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BGH - Entscheidung vom 09.03.2021

KZR 55/19

Normen:
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
EnWG § 46
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
EnWG § 46
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
EnWG § 46

Fundstellen:
DZWIR 2021, 643
NZBau 2021, 625
WM 2022, 1447

BGH, Urteil vom 09.03.2021 - Aktenzeichen KZR 55/19

DRsp Nr. 2021/12825

Formell rechtmäßige Bestimmung und ordnungsgemäße Bekanntgabe der Vergabekriterien bei der Vergabe der Konzession für ein Strom- oder Gasnetz durch die Gemeinde; Vergabe der Konzession an Bieter mit bestem Angebot; Aufhebung oder teilweise Rückversetzung des Konzessionsvergabeverfahrens in ein früheres Stadium

a) Hat bei der Vergabe der Konzession für ein Strom- oder Gasnetz die Gemeinde die Vergabekriterien materiell und formell rechtmäßig bestimmt und ordnungsgemäß bekanntgegeben, ist demjenigen Bieter, der bei fehlerfreier Anwendung dieser Kriterien durch die Gemeinde das beste Angebot gemacht hat, die Konzession zu erteilen.b) Ist das Verfahren dagegen fehlerhaft, weil die Gemeinde die Vergabekriterien materiell oder formell nicht rechtmäßig bestimmt, nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben oder nicht fehlerfrei angewendet hat, kann jedenfalls dann ein Anspruch auf Erteilung der Konzession bestehen, wenn sich die Auswahlmöglichkeiten der Gemeinde unter den besonderen Umständen des Einzelfalls dahin verdichtet haben, dass trotz des fehlerhaften Verfahrens eine Vergabeentscheidung und die Erteilung der Konzession nur zugunsten des einzig verbliebenen Bewerbers ermessensfehlerfrei ist, weil allein auf diese Weise das Ziel der regelmäßigen Neuvergabe der Konzession in einem wettbewerblichen Verfahren zwar nicht vollkommen, aber unter den gegebenen Umständen noch bestmöglich verwirklicht werden kann.c) Eine Aufhebung oder teilweise Rückversetzung des Konzessionsvergabeverfahrens in ein früheres Stadium kommt nur in Betracht, wenn dafür ein gewichtiger Grund vorliegt.d) Liegt ein gewichtiger Grund vor, hat die Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob sie das Vergabeverfahren aufhebt oder es mit dem Ziel der Konzessionsvergabe fortsetzt. Die Entscheidung erfordert eine Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen , die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und insbesondere die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerinnen werden das Urteil des Kartellsenats des Kammergerichts vom 4. April 2019 aufgehoben und das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 2014 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, das durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 20. Dezember 2011 ausgeschriebene Wegenutzungsrecht für den Betrieb des Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung im Gebiet des Landes Berlin durch Annahme des Angebots der Klägerin zu 2 für den Abschluss eines Gaskonzessionsvertrages mit dem Land Berlin vom 3. April 2014 (Anlage K3) zu vergeben.

Hinsichtlich des Antrags der Klägerinnen auf Verurteilung des Beklagten zur wahlweisen Vergabe des Wegenutzungsrechts durch Annahme des Kooperationsangebots der Klägerinnen anstelle des Vertragsangebots der Klägerin zu 2 ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Normenkette:

GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1 ; EnWG § 46 ;

Tatbestand

Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin des Berliner Gasverteilernetzes und war Inhaberin der bis Ende 2013 laufenden Konzession zur Nutzung des Wegenetzes für die Gasversorgung (im Folgenden: Gaskonzession). Die Klägerin zu 2 wurde 2006 als selbständige Netzbetreiberin für die Region Berlin-Brandenburg aus der Klägerin zu 1 und der EMB Energie Mark Brandenburg GmbH ausgegründet. Sie hat das Gasverteilernetz von der Klägerin zu 1 gepachtet, die 80,5 % ihrer Gesellschaftsanteile hält.

Mit Bekanntmachung vom 20. Dezember 2011 leitete das beklagte Land Berlin ein Verfahren zur Neuvergabe der Gaskonzession ein. Verfahrensleitende Stelle war das Referat I A der Senatsverwaltung für Finanzen. Diese schuf im März 2012 zum Zweck der Bewerbung um die Gaskonzession einen "Landesbetrieb Berlin Energie" (nachfolgend: Landesbetrieb) als rechtlich unselbständigen Teil der Berliner Verwaltung nach § 26 LHO Berlin. Die Geschäftsleitung oblag dem Referat I E, die Fachaufsicht dem Referat I C der Senatsverwaltung für Finanzen, wobei die Geschäftsleitung durch eine Geschäftsanweisung allein den Weisungen der für die Abteilung I zuständigen Staatssekretärin unterstellt worden war.

Außer den Klägerinnen und dem Landesbetrieb bekundeten sieben Bewerber fristgemäß ihr Interesse an der Gaskonzession. In der Folge erarbeitete die Senatsverwaltung für Finanzen Entwürfe für einen Ersten und einen Zweiten Verfahrensbrief, wobei sie letzteren im Sommer 2012 mit dem Bundeskartellamt abstimmte. Der dem Amt übersandte Entwurf des Zweiten Verfahrensbriefs enthielt die Auswahlkriterien, eine Beschreibung des Verfahrens und den Entwurf des Konzessionsvertrags. 4 Am 20. November 2012 übertrug der Senat von Berlin die Zuständigkeit für den Landesbetrieb von der Senatsverwaltung für Finanzen auf die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und beschloss den Ersten Verfahrensbrief, in dem das weitere Verfahren in den Grundsätzen dargestellt wurde und der am 10. Dezember 2012 an die Bewerber versandt wurde. Der Beklagte teilte darin mit, dass er außer einer reinen Konzessionsvergabe auch die Optionen einer institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaft mit einem Kooperationspartner und einer reinen Rekommunalisierung prüfen werde. Bewerber sollten bis zum 21. Januar 2013 ihre Eignung nachweisen.

Mit dem Zweiten Verfahrensbrief vom 18. April 2013, der das weitere Verfahren und die Auswahlkriterien erläuterte, forderte der Beklagte die für geeignet befundenen Bewerber auf, ein unverbindliches Angebot abzugeben; gleichzeitig sollten die Bewerber einen Finanzierungsnachweis erbringen. In der dafür gesetzten Frist gaben nur die Klägerinnen, der Landesbetrieb und die A. AG Angebote ab, während sich die Stadtwerke S. GmbH und die T. Aktiengesellschaft aus dem Verfahren zurückzogen. Die Klägerin zu 2 reichte ein Angebot für eine reine Konzessionierung ein, die Klägerinnen gemeinsam ein Kooperationsangebot; im Übrigen waren ihre Angebote identisch.

