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BGH - Entscheidung vom 12.05.2021

XII ZR 153/19

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 12.05.2021 - Aktenzeichen XII ZR 153/19

DRsp Nr. 2021/9512

Gegenseitige Ansprüche nach Beendigung einer zehnjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft; Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels; Unzulässige Vorwegnahme des Beweisergebnisses

1. Der Antritt eines Zeugenbeweises erfordert grundsätzlich keine Angaben dazu, wie der Zeuge die unter Beweis gestellte Tatsache erfahren haben soll.2. Die Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 18. März 2019 insoweit zugelassen, als darin über die Aufrechnungsforderung in Höhe von 93.330 € wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Auf die Revision des Beklagten wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der zugelassenen Revision aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Wert: 49.108 €

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Die Parteien streiten um gegenseitige Ansprüche nach Beendigung einer zehnjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

Die Parteien bewohnten gemeinsam ein Hausgrundstück, welches ursprünglich im Eigentum des Beklagten stand. Im Jahr 2007 veräußerte der Beklagte dieses zu einem Kaufpreis von 140.000 € an die Klägerin. In der Folgezeit führte der Beklagte Um- und Anbauarbeiten an dem Hausgrundstück durch, das er gemeinsam mit der Klägerin mietfrei nutzte.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 49.107,57 € in Anspruch. Der Beklagte hat die Aufrechnung mit einem Ausgleichsanspruch in Höhe von 93.330 € für behauptete Arbeitsleistungen am Hausgrundstück der Klägerin im Umfang von 3.111 Arbeitsstunden erklärt. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 49.107,57 € verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

II.

Die statthafte und im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO insoweit zur Zulassung der Revision und zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, als das Berufungsgericht die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung in Höhe von 93.330 € verneint hat. In diesem Umfang ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Dem Beklagten stehe kein Wertersatzanspruch gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu. Zwar könne ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Beklagte Arbeitsleistungen am Hausgrundstück der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang erbracht habe und dies auch in der Erwartung, dass die Parteien dauerhaft im Haus zusammenleben werden. Auch habe der Beklagte nach einem Hinweisbeschluss nunmehr konkret zu Ort und Zeit der von ihm behaupteten Arbeitsleistungen vorgetragen. Allerdings fehle es weiterhin größtenteils an einem geeigneten Beweisantritt für die zwar nicht generell, aber hinsichtlich des behaupteten Umfangs bestrittenen Leistungen. Soweit der Beklagte jeweils für einzelne behauptete Arbeitsleistungen pauschal Zeugen benenne, handle es sich ersichtlich um einen Beweisantritt ins Blaue hinein. Es fehle an jedem nachvollziehbaren Vortrag, warum die Zeugen bestätigen könnten, welche teilweise bereits viele Jahre zurückliegende Leistungen der Beklagte genau an welchem Tag zu welcher Uhrzeit durchgeführt habe. Es sei abwegig, dass die Zeugen solche konkreten Angaben bestätigen könnten, ohne dass der Beklagte nachvollziehbar dargetan habe, warum die Zeugen das wissen könnten. Die Zeugen könnten möglicherweise bestätigen, dass sie mitbekommen hätten, dass der Beklagte oft am Hausgrundstück gearbeitet habe. Dafür, dass sie die konkreten Zeitangaben des Beklagten bestätigen könnten, fehle jedoch jeder Ansatzpunkt. Die Vernehmung käme einer Ausforschung gleich. Hinzu komme, dass die Angaben des Beklagten zu den angegebenen Arbeitszeiten teilweise unplausibel erschienen. So erscheine es nicht nachvollziehbar, wenn der Beklagte behaupte, an einigen Tagen neun Stunden ohne jede Unterbrechung gearbeitet zu haben.

Schließlich sei auch die vom Beklagten behauptete, durch seine Arbeitsleistungen bedingte Wertsteigerung des Anwesens ersichtlich unplausibel. Der Beklagte habe zwar sowohl innerhalb des Hauses als auch am Grundstück Modernisierungsarbeiten durchgeführt, aber keinesfalls eine Totalsanierung des Hauses bewirkt. Dass, wie von ihm behauptet, der Wert des Hausgrundstücks allein durch seine Arbeitsleistung mehr als verdoppelt worden sei, könne ausgeschlossen werden.

