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BGH - Entscheidung vom 19.04.2021

II ZR 193/20

Normen:
ZPO § 91a Abs. 1 S. 1

BGH, Beschluss vom 19.04.2021 - Aktenzeichen II ZR 193/20

DRsp Nr. 2021/7877

Entscheidung über die Kosten nach billigem Ermessen auf Basis des bisherigen Sachstandes im Falle der Erledigung des Rechtsstreits

Voraussetzung für eine Teilnahme an einer unerlaubten Handlung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ist, dass der Teilnehmer Kenntnis der Tatumstände und einen auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen hat.

Tenor

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Streitwert: 11.741,91 €

Normenkette:

ZPO § 91a Abs. 1 S. 1;

Gründe

Die Beklagte war Gesellschafterin des als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründeten geschlossenen Immobilienfonds "E. GdbR". Die ehemalige Klägerin, die H. bank AG, hatte der Fondsgesellschaft ein Darlehen gewährt und nahm nach dessen Kündigung die Beklagte als Gesellschafterin quotal auf Zahlung von 11.741,91 € in Anspruch. Die Beklagte wandte sich gegen ihre Inanspruchnahme unter anderem mit der Einwendung, die ehemalige Klägerin hafte ihr gegenüber nach §§ 826 , 830 BGB wegen Mittäterschaft an einer unerlaubten Handlung, da sie im Hinblick auf die vom Fonds erworbene Immobilie arglistig getäuscht worden sei. An dieser Täuschung habe sich die ehemalige Klägerin beteiligt und hafte ihr gegenüber aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung der ehemaligen Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte nach dem Klageantrag verurteilt.

Soweit für die Kostenentscheidung von Bedeutung hat es ausgeführt, die ehemalige Klägerin hafte der Beklagten gegenüber nicht nach §§ 826 , 830 BGB , weil Voraussetzung dafür sei, dass der Teilnehmer der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung Kenntnis der Tatumstände und einen auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen gehabt habe. Eine solche Kenntnis der Tatumstände und ein auf die Rechtsgutsverletzung gerichteter Wille könne aber für die ehemalige Klägerin nicht festgestellt werden. Wesentlich für die Bejahung eines arglistigen Verhaltens der Fondsinitiatoren sei das planmäßige Vorgehen mit der Erzielung eines Zwischengewinns und das Verschweigen des Zwischengewinns im Prospekt gegenüber den Anlegern gewesen. Die Kenntnis hiervon könne aber bei der ehemaligen Klägerin nicht angenommen werden, da diese nur ein Fondsobjekt des Initiatorenkreises finanziert habe. Insofern müsse sie aus dem einmaligen Auseinanderfallen des Erwerbskaufpreises vom Verkaufspreis an die Fondsgesellschaft nicht den Schluss ziehen, dass eine arglistige Täuschung der Anleger durch die Fondsinitiatoren vorgelegen habe. Die Tatsache, dass ein Kaufpreis gegebenenfalls vom "Verkehrswert" einer Immobilie abweiche, begründe noch keine Kenntnis von einer arglistigen Täuschung. Insoweit könne auch kein auf die Rechtsgutverletzung gerichteter Wille der ehemaligen Klägerin festgestellt werden.

Gegen die Verurteilung hat sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verteidigt. Während des Revisionsverfahrens ist das Insolvenzverfahren über die Fondsgesellschaft eröffnet und das Revisionsverfahren unterbrochen worden. Der Insolvenzverwalter der Fondsgesellschaft und jetzige Kläger hat mit der Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Klägerin einen Vergleich geschlossen, wonach diese keine weiteren Forderungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fondsgesellschaft mehr geltend mache. Sie stimmte zu, dass sämtliche Gerichtsverfahren gegenüber den Gesellschaftern, die derzeit unterbrochen seien, in der Hauptsache für erledigt erklärt und in sonstiger sachlicher Form beendet werden sollten. Der Insolvenzverwalter der Fondgesellschaft hat das Revisionsverfahren wieder aufgenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Dieser Erledigungserklärung hat sich die Beklagte angeschlossen. Die Parteien stellen wechselseitige Kostenanträge.

II. Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

1. Da der Rechtsstreit insgesamt erledigt ist, ist über alle bisherigen Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Vorinstanzen, nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluss zu entscheiden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Revisionsverfahrens zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - II ZR 262/08, NJW 2013, 2686 Rn. 10 mwN).

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da die Revision der Beklagten gegen die Verurteilung durch das Berufungsgericht nach dem Sach- und Streitstand bei Eintritt des erledigenden Ereignisses keinen Erfolg gehabt und damit nicht zu einer Abweisung der Klage geführt hätte.

Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass Voraussetzung für eine Teilnahme an einer unerlaubten Handlung nach § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB ist, dass der Teilnehmer Kenntnis der Tatumstände und einen auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen hat (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, ZIP 2014, 65 Rn. 29).

Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass allein aufgrund der Kenntnis der ehemaligen Klägerin vom Auseinanderfallen des Erwerbspreises durch die Fondsinitiatoren und des Veräußerungspreises der Immobilie an die Fondsgesellschaft nicht auf die Kenntnis einer arglistigen Täuschung und oder eines auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willens als Voraussetzung der Teilnahme an einer unerlaubten Handlung geschlossen werden kann, hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Würdigung des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Dass das Berufungsgericht erheblichen Tatsachenvortrag unberücksichtigt gelassen, angebotene Beweise verfahrensfehlerhaft erhoben hat oder ein Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze vorliegt, ist von der Revision nicht aufgezeigt worden. Dass die Beklagte die Gesamtumstände anders würdigt als das Berufungsgericht, hätte ihrer Revision nicht zum Erfolg verholfen.

Vorinstanz: LG Frankenthal, vom 03.02.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 7 O 576/09
Vorinstanz: OLG Zweibrücken, vom 12.11.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 7 U 194/11