Mit einem Dritten Verfahrensbrief vom 31. Januar 2014 forderte der Beklagte die Bewerber zur Abgabe rechtsverbindlicher Angebote auf. Angebote reichten daraufhin nur noch die Klägerinnen und der Landesbetrieb ein. Bei der Auswertung durch die Senatsverwaltung für Finanzen erhielt das Angebot des Landesbetriebs 311 von 315 möglichen Punkten, die beiden Angebote der Klägerinnen wurden jeweils mit 299 Punkten bewertet, wobei diese Angebote bei den Kriterien "Sicherheit des Netzbetriebs und Qualität des Netzes" und "umweltverträglicher Netzbetrieb/netzbezogener Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien" jeweils eine um zwei Punkte höhere Punktzahl als das Angebot des Landesbetriebs erhielten. Der Senat von Berlin nahm am 24. Juni 2014 die Auswertung der Senatsverwaltung für Finanzen zustimmend zur Kenntnis und legte sie dem Abgeordnetenhaus zur Zustimmung vor. Diese ist bislang nicht erteilt worden.

Die Klägerinnen haben den Beklagten zunächst auf Annahme eines ihrer Angebote in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen und den Beklagten auf den Hilfsantrag der Klägerinnen verurteilt, es zu unterlassen, das ausgeschriebene Wegenutzungsrecht an den Landesbetrieb zu vergeben oder mit einem noch zu gründenden, aus dem Landesbetrieb hervorgehenden Unternehmen einen Gaskonzessionsvertrag zu schließen (LG Berlin, EnWZ 2015, 230).

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Zusätzlich zum primär weiter verfolgten Hauptantrag haben die Klägerinnen in zweiter Instanz hilfsweise beantragt, den Landesbetrieb als Teilnehmer vom weiteren Verfahren zur Vergabe der Gaskonzession auszuschließen. Das Berufungsgericht hat beide Berufungen zurückgewiesen (KG, WuW 2019, 379 ).

Am 27. Januar 2020 teilte die Senatsverwaltung für Finanzen den Klägerinnen mit, vor dem Hintergrund des Urteils des Berufungsgerichts werde das Konzessionsvergabeverfahren in den Stand vor Versendung des Zweiten Verfahrensbriefs zurückversetzt; der modifizierte Zweite Verfahrensbrief samt Kriterienkatalog werde zunächst dem Senat zur Beschlussfassung und sodann dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses zur Kenntnisnahme zugeleitet und den Klägerinnen anschließend zugesandt.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision haben sich die Klägerinnen gegen das Berufungsurteil gewandt, soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Mit Schreiben vom 18. Januar 2021 widerriefen sie ihr Kooperationsangebot gegenüber dem Beklagten. Sie begehren insoweit die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache; im Übrigen verfolgt die Klägerin zu 2 - ebenso wie der Beklagte mit der Anschlussrevision - ihre Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerinnen hat Erfolg. Die Hauptanträge auf Verurteilung zur Annahme des Angebots der Klägerin zu 2 sowie Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache im Hinblick auf das wahlweise unterbreitete Kooperationsangebot der Klägerinnen sind begründet.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klägerinnen könnten von dem beklagten Land verlangen, die Vergabe der Gaskonzession an den Landesbetrieb oder einen Rechtsnachfolger zu unterlassen. Der Beklagte habe durch formale und materielle Fehler gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen und die Klägerinnen dadurch unbillig behindert. Einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot stelle die nicht hinreichende organisatorische Trennung zwischen der vom Beklagten eingerichteten verfahrensleitenden Stelle und dem auf Bieterseite an dem Konzessionsverfahren beteiligten Teil seiner Verwaltung dar. Bis zu der erst Ende November 2012 erfolgten Zuordnung des Landesbetriebs zum Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hätten sowohl der Landesbetrieb wie auch die das Konzessionsverfahren leitende Stelle dem Abteilungsleiter der Abteilung I in der Senatsverwaltung für Finanzen unterstanden. Außerdem sei die für die Abteilung I zuständige Staatssekretärin gemäß Nummer 3.4 der Geschäftsanweisung der Senatsverwaltung für Finanzen gegenüber der Geschäftsleitung des Landesbetriebs weisungsbefugt gewesen; die Staatssekretärin habe aber zugleich entgegen dieser Regelung auch das Vergabeverfahren für die Gaskonzession geleitet. Zudem stelle die Bewertung des sicheren Netzbetriebs mit lediglich einem Anteil von 15,87 % (50 von 315) der erreichbaren Punkte eine mit den Zielen von § 1 EnWG unvereinbare Mindergewichtung dar. Schließlich verletze es das Transparenzgebot, dass der Beklagte im Zweiten Verfahrensbrief Unterkriterien zu den Vergabekriterien gebildet, diese aber nicht gewichtet habe.

Auch die Berufung der Klägerinnen bleibe erfolglos. Ein Kontrahierungszwang käme aus §§ 33 Abs. 1 , 19 GWB nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das kartellrechtswidrige Verhalten nicht auf andere Weise vermieden werden könne. Der Beklagte könne aber, statt einen Vertrag mit den Klägerinnen zu schließen, das Konzessionsvergabeverfahren auch (teilweise) wiederholen oder die Gaskonzession neu ausschreiben und so die formellen und materiellen Verfahrensfehler beseitigen. Die festgestellten gravierenden, schon anfänglich bestehenden Fehler des Vergabeverfahrens ließen nicht zu, mit Sicherheit festzustellen, dass nur die Klägerinnen als Konzessionsnehmer oder Kooperationspartner des beklagten Landes in Betracht kämen. Eine Missbrauchsabsicht des Beklagten sei bei einer Wiederholung des Verfahrens oder einer Neuausschreibung nicht zu erkennen.

Der Hilfsantrag auf Ausschluss des Landesbetriebs sei ebenfalls unbegründet. Die in den Verfahrensbriefen enthaltenen Vorgaben, innerhalb bestimmter Fristen Handlungen vorzunehmen oder Unterlagen einzureichen, dienten in erster Linie der Strukturierung des Verfahrens und begründeten schon deshalb bei Nichteinhaltung durch einzelne Bieter keine subjektiven Rechte anderer Bieter; zudem sei nicht ersichtlich, dass der Landesbetrieb bestimmte Vorgaben der Verfahrensbriefe nicht erfüllt habe und daher vom Verfahren auszuschließen gewesen wäre. Soweit der Landesbetrieb einen Finanzierungsnachweis nicht fristgemäß formgerecht vorgelegt habe, sei es unverhältnismäßig, ihn allein wegen der Versäumung dieser formalen Anforderung auszuschließen. Es sei nicht zweifelhaft, dass der Beklagte, einen entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt, die Finanzierung sicherstellen könne. Unabhängig davon stehe einem auf den Zweiten und Dritten Verfahrensbrief gestützten Anspruch der Klägerinnen auf Ausschluss des Landesbetriebs bereits entgegen, dass das Konzessionierungsverfahren durch die unzureichende Trennung von Bieter und verfahrensleitender Stelle bereits vor Versendung des Zweiten Verfahrensbriefs unter einem gravierenden formellen Mangel gelitten habe und auch die Bewertungsmatrix des Zweiten Verfahrensbriefs mangelhaft sei, so dass das Konzessionsvergabeverfahren mindestens ab Erstellung und Versendung des Zweiten Verfahrensbriefs zu wiederholen sein werde.

II. Mit der Revision erstrebt die Klägerin zu 2 nunmehr nur noch, den Beklagten zur Annahme ihres Angebots auf Abschluss eines Konzessionsvertrags vom 3. April 2014 (Anlage K3) zu verurteilen, der in § 26 Abs. 1 eine feste Laufzeit bis zum 31. Dezember 2024 vorsieht. Dieser Antrag ist zulässig und aus § 33 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB begründet.

