infolge der Abschaltungen des Solarparks Tutow V konnte dieser während einer Gesamtdauer von etwa 1000 Stunden keinen Strom in das Netz der Beklagten einspeisen. Nach dem 11. Mai 2017 wurde das Umspannwerk Kruckow an das Leitungssystem 2 der Beklagten angeschlossen.

Das Landgericht hat die - alternativ auf die Härtefallregelung bei Maßnahmen des Einspeisemanagements nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und auf einen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung gestützte - auf Zahlung von 1.130.108 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche wegen der Einspeiseunterbrechungen weiter.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Klägerin stünden gegen die Beklagten keine Entschädigungsansprüche nach der Härtefallregelung für Einspeisemanagementmaßnahmen in § 12 Abs. 1 EEG 2012 zu. Die Abschaltungen des Solarparks Tutow V hätten nicht auf einem Netzengpass im Sinne dieser Norm beruht. Ein solcher liege nur vor, wenn die Netzkapazität aufgrund einer zeitweise hohen Einspeisung aus bestehenden Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, Grubengas oder Kraft-Wärme-Kopplung erschöpft sei. Maßgeblich sei, dass die Drosselung im Wege des Einspeisemanagements gerade zum Zweck der Überbrückung einer vorübergehend erhöhten Stromeinspeisung und zur Verhinderung einer Überschreitung der Netzkapazität im jeweiligen Netzbereich vorgenommen werde. Die Unterbrechung der Einspeisung von Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen zum Zwecke des Netzausbaus stelle eine solche Maßnahme des Einspeisemanagements ebenso wenig dar wie wegen Reparatur-, Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen erforderliche Netztrennungen.

Für die Beurteilung, ob eine Entschädigung für Einspeisemanagementmaßnahmen zu zahlen sei, komme es nicht darauf an, ob die Unterbrechung der Einspeisung zu diesem konkreten Zeitpunkt unvermeidbar gewesen und ob sie einmalig oder wiederholt vorgenommen worden sei. Da die gesetzlichen Regelungen darauf angelegt seien, beständig den Zubau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien zu fördern oder jedenfalls zu ermöglichen, und die Kapazität des Netzes dem fortlaufend Rechnung tragen müsse, könne auch nicht darauf abgestellt werden, ob die Einspeiseunterbrechung bei früherem Ausbau des Netzes verhindert worden wäre. Eine andere Beurteilung rechtfertige sich auch nicht daraus, dass die Beklagten als Netzbetreiber nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 2 EEG 2012 die Maßnahmen des Einspeisemanagements "unbeschadet ihrer Pflicht zur Erweiterung der Netzkapazität" vornehmen dürften. Daraus sei zwar ein Vorrang der Netzerweiterung vor dem Engpassmanagement abzuleiten, nicht jedoch eine Entschädigungspflicht in jedem Fall der vorübergehenden Netztrennung bei Maßnahmen des Netzausbaus. Eine solche Entschädigungspflicht würde zudem dem gesetzgeberischen Ziel zuwiderlaufen, den Netzausbau voranzutreiben. Die Auffassung, die Abschaltung von energieerzeugenden Anlagen zum Zwecke des Netzausbaus unterfalle dem Entschädigungsanspruch nach § 12 Abs. 1 EEG 2012, lasse sich weder gesetzessystematisch begründen, noch komme eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 1 EEG 2012 auf netzausbaubedingte Einspeiseunterbrechungen in Betracht.

Der Klägerin stehe gegen die Beklagten auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 und 3 , § 283 BGB wegen unterlassener Abnahme des zur Einspeisung angebotenen Stroms zu, da eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 gegenüber der Klägerin insofern nicht festzustellen sei. Eine solche liege insbesondere nicht darin, dass die Beklagte zu 1 während der Netzausbauarbeiten den vom Solarpark Tutow V erzeugten Strom nicht abgenommen habe. Zwar sei die Beklagte zu 1 aufgrund des zwischen ihr und der Klägerin bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 vorbehaltlich von Maßnahmen des Einspeisemanagements verpflichtet, den gesamten Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen. Dieser Pflicht sei jedoch immanent, dass sie für den Zeitraum notwendiger Reparaturen am Stromnetz ebenso wie bei notwendigen Arbeiten zur Kapazitätserweiterung, die jeweils nicht unter Spannung durchgeführt werden könnten und deshalb voraussetzten, dass stromerzeugende Anlagen in dem betreffenden Netzbereich zeitweilig vom Netz genommen würden, ausgesetzt sei. Die Erforderlichkeit der von der Beklagten zu 1 zur Erweiterung der Netzkapazität durchgeführten Arbeiten sei dabei ebenso unstreitig wie die Notwendigkeit, diese in spannungslosem Zustand durchzuführen.

