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BGH - Entscheidung vom 23.02.2021

II ZR 48/20

Normen:
HGB § 161 Abs. 2
HGB § 105 Abs. 3
BGB § 735
BGB § 738
BGB § 739

Fundstellen:
NJW-RR 2021, 826
NZG 2021, 737

BGH, Urteil vom 23.02.2021 - Aktenzeichen II ZR 48/20

DRsp Nr. 2021/4757

Erfolglose Revision im Zusammenhang mit der Klage eines Filmfonds gegen den ehemaligen Kommanditisten auf Zahlung eines Abfindungsfehlbetrags; Offene Einlageverpflichtung

1. Aus einer bloßen Verlustbeteiligungsklausel entsprechend fester Kapitalkonten folgt keine Vereinbarung einer Verlustbeteiligung über § 167 Abs. 3 HGB hinaus. Eine solche Nachschussverpflichtung bedürfte einer klaren und eindeutigen Regelung, um nicht gegen § 707 BGB zu verstoßen.2. Eine im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters noch offene Einlageverpflichtung stellt grundsätzlich unabhängig von ihrer Fälligkeit eine "rückständige Einlage" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB dar.

Tenor

Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 24. Januar 2020 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin und dem Beklagten jeweils zur Hälfte auferlegt.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 2.036 € festgesetzt.

Normenkette:

HGB § 161 Abs. 2 ; HGB § 105 Abs. 3 ; BGB § 735 ; BGB § 738 ; BGB § 739 ;

Tatbestand

Die Klägerin, ein Filmfonds in Form einer Publikums-KG, nimmt den Beklagten als ehemaligen Kommanditisten auf Zahlung eines Abfindungsfehlbetrags in Anspruch.

Der Beklagte beteiligte sich im November 2003 als Direktkommanditist mit einer Zeichnungssumme von 20.000 € zzgl. 3 % Agio an der Klägerin. Gemäß § 4 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags in der im Beitrittszeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden: GV aF) leistete er zunächst nur 54 % der Zeichnungssumme zuzüglich Agio; die restlichen 46 % sollten in einem Betrag durch Verrechnung mit ausschüttungsfähigen Gewinnen erbracht werden. § 4 Nr. 3 GV aF lautete:

"3. Kommanditeinlagen der Treugeber und Direktkommanditisten:

Die Pflichteinlage eines Treugebers oder Direktkommanditisten beträgt mindestens EUR 15.000,00 zuzüglich eines Agio in Höhe von 3 % der Pflichteinlage und muss durch 5.000 teilbar sein. Die Treugeber und Direktkommanditisten sind verpflichtet, 54 % der Pflichteinlage zuzüglich eines Agio in Höhe von 3 % nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen als Bareinlage zu leisten. 46 % der Pflichteinlage werden zinslos fällig, wenn die Treugeber und Direktkommanditisten diesen Betrag in voller Höhe aus erwirtschafteten und zur Ausschüttung anstehenden Gewinnen der Gesellschaft leisten können. Sobald in dieser Höhe ausschüttungsfähige Gewinne zur Verfügung stehen, werden diese mit dem ausstehenden Teil der Pflichteinlage in gleicher Höhe verrechnet. Die Pflichteinlagen sind feste Kapitalanteile. Direktkommanditisten werden jeweils mit 103 % der Pflichteinlage ... als Haftsumme im Handelsregister eingetragen.

...

Eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen oder sonstiger die Pflichteinlage zuzüglich Agio übersteigenden Zahlungen oder zur Teilnahme an Kapitalerhöhungen, die die übrigen Gesellschafter und Treugeber beschließen, besteht nicht. Dies gilt auch im Fall vorheriger vertragsgemäßer Entnahmen, die nicht durch Gewinne gedeckt sind, so daß in dieser Weise zurückbezahlte Kapitaleinlagen nicht als Pflichteinlagen wieder einzulegen sind."

Am 24. Juli 2012 beschloss die Gesellschafterversammlung, § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 wie folgt zu ersetzen:

"6 % der Pflichteinlage werden zinslos fällig, wenn sie durch die Geschäftsführung der Gesellschaft zum Zwecke der Durchsetzung der steuerlichen Interessen sowie zur Bestandswahrung der Gesellschaft schriftlich eingefordert werden; der Rest der ausstehenden Pflichteinlage kann nur zinslos eingefordert werden, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wird."

Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 stellte die Klägerin 6 % der Pflichteinlage fällig und forderte den Beklagten zur Einzahlung von 1.200 € auf. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nach und schied nach ordentlicher Kündigung seiner Beteiligung zum 31. Dezember 2014 aus der Klägerin aus.

Die Klägerin hat den Beklagten mit der Behauptung, sein auf den 31. Dezember 2014 ermittelter Abfindungsfehlbetrag betrage 2.036 €, auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter. Der Beklagte hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es ihn beschwert, und die Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang begehrt.

Entscheidungsgründe

Die Revision und die Anschlussrevision sind statthaft und zulässig, in der Sache aber unbegründet. Über die Anschlussrevision des Beklagten ist, auch wenn die Klägerin diesbezüglich keinen Antrag gestellt hat, nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch Endurteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sie sich auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1997 - I ZR 215/94, NJW 1998, 156 , 157 mwN).

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Berufung sei zum überwiegenden Teil unbegründet, weil der Beklagte einen etwaigen Abfindungsfehlbetrag nach § 167 Abs. 3 HGB nur bis zur Höhe einer rückständigen Einlage ausgleichen müsse und bei seinem Ausscheiden keine rückständige Einlage im Sinne dieser Vorschrift bestanden habe. Bei der Verrechnungsregel in § 4 Nr. 3 GV aF habe es sich zwar lediglich um eine Fälligkeitsregelung mit teilweiser Stundung der nicht in Barmitteln zu leistenden Einlage gehandelt, die mit dem Beschluss vom 24. Juli 2012 hinsichtlich weiterer 6 % der Einlage beendet worden sei. Hinsichtlich der restlichen 40 % der Einlage sei § 167 Abs. 3 HGB durch den Beschluss jedoch dahingehend teilweise abbedungen bzw. eingeschränkt worden, dass eine Einlage nur dann rückständig im Sinne dieser Vorschrift sei, wenn sie durch Gesellschafterbeschluss eingefordert werde. Da dies nicht erfolgt sei und damit schon dem Grunde nach kein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten mehr bestehe, komme es auf die Frage, ob vorab ein Schiedsgutachten einzuholen gewesen wäre, nicht an.

II. Die Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Die Klägerin wendet sich zwar zu Recht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, sie könne den Beklagten bereits dem Grunde nach nicht mehr auf Ausgleich eines negativen Kapitalkontos in Anspruch nehmen. Das verhilft ihrer Revision aber nicht zum Erfolg, da das Berufungsgericht ihren Zahlungsantrag - trotz seiner gegenteiligen Auffassung - im Tenor seiner Entscheidung im Ergebnis zutreffend nur als derzeit unbegründet abgewiesen hat. Die Anschlussrevision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung der endgültigen Klageabweisung durch das Amtsgericht begehrt, ist danach unbegründet.

1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass die Klägerin den Beklagten aufgrund des Gesellschaftsvertrags i.V.m. § 161 Abs. 2 , § 105 Abs. 3 HGB , §§ 735 , 738 , 739 BGB gemäß § 167 Abs. 3 HGB nur bis zur Höhe seiner "rückständigen Einlage" auf Ausgleich eines negativen Kapitalkontos in Anspruch nehmen kann.

Soweit in § 8 Nr. 3 GV eine Beteiligung der Gesellschafter und Treugeber an Gewinn und Verlust "im Verhältnis ihrer Kapitalkonten I" und in § 19 GV eine Gewinn- und Verlustbeteiligung der Treugeber und Direktkommanditisten "im Verhältnis ihrer nominellen Kommanditanteile (Beiträge der Pflichteinlagen)" vorgesehen ist, folgt daraus keine Vereinbarung einer Verlustbeteiligung über § 167 Abs. 3 HGB hinaus. Eine solche Nachschussverpflichtung bedürfte einer klaren und eindeutigen Regelung, um nicht gegen § 707 BGB zu verstoßen (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1982 - II ZR 241/81, NJW 1983, 164 ; Urteil vom 28. November 1994 - II ZR 240/93, NJW-RR 1995, 226 , 227). Die hier vorliegende bloße Verlustbeteiligungsklausel entsprechend fester Kapitalkonten reicht dafür nicht aus (vgl. OLG Karlsruhe, ZIP 1986, 916 , 917 ff.). Zudem widerspräche die Annahme einer Nachschussverpflichtung der ausdrücklichen Regelung in § 4 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 GV, der zufolge eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen oder sonstiger die Pflichteinlage zuzüglich Agio übersteigender Zahlungen nicht besteht.