1. Als marktbeherrschende Anbieter der Wegenutzungsrechte in ihrem Gebiet sind die Gemeinden gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und § 46 Abs. 1 EnWG verpflichtet, den Konzessionär für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes in einem diskriminierungsfreien Wettbewerb auszuwählen. Dabei sollen die Regelungen des § 46 Abs. 1 bis 3 und Abs. 6 (bis 2. Februar 2017: Abs. 4) EnWG gewährleisten, dass spätestens nach 20 Jahren (§ 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG ) ein Betreiberwechsel durch eine neue Entscheidung über das Wegerecht, den Zwang zur Einhaltung der Bekanntmachungspflichten (§ 46 Abs. 3 EnWG ) und gegebenenfalls einen Anspruch auf Überlassung des Netzes (§ 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG ) ermöglicht wird (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 65/12, WuW/E DE-R 4139 Rn. 34 - Stromnetz Heiligenhafen). Danach ergibt sich aus § 46 EnWG ein subjektives Recht der Bewerber auf transparente und diskriminierungsfreie Durchführung des Konzessionierungsverfahrens, wie es inzwischen klarstellend in § 47 Abs. 1 EnWG ausdrücklich anerkannt wird. Die Gemeinde ist verpflichtet, den Wettbewerb um das Netz in der gebotenen Weise jedenfalls alle 20 Jahre rechtzeitig zu eröffnen und nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens eine Vergabeentscheidung zu treffen.

Bei dieser Vergabeentscheidung haben die Gemeinden das Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und des § 46 Abs. 1 EnWG zu beachten (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 66/12, BGHZ 199, 289 Rn. 16 f. - Stromnetz Berkenthin). Die kartellrechtlichen und die energiewirtschaftsrechtlichen Anforderungen stimmen insoweit überein (BGHZ 199, 289 Rn. 26). Die Auswahlentscheidung muss im unverfälschten Wettbewerb nach sachlichen Kriterien zugunsten desjenigen Bewerbers erfolgen, dessen Angebot den Auswahlkriterien am besten entspricht (BGHZ 199, 289 Rn. 35).

Aus der Bindung der Gemeinden an das Diskriminierungsverbot ergeben sich sowohl verfahrensbezogene als auch materielle Anforderungen an die Auswahlentscheidung. Die Auswahl muss in einem transparenten Verfahren erfolgen und ist vorrangig an Kriterien auszurichten, die das Ziel des § 1 EnWG (Gewährleistung einer sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen örtlichen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas) konkretisieren (BGHZ 199, 289 Rn. 16, 36 - Stromnetz Berkenthin). Das Transparenzgebot verlangt, dass den am Netzbetrieb interessierten Unternehmen die Entscheidungskriterien der Gemeinde und ihre Gewichtung rechtzeitig vor Angebotsabgabe mitgeteilt werden (BGHZ 199, 289 Rn. 34 mwN).

2. In dem Ende 2011 begonnenen Verfahren zur Neuvergabe der Gaskonzession hat - nach Widerruf des Kooperationsangebots der Klägerinnen, zu dem diese, wie der Beklagte nicht in Frage stellt, nach Ablauf der Bindungsfrist berechtigt waren - allein das Angebot der Klägerin zu 2 alle Voraussetzungen für die Vergabe der Konzession erfüllt, die der Beklagte in den Verfahrensbriefen aufgestellt hat.

a) Innerhalb der dafür gesetzten Frist bis zum 7. April 2014 haben nach Ausscheiden aller Mitbewerber allein die Klägerinnen und der Landesbetrieb abschließende Angebote eingereicht. Das Angebot des Landesbetriebs darf nach den aufgestellten Kriterien jedoch nicht gewertet werden, weil der Landesbetrieb den mit dem Zweiten Verfahrensbrief geforderten Nachweis seiner finanziellen Eignung nicht erbracht hat.

aa) Im Ersten Verfahrensbrief wurden die Bewerber nach Abschnitt E (Eignungsnachweis) aufgefordert, ihre grundsätzliche Eignung nachzuweisen. Dieser Nachweis umfasste eine schlüssige Darlegung des Finanzierungskonzepts (Eigen- und Fremdkapital) für den Kaufpreis des Gasverteilnetzes (E 4) und "zusätzlich, je nachdem, wie die mögliche Finanzierung des Kaufpreises erfolgen wird, (die) Vorlage eines Nachweises über das notwendige Eigenkapital und/oder eines autorisierten Finanzkonzepts einer Bank für den Nachweis des notwendigen Fremdkapitals" (E 5). Dabei waren die unter E 5 angeforderten Unterlagen erst mit Abgabe des ersten, noch unverbindlichen Angebots vorzulegen. Unter Bezug hierauf wurden die Bieter im Zweiten Verfahrensbrief nach dessen Abschnitt F (Weiteres Verfahren) aufgefordert, die im Ersten Verfahrensbrief unter E 5 angeforderten Unterlagen zum Nachweis der Eignung einzureichen. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass bei einer möglichen Finanzierung über Eigenkapital nicht das notwendige Eigenkapital nachgewiesen werden müsse, sondern der Nachweis über die Aufbringung des notwendigen Eigenkapitals ausreiche. Weiter kündigte der Beklagte an, einen Bieter aus dem Auswahlverfahren auszuschließen, wenn er die Unterlagen nicht fristgerecht bis zum 7. Juni 2013 einreichen sollte. Er wies schließlich darauf hin, dass auch eine reine Rekommunalisierung nur erfolgen werde, wenn einem landeseigenen Unternehmen auf der Grundlage der im Zweiten Verfahrensbrief genannten Auswahlkriterien die Konzession erteilt werden könne.

bb) Auf der Grundlage dieser Verfahrensvorgaben hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der Landesbetrieb den Nachweis des notwendigen Eigenkapitals oder ein autorisiertes Finanzkonzept einer Bank für den Nachweis des notwendigen Fremdkapitals nicht innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt hat. Die Gegenrüge der Revisionserwiderung, der Landesbetrieb habe nach dem Vortrag des Beklagten einen Nachweis dafür erbracht, das notwendige Fremdkapital in Höhe von 80 % bezogen auf die kalkulatorische Verzinsungsbasis aufnehmen zu können, und dieser Nachweis sei ausreichend, da Bankinstitute üblicherweise in diesem Rahmen Netzübernahmen auch ohne Bürgschaften finanzierten, steht schon in Widerspruch zu der nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts. Sie ist im Übrigen auch unbegründet, denn ein solcher Vortrag zu einem fristgerecht erbrachten Nachweis ergibt sich nicht aus dem in Bezug genommenen Schriftsatz.

cc) Soweit das Berufungsgericht meint, es wäre unverhältnismäßig, den Landesbetrieb allein deswegen auszuschließen, weil er den geforderten Finanzierungsnachweis nicht frist- und formgerecht vorgelegt habe; in der Sache könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Beklagte, einen entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt, die Finanzierung einer Rekommunalisierung des Netzbetriebs bewerkstelligen könne, hält dies revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

(1) Der politische Wille des Senats von Berlin zur Finanzierung einer Übernahme des Betriebs des Gasnetzes durch den Landesbetrieb, auf den sich das Berufungsgericht bezogen hat, kann den Finanzierungsnachweis schon deshalb nicht ersetzen, weil es sich um einen in zweifacher Hinsicht bedingten Finanzierungswillen gehandelt hat. Zum einen bedurfte der Senat für die Finanzierung einer entsprechenden haushaltsrechtlichen Grundlage und damit einer Zustimmung des Abgeordnetenhauses. Zum anderen hatte auch der Senat selbst nur einen bedingten Finanzierungswillen entwickelt, weil er sich offenhalten wollte, das Ziel einer Rekommunalisierung oder einer Kooperation mit einem privaten Netzbetreiber nicht weiterzuverfolgen. In der Pressemitteilung vom 3. Juni 2014 heißt es dementsprechend, Senat und Abgeordnetenhaus müssten nunmehr darüber befinden, ob der Landesbetrieb die Entscheidung annehmen oder sich aus dem Verfahren zurückziehen solle.

