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BGH - Entscheidung vom 27.05.2021

I ZR 55/20

Normen:
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 9 Abs. 1 S. 2 Buchst. a
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 13
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 101 Abs. 2
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 145
Verordnung (EU) Nr. 207/2009 in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/2424 Art. 9 Abs. 2 Buchst. a
Verordnung (EU) Nr. 207/2009 in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/2424 Art. 13
Verordnung (EU) Nr. 207/2009 in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/2424 Art. 101 Abs. 2
Verordnung (EU) Nr. 207/2009 in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/2424 Art. 151
RomII-VO Art. 8 Abs. 2
CMR Art. 1 Abs. 1
CMR Art. 12 Abs. 1
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG § 14 Abs. 6
MarkenG § 19 Abs. 1
MarkenG § 19 Abs. 3
MarkenG § 24 Abs. 1
MarkenG § 125b Nr. 2
VO (EG) 207/2009 Art. 9 Abs. 1 S. 2 Buchst. a)
VO (EG) 207/2009 Art. 13
VO (EG) 207/2009 Art. 101 Abs. 2
VO (EG) 207/2009 Art. 145
VO (EU) 207/2009 i.d.F. der VO (EU) 2015/2424 Art. 9 Abs. 2 Buchst. a)
VO (EU) 207/2009 i.d.F. der VO (EU) 2015/2424 Art. 13
VO (EU) 207/2009 i.d.F. der VO (EU) 2015/2424 Art. 101 Abs. 2
VO (EU) 207/2009 i.d.F. der VO (EU) 2015/2424 Art. 151
VO (EG) 864/2007 (Rom-II-VO) Art. 8 Abs. 2
CMR Art. 1 Abs. 1
CMR Art. 12 Abs. 1
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG § 14 Abs. 6
MarkenG § 19 Abs. 1
MarkenG § 19 Abs. 3
MarkenG § 24 Abs. 1
MarkenG § 125b Nr. 2
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG § 24 Abs. 1
GMV a.F. Art. 101 Abs. 2
Rom-II-VO Art. 8 Abs. 2
CMR Art. 12 Abs. 1 S. 1

Fundstellen:
BB 2021, 1857
GRUR 2021, 1191
MDR 2021, 1544
VRS 2021, 261
WRP 2021, 1170

BGH, Urteil vom 27.05.2021 - Aktenzeichen I ZR 55/20

DRsp Nr. 2021/11798

Beurteilung der Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Verletzung von Unionsmarken und IR-Marken nach deutschem Recht (hier: "HYUNDAI"/"TUCSON"); Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen der Fahrzeuge in den Europäischen Wirtschaftsraum; Eintritt der Erschöpfung des Markenrechts

Durch die Übergabe der Ware an einen von der Tochtergesellschaft des Markeninhabers beauftragten Frachtführer im Europäischen Wirtschaftsraum tritt eine Erschöpfung des Markenrechts nicht ein, wenn die Ware nach dem Inhalt des mit einem in der Europäischen Union ansässigen Käufer geschlossenen Kaufvertrags an eine außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ansässige Tochtergesellschaft des Käufers geliefert werden soll (Fortführung von BGH, Urteil vom 27. April 2006 - I ZR 162/03, GRUR 2006, 863 = WRP 2006, 1233 - ex works).

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Februar 2020 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Normenkette:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1 ; MarkenG § 24 Abs. 1 ; GMV a.F. Art. 101 Abs. 2 ; Rom-II-VO Art. 8 Abs. 2; CMR Art. 12 Abs. 1 S. 1;

Tatbestand

Die Klägerin ist eine in der Republik Korea ansässige, weltweit tätige Fahrzeugherstellerin. Sie ist Inhaberin der am 14. April 2014 eingetragenen Unionswortmarke "HYUNDAI" (Registernummer UM 012312518), der am 21. November 2003 eingetragenen deutschen Wortmarke "TUCSON" (Registernummer DE 30345486), der am 28. Februar 2007 eingetragenen internationalen Markenregistrierung "HYUNDAI i30" (Registernummer IR 0919520), die in der Europäischen Union Schutz genießt, und der am 6. Juni 2014 eingetragenen Unionsbildmarke "H-Logo"

(Registernummer UM 012347878), die jeweils unter anderem für Kraftfahrzeuge und Personenkraftwagen (Klasse 12) eingetragen sind.