2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, nach der am 24. Juli 2012 beschlossenen Neufassung von § 4 Nr. 3 GV bestehe keine "rückständige Einlage" des Beklagten im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB mehr. Vielmehr handelt es sich auch nach der Neufassung von § 4 Nr. 3 GV bei den vom Beklagten noch nicht erbrachten 40 % seiner Zeichnungssumme um eine "rückständige Einlage" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB .

a) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass er sich mit seiner Beitrittserklärung i.V.m. § 4 Nr. 3 GV aF zur Leistung einer Pflichteinlage in Höhe der gesamten Zeichnungssumme von 20.000 € verpflichtet hat.

Dass die Gesellschafter nach § 4 Nr. 3 Satz 2 bis 4 GV aF nur 54 % des Zeichnungsbetrags als Geldeinlage zu leisten hatten und die restlichen 46 % erst fällig werden sollten, wenn dieser Betrag aus erwirtschafteten und ausschüttungsfähigen Gewinnen geleistet werden konnte, ändert nichts an ihrer Gesamtverpflichtung in Höhe des vollen Zeichnungsbetrags. Wie auch das Berufungsgericht ausgeführt hat, handelte es sich bei § 4 Nr. 3 Satz 2 bis 4 GV aF lediglich um eine Fälligkeitsregelung, mit der der nicht als Geldeinlage zu leistende Anteil von 46 % des Zeichnungsbetrags zunächst gestundet wurde. Das ergibt sich bei objektiver Auslegung aus Sicht eines durchschnittlichen Anlegers (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2012 - II ZR 201/10, ZIP 2012, 2291 Rn. 18) bereits aus dem Wortlaut der Klausel, wonach die restlichen "46 % der Pflichteinlage ... fällig" werden sollten, wenn die Gesellschafter diesen Betrag aus erwirtschafteten und ausschüttungsfähigen Gewinnen leisten konnten, die dann mit dem "ausstehenden Teil der Pflichteinlage" verrechnet werden sollten. Eine Auslegung der Regelung im Sinne einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB ) dahingehend, dass eine weitere Einlageverpflichtung hinsichtlich 46 % des Zeichnungsbetrags nur bei Erzielung entsprechender ausschüttungsfähiger Gewinne entstehen sollte, kommt angesichts der ausdrücklichen Bezeichnung der restlichen 46 % als ausstehender Teil der Pflichteinlage nicht in Betracht.

Das gilt auch dann, wenn der Gesellschafter - wie hier - vor Erwirtschaftung ausreichender ausschüttungsfähiger Gewinne und damit vor Fälligkeit der restlichen 46 % der Pflichteinlage aus der Gesellschaft ausscheiden sollte. Eine Unterscheidung zwischen in der Gesellschaft verbleibenden und aus ihr ausscheidenden Gesellschaftern ist dem Wortlaut von § 4 Nr. 3 GV aF nicht zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus den übrigen gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Zwar bestimmt § 23 Nr. 3 GV, dass der Gesellschaftsanteil des Ausscheidenden den übrigen Gesellschaftern oder Treugebern im Verhältnis ihrer Beteiligungen anwächst, so dass die nicht als Bareinlage zu leistende Pflichteinlage für diesen Anteil weiterhin durch Verrechnung mit Gewinnen (der übrigen Gesellschafter) erbracht werden könnte. Das rechtfertigt bei interessengerechter Auslegung aber nicht die Annahme, dass der Ausscheidende nicht mehr zur Leistung dieses Teils der Pflichteinlage verpflichtet sein sollte. Mit dem Ansatz des Verkehrswerts seiner Beteiligung in der Auseinandersetzungsrechnung gemäß § 23 Nr. 6 GV erhält der Ausscheidende von der Gesellschaft einen Ausgleich für den in diesem Anteil verkörperten Wert des Anspruchs auf mögliche künftige Gewinnausschüttungen, für den er sich im Gegenzug mit seinem Beitritt zur Leistung der gesamten Pflichteinlage verpflichtet hat und bei einem Verbleib in der Gesellschaft auch noch die restliche Pflichteinlage mittels zu verrechnender Gewinne erbringen müsste. Ein Grund, warum ihm die Gesellschaft diesen Wert bei seinem Ausscheiden unter Verzicht auf die dafür ursprünglich vereinbarte Gegenleistung zukommen lassen sollte, ist nicht ersichtlich.