(2) Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der Beklagte könne sich nicht gegenüber sich selbst zur Finanzierung der Übernahme des Netzes und zur Aufrechterhaltung des Angebots hierfür verpflichten.

(a) Auch wenn die Gemeinde - zulässigerweise - das Ziel verfolgt, das gemeindliche Strom- oder Gasnetz durch einen Eigenbetrieb zu betreiben, muss sie das Diskriminierungsverbot des § 46 Abs. 1 EnWG beachten (BGH, WuW/E DE-R 4139 Rn. 34 bis 38 - Stromnetz Heiligenhafen). § 46 Abs. 6 EnWG46 Abs. 4 EnWG aF) gewährleistet, dass die Gemeinde auch in diesem Fall einen Wettbewerb um das Netz entsprechend den für rechtlich selbständige Bieter geltenden Vorschriften ermöglicht (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2016 - KZB 46/15, WuW 2017, 200 Rn. 34 - Landesbetrieb Berlin Energie). Eine "Systementscheidung" zugunsten einer (Re-)Kommunalisierung des Netzbetriebs ist der Gemeinde daher nur insofern möglich, als sie die Entscheidung treffen kann, sich an dem Wettbewerb um das Netz zu beteiligen und den Netzbetrieb zu übernehmen, wenn sie als Sieger aus diesem Wettbewerb hervorgeht.

(b) Die Vorschrift des § 46 Abs. 6 EnWG46 Abs. 4 EnWG aF) lässt durch die "entsprechende" Anwendung ihrer Absätze 2 bis 5 auf Eigenbetriebe zwar eine gewisse, durch die Natur der Eigenbetriebe wie etwa ihre fehlende Rechtspersönlichkeit bedingte, unterschiedliche Behandlung zu. Für eine Privilegierung bei der technischen, wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit oder der Verbindlichkeit der von Eigenbetrieben unterbreiteten Angebote bietet dies aber keine Grundlage. Da Transparenzgebot und Diskriminierungsverbot verlangen, dass die Gemeinde die Eignungskriterien offenlegt, an denen sie die Angebote messen will, und diese Kriterien diskriminierungsfrei anwendet (vgl. BGH, WuW/E DE-R 4139 Rn. 44, 46, 48 - Stromnetz Heiligenhafen), gilt vielmehr auch insoweit, dass die Betrauung eines kommunalen Eigenbetriebs mit dem Netzbetrieb gegenüber der Konzessionierung eines "Energieversorgungsunternehmens" im Sinne von § 46 EnWG weder erschwert noch erleichtert werden darf (BGH, WuW/E DE-R 4139 Rn. 79 - Stromnetz Heiligenhafen; BGH, WuW 2017, 200 Rn. 36 - Landesbetrieb Berlin Energie).

(c) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist der haushaltsrechtliche Landesbetrieb im vorliegenden Fall nicht anders zu behandeln als die Eigenbetriebe im Sinne der landesrechtlichen Vorschriften. Andernfalls entstünde eine dem Zweck des § 46 EnWG zuwiderlaufende Regelungslücke, wenn die Gemeinde zum Netzbetrieb weder auf eine Eigengesellschaft noch auf einen Eigenbetrieb im kommunalrechtlichen Sinne, sondern nur auf eine unselbständige Verwaltungsabteilung, insbesondere einen Regiebetrieb oder - wie im Streitfall einen haushaltsrechtlichen Betrieb, zurückgreift (BGH, WuW 2017, 200 Rn. 35 - Landesbetrieb Berlin Energie).

(d) Der von den übrigen Bietern geforderte Nachweis einer gesicherten Finanzierung darf daher einem Eigenbetrieb ebenso wenig erlassen werden wie der Gemeinde die Entscheidung ihrer hierfür zuständigen Organe, nicht nur mit einem Eigenbetrieb am Wettbewerb teilzunehmen, sondern mit dem Eigenbetrieb den Netzbetrieb auch zu übernehmen, wenn kein anderer Bieter ein besseres Angebot macht. Dürfte die Gemeinde anders als andere Bieter mit einem "freibleibenden" und hinsichtlich der Finanzierbarkeit ungesicherten Angebot am Wettbewerb um das Netz teilnehmen, hätte sie die Möglichkeit, die eigene Bewerbung lediglich als Druckmittel gegenüber anderen Bewerbern einzusetzen. Mit den Geboten der Gleichbehandlung aller Bewerber und der Trennung von Vergabestelle und Teilnehmer am Wettbewerb wäre dies unvereinbar. Wo die Gemeinde eine Bindung der Bieter verlangt, muss sie sich auch selbst gebunden halten. Setzt die Sicherung der Finanzierung einer Übernahme des Netzbetriebs eine entsprechende Beschlussfassung des Vertretungsorgans der Gemeinde voraus, muss diese daher fristgerecht erfolgen.

b) Wie sich insbesondere aus dem Entwurf der Senatsvorlage für das Abgeordnetenhaus und der Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Finanzen vom 3. Juni 2014 ergibt, war das Angebot der Klägerin zu 2 nach der Beurteilung des Senats von Berlin annahmefähig. Dagegen bestehen keine Bedenken.

aa) Der von der Beklagten behaupteten unzureichenden Vorlage von Daten über das Gasnetz durch die Klägerin zu 2 als Altkonzessionärin (§ 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG aF, § 46a EnWG ) kommt für die Frage der Annahmefähigkeit des Angebots der Klägerin zu 2 keine Bedeutung zu. Ein Ausschlussgrund für das Angebot der Klägerin zu 2 kann sich daraus nicht ergeben. Vielmehr wäre es bei unzureichender Datenvorlage Sache des Beklagten als Vergabestelle gewesen, die vollständige Bereitstellung notwendiger Daten durchzusetzen; gegebenenfalls hätten Angebotsfristen bis zur Vorlage dieser Daten verlängert werden müssen. Es ist aber weder festgestellt noch als vorgetragen aufgezeigt, dass Bewerber fehlende Daten zum Netz gerügt hätten.

bb) Dem Hauptantrag der Klägerin zu 2 steht nicht der für Konzessionsverträge gemäß § 19 Abs. 3 BEnSpG (jetzt § 17 Abs. 3 Satz 1 EWG Bln) vorgesehene Parlamentsvorbehalt entgegen, wonach der Abschluss von Konzessionsverträgen der vorherigen Zustimmung des Abgeordnetenhauses bedarf. Hat ein Bieter nach Bundesrecht einen Anspruch auf Erteilung der Konzession, ist daran das beklagte Land und auch sein Abgeordnetenhaus gebunden (Art. 31 GG ).