Der Klägerin stehe gegenüber den Beklagten auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung schuldrechtlicher Nebenpflichten zu. Sie habe nicht ausreichend dargelegt, dass die Beklagte zu 1 ihr gegenüber Informations- oder Rücksichtnahmepflichten verletzt habe. Auf eine Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Anlagenbetreibers könne sie sich insoweit nicht berufen. Eine solche ergebe sich weder aus der Auskunftspflicht des Netzbetreibers nach § 13 Abs. 2 EEG 2014 hinsichtlich der von ihm zum Ausbau des Netzes unternommenen Maßnahmen noch folge sie aus dem Umstand, dass der Anlagenbetreiber keine Kenntnis von den technischen Parametern des auszubauenden Netzes habe. Der insoweit in Betracht kommenden sekundären Darlegungslast des Netzbetreibers seien die Beklagten nachgekommen, da ihr Vortrag die Klägerin in die Lage versetzt habe, substantiiert zu den Alternativen des von der Beklagten zu 1 bestimmten Bauablaufs Stellung zu nehmen. Danach sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 1 die Einspeiseunterbrechungen durch eine andere Organisation der Netzausbaumaßnahmen oder durch die Einrichtung von Provisorien hätte verkürzen oder gar vermeiden können und müssen.

Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, dass die Beklagte zu 1 ihr gegenüber bestehende Informationspflichten verletzt habe und ihr dadurch ein Schaden entstanden sei. Angesichts der für den Netzbetreiber bestehenden unüberschaubaren Zahl von Handlungsalternativen sei bereits zweifelhaft, ob die Beklagte zu 1 verpflichtet gewesen sei, die Klägerin frühzeitig vorab über Ausführung sowie Art und Umfang der Arbeiten an den Freileitungssystemen zu informieren, damit diese die Schaffung eines Provisoriums hätte erwirken oder selbst herstellen oder sich auf finanzielle Mindereinnahmen hätte vorbereiten können. Dies könne jedoch dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls nicht dargelegt habe, dass eine Informationspflichtverletzung in dem genannten Sinne für die entgangenen Einspeiseentgelte für 116 Tage kausal geworden sei. Die Klägerin habe nämlich nicht vorgetragen, dass sie bei frühzeitiger Kenntnis von Umfang und Dauer der Bauarbeiten tatsächlich Dispositionen zur Schadensminimierung getroffen hätte, insbesondere, dass sie tatsächlich bereit gewesen wäre, die Kosten für die Errichtung eines neuen Mastes und den Umbau des Umspannwerks Kruckow selbst zu tragen.

II. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 ZPO ). Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel ohne Beschränkung zugelassen. Eine solche folgt auch nicht aus seiner Begründung, der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im Fall der Unterbrechung der Einspeisung zum Zwecke des Netzausbaus Entschädigungsansprüche zustünden, komme grundsätzliche Bedeutung zu. Diese Formulierung lässt das Verständnis zu, dass das Berufungsgericht sämtliche Klageansprüche unabhängig davon erfassen wollte, wie diese rechtlich zu qualifizieren sind, insbesondere, ob es sich bei ihnen um mögliche Entschädigungsansprüche nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz oder um mögliche Schadensersatzansprüche handelt.

III. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz wegen Maßnahmen des Einspeisemanagements aufgrund eines Netzengpasses zu.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht § 12 EEG in der bis zum 31. Juli 2014 geltenden Fassung ( EEG 2012) in Bezug auf sämtliche in Streit stehenden Einspeiseunterbrechungen in den Jahren 2016 und 2017 als mögliche Anspruchsgrundlage für eine solche Entschädigung herangezogen. Da die Anlage der Klägerin vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen worden ist, gilt § 12 EEG 2012 nach den Übergangsregelungen in § 100 Abs. 2 Nr. 10 EEG in den vom 1. August 2014 bis 31. Dezember 2016 und ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassungen ( EEG 2014 und EEG 2017 ) in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Nr. 5a EEG 2012 mit der Maßgabe fort, dass die Entschädigung 100 Prozent der entgangenen Einnahmen zuzüglich der zusätzlichen und abzüglich der ersparten Aufwendungen beträgt.

b) Die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 lagen in Bezug auf die tageweisen Abschaltungen des Solarparks Tutow V in den Jahren 2016 und 2017 nicht vor.

aa) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 sind die Betreiber einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien für entgangene Einnahmen zu entschädigen, wenn die Einspeisung von Strom aus ihren Anlagen wegen eines Netzengpasses im Sinne von § 11 Abs. 1 EEG 2012 reduziert wird. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2012 sieht die Berechtigung eines Netzbetreibers zur Regelung von an sein Netz angeschlossenen Erneuerbare-Energien-Anlagen für den Fall vor, dass andernfalls im jeweiligen Netzbereich einschließlich des vorgelagerten Netzes ein Netzengpass entstünde.

bb) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Abschaltungen des Solarparks der Klägerin und die dadurch bedingten Unterbrechungen der Stromeinspeisung in das Verteilernetz der Beklagten nicht wegen eines solchen Netzengpasses im maßgeblichen Netzbereich erfolgt sind und somit keine zur Entschädigung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 verpflichtenden Maßnahmen des Einspeisemanagements darstellen.

(1) Wie der Bundesgerichtshof nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat, liegt ein Netzengpass im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor, wenn in den betroffenen Bereich des Stromnetzes mehr Strom eingespeist zu werden droht, als dieser in seinem aktuellen Belastungszustand aufnehmen oder transportieren kann, ohne dass die Sicherheit des Netzbetriebs gefährdet würde. Dies gilt unabhängig davon, auf welcher Ursache die Netzüberlastung beruht. Eine solche Situation kann sowohl durch die Einspeisung einer zu großen Menge Strom in den betreffenden Netzbereich eintreten als auch dadurch, dass bei gleichbleibender Einspeisung eine verringerte Ausspeisung erfolgt oder die Kapazität des betroffenen Netzes oder Teilbereichs gegenüber dem Normalzustand reduziert ist, weil beispielsweise ein dazugehöriges Betriebsmittel infolge von Störungen oder der Durchführung von Reparatur-, Wartungs-, Instandhaltungs-, Netzausbau- oder sonstigen Maßnahmen nicht zur Verfügung steht (BGH, Urteil vom 11. Februar 2020 - XIII ZR 27/19, RdE 2020, 460 Rn. 20 - Einspeisemanagement).