Zu den Tochtergesellschaften der Klägerin gehört die in Nošovice in der Tschechischen Republik ansässige H. M. M. C. (im Folgenden HMMC), die dort ein Werk unterhält. Die in Nošovice hergestellten Fahrzeuge werden an nationale Distributoren verkauft und sind jeweils mit dem "H-Logo" und "HYUNDAI" sowie einer Modellbezeichnung wie "TUCSON" oder "i30" gekennzeichnet.

Zu den Abnehmern der HMMC gehört die in Zypern ansässige A. 3 M. L. , die ihrerseits die Muttergesellschaft der in Belgrad in Serbien ansässigen H. S. ist. Eine konzernrechtliche Verbundenheit mit der Klägerin besteht nicht.

Die A. M. L. kaufte von HMMC ein Fahrzeug Hyundai i30 4 und ein Fahrzeug Hyundai Tucson. Die Kaufverträge enthalten unter anderem die folgenden Vereinbarungen:

4. TRADE TERMS: INCOTERMS CIP Belgrade, SERBIA ´CLEARED FOR EXPORT´

6. PLACE AND COUNTRY OF DELIVERY OF GOODS: BELGRADE, SERBIA

1) FINAL DESTINATION OF THE CARS IS RESTRICTED TO THE TERRITORY OF SERBIA

HMMC übergab das Fahrzeug Hyundai i30 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer TMAD2516AGJ321114 (im Folgenden Hyundai i30) im Dezember 2015 und das Fahrzeug Hyundai Tucson mit der Fahrzeugidentifikationsnummer TMAJ381ADHJ252859 (im Folgenden Hyundai Tucson) im August 2016 an einen von ihr beauftragten Frachtführer, welcher die Fahrzeuge bei der H. S. in Belgrad ablieferte.

Der Beklagte ist als Fahrzeughändler tätig. Er erwarb das Fahrzeug Hyundai Tucson unmittelbar von der H. S. und das Fahrzeug Hyundai i30 über einen in der Europäischen Union ansässigen Zwischenhändler und veräußerte beide in Deutschland weiter.

Die Klägerin hat den Beklagten wegen der Verletzung ihrer Markenrechte durch den Import der streitgegenständlichen Fahrzeuge mit anwaltlichem Schreiben vom 28. September 2016 abgemahnt. Der Beklagte verpflichtete sich unter dem 13. Oktober 2016 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht strafbewehrt, es zu unterlassen, die Marken der Klägerin zu verwenden, insbesondere mit den Marken der Klägerin versehene Fahrzeuge anzubieten, soweit diese nicht mit Zustimmung der Klägerin im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Weitere Ansprüche der Klägerin lehnte er ab.

Das Landgericht hat in dem Verkauf der beiden Fahrzeuge eine Verletzung der Unionswortmarke "HYUNDAI", der deutschen Wortmarke "TUCSON", der internationalen Markenregistrierung "HYUNDAI i30" und der Unionsbildmarke "H-Logo" gesehen und die Voraussetzungen der Erschöpfung verneint. Es hat den Beklagten antragsgemäß zur Auskunft über Ankauf und Verkauf nicht erschöpfter klägerischer Markenware und der hierdurch erzielten Umsätze und des Gewinns, zum Schadensersatz und zur Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Die von dem Beklagten erhobene Widerklage auf Unterlassung der Behauptung von Markenrechtsverletzungen, Schadensersatz und Auskunft hat es abgewiesen.

Die Berufung des Beklagten ist - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - erfolglos geblieben.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seine Anträge weiter, die Klage abzuweisen und auf die Widerklage die Klägerin zur Unterlassung der Behauptung von Markenrechtsverletzungen, zur Auskunft und zum Schadensersatz bezüglich erfolgter Abmahnungen von Abnehmern des Beklagten zu verurteilen.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche wegen einer Verletzung ihrer Markenrechte im Umfang der erstinstanzlichen Verurteilung zu. Dazu hat es ausgeführt:

Die Verwendung der Zeichen "HYUNDAI", "TUCSON", "HYUNDAI i30" und des " -Logos" durch den Beklagten verletze die Markenrechte der Klägerin. Diese seien nicht durch Erschöpfung erloschen. Die hierfür in § 24 MarkenG normierte Voraussetzung, dass die Waren unter dieser Marke vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden seien, sei nicht erfüllt.