3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Beklagte verpflichtet, das laufende Konzessionsverfahren durch Abschluss des Konzessionsvertrags gemäß Anlage K3 mit der Klägerin zu 2 zu beenden. Er kann das Vergabeverfahren nicht stattdessen in ein früheres Stadium zurückversetzen oder vollständig neu beginnen.

a) Zwar besteht im (allgemeinen) Vergaberecht grundsätzlich kein Anspruch eines Bieters auf den Zuschlag. Vielmehr steht es einem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich frei, von einer Auftragsvergabe abzusehen, auch wenn kein anerkannter Grund für die Aufhebung des Verfahrens gemäß § 63 Abs. 1 VgV oder nach der einschlägigen Vorschrift einer Vergabeordnung besteht. Will der öffentliche Auftraggeber aus welchen Gründen auch immer einen Beschaffungsbedarf - endgültig oder einstweilen - nicht weiterverfolgen und sieht er deshalb von der Erteilung eines Zuschlags ab, werden hierdurch keine Bieterrechte verletzt (BGH, Urteil vom 5. November 2002 - X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163, juris Rn. 19 - Ziegelverblendung; Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538 Rn. 20 - Fahrbahnerneuerung I). Die vergaberechtlichen Vorschriften mit bieterschützendem Charakter begründen kein Recht auf die Auftragserteilung, sondern nur das Recht eines jeden Bieters, der die Voraussetzungen hierfür erfüllt, auf Teilnahme am Wettbewerb unter fairen, transparenten und nichtdiskriminierenden Bedingungen und damit auf Wahrung der Chance auf einen Zuschlag. Die Bieter können demgemäß zwar die Beachtung aller für das Verfahren und die Zuschlagserteilung maßgeblichen Vorschriften erwarten, nicht aber die Auftragsvergabe selbst (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 - XIII ZR 19/19, VergabeR 2021, 295 Rn. 21 - Flüchtlingsunterkunft).

b) Diese Grundsätze können jedoch nicht ohne Weiteres auf die Vergabe von Strom- oder Gaskonzessionen gemäß § 46 EnWG übertragen werden. Die Regelungen des § 46 Abs. 1 bis 3 und Abs. 6 (bis 2. Februar 2017: Abs. 4) EnWG begründen vielmehr eine gesetzliche Pflicht den Wettbewerb um das Netz in der gebotenen Weise jedenfalls alle 20 Jahre rechtzeitig zu eröffnen und nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens eine Vergabeentscheidung zu treffen (oben Rn. 18). Es kommt hinzu, dass die Gemeinde schon aufgrund der Verpflichtung zur Daseinsvorsorge den Betrieb des kommunalen Strom- und Gasnetzes für ihre Bürger sicherstellen muss. Danach ist anders als im Vergaberecht die Neuvergabe von Wegenutzungsrechten keine Umsetzung eines autonomen Beschaffungsbeschlusses der jeweiligen Gemeinde.

Die Absicht, eine Konzession zu vergeben, kann daher anders als im Vergaberecht weder schlicht aufgegeben werden, noch steht es der Gemeinde frei, die Konzessionsvergabe auf einen Zeitpunkt hinauszuschieben, der nicht mehr in Einklang mit ihrer Verpflichtung steht, spätestens nach zwanzig Jahren eine Neuvergabe der Konzession zu ermöglichen. Danach haben Bewerber aus § 46 EnWG nicht nur ein subjektives Recht auf transparente und diskriminierungsfreie Durchführung des Konzessionierungsverfahrens, sondern auch darauf, dass die Gemeinde nach ordnungsgemäßer und fehlerfreier Durchführung des Verfahrens auch tatsächlich eine Vergabeentscheidung trifft. Hat bei der Vergabe der Konzession für ein Strom- oder Gasnetz die Gemeinde die Vergabekriterien materiell und formell rechtmäßig bestimmt und ordnungsgemäß bekanntgegeben, ist demjenigen Bieter, der bei fehlerfreier Anwendung dieser Kriterien durch die Gemeinde das beste Angebot gemacht hat, die Konzession zu erteilen.

c) Ist das Verfahren dagegen fehlerhaft, weil die Gemeinde die Vergabekriterien materiell oder formell nicht rechtmäßig bestimmt, nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben oder nicht fehlerfrei angewendet hat, kann jedenfalls dann ein Anspruch auf Erteilung der Konzession bestehen, wenn sich die Auswahlmöglichkeiten der Gemeinde unter den besonderen Umständen des Einzelfalls dahin verdichtet haben, dass trotz des fehlerhaften Verfahrens eine Vergabeentscheidung und die Erteilung der Konzession nur zugunsten des einzig verbliebenen Bewerbers ermessensfehlerfrei ist, weil allein auf diese Weise das Ziel der regelmäßigen Neuvergabe der Konzession in einem wettbewerblichen Verfahren zwar nicht vollkommen, aber unter den gegebenen Umständen noch bestmöglich verwirklicht werden kann.

aa) Bei einem die Vergabekriterien betreffenden Mangel des Vergabeverfahrens lässt sich regelmäßig nicht feststellen, welchem Bieter bei materiell und formell rechtmäßig bestimmten Vergabekriterien die Konzession zu erteilen gewesen wäre. Genügte ein solcher Mangel ohne weiteres, um einen Anspruch auf Konzessionserteilung auszuschließen, könnte indessen nicht sichergestellt werden, dass der Wettbewerb um die Konzession tatsächlich regelmäßig und rechtzeitig zu Ende geführt wird.

Dürfte die Gemeinde ein fehlerhaftes Vergabeverfahren ohne weiteres neu eröffnen oder wäre sie gar bei jedem Fehler, von dem sich nicht ausschließen lässt, dass er sich auf die Bestimmung des Bestbieters ausgewirkt hat, ohne weiteres zu einer solchen Neueröffnung verpflichtet, könnte schon eine nachlässige Planung und Durchführung des Konzessionsvergabeverfahrens dazu führen, dass die Bewerber um die Konzession faktisch um die Chance gebracht werden, sich jedenfalls alle zwanzig Jahre im Wettbewerb gegen den Altkonzessionär und etwaige Mitbewerber durchzusetzen.

Das Ziel der regelmäßigen Neuvergabe der Konzession in einem wettbewerblichen Verfahren wäre dabei desto stärker gefährdet, je später Aufhebung und erneuter Verfahrensbeginn erfolgten. Unvereinbar mit dem Gebot des regelmäßigen Wettbewerbs um das Netz wäre es jedenfalls, ein Vergabeverfahren durch eine Folge von teilweisen Zurückversetzungen und Verfahrensaufhebungen endlos "in die Länge ziehen" zu können und dadurch die vom Gesetz alle 20 Jahre geforderte Entscheidung über die Neuvergabe zu verhindern.