Sobald eine Stromeinspeisung jedoch gänzlich unterbleibt, ist ein Netzbetrieb in dem betroffenen Netzbereich physikalisch nicht mehr möglich mit der Folge, dass in diesem kein Netzengpass vorliegen und ein solcher nicht ursächlich für die unterbleibende Stromeinspeisung sein kann. Eine Einspeisereduzierung "wegen eines Netzengpasses" im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 und damit eine Maßnahme des Einspeisemanagements liegt daher nicht vor, wenn das Betriebsmittel, über welches die betreffende Erneuerbare-EnergienAnlage in das Netz einspeist, aufgrund der Reparatur-, Wartungs-, Instandhaltungs-, Netzausbau- oder sonstigen Maßnahmen durch Abschaltung außer Funktion gesetzt ist. Denn die Regelungsmaßnahmen des Netzbetreibers dienen in diesem Fall nicht der Entlastung des andernfalls überlasteten Netzes (BGH, RdE 2020, 460 Rn. 22 f. - Einspeisemanagement). Das ist gleichermaßen der Fall, wenn die Abschaltung oder Abkoppelung der Anlage auf dem Umstand beruht, dass gerade der Netzbereich, in welchen diese - unmittelbar oder mittelbar einspeist, außer Funktion gesetzt und damit technisch nicht aufnahmebereit ist.

(2) Die Entschädigungspflicht des Netzbetreibers nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 und nach § 15 Abs. 1 der seit dem 1. August 2014 geltenden Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird daher durch die Abregelung einer Erneuerbare-Energien-Anlage und eine dadurch bedingte Einspeiseunterbrechung nur dann ausgelöst, wenn die geregelte Anlage gerade zu dem Zweck vom Netz getrennt wird, eine Verringerung der insgesamt in den Netzbereich einzuspeisenden Strommenge herbeizuführen. Das setzt voraus, dass in den betroffenen Bereich des Netzes weiterhin von anderen Stromerzeugungsanlagen Strom eingespeist wird (BGH, RdE 2020, 460 Rn. 22 f. - Einspeisemanagement) und dass eine Einspeisung des in der Anlage produzierten oder produzierbaren Stroms ohne die in Frage stehenden Maßnahmen des Netzbetreibers in der bestehenden Anschlusssituation technisch möglich wäre.

(3) Danach stellen die von der Beklagten zu 1 veranlassten temporären Abschaltungen des Solarparks der Klägerin und die damit verbundenen Einspeiseunterbrechungen keine zur Entschädigung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 verpflichtenden Maßnahmen des Einspeisemanagements dar, denn sie erfolgten nicht wegen eines Netzengpasses im betreffenden Netzbereich. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts beruhten die Unterbrechungen in allen Fällen auf dem Umstand, dass zur Durchführung der geplanten Ausbauarbeiten an der aus zwei selbständigen Leitungssystemen bestehenden Leitungstrasse zwischen den Umspannwerken Siedenbrünzow und Anklam sowohl das Leitungssystem 1 als auch das Leitungssystem 2 abwechselnd tageweise spannungsfrei geschaltet werden mussten. Da das Umspannwerk Kruckow, über welches die Klägerin den im Solarpark Tutow V erzeugten Strom in das Netz der Beklagten einspeiste, bis Mai 2017 allein mit dem Leitungssystem 1 verbunden war, war eine Stromeinspeisung in den Zeiträumen, in denen das Leitungssystem 1 spannungsfrei geschaltet war, in der bestehenden Anschlusssituation aus technischen Gründen unmöglich.

cc) Entgegen der Ansicht der Revision kommt der Frage, wie im Streitfall der "Netzbereich einschließlich des vorgelagerten Netzes" im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2012 zu definieren ist, keine Bedeutung zu.

(1) Unerheblich ist insbesondere, ob der Begriff des Netzbereichs weit zu verstehen ist und damit im Streitfall die gesamte Freileitungstrasse zwischen den Umspannwerken Siedenbrünzow und Anklam mit beiden Leitungssystemen umfasst oder lediglich das Leitungssystem 1, in welches die Klägerin bis Mitte Mai 2017 ausschließlich einspeisen konnte. Da das Umspannwerk Kruckow und damit auch der ausschließlich über dieses Umspannwerk in das Netz der Beklagten einspeisende Solarpark Tutow V allein mit dem Leitungssystem 1 verbunden war, hatte die Klägerin in den Zeiträumen, in denen das Leitungssystem 1 spannungsfrei geschaltet war, auch zu einem das Leitungssystem 2 umfassenden Netzbereich aus technischen Gründen keinen Zugang. Denn bei einer solchen Gesamtbetrachtung wäre das Leitungssystem 1 zugleich das Betriebsmittel, über welches die Stromeinspeisung aus dem Solarpark erfolgt.