b) Ohne Erfolg macht der Beklagte mit der Anschlussrevision im Weiteren geltend, jedenfalls sei seine Einlageverpflichtung auch in Höhe der nach § 4 Nr. 3 GV aF durch Verrechnung zu erbringenden 46 % spätestens im Jahr 2011 und damit bereits vor dem Beschluss vom 24. Juli 2012 vollständig erfüllt worden, weil die Klägerin Fremddarlehen in Höhe von 46 % des gesamten Fondskapitals aufgenommen und mit ausschüttungsfähigen Gewinnen zurückgeführt habe.

aa) Der Beklagte macht geltend, dass nach dem Prospekt eine Fremdfinanzierung des Fonds in Höhe von 46 % der Kommanditeinlagen bis zum Jahr 2009 vorgesehen gewesen sei und nach einer Auskunft des Beirats im Jahr 2011 sämtliche von der Klägerin hierfür aufgenommenen Darlehen aus erwirtschafteten und ausschüttungsfähigen Gewinnen zurückgeführt worden seien. Damit, so der Beklagte, seien ausschüttungsfähige Gewinne in Höhe von 46 % seiner Pflichteinlage zur Ablösung der Darlehen verwendet worden. Nach den tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sei daher eine Verrechnung der Gewinne mit seiner ausstehenden Pflichteinlage erfolgt und diese damit vollständig erbracht.

bb) Das trifft nicht zu. Nach den vertraglichen Vereinbarungen sollte die restliche Pflichteinlage des Beklagten nicht mit fremden Mitteln finanziert werden, sondern durch Verrechnung mit ihm zustehenden ausschüttungsfähigen Gewinnansprüchen. Die Fremdfinanzierung sollte dagegen nur auf der Ebene der Gesellschaft "projektbezogen" erfolgen, um die durch die Stundung von 46 % der Pflichteinlagen bestehende Lücke im Kapitalbedarf der Gesellschaft zu decken. Die Rückführung dieser Darlehen mit von der Gesellschaft erwirtschafteten Erträgen stellt keine gleichzeitige Verrechnung mit Gewinnansprüchen des Beklagten im Sinne von § 4 Nr. 3 GV aF dar. Die Annahme des Beklagten, dass diese Erträge eigentlich an ihn hätten ausgeschüttet werden müssen, so dass ihre Verwendung zur Rückführung von Darlehen der Klägerin als verkürzte Verrechnung mit seiner restlichen Einlageschuld anzusehen sei, trifft bereits deshalb nicht zu, weil die Erträge nicht als Gewinne ausschüttungsfähig waren, wenn sie noch zur Tilgung von Darlehen der Gesellschaft benötigt wurden.

c) Bei der demnach noch offenen Einlageverpflichtung des Beklagten in Höhe von 8.000 € handelt es sich auch nach der am 24. Juli 2012 beschlossenen Neufassung von § 4 Nr. 3 GV um eine "rückständige Einlage" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB .

aa) Eine im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters noch offene Einlageverpflichtung stellt grundsätzlich unabhängig von ihrer Fälligkeit eine "rückständige Einlage" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB dar (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 108/16, ZIP 2018, 892 Rn. 36). Dementsprechend hat das Berufungsgericht auch zu Recht angenommen, dass der Beklagte jedenfalls unter der Geltung von § 4 Nr. 3 GV aF trotz der darin enthaltenen Fälligkeitsvereinbarung gemäß § 167 Abs. 3 HGB bis zur vollen Höhe seiner noch nicht erbrachten Pflichteinlage zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos verpflichtet war.

bb) An dem Umfang dieser Verlusthaftung des Beklagten hat sich durch die am 24. Juli 2012 beschlossene Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 GV nichts geändert.