Zudem hätte es die Gemeinde, wie der Streitfall zeigt, in der Hand, nach freier Entscheidung aus ihrem eigenen Verstoß gegen die bei der Konzessionsvergabe bestehenden kartellrechtlichen Bindungen, insbesondere einer Verletzung des Neutralitätsgebots, zu Lasten der hiervon betroffenen externen Bieter eine zweite Chance für einen gemeindeeigenen Bieter abzuleiten. Dies wäre mit Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens für Konzessionen nicht zu vereinbaren (vgl. zu den entsprechenden Grundsätzen im allgemeinen Vergaberecht BGH, VergR 2014, 538 Rn. 25 - Fahrbahnerneuerung I).

bb) Eine Aufhebung oder teilweise Rückversetzung des Konzessionsvergabeverfahrens in ein früheres Stadium kann daher zum einen nur in Betracht kommen, wenn dafür ein gewichtiger Grund vorliegt. Dabei können die Grundsätze Orientierung bieten, die der Bundesgerichtshof im allgemeinen Vergaberecht für die Prüfung entwickelt hat, ob ein schwerwiegender Aufhebungsgrund (§ 63 Abs. 1 VgV , § 32 Abs. 1 KonzVgV, § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ) vorliegt, und nach denen an die Bejahung eines schwerwiegenden Grundes strenge Maßstäbe anzulegen sind (BGH, VergabeR 2014, 538 Rn. 24 f. - Fahrbahnerneuerung I).

cc) Aber auch wenn ein gewichtiger Grund vorliegt, hat die Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob sie das Vergabeverfahren aufhebt oder es mit dem Ziel der Konzessionsvergabe fortsetzt. Da die Aufhebung Bewerber um die Konzession unbillig behindern kann, hat die Gemeinde dieses Ermessen anhand einer Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen , die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und insbesondere die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist, auszuüben (vgl. BGHZ 199, 289 Rn. 55 mwN - Stromnetz Berkenthin). In erster Linie ist maßgeblich, wie erreicht werden kann, dass das Ziel der regelmäßigen Neuvergabe der Konzession in einem wettbewerblichen Verfahren unter den gegebenen Umständen noch bestmöglich verwirklicht wird. Dafür kann wiederum von Bedeutung sein, inwieweit sich feststellen oder zumindest abschätzen lässt, dass sich Mängel des Verfahrens ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend zugunsten oder zulasten eines bestimmten Bewerbers ausgewirkt haben oder ausgewirkt haben können. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass sich das Ermessen der Gemeinde bei einem klar erkennbaren Vorrang für nur eine bestimmte Handlungsmöglichkeit dahin verdichtet, dass sie diese zu ergreifen hat.

d) Nach diesen Grundsätzen ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Streitfalls das laufende Konzessionsverfahren durch Annahme des Vertragsangebots der Klägerin zu 2 abzuschließen.

aa) Allerdings ist das Verfahren der Konzessionsvergabe, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, schon deshalb in gravierender Weise fehlerhaft, weil der Beklagte sowohl die Vergabestelle als auch den Landesbetrieb derselben Senatsverwaltung zugeordnet hatte.

(1) Aus dem Diskriminierungsverbot folgt das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung von Vergabestelle und Bewerber. Es soll sicherstellen, dass die Gemeinde insbesondere in den Fällen, in denen durch eine gleichzeitige Stellung als Vergabestelle und Bieter ein Interessenkonflikt besteht, gegenüber allen Bewerbern um das Wegenutzungsrecht die gebotene Neutralität wahrt, und zudem die gebotene diskriminierungsfreie Vergabeentscheidung gewährleisten (vgl. BGH, WuW 2017, 200 Rn. 39 f. - Landesbetrieb Berlin Energie).

(2) Das beklagte Land hat es an der gebotenen organisatorischen und personellen Trennung zwischen dem Landesbetrieb und der Vergabestelle vom Beginn des Konzessionsvergabeverfahrens Ende 2011 bis zu der erst Ende November 2012 erfolgten Zuordnung des Landesbetriebs zum Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt fehlen lassen.

(a) Bis dahin gehörten sowohl der Landesbetrieb im Referat I E als auch die verfahrensleitende Stelle im Referat I A zur Senatsverwaltung für Finanzen und unterstanden dort beide dem Leiter der Abteilung I. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gab es dabei keine Regelungen, um einen Wissenstransfer zwischen dem Landesbetrieb und der Vergabestelle zu verhindern. Zudem war die Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Finanzen gegenüber der Geschäftsleitung des Landesbetriebs weisungsbefugt und leitete nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts zugleich bis Ende November 2012 entgegen der Geschäftsanweisung für den Landesbetrieb auch das Verfahren zur Vergabe der Gaskonzession.

Die damit festgestellte fehlende organisatorische und personelle Trennung von Vergabestelle und dem als Bieter auftretenden Landesbetrieb war unmittelbar mit der Möglichkeit verknüpft, dass die eigene Bewerbung des Landesbetriebs durch die Vergabestelle bevorzugt wurde. Dies stellt eine unbillige Behinderung der übrigen Bewerber dar. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist es insoweit nicht erforderlich, eine konkrete Doppelbefassung von Mitarbeitern des Landesbetriebs oder der Vergabestelle nachzuweisen. Dementsprechend kommt es nur bei Einhaltung des Trennungsgebots darauf an, ob ein Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot durch Personen, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind, zumindest konkret geeignet ist, die Vergabe zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - EnZR 99/18 - RdE 2020, 358 Rn. 45 - Gasnetz Leipzig).

(b) Demgegenüber führt der Verstoß gegen das Trennungsprinzip bereits dann zu einer unbilligen Behinderung von Mitbewerbern, wenn nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass er sich auf das Vergabeverfahren und die sich daraus ergebende Rangfolge der Bieter ausgewirkt haben kann, wenn also nicht feststeht, dass sich auch ohne den Verfahrensfehler dieselbe Rangfolge ergeben hätte (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - EnZR 116/18, WuW 2020, 331 Rn. 24 - Stromnetz Steinbach; BGHZ 199, 289 Rn. 99 - Stromnetz Berkenthin). So verhält es sich hier.

Der Landesbetrieb ist erst am 20. November 2012 aus der Senatsverwaltung für Finanzen ausgegliedert und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zugeordnet worden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren unter Verletzung des Trennungsgebots nicht nur mit dem Ersten Verfahrensbrief die Grundlagen für die Ausgestaltung des Verfahrens gelegt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erarbeitete die Senatsverwaltung für Finanzen vielmehr bereits nach Ablauf der Frist für Interessenbekundungen am 16. April 2012 sowohl den Ersten als auch den Zweiten Verfahrensbrief im Entwurf, wobei der Entwurf des Zweiten Verfahrensbriefs die Auswahlkriterien, die Beschreibung des Verfahrens und den Entwurf des Konzessionsvertrags enthielt. Der Zweite Verfahrensbrief wurde dem Bundeskartellamt bereits am 23. August 2012 übersandt und lag damit schon etwa drei Monate vor der Trennung von Landesbetrieb und Vergabestelle vor. Damit hat das beklagte Land, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, entscheidende Weichen für die Vergabeentscheidung vor der organisatorischen und personellen Trennung zwischen Vergabestelle und Bieter gestellt. Diese Weichenstellungen, insbesondere die Festlegung und Gewichtung der Auswahlkriterien, haben - ihrem Sinn und Zweck entsprechend - die Vergabeentscheidung maßgeblich vorgeprägt.