Selbst wenn man zugunsten des Beklagten davon ausginge, dass er jedenfalls etwa 2.000 Arbeitsstunden geleistet habe, erreichten die Leistungen des Beklagten auch unter Berücksichtigung der übrigen Leistungen, die sich die Parteien gegenseitig gewährt hätten, kein solches Ausmaß, dass die Versagung eines Ausgleichs nach Ende der Lebensgemeinschaft unbillig erscheine.

2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, soweit das Oberlandesgericht eine aufrechenbare Gegenforderung verneint hat. Zu Recht beanstandet der Beklagte, dass das Berufungsgericht die Feststellungen hierzu unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) getroffen hat.

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung , wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2018 - XII ZR 99/17 - NJW-RR 2019, 380 Rn. 8 mwN). Dies gilt auch und insbesondere dann, wenn diese Nichtberücksichtigung auf vorweggenommener tatrichterlicher Beweiswürdigung beruht, also der von einer Partei angebotene Beweis nicht erhoben wird, weil das Gericht dem unter Beweis gestellten Vorbringen wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimisst (vgl. Senatsbeschluss vom 27. September 2017 - XII ZR 54/16 - NJW-RR 2018, 74 Rn. 7 mwN). So liegt der Fall hier.

b) Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die vom Beklagten beantragte Vernehmung der Zeugen zu den behaupteten Arbeitsleistungen nicht hätte ablehnen dürfen. Der Beklagte hat zum Beweis der Tatsache, dass er am Hausgrundstück der Klägerin Arbeitsleistungen im Umfang von 3.111 Stunden erbracht hat, mehrere Zeugen benannt. Dieser Beweisantritt ist weder unzulässig noch fehlt dem Beweisangebot die Eignung zum Beweismittel.

aa) Der Antritt eines Zeugenbeweises erfordert grundsätzlich keine Angaben dazu, wie der Zeuge die unter Beweis gestellte Tatsache erfahren haben soll. Ein Beweisantrag ist nur unter sehr engen Voraussetzungen als rechtsmissbräuchlich und daher als unzulässig zu bewerten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Partei ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt; bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten (Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2018 - XII ZR 99/17 - NJW-RR 2019, 380 Rn. 10 f. mwN).

Vorliegend hat der Beklagte für seine auch nach Auffassung des Berufungsgerichts substantiiert vorgetragene Behauptung, insgesamt 3.111 Arbeitsstunden während des Zusammenlebens der Parteien durch Ausbau- und Umbauarbeiten am Hausgrundstück der Klägerin vorgenommen zu haben, eine chronologische Auflistung vorgenommen und diese nach Art der Baumaßnahme gegliedert. Zu Beginn der Gliederungsabschnitte hat der Beklagte die Baumaßnahme zunächst erläutert, anschließend tages- und stundengenau die konkreten Arbeitsleistungen aufgelistet und abschließend für den Gliederungsabschnitt jeweils Zeugen benannt. Zusätzlich hat er Kopien seines Kalenders mit entsprechenden Arbeitseinträgen sowie Lichtbilder vorgelegt. Zu den Zeugen trägt der Beklagte zwar nichts Weiteres vor, allerdings lässt sich nach Aktenlage erkennen, dass es sich hierbei um Nachbarn und um die Reinigungskraft der Parteien handelt. Bei den Baumaßnahmen handelt es sich zum einen um die Erstellung von Natursteinmauern als Abgrenzung des Grundstücks – teilweise auch zum Nachbargrundstück – sowie um die Erstellung von Außenanlagen, Wintergarten, Holzlager, Garage und Carport. Zum anderen handelt es sich um Baumaßnahmen im Hausinneren, wie Verlegung von Böden, Aufbau von (Einbau-)Schränken und Ausbau eines Bades. Der Vortrag des Beklagten für seine behaupteten Arbeitsleistungen war demnach substantiiert und die behaupteten Baumaßnahmen waren nicht offensichtlich völlig unerheblich. Unter diesen Umständen gibt es keine Veranlassung, das Vorbringen des Beklagten als substanzlos zu bewerten; er musste auch keinen weiteren Vortrag dazu erbringen, warum die Zeugen seine Angaben bestätigen können.