(2) Aus diesem Grund können sich auch etwaige Kapazitätsengpässe im Leitungssystem 2 während der Phasen, in denen das Leitungssystem 1 aufgrund der Netzausbaumaßnahmen spannungsfrei geschaltet war, auf die Einspeisemöglichkeiten der Klägerin nicht ausgewirkt haben.

(3) Dass bereits im Jahr 2016 eine Anbindung des Umspannwerks Kruckow an beide Leitungssysteme technisch möglich gewesen wäre und dass in diesem Fall Einspeiseunterbrechungen im Wege des Einspeisemanagements auch für den Solarpark der Klägerin hätten erfolgen können, sofern durchgehend mindestens eines der Leitungssysteme Strom geführt hätte, führt ebenfalls nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Denn die Entschädigungsregelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 stellt - ebenso wie deren Nachfolgernorm § 15 Abs. 1 EEG in den seit dem 1. August 2014 geltenden Fassungen - allein auf den tatsächlich bestehenden Zustand der Netzanbindung ab. Sie gewährt keinen (verschuldensabhängigen) Schadensersatzanspruch, sondern einen Aufopferungsanspruch, der von bestimmten, wie ausgeführt im Streitfall nicht vorliegenden Tatbestandsvoraussetzungen abhängt (vgl. BGH, RdE 2020, 460 Rn. 42 - Einspeisemanagement).

c) Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass eine entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 1 EEG 2012 nicht in Betracht kommt. Entgegen der Auffassung der Revision ist es nach den für die Zulässigkeit einer Analogie geltenden Maßstäben (vgl. nur BGH, Urteile vom 4. Dezember 2014 - III ZR 61/14, NJW 2015, 1176 Rn. 9, und vom 13. März 2018 - II ZR 158/16, BGHZ 218, 80 Rn. 31, jew. mwN) nicht zu rechtfertigen, die in § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 und gleichermaßen in § 15 Abs. 1 der seit dem 1. August 2014 geltenden Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes normierte Entschädigungspflicht auf die Konstellationen zu übertragen, in denen die Abregelung einer Erneuerbare-Energien-Anlage und die damit verbundene Einspeiseunterbrechung nicht auf Maßnahmen des Einspeisemanagements im oben (Rn. 20 f.) beschriebenen Sinne beruht, sondern dadurch bedingt ist, dass einzelne Netzbereiche oder Betriebsmittel aufgrund von Netzausbaumaßnahmen vorübergehend spannungslos geschaltet werden müssen mit der Folge, dass in diesen Zeiträumen eine Stromeinspeisung in diesen Bereichen aus technischen Gründen nicht erfolgen kann.

aa) Für die Vorgängernorm des § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 im Erneuerbare-Energien-Gesetz in der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung ( EEG 2009) hat der Bundesgerichtshof im Fall einer Anlagentrennung, die auf der Reparatur eines für die Einspeisung benötigten Betriebsmittels beruhte, eine analoge Anwendung der Härtefallregelung mangels einer planwidrigen Regelungslücke abgelehnt. Er hat sich dafür insbesondere auf den Willen des Gesetzgebers bezogen, der bei Schaffung des § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 allein die besondere Situation des Einspeisemanagements im Blick hatte und eine Entschädigungsregelung nur für Anlagenbetreiber schaffen wollte, die vom Einspeisemanagement besonders betroffen sind (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2016 - VIII ZR 123/15, ZNER 2016, 232 ff. Rn. 34).

bb) Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 und die Regelungen zum Einspeisemanagement in den später in Kraft getretenen Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes .

(1) In §§ 11 und 12 EEG 2012 hat der Gesetzgeber die Abhängigkeit des Entschädigungsanspruchs von Maßnahmen des Einspeisemanagements nicht aufgegeben. Soweit er § 12 gegenüber der Fassung von 2009 neu gefasst hat, hat er damit allein das Ziel verfolgt, die Entschädigungspflicht auch auf unberechtigte Regelungen von Erneuerbare-Energien-Anlagen durch Netzbetreiber zu erweitern, bei denen nicht sämtliche Voraussetzungen des § 11 vorliegen. Die Abhängigkeit der Regelungsmaßnahme von der Netzkapazität und dem Vorliegen eines (drohenden) Netzengpasses hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich bestätigt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zu § 12 EEG 2012, BT-Drucks. 17/6071, S. 65).

(2) Das Erneuerbare-Energien-Gesetz , welches das Einspeisemanagement und die Entschädigungspflicht seit der am 1. August 2014 in Kraft getretenen Fassung in den §§ 14 und 15 regelt, sieht die Härtefallregelung auch in allen späteren Fassungen nur für den Fall vor, dass die Einspeisung von Strom aus einer Erneuerbare-Energien-Anlage wegen eines Netzengpasses reduziert wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die am 1. Januar 2017 in Kraft getretene Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ( EEG 2017 ) sowie die seit dem 1. Januar 2021 geltende Gesetzesfassung ( EEG 2021) in Kenntnis der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung formuliert hat, gleichwohl aber auf eine Erstreckung der Härtefallregelung auf andere Sachverhalte als Maßnahmen des Einspeisemanagements verzichtet hat. Es erscheint daher ausgeschlossen, dass er den Fall einer Einspeiseunterbrechung, die auf der vorübergehenden Abschaltung oder dem zeitweiligen Ausfall eines Betriebsmittels oder Netzbereichs beruht und damit alle an dieses Betriebsmittel oder diesen Netzbereich angeschlossenen Stromerzeugungsanlagen trifft, übersehen und für diese Konstellation ungewollt keine Entschädigungsregelung vorgesehen hat. Vielmehr bestätigen die neueren Fassungen des Gesetzes, dass der Gesetzgeber weder im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012 noch in den späteren Gesetzesfassungen eine Kompensationspflicht für jede netzseitig bedingte Einspeiseunterbrechung schaffen, sondern bewusst nur diejenigen Anlagenbetreiber schadlos stellen wollte, die zugunsten der Netzstabilität auf eine Stromeinspeisung verzichten müssen, während dieses Opfer anderen Anlagenbetreibern, die in demselben Zeitraum in denselben Netzbereich einspeisen, nicht abverlangt wird.