Soweit die Revisionserwiderung auf vorinstanzlichen Vortrag des Beklagten verweist, wonach Mitarbeiter oder Geschäftsleitung des Landesbetriebs nicht an der Vorabstimmung der Auswahlkriterien mit dem Bundeskartellamt beteiligt gewesen seien, ist dies unerheblich. Die fehlende Beteiligung an Gesprächen mit dem Bundeskartellamt schließt nicht aus, dass zuvor und danach zwischen den für den Landesbetrieb und die Vergabe zuständigen Referaten innerhalb der Senatsverwaltung für Finanzen informelle Gespräche oder auch Abstimmungen über die Vergabekriterien und den sonstigen Ablauf des Vergabeverfahrens stattgefunden haben.

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es dem Beklagten verwehrt, das Verfahren in den Stand vor Versendung des Zweiten Verfahrensbriefs zurückzuversetzen. Diese Zurückversetzung war schon deshalb unzulässig, weil sie die in der unzureichenden Trennung zwischen Vergabestelle und Landesbetrieb beim Senator für Finanzen liegende, schwerwiegende Fehlerhaftigkeit des Verfahrens nicht beseitigen konnte. Bei einem - wie hier - gewichtigen Verstoß gegen das Trennungsgebot ist grundsätzlich die vollständige Aufhebung des Vergabeverfahrens erforderlich, um die Einhaltung der Grundsätze der Diskriminierungsfreiheit und Transparenz so gut wie möglich zu gewährleisten. Etwas Anderes kann nur dann gelten, wenn der Neutralitätsverstoß nachweislich von vornherein keine Auswirkungen gehabt hat oder seine Auswirkungen durch andere Maßnahmen beseitigt wurden oder zu beseitigen sind (vgl. Dreher/ Hoffmann, Beck’scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 6 VgV Rn. 65 mwN; vgl. auch § 124 Abs. 1 Nr. 5 GWB ). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Denn bei der vom Beklagten beabsichtigten Teilwiederholung des Verfahrens durch Zurückversetzung auf den Verfahrensstand vor Versendung des Zweiten Verfahrensbriefs am 18. April 2013 konnte sich der Verstoß gegen das Neutralitätsgebot weiter auswirken. Die in Aussicht genommene Modifikation des Zweiten Verfahrensbriefs baute zwangsläufig auf dem Ersten Verfahrensbrief und den übrigen Vorarbeiten auf, die unter Verstoß gegen das Neutralitätsgebot ausgeführt wurden.

cc) Im vorliegenden Einzelfall kommt indes auch eine vollständige Aufhebung des laufenden Konzessionsvergabeverfahrens mit unverzüglicher Neuausschreibung nicht in Betracht.

(1) Im vorliegenden Fall kann sich der Verstoß gegen das Neutralitätsgebot nicht zugunsten der Klägerinnen ausgewirkt haben, sondern nur zugunsten des Landesbetriebs. Dessen Angebot durfte jedoch, wie ausgeführt (Rn. 22 ff.), nach den Vergabebedingungen des Beklagten ohnehin nicht gewertet werden. Da mithin nur die Klägerinnen mit ihren Angeboten im Verfahren verblieben waren, kommt es auf weitere Mängel des Verfahrens, insbesondere die vom Berufungsgericht beanstandete Untergewichtung des Kriteriums der Sicherheit des Netzbetriebs und der Qualität des Netzes - bei dem die Klägerinnen im Übrigen nach der Auswertung des Beklagten die höhere Punktzahl erzielt haben - nicht mehr an.

(2) Dem Landesbetrieb muss keine erneute Gelegenheit gegeben werden, ein zu wertendes und gegebenenfalls besseres Angebot als die Klägerin zu 2 abzugeben. Die Nichterfüllung der Anforderungen des Zweiten Verfahrensbriefs steht in keinem Zusammenhang mit Mängeln des Vergabeverfahrens.

(3) Eine Konzessionsvergabe an die Klägerin zu 2 muss auch nicht deshalb unterbleiben, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Stadtwerke S. GmbH, die T. AG oder die A. AG nicht als Bewerber um die Konzession oder eine Kooperation nach Erhalt des Zweiten Verfahrensbriefs oder nach Abgabe der unverbindlichen Angebote aus dem Verfahren zurückgezogen hätten, wenn es fehlerfrei durchgeführt worden wäre. Diese Unternehmen erhielten zwar ebenfalls eine zweite Beteiligungschance, wenn das Verfahren von vorne begonnen würde. Diese bloße Möglichkeit rechtfertigt es jedoch angesichts der verstrichenen Zeit nicht, die damit verbundene weitere Verzögerung der Konzessionsvergabe in Kauf zu nehmen. Denn von den Unternehmen, die ursprünglich ihr Interesse an der Konzession oder einer Kooperation mit dem beklagten Land bekundet und sich am Verfahren beteiligt haben, war zu erwarten, dass sie Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des Konzessionsvergabeverfahrens erhoben, wenn sie im Hinblick auf dessen Mangelhaftigkeit davon absehen wollten, weiter daran teilzunehmen.

(4) Sind, wie ausgeführt, keine entgegenstehenden Interessen des Landesbetriebs oder anderer Bewerber zu berücksichtigen, während das Interesse der Klägerin zu 2 als Bestbieter erheblich und schützenswert ist, rechtfertigte die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, dem 4. April 2019, unter den Umständen des Streitfalls einen Neubeginn des Verfahrens nicht mehr. Es kann daher dahinstehen, ob sich der Beklagte für eine Aufhebung und Neuausschreibung noch im Anschluss an das Urteil des Landgerichts vom 9. April 2014 hätte entscheiden können, das ihm wesentliche Mängel des Vergabeverfahrens bereits vor Augen geführt hat. Die Umstände haben sich dahin verdichtet, dass der Klägerin zu 2 ein Anspruch auf Erteilung des Zuschlags zusteht.

(a) Das Angebot, dessen Annahme die Klägerin zu 2 begehrt, betrifft eine Gaskonzession mit einer festen Laufzeit von 10 Jahren für die Zeit ab dem 1. Januar 2014. Die feste Laufzeit beträgt nur die Hälfte der gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG zulässigen Höchstlaufzeit von 20 Jahren. Die nach den Konzessionsbedingungen mögliche Verlängerung um jeweils fünf auf maximal 20 Jahre kann der Beklagte einseitig dadurch verhindern, dass er von dem ihm nach den Konzessionsbedingungen zustehenden Kündigungsrecht Gebrauch macht. Die eintretende Bindung des Beklagten bleibt somit hinter der Höchstlaufzeit deutlich zurück. Es kommt entscheidend hinzu, dass die faktische Restlaufzeit der Konzession inzwischen weniger als vier Jahre beträgt. Die von der Klägerin zu 2 begehrte Verurteilung zur Annahme des Angebots entsprechend den Angebotsbedingungen führt zu einem - nach § 26 Abs. 1 des Konzessionsvertragsentwurfs (Anlage K3) wegen der Verzögerungen bis zur Abgabe der verbindlichen Angebote um ein Jahr nach hinten verschobenem - Ende der festen Laufzeit am 31. Dezember 2024. Aufgrund des Inhalts des Angebots ist eine Anpassung der Laufzeit im Hinblick auf den in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt des Laufzeitbeginns und die Dauer des Verfahrens der Konzessionsvergabe - etwa aufgrund eines Verlangens der Klägerin zu 2 oder durch eine Einschränkung des Kündigungsrechts der Beklagten - ausgeschlossen. Die Verurteilung der Beklagten führt damit zu keiner längeren Bindung als sie bei einer Annahme des Angebots der Klägerin zu 2 ohne die Verzögerungen durch den Rechtsstreit um die Konzessionsvergabe begründet worden wäre.