(1) Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Neufassung die Höhe der noch zu erbringenden restlichen Pflichteinlage nicht verändert.

Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Neufassung, in der weiterhin von 6 % "der Pflichteinlage" sowie hinsichtlich der weiteren noch offenen 40 %, die aufgrund eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses eingefordert werden können sollten, ausdrücklich von dem "Rest der ausstehenden Pflichteinlage" die Rede ist. Dass mit der Vertragsänderung eine Reduzierung der geschuldeten Pflichteinlage beabsichtigt gewesen sein könnte, ist danach auszuschließen. Dagegen spricht auch, dass die weiteren 6 % der Pflichteinlage "zum Zwecke der Durchsetzung der steuerlichen Interessen sowie zur Bestandswahrung der Gesellschaft" fällig gestellt wurden. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist kaum anzunehmen, dass die Gesellschaft vor diesem Hintergrund - etwa als Ausgleich für die nun zahlbar gestellten weiteren 6 % der Pflichteinlage - auf die restlichen 40 % der Einlageforderung verzichten wollte. Dass für ausgeschiedene Gesellschafter etwas anderes gelten sollte, ist dem Wortlaut der Neuregelung nicht zu entnehmen.

(2) Entgegen der Ansicht des Beklagten folgt aus der Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 GV auch nicht, dass für das Entstehen einer Verpflichtung der Gesellschafter zur Erbringung der restlichen 40 % der Pflichteinlage eine entsprechende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung konstitutiv erforderlich sein sollte.

Der Beklagte meint, erst durch die Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 GV seien die Gesellschafter verpflichtet worden, auch den nach § 4 Nr. 3 Abs. 1 GV aF nicht als Bareinlage zu leistenden Anteil von 46 % der Zeichnungssumme unter den dort genannten Voraussetzungen zu erbringen. Die Verpflichtung zur Erbringung des restlichen Anteils von 40 % der Pflichteinlage sei danach von einer entsprechenden Beschlussfassung abhängig gemacht worden, die mithin konstitutiv für das Entstehen einer weiteren Beitragspflicht habe sein sollen. Da Gegenstand dieser Beschlussfassung eine Erhöhung der Beitragspflicht im Sinne der § 161 Abs. 2 , § 105 Abs. 2 HGB , § 707 BGB wäre, bedürfe ein solcher Beschluss zudem der Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters.

Das trifft nicht zu. Wie oben bereits ausgeführt, sind die Gesellschafter nicht erst durch die Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 GV zur Erbringung des ursprünglich nicht als Bareinlage zu leistenden Anteils der Zeichnungssumme verpflichtet worden, sondern waren hierzu bereits aufgrund von § 4 Nr. 3 GV aF verpflichtet. Mit der Neufassung wurde unter Beibehaltung der Höhe der insgesamt zu 100 % geschuldeten Pflichteinlage lediglich die Fälligkeit des noch offenen Restbetrags (durch teilweise Beendigung der bisherigen Stundung) und die Art der Leistung (durch Ersetzung der bisher vorgesehenen Verrechnung mit ausschüttungsfähigen Gewinnen durch eine Zahlungspflicht für zunächst weitere 6 % der Pflichteinlage auf schriftliches Anfordern durch die Geschäftsführung sowie für die restlichen 40 % der Pflichteinlage bei entsprechender Beschlussfassung durch die Gesellschafter) geändert. Diese Änderungen der Leistungsmodalitäten mögen den einzelnen Gesellschafter ungünstig getroffen haben, wenn er sich auf eine Verrechnungsmöglichkeit mit ausschüttungsfähigen Gewinnen eingestellt hatte. Eine weitere, neue Beitragspflicht, die nach § 161 Abs. 2 , § 105 Abs. 3 HGB , § 707 BGB einer Zustimmung sämtlicher Gesellschafter bedurft hätte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 251/10, WM 2013, 31 Rn. 36; Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 21), wurde ihm dadurch jedoch nicht auferlegt.

(3) Anders als vom Berufungsgericht angenommen, ergibt sich aus der Neufassung des § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 GV aber auch keine Einschränkung der Verlusthaftung ausgeschiedener Kommanditisten dahingehend, dass der von ihnen noch nicht geleistete Teil der Pflichteinlage nur bei entsprechender Einforderung durch einen Gesellschafterbeschluss "rückständig" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB sein soll. Die Auslegung des § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 GV durch das Berufungsgericht beruht auf einer rechtsfehlerhaften Gewichtung der Interessen der Beteiligten.