cc) Schließlich besteht auch in der Sache kein Anlass für eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 auf alle Fälle netzausbaubedingter Einspeiseunterbrechungen.

(1) Eine solche ist insbesondere nicht deshalb geboten, weil durch die gesetzlichen Regelungen zum Einspeisemanagement und zur Entschädigungspflicht sichergestellt werden soll, dass die Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nicht aufgrund mangelnder Netzkapazitäten wirtschaftliche Einbußen erleiden, weil sie den in ihren Anlagen erzeugbaren Strom nicht in das Stromnetz einspeisen und damit auch nicht veräußern können. Soweit der Bundesgerichtshof insoweit ausgeführt hat, der Anwendungsbereich der Härtefallregelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 sei weit zu fassen, hat er dies ausdrücklich auf Einspeisereduzierungen aufgrund eines Netzengpasses im oben (Rn. 19) beschriebenen Sinn beschränkt (BGH, RdE 2020, 460 Rn. 35 - Einspeisemanagement). Diese Beschränkung beruht maßgeblich auf dem Umstand, dass jede bei einem drohenden Netzengpass vorzunehmende Maßnahme des Einspeisemanagements eine Auswahlentscheidung des Netzbetreibers zwischen den an sein Netz angeschlossenen einspeisewilligen Anlagen erfordert, wobei die Auswahl gegebenenfalls auch zwischen verschiedenen ErneuerbareEnergien-Anlagen zu treffen ist. Denn die Härtefallregelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 dient ebenso wie die äquivalenten Vorschriften in den späteren Gesetzesfassungen auch dazu, dass der Netzbetreiber seine Auswahl ausschließlich an denjenigen Parametern ausrichten kann, die für eine optimale Netzauslastung bei garantierter Stabilität relevant sind, nicht aber die ökonomischen Interessen der Betreiber der an sein Netz angeschlossenen Anlagen beachten muss (BGH, RdE 2020, 460 Rn. 39 - Einspeisemanagement). Eine solche Situation liegt nicht vor, wenn alle an den spannungsfrei geschalteten Netzabschnitt oder das ausgefallene Betriebsmittel angeschlossenen Stromerzeugungsanlagen an einer Einspeisung gehindert sind.

(2) Dass es auch im Zuge von Netzausbaumaßnahmen ebenso wie bei Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten durchaus zu einer unterschiedlichen Behandlung von Betreibern von Erneuerbare-Energien-Anlagen, die von Einspeiseunterbrechungen betroffen sind, kommen kann, erfordert keine andere rechtliche Beurteilung. Zwar sind beispielsweise bei parallelen Leitungssystemen, wie sie im Streitfall vorliegen, diejenigen Anlagenbetreiber, die bereits an beide Systeme angeschlossen sind und damit in beide Systeme einspeisen können, gegenüber denjenigen, die - wie die Klägerin - lediglich mit einem Leitungssystem verbunden sind, in einer günstigeren Situation. Denn Erstere haben bei Abschaltung eines Leitungssystems immer die Möglichkeit, in das andere Leitungssystem einzuspeisen; wird ihnen dies verwehrt, weil andernfalls eine Überlastung drohte, steht ihnen - anders als Letzteren - der Entschädigungsanspruch nach § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 und § 15 Abs. 1 Satz 1 EEG in den nach dem 31. Juli 2014 in Kraft getretenen Fassungen zu. Dies erfordert indes keine Erstreckung der Entschädigungspflicht auf alle Fälle netzausbaubedingter Einspeiseunterbrechungen. Wie dargelegt (Rn. 30 f.), beruht die ungleiche Handhabung dieser Sachverhalte auf einer klaren Entscheidung des Gesetzgebers, der die Härtefallregelung auch den Betreibern von Neuanlagen, die wegen unzureichender Netzkapazität von vornherein keinen Netzzugang erhalten, und damit einer anderen Gruppe von Anlagenbetreibern mit gleichgelagerten Interessen vorenthält.