(b) Die Verurteilung des Beklagten führt somit nur für eine begrenzte Zeit zu einer Konzessionsentscheidung auf der Grundlage eines fehlerhaften Konzessionsverfahrens. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat standen nur noch knapp vier Jahre offen. Zudem war bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht knapp die Hälfte der festen Laufzeit von 10 Jahren verstrichen. Im Übrigen führt die Entscheidung auf der Grundlage eines fehlerhaften Konzessionsverfahrens im Streitfall zu keinen erheblichen Nachteilen oder Einschränkungen des Konzessionsverfahrens. So stellt sich nicht die Frage eines Übereignungsanspruchs nach § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG , nachdem die Klägerin zu 2 das Gasverteilernetz zuvor schon von der Klägerin zu 1 als bisherigem Nutzungsberechtigten gepachtet hatte. Damit fällt erheblich ins Gewicht, dass ein überwiegender Anteil der festen Konzessionslaufzeit bereits verstrichen ist, ohne dass es zu der gesetzlich vorgeschriebenen wettbewerblichen Neuvergabe gekommen ist. Würde dem Beklagten dann noch zugebilligt, das Verfahren neu zu beginnen, könnte er die Entscheidung über die Konzessionsvergabe voraussichtlich frühestens zwei Jahre später und damit zu einem Zeitpunkt treffen, zu dem bis zum Ablauf der festen Konzessionsdauer nur noch weniger als zwei Jahre verblieben. Dies liefe aber darauf hinaus, für mehr als vier Fünftel des vorgesehenen Konzessionierungszeitraums überhaupt keine Entscheidung zu treffen, obwohl die Klägerin zu 2 als einzig verbliebene Bewerberin, die das Gasverteilernetz bereits während der Ende 2013 abgelaufenen Konzession von der Klägerin zu 1 gepachtet und betrieben hatte, auch in der nachfolgenden Zeit faktisch als Netzbetreiberin tätig gewesen ist. Ein weiterer Schwebezustand ist hier nicht gerechtfertigt.

(c) Unter diesen Umständen könnte die mit einer Neuausschreibung verbundene weitere Verzögerung allerdings hingenommen werden, wenn damit gegenüber einem Vertragsschluss mit der Klägerin zu 2 deutliche Vorteile für den Wettbewerb um das Netz verbunden wären. Daran fehlt es jedoch.

Zwar könnte eine Neuausschreibung mit zusätzlichen Wettbewerbsimpulsen verbunden sein. So könnten weitere Bieter ihr Interesse bekunden, und eine neue Ausschreibung könnte auf die seit 2012 weiter fortgeschrittene Technik, etwa bei der Digitalisierung von Kontroll- und Steuersystemen, Rücksicht nehmen, während das Angebot der Klägerin zu 2 auf dem technischen Stand des Jahres 2013 ist. Diesen Vorteilen kommt im Streitfall aber nur geringes Gewicht zu, weil die mit ihnen potentiell verbundenen positiven Wirkungen auf das Marktergebnis bei einer im Fall der sofortigen Neuausschreibung realistischen Verfahrensdauer von mindestens zwei Jahren frühestens mit dem Neuabschluss eines Konzessionsvertrags ab April 2023 eintreten könnten. Dieser Zeitpunkt liegt damit bestenfalls 21 Monate vor dem - nach § 26 Abs. 1 des Konzessionsvertragsentwurfs (Anlage K3) wegen der Verzögerungen bis zur Abgabe der verbindlichen Angebote um ein Jahr nach hinten verschobenem - Ende der festen Laufzeit am 31. Dezember 2024, also nur vergleichsweise geringfügig vor dem Zeitpunkt, zu dem das beklagte Land die Konzession nach dem mit dem Hauptantrag begehrten Vertragsschluss mit der Klägerin zu 2 ohnehin wieder neu vergeben darf.

Hinzukommt, dass ein solcher vorzeitiger Wettbewerbsimpuls im Streitfall die Folge der Nichtdurchsetzbarkeit des Anspruchs der Klägerinnen als Teilnehmer an der ursprünglichen Ausschreibung auf die rechtzeitige Durchführung und den rechtzeitigen und rechtmäßigen Abschluss eines fairen wettbewerblichen Verfahrens wäre. Der Wettbewerb um die örtlichen Gas- und Stromnetze wird jedoch auch dadurch gestärkt, dass ein solcher Anspruch erforderlichenfalls auf dem Rechtsweg durchsetzbar ist und die Gemeinden damit zur Durchführung transparenter und diskriminierungsfreier Vergabeverfahren angehalten werden.

III. Die Revision ist auch insoweit begründet, als die Klägerinnen auf Feststellung der Erledigung des auf das Kooperationsangebot gegründeten Klagebegehrens in der Hauptsache antragen.

1. Die alternative Fassung dieses Klageantrags, nach der der Beklagte verurteilt werden sollte, entweder die Konzession durch Annahme des Angebots der Klägerin zu 2 zu vergeben oder das Kooperationsangebot beider Klägerinnen anzunehmen, war zulässig. Im Hinblick auf den Vorbehalt des Beklagten im Zweiten Verfahrensbrief, frei zwischen den Angeboten desselben Bieters für eine reine Konzessionierung und für eine Kooperation auszuwählen, die mit gleicher Punktzahl auf dem ersten Platz liegen, stellen die im ursprünglichen Hauptantrag benannten Alternativen ebenso wie der zuletzt nur noch von der Klägerin zu 2 verfolgte Leistungsantrag lediglich eine zulässige Konkretisierung des Anspruchs auf eine Entscheidung über die Erteilung des Zuschlags im laufenden Vergabeverfahren dar, den jeder daran noch beteiligte Bewerber geltend machen kann.

2. In der Sache hätte dieses Begehren aus den zum Antrag der Klägerin zu 2 ausgeführten Gründen ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses, das im Widerruf des Kooperationsangebots liegt, Erfolg gehabt.

IV. Die Entscheidungen der Vorinstanzen über den (erstinstanzlichen) Hilfsantrag der Klägerinnen sind danach wirkungslos, so dass die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts über diesen Hilfsantrag gerichtete Anschlussrevision gegenstandslos ist.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 9. März 2021

Vorinstanz: LG Berlin, vom 09.12.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 16 O 224/14
Vorinstanz: KG, vom 04.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 U 5/15
Fundstellen
DZWIR 2021, 643
NZBau 2021, 625
WM 2022, 1447