Dem Wortlaut der Neuregelung ist kein Anhaltspunkt für die vom Berufungsgericht angenommene Einschränkung zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus den Interessen der Beteiligten und dem Zweck der Neuregelung.

Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass mit der in § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 GV vorausgesetzten Beschlussfassung der Gesellschafter über die Einforderung der restlichen Einlageforderung ein Schutz der Gesellschafter bezweckt ist. Diese sollten nicht allein aufgrund einer weiteren Zahlungsaufforderung durch die Geschäftsführung auf Leistung ihrer restlichen Pflichteinlage in Anspruch genommen werden können, sondern nur dann, wenn die Gesellschafter dies zuvor durch einen Beschluss für notwendig erachtet hatten. Zutreffend ist auch, dass dieser Schutz bei einem ausscheidenden Gesellschafter nicht mehr zum Tragen kommt, wenn seine gesamte noch offene Pflichteinlage auch ohne entsprechenden Gesellschafterbeschluss in die Berechnung seines Abfindungsguthabens zu Gunsten der Gesellschaft eingestellt wird und er bis zur Höhe dieser noch offenen Einlageforderung nach § 167 Abs. 3 HGB haftet, obwohl sie durch die Gesellschafter noch nicht eingefordert worden ist.

Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung jedoch fehlerhaft die Interessen der Klägerin und der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter außer Betracht gelassen. Diesen widerspräche es, wenn der Ausscheidende durch die vom Berufungsgericht angenommene Einschränkung von § 167 Abs. 3 HGB mit dem Zeitpunkt seines Ausscheidens von seiner gesamten restlichen, noch nicht durch Gesellschafterbeschluss fällig gestellten Einlageverpflichtung befreit würde. Weshalb ihn die verbleibenden Gesellschafter derart von seiner ursprünglichen Leistungszusage entbinden sollten, ist, wie oben bereits zu § 4 Nr. 3 GV aF ausgeführt, nicht ersichtlich, zumal der Ausscheidende sich selbst dafür entschieden hat, am weiteren Schicksal der Gesellschaft nicht teilzunehmen und stattdessen eine Abrechnung zum Zeitpunkt seines Ausscheidens zu verlangen. Dies führt auch zu keiner Schlechterstellung des Ausscheidenden gegenüber den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern, da diese ebenfalls grundsätzlich weiterhin zur Leistung der restlichen Einlage verpflichtet sind und der entsprechende Betrag auch bei ihnen im Fall der Liquidation der Gesellschaft oder bei ihrem Ausscheiden ohne vorherige Beschlussfassung in der noch offenen Höhe zu ihren Lasten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen ist.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO ). Der Zahlungsantrag der Klägerin ist infolge der vom Beklagten erhobenen Schiedsgutachtereinrede nach § 23 Nr. 6 GV jedenfalls derzeit unbegründet.

Der Senat kann über die vom Amts- und Landgericht offen gelassene Frage, ob vor Klageerhebung die Einholung eines Schiedsgutachtens nach § 23 Nr. 6 GV geboten war, gemäß § 563 Abs. 3 ZPO auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst entscheiden, da insoweit weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind.

a) Die Schiedsgutachterklausel ist im vorliegenden Fall anwendbar, da der Beklagte nach den zugrunde zu legenden Feststellungen - wie nach § 23 Nr. 6 Satz 2 GV erforderlich - Einwände gegen die Höhe des von der Klägerin behaupteten Abfindungsfehlbetrags, insbesondere das Fehlen einer individuellen Anspruchsberechnung und wesentlicher Parameter in der von der Klägerin vorgelegten Musterberechnung, geltend gemacht hat.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin war auch eine Leistungsbestimmung analog § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens nicht geboten.