(3) Schließlich gebietet auch der Umstand, dass der Netzbetreiber nach § 9 EEG 2012 und § 12 EEG auf Verlangen der Einspeisewilligen zum zügigen Netzausbau im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verpflichtet ist, keine Übertragung der Entschädigungsregel des § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 auf alle Fälle netzausbaubedingter Einspeiseunterbrechungen. Im Gegenteil würde eine solche erweiterte Härtefallregelung den Anreiz zum Netzausbau eher hemmen. Denn der Netzbetreiber, der nach § 14 EEG 2009 und EEG 2012 sowie § 17 EEG 2014, EEG 2017 und EEG 2021 bereits die Kosten des Netzausbaus trägt, würde durch eine an alle angeschlossenen Anlagen zu zahlende Entschädigung für während der Baumaßnahmen eintretende Einspeiseunterbrechungen in erheblicher Weise zusätzlich belastet; die von ihm zu tragenden "Kosten" des Netzausbaus würden über die reinen Ausbaukosten weit hinausgehen. Auch wenn diese Kosten im wirtschaftlichen Ergebnis (weitgehend) von der Allgemeinheit der Stromkunden zu tragen wären, würde die Attraktivität des Netzausbaus für den Netzbetreiber, der jedenfalls mit der Vorfinanzierung belastet wäre, ersichtlich nicht erhöht.

2. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht ferner einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz statt der Leistung aus § 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Stromabnahmepflicht verneint.

a) Zwischen den Parteien besteht ein durch den Einspeisevertrag konkretisiertes gesetzliches Dauerschuldverhältnis nach den Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (vgl. BGH, ZNER 2016, 232 ff. Rn. 19). Im Streitfall ergibt sich dieses gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2012, § 100 Abs. 1 Nr. 10 EEG 2014 aus § 4 EEG in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung ( EEG 2009), da die Anlage der Klägerin im Jahr 2010 in Betrieb genommen und an das Netz der Beklagten angeschlossen wurde. Im Rahmen dieses Einspeiseschuldverhältnisses kann die Klägerin von den Beklagten als den Betreibern des Stromnetzes, an das ihre Anlage angeschlossen ist, gemäß § 8 Abs. 1 EEG 2009 grundsätzlich die unverzügliche vorrangige Abnahme, Übertragung und Verteilung des von ihr angebotenen, im Solarpark Tutow V erzeugten oder erzeugbaren Stroms verlangen.

b) Die Pflicht des Netzbetreibers zur Abnahme des ihm angebotenen Stroms aus Erneuerbare-Energien-Anlagen ist jedoch begrenzt durch Zweck und Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und besteht daher von vornherein nicht, wenn das Netz in dem für den betroffenen Anlagenbetreiber maßgeblichen Bereich aufgrund von Netzausbaumaßnahmen keinen Strom aufnehmen kann.

aa) Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht bereits ausdrücklich eine Begrenzung der Abnahmepflicht des Netzbetreibers auf der Tatbestandsebene für Maßnahmen des Einspeisemanagements vor, indem es in § 8 Abs. 1 EEG 2009 die Pflicht zur Abnahme, Übertragung und Verteilung nur "vorbehaltlich des § 11 " statuiert. Entsprechendes gilt für die späteren Gesetzesfassungen (§ 8 Abs. 1 EEG 2012 sowie § 11 Abs. 1 EEG 2014 und 2017). Es schließt mithin einen Einspeiseanspruch des Anlagenbetreibers für Konstellationen von vornherein aus, in denen die Einspeisung zwar technisch möglich wäre, aus Gründen der Netzsicherheit aber nicht oder nur teilweise erfolgen kann.

bb) Aus den Zielen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der Systematik der Rechte und Pflichten, mit denen das Gesetz die Rechtsverhältnisse zwischen Stromerzeugern und Netzbetreibern regelt, folgt, dass die Abnahmepflicht des Netzbetreibers gegenüber dem Betreiber einer Erneuerbare-EnergienAnlage auch dann bereits tatbestandlich nicht begründet ist, wenn und soweit das Stromnetz oder der Netzbereich, mit dem die Anlage verbunden ist, aufgrund von Arbeiten zum Zwecke seiner Optimierung, seiner Verstärkung oder seines Ausbaus spannungsfrei geschaltet ist und daher technisch keinen Strom aufnehmen, transportieren und verteilen kann.

(1) Zweck des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist es nach dessen § 1 Abs. 1 in allen Fassungen seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2000, insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Sein Ziel besteht darin, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch gegenüber dem status quo erheblich zu steigern, wobei das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009 in § 1 Abs. 2 als zu erreichende Vorgabe eine Erhöhung des Anteils des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms auf mindestens 30 Prozent im Jahr 2020 und eine anschließende kontinuierliche weitere Erhöhung nennt. Dieser Zweck und dieses Ziel finden ihre Entsprechung im Energiewirtschaftsgesetz , das eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas bezweckt und seit dem Jahr 2011 explizit anstrebt, dass diese Versorgung zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht (§ 1 Abs. 1 EnWG ).