bb) Auch bei der Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs äußerste Zurückhaltung geboten. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann. Weder die Unwahrscheinlichkeit der Tatsache noch die Unwahrscheinlichkeit der Wahrnehmung der Tatsache durch den benannten Zeugen berechtigen den Tatrichter dazu, von der Beweisaufnahme abzusehen (Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2018 - XII ZR 99/17 - NJW-RR 2019, 380 Rn. 14 mwN).

Gemessen daran hätte das Berufungsgericht die Vernehmung der vom Beklagten angebotenen Zeugen nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, es sei abwegig, dass die Zeugen die konkreten Angaben des Beklagten bestätigen könnten. Dies stellt eine unzulässige Vorwegnahme des Beweisergebnisses dar. Aufgrund des oben dargestellten Vorbringens des Beklagten kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Vernehmung der Zeugen sachdienliche Erkenntnisse zu der unter Beweis gestellten Behauptung erbringen kann. Mag es auch unwahrscheinlich sein, dass die Zeugen stundengenaue Angaben zu den Arbeitsleistungen des Beklagten machen können, so ist es dennoch nicht ausgeschlossen, dass sie generell sachdienliche Angaben machen können. Es ist nicht abwegig, dass Nachbarn Arbeitstätigkeiten am Hausgrundstück wahrnehmen und Angaben zum Zeitaufwand machen können. Dies nimmt im Ausgangspunkt selbst das Berufungsgericht an, indem es ausführt, dass die Zeugen möglicherweise zwar bestätigen könnten, sie hätten mitbekommen, dass der Beklagte oft am Hausgrundstück gearbeitet habe. Dafür, dass sie die konkreten Zeitangaben des Beklagten bestätigen können, fehle jedoch jeder Ansatzpunkt. Letzteres ist nach der genannten Senatsrechtsprechung indessen aber gerade nicht erforderlich. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen. Demnach hätte das Berufungsgericht erst nach vorgenommener Beweisaufnahme in Verbindung mit den sonstigen Umständen und Indizien würdigen dürfen, ob und inwieweit es wahrscheinlich ist, dass die Zeugen konkrete Angaben zu den behaupteten Arbeitsleistungen machen können.

c) Weiter beanstandet die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht die vom Beklagten beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zur behaupteten Wertsteigerung des Hausgrundstücks nicht hätte ablehnen dürfen. Der Beklagte hat dargelegt, dass das Hausgrundstück im Jahr 2007 entsprechend dem damaligen Verkaufspreis einen Wert von 140.000 € gehabt habe. Weiter hat er vorgetragen, dass die Klägerin im Jahr 2017 außergerichtlich selbst eine Bewertung des Hausgrundstücks habe vornehmen lassen, deren Ergebnis ein Wert in Höhe von 240.000 € war. Der Beklagte hat sich insoweit auf die von der Klägerin vorgelegte Immobilienbewertung bezogen. Er hat diesbezüglich weiter vorgebracht, dass in dieser Bewertung weder die Garage noch der Carport angegeben worden sei sowie die Wohnfläche seit Errichtung des Wintergartens 190 m2 und nicht mehr 150 m2 betrage. Zudem sei die Gestaltung der Außenanlagen werterhöhend zu berücksichtigen. Unter Beweisantritt zur Einholung eines Sachverständigengutachtens behauptet der Beklagte eine durch seine Arbeitsleistungen bedingte Wertsteigerung des Anwesens auf 340.000 €. Damit war der Vortrag des Beklagten ausreichend substantiiert. Unter diesen Umständen gibt es auch insoweit keine Veranlassung, das Vorbringen des Beklagten als substanzlos zu bewerten.