aa) Nach § 319 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB ist die Leistungsbestimmung durch Urteil vorzunehmen, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann, will oder verzögert. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass die Leistung durch das Gericht bestimmt werden soll, wenn sich die von den Vertragsparteien in erster Linie gewollte Bestimmung durch einen Dritten als nicht durchführbar erweist (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2000 - V ZR 36/99, NJW 2000, 2986 , 2987 mwN). Undurchführbar ist eine Bestimmung schon dann, wenn die hierzu verpflichtete Partei den Schiedsgutachter nicht innerhalb angemessener Zeit benennt, ohne dass es dabei auf ihr Verschulden ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1979 - V ZR 150/77, BGHZ 74, 341 , 344 f.; Urteil vom 26. Oktober 1989 - VII ZR 75/89, NJW 1990, 1231 , 1232; Urteil vom 6. November 1997 - III ZR 177/96, NJW 1998, 1388 , 1390; Urteil vom 7. April 2000 - V ZR 36/99, NJW 2000, 2986 , 2987; Urteil vom 7. Juni 2011 - II ZR 186/08, ZIP 2011, 1358 Rn. 13 ff.; Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 52/12, NJW-RR 2014, 492 Rn. 31). Entsprechendes gilt für den Fall, in dem nicht eine Partei den Gutachter zu benennen hatte, sondern die Parteien über seine Person eine Einigung herbeizuführen hatten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2001 - V ZR 372/99, NJW 2001, 1928 , 1929; Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 52/12, NJW-RR 2014, 492 Rn. 31).

bb) Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Die Einholung eines Gutachtens ist - wie die Klägerin selbst einräumt - nicht daran gescheitert, dass die Parteien sich nicht auf die Person des Gutachters einigen konnten, sondern daran, dass keine Seite Schritte zur Einholung eines Gutachtens unternommen hat. Anders als in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. April 2000 ( V ZR 36/99, NJW 2000, 2986 , 2987) zugrundeliegenden Sachverhalt ist die Einholung des Gutachtens noch durchführbar. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hätte es der Klägerin als Anspruchstellerin oblegen, die Einholung des Gutachtens in die Wege zu leiten. Sie weist zwar zutreffend darauf hin, dass § 23 Nr. 6 GV keine ausdrückliche Regelung dazu enthält, welche Partei bei Streit über die Abfindungshöhe zur Einholung des Gutachtens verpflichtet sein sollte. Mangels anderweitiger vertraglicher Regelung ist daher in ergänzender Vertragsauslegung davon auszugehen, dass grundsätzlich beide Seiten gleichermaßen verpflichtet waren, die zur Einholung eines Schiedsgutachtens erforderlichen Schritte einzuleiten bzw. daran mitzuwirken (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB , 80. Aufl., § 317 Rn. 7). Aus dieser beiderseitigen Mitwirkungsverpflichtung folgt, dass derjenige, der sich eines Anspruchs aus dem zu ermittelnden Abfindungsguthaben berühmte und diesen Anspruch geltend machen wollte, bei Streit über dessen Höhe die Initiative zur gemeinsamen Einholung eines Schiedsgutachtens zu ergreifen hatte. In dieser Situation ist es weder angezeigt noch geboten, der Klägerin allein aufgrund ihrer Untätigkeit und der seit dem Ausscheiden des Beklagten verstrichenen Zeit über § 319 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB eine unmittelbare Klage auf Zahlung des von ihr errechneten negativen Abfindungsguthabens und damit eine Umgehung der vertraglichen Vereinbarung zu ermöglichen. Allein der Gedanke der Prozessökonomie gibt insoweit keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

c) Schließlich war bzw. ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Fristsetzung gemäß §§ 356 , 431 ZPO zur Beibringung eines Schiedsgutachtens geboten. Auch insoweit ist es nicht Aufgabe des Gerichts, der Klägerin trotz ihrer vorgerichtlichen Untätigkeit allein aus möglichen prozessökonomischen Erwägungen unter Umgehung der vertraglichen Vereinbarung eine unmittelbare Klage auf Zahlung des von ihr behaupteten Abfindungsguthabens zu ermöglichen und mit einer Entscheidung bis zur Erfüllung der vertraglichen Anspruchsvoraussetzungen zuzuwarten.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 23. Februar 2021

Vorinstanz: AG Freiburg, vom 22.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 55 C 1236/18
Vorinstanz: LG Freiburg, vom 24.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 3 S 49/19
Fundstellen
NJW-RR 2021, 826
NZG 2021, 737