Da die Umsetzung dieses gesamtwirtschaftlichen Programms aufgrund der Besonderheiten der Stromproduktion durch Erneuerbare-Energien-Anlagen, insbesondere der dezentralen Erzeugung und der im Verhältnis zu konventionellen Stromerzeugungsanlagen geringeren Beeinflussbarkeit der erzeugbaren Quantitäten, zugleich bis heute eine stetige erhebliche Erweiterung der Kapazität der vorhandenen Netze voraussetzt, regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz in allen Fassungen seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2000 die Pflicht der Netzbetreiber, ihre Netze entsprechend dem Stand der Technik zu optimieren, zu verstärken und auszubauen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EEG 2000, § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 EEG 2004, § 9 Abs. 1 EEG 2009 und EEG 2012, § 12 Abs. 1 EEG 2014, EEG 2017 und EEG 2021). Diese Pflicht besteht in erster Linie im öffentlichen Interesse am Ausbau des Anteils des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms, schützt zudem aber auch die einzelnen Stromerzeuger und kann von jedem Einspeisewilligen durchgesetzt werden; ihre Grenzen findet die Netzausbaupflicht nur in der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit für den Netzbetreiber (§ 9 Abs. 3 EEG 2009 et alt.). Auch der gesetzlich begründete Anspruch der anschlusswilligen Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen gegenüber den Netzbetreibern auf Zugang zum Netz und auf Abnahme des von ihnen erzeugten Stroms dient dem übergeordneten Ziel, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms zu steigern, da er zum einen sicherstellt, dass Erneuerbare-Energien-Anlagen gegenüber konventionellen Anlagen bevorzugt werden, und zum anderen aufgrund des garantierten Netzzugangs den Anreiz erheblich erhöht, Erneuerbare-Energien-Anlagen zu betreiben.

(2) Aus dem in § 1 EEG formulierten Ziel folgt zugleich der normative Vorrang des Netzausbaus gegenüber den Individualansprüchen der Anlagenbetreiber. Da eine kontinuierliche und erhebliche Steigerung des Anteils des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms zwingend voraussetzt, dass parallel dazu das Stromnetz verstärkt und erweitert wird, und nur unter dieser Voraussetzung auch die Abnahme der zunehmenden Menge des von allen Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien bereitgestellten Stroms gewährleistet werden kann, kommt dem Netzausbau höchste Priorität zu und muss der Anspruch des einzelnen Betreibers einer Erneuerbare-Energien-Anlagen auf Abnahme des von ihm produzierten Stroms hinter den Anforderungen der Netzausbaupflicht zurücktreten. Konsequenz dieses Vorrangverhältnisses ist, dass die Abnahmepflicht des Netzbetreibers tatbestandlich ausgeschlossen ist, wenn er sie aufgrund der Durchführung von Netzausbauarbeiten aus technischen Gründen nicht erfüllen kann.

Aufgrund ähnlicher Erwägungen hat der Bundesgerichtshof bereits in einer früheren Entscheidung erkannt, dass die im Erneuerbare-Energien-Gesetz statuierte Abnahmepflicht des Netzbetreibers für den Zeitraum notwendiger Reparaturen, die nicht unter Spannung durchgeführt werden können und deshalb voraussetzen, dass eine stromerzeugende Anlage zeitweilig vom Netz genommen wird, systemimmanent ausgesetzt ist. Er hat dabei das Verhältnis der den Netzbetreiber im Einspeiseschuldverhältnis treffenden Pflichten, einerseits den gesamten vom Anlagenbetreiber angebotenen Strom abzunehmen und andererseits die notwendigen Maßnahmen zur Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung seines Netzes durchzuführen, die ihm zudem auch in Erfüllung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes obliegen, dahin verstanden, dass der Netzbetreiber befugt ist, eine Stromerzeugungsanlage zur Durchführung notwendiger Arbeiten zeitweise vom Netz nehmen, wenn dies technisch unvermeidbar ist (BGH, ZNER 2016, 232 ff. Rn. 20 ff.).

(3) Soweit die Revision meint, Netzausbaumaßnahmen könnten die aus dem Einspeiseverhältnis folgenden Pflichten des Netzbetreibers nicht einschränken, da sie Bestandsanlagen wie dem Solarpark Tutow V nicht zugutekämen, ist dem bereits aus den vorgenannten Gründen nicht beizutreten. Darüber hinaus geht sie aber auch von einer unzutreffenden Prämisse aus. Denn die Herstellung einer Netzkapazität, die ausreicht, um den in allen angeschlossenen und anzuschließenden Anlagen erzeugten Strom einzuspeisen, liegt auch im Interesse der Betreiber von Bestandsanlagen. Soweit sich eine unzureichende Netzkapazität auf sie nicht wirtschaftlich nachteilig auswirkt, beruht dies allein auf den Regeln des Einspeisemanagements und der Entschädigung nach der Härtefallregelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 und 2012 sowie § 15 Abs. 1 EEG in den späteren Fassungen. Die Regelungen zum Einspeisemanagement und damit auch die Härtefallregelung dienen jedoch nur der Überbrückung der Übergangsphase bis zur Herstellung eines insgesamt hinreichend ausgebauten Stromnetzes (vgl. die das EEG 2009 betreffende Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/8148, S. 46) und werden daher auch den Betreibern von Bestandsanlagen nicht dauerhaft zugute kommen.

c) Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Beklagte zu 1 der Klägerin in den in Streit stehenden 116 Zeiträumen zwischen März 2016 und Mai 2017, in denen das Leitungssystem 1 spannungsfrei geschaltet war, nicht zur Abnahme des im Solarpark Tutow V erzeugten oder erzeugbaren Stroms verpflichtet war und dass die Beklagten ihr insoweit nicht wegen Verletzung der Abnahmepflicht auf Schadensersatz haften. Dass die Beklagte zu 1 das Leitungssystem 1 jeweils gerade deshalb spannungsfrei geschaltet hat, weil sie in dem betreffenden Abschnitt Netzausbaumaßnahmen durchgeführt hat, und dass die Abschaltung des Leitungssystems 1 für die Ausführung der Arbeiten erforderlich war, ist zwischen den Parteien unstreitig.

3. Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend auch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Rücksichtnahme- oder Informationspflicht durch die Beklagte zu 1 verneint.

a) Allerdings treffen den Netzbetreiber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Rahmen des mit dem Betreiber einer Stromerzeugungsanlage bestehenden Schuldverhältnisses wie in jeder vertraglichen oder vertragsähnlichen Sonderverbindung Rücksichtnahme- und andere Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 , § 242 BGB , deren schuldhafte Verletzung einen Schadensersatzanspruch begründen kann (vgl. BGH, ZNER 2016, 232 ff. Rn. 28).

b) Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe keine ihr der Klägerin gegenüber obliegenden Rücksichtnahmepflichten verletzt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Bei der Durchführung von Netzausbaumaßnahmen ist der Netzbetreiber aufgrund der ihn aus § 241 Abs. 2 , § 242 BGB treffenden Rücksichtnahmepflichten zwar im Rahmen des ihm nach einer Interessenabwägung Zumutbaren gehalten, die Interessen der Betreiber der an sein Netz angeschlossenen Erneuerbare-Energien-Anlagen zu berücksichtigen. Er muss daher bei der Organisation der Baumaßnahmen die Belange der Anlagenbetreiber in den Blick nehmen und ist insbesondere verpflichtet, die Trennung vom Netz auf den notwendigen Zeitraum zu beschränken. Gegebenenfalls hat er dem Anlagenbetreiber - insbesondere bei längerfristigen Maßnahmen - auch technische Überbrückungsmaßnahmen zu ermöglichen.

Der Netzbetreiber ist den Anlagenbetreibern jedoch aus Treu und Glauben grundsätzlich nicht zur Ergreifung von Maßnahmen verpflichtet, die für ihn zu einem zusätzlichen wirtschaftlichen Aufwand führen würden. Daher schuldet er insbesondere keine Organisation der Netzausbauarbeiten, die eine Erhöhung der Baukosten zur Folge hätte oder sonst zusätzliche Kosten auslösen würde. Auch ist er nicht gehalten, Überbrückungsmaßnahmen oder provisorische Netzzugänge für Anlagenbetreiber auf eigene Rechnung herzustellen.

Im Rahmen der bei der Frage der Zumutbarkeit vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu beachten, dass dem Netzbetreiber bei der Organisation und Durchführung von Netzausbaumaßnahmen ein großer unternehmerischer Spielraum zusteht, dessen Ausfüllung in erster Linie an dem öffentlichen Interesse an einem zügigen und effizienten Netzausbau zu orientieren ist (vgl. oben Rn. 43), und dass der Netzbetreiber nicht nur die Interessen des einzelnen Anlagenbetreibers, sondern auch die von Dritten, insbesondere die anderer Einspeisewilliger sowie die der Stromabnehmer, zu berücksichtigen hat.

bb) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine Verletzung von Rücksichtnahmepflichten durch die Beklagte zu 1 rechtsfehlerfrei verneint.

(1) Entgegen der Rüge der Revision ist das Berufungsgericht von einer zutreffenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ausgegangen, die es hinsichtlich der Nebenpflichtverletzung bei der Klägerin gesehen hat. Denn nach allgemeinen Grundsätzen trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie für einen daraus resultierenden Schaden der Gläubiger (vgl. statt aller Palandt/Grüneberg, aaO, § 280 Rn. 35 f., 38 mwN).

(2) Mit dem Berufungsgericht kann offenbleiben, ob die Beklagte in Hinblick auf eine bestehende Informationsasymmetrie eine sekundäre Darlegungslast dafür traf, warum bestimmte Änderungen der Bauplanung nicht möglich waren oder bestimmte andere Einspeisemöglichkeiten nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand hätten geschaffen werden können. Denn seine Annahme, der Vortrag der Beklagten genüge den Anforderungen einer im Streitfall in Betracht kommenden sekundären Darlegungslast, lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.

(3) Dass das Berufungsgericht den Vortrag der Parteien in Ansehung der beschriebenen, zutreffend eingeordneten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast rechtsfehlerhaft gewürdigt hätte, wendet die Revision nicht ein und ist auch nicht ersichtlich.

c) Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf die Verletzung einer die Beklagte zu 1 treffenden Informationspflicht stützt, hat das Berufungsgericht auch diesen Anspruch rechtsfehlerfrei abgelehnt.

Es hat insoweit dahinstehen lassen, ob ein Netzbetreiber einer entsprechenden Informationspflicht unterliege, da der Vortrag der Klägerin keine konkreten Maßnahmen beschreibe, mit denen sie bei früherer oder anderer Information durch die Beklagte zu 1 den Ertragsausfall tatsächlich vermieden hätte. Dabei hat sich das Berufungsgericht mit den von der Klägerin angeführten Handlungsmöglichkeiten im Einzelnen auseinandergesetzt. Dagegen erhebt die Revision keine Einwendungen, sondern führt lediglich an, auch bei der Prüfung eines möglichen Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung einer Auskunftspflicht müsse die Darlegungs- und Beweislast die Beklagten treffen. Damit zeigt sie, wie ausgeführt (Rn. 54), keinen Rechtsfehler auf.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 26. Januar 2021

Vorinstanz: LG Frankfurt/Oder, vom 12.01.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 11 O 168/17
Vorinstanz: OLG Brandenburg, vom 30.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 28/18