Gemessen an den bereits dargestellten Anforderungen an einen hinreichenden Beweisantritt hätte das Berufungsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, die Behauptung des Beklagten zur Wertsteigerung des Hausgrundstücks sei ersichtlich unplausibel. Das Berufungsgericht konnte sich dabei nicht auf die Begründung beschränken, dass der Beklagte zwar eine Modernisierung, aber keine Totalsanierung bewirkt habe, die Verdoppelung des Wertes des Hausgrundstücks daher ausgeschlossen sei. Selbst wenn das Gericht die behauptete Wertsteigerung in der konkreten Höhe für unwahrscheinlich gehalten hat, so ist es nach dem substantiierten Vortrag des Beklagten zu den einzelnen Baumaßnahmen und zu der außergerichtlichen Bewertung des Grundstücks jedenfalls möglich, dass das Anwesen eine, wenn auch vielleicht niedrigere, aber dennoch für die Billigkeitsabwägung nicht völlig unerhebliche Wertsteigerung erfahren hat. Das Berufungsgericht hätte demnach unter Darlegung seiner Sachkunde nachvollziehbare eigene Erwägungen zur Höhe der Wertsteigerung treffen müssen (vgl. BGH Beschluss vom 13. Januar 2015 - VI ZR 204/14 - NJW 2015, 1311 Rn. 5 mwN), gegebenenfalls verbunden mit einer Schätzung, oder aber dem Beweisantritt zur Einholung eines Sachverständigengutachtens nachgehen müssen. Die bloße Bewertung des Vorbringens des Beklagten als unplausibel, ohne hierzu ausreichende eigene Feststellungen zu treffen, nimmt das Beweisergebnis in unzulässiger Weise vorweg.

d) Die gerügten Gehörsverletzungen sind jeweils entscheidungserheblich. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung, ob und inwieweit Arbeitsleistungen unter Anwendung des § 313 BGB als gemeinschaftsbezogene Zuwendungen nach dem Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgeglichen werden müssen, kommt es insbesondere auf die Dauer der Lebensgemeinschaft, das Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, die Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse an (Senatsurteil vom 8. Mai 2013 - XII ZR 132/12 - FamRZ 2013, 1295 Rn. 22 mwN).

aa) Die Nichtzulassungsbeschwerde führt zu Recht aus, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht zu einem für den Beklagten günstigeren Ergebnis gekommen wäre, hätte es die Zeugen vernommen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht in diesem Fall die Überzeugung gewonnen hätte, dass der Beklagte die behaupteten 3.111 Arbeitsstunden erbracht hat oder dass es einen Mindestumfang hätte feststellen oder schätzen können. Das Berufungsgericht hätte – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – prüfen müssen, ob es jedenfalls einen Mindestumfang der Arbeitsleistungen hätte schätzen können (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2013 - XII ZR 132/12 - FamRZ 2013, 1295 Rn. 35). An der Entscheidungserheblichkeit ändert entgegen der Auffassung der Klägerin auch die Hilfserwägung des Berufungsgerichts nichts, dass selbst unter Annahme von circa 2.000 Arbeitsstunden, ein Ausgleichsanspruch des Beklagten nicht in Betracht komme. Ob eine Ausgleichspflicht auch unter Annahme von etwa 3.000 Arbeitsstunden ausgeschlossen ist, hat es nicht geprüft.

bb) Schließlich kann auch hinsichtlich der behaupteten Wertsteigerung des Hausgrundstücks nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, hätte es den Vortrag einschließlich der in Bezug genommenen Immobilienbewertung hinlänglich gewürdigt und den Sachverständigenbeweis erhoben, eine erhebliche Wertsteigerung des Anwesens festgestellt hätte und damit bei der Billigkeitsabwägung – selbst unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht unterstellten 2.000 Arbeitsstunden – zu einer abweichenden Beurteilung gekommen wäre.

3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird nach § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: LG Erfurt, vom 22.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 938/17
Vorinstanz: OLG Thüringen, vom 18.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 3 U 210/18