Der Beklagte habe die klägerischen Marken schuldhaft verletzt. Bei Originalwaren, die außerhalb eines vom Markeninhaber organisierten Vertriebswegs beschafft würden, müsse sichergestellt werden, dass es sich um erschöpfte Ware handele.

Die Widerklage - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung könne keinen Erfolg haben. Da eine Markenverletzung seitens des Beklagten gegeben gewesen sei, sei für einen rechtswidrigen Eingriff in dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die Klägerin kein Raum.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu B I) und begründet (dazu B II); die Widerklage hat daher keinen Erfolg.

I. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit des Klageantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Diese Frage ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urteil vom 12. März 2020 - I ZR 126/18, BGHZ 225, 59 Rn. 38 - WarnWetter-App).

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag auch eine bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und werden die Grenzen der Rechtshängigkeit und Rechtskraft festgelegt sowie Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO ) bestimmt. Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert eine Individualisierung des Streitgegenstands. Dazu gehört bei mehreren Streitgegenständen, die nicht kumulativ, sondern im Wege einer alternativen Klagehäufung geltend gemacht werden, auch die Benennung der Reihenfolge, in der diese zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9 f. - TÜV I).

2. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren auf vier eingetragene Marken gestützt, nämlich die Unionswortmarke "HYUNDAI" (Registernummer UM 012312518), die deutsche Wortmarke "TUCSON" (Registernummer DE 30345486), die IR-Marke "HYUNDAI i30" (Registernummer IR 0919520) sowie die Unionsbildmarke "H-Logo" (Registernummer UM 012347878). Damit hat sie vier verschiedene Streitgegenstände in den Rechtsstreit eingeführt (vgl. BGHZ 189, 56 Rn. 3 f. - TÜV I; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 25 ff. = WRP 2011, 1454 - TÜV II). Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt, dass sie ihre Rechte kumulativ auf sämtliche Marken stützt, soweit die betreffenden Fahrzeuge konkret mit diesen Marken bezeichnet worden sind. Darin liegt eine zulässige kumulative Klagehäufung (vgl. BGHZ 189, 56 Rn. 10 - TÜV I).

II. Das Berufungsgericht hat der Klägerin in der Sache zu Recht Ansprüche auf Auskunftserteilung gemäß § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG in Verbindung mit § 107 Abs. 1 , § 125b Nr. 2 MarkenG , § 242 BGB und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG zugesprochen (dazu B II 1 bis 5). Daher ist auch der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß §§ 677 , 683 BGB begründet.

1. Für den Anspruch auf Schadensersatz und dem der Vorbereitung seiner Berechnung dienenden Anspruch auf Auskunftserteilung kommt es auf das im Zeitpunkt der Vornahme der beanstandeten Handlungen geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 Rn. 17 = WRP 2013, 491 - Solarinitiative; Urteil vom 28. Januar 2016 - I ZR 40/14, GRUR 2016, 803 Rn. 14 = WRP 2016, 1135 - Armbanduhr; Urteil vom 12. Januar 2017 - I ZR 253/14, GRUR 2017, 397 Rn. 102 = WRP 2017, 434 - World of Warcraft II). Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist das zum Zeitpunkt der Abmahnung geltende Recht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2019 - I ZR 217/18, K&R 2020, 216 Rn. 8 mwN).

Die genauen Zeitpunkte der im Streitfall von der Klägerin beanstandeten Handlungen des Beklagten hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kommt hierfür der Zeitraum von Dezember 2015 bis September 2016 in Betracht. Mit Wirkung vom 23. März 2016 ist die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke ( GMV ) durch die Verordnung (EU) 2015/2424 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 21; nachfolgend: UMV aF) geändert worden. Für den Streitfall erhebliche Rechtsänderungen sind hiermit jedoch nicht verbunden.

2. Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Verletzung von Unionsmarken und IR-Marken beurteilen sich gemäß Art. 101 Abs. 2 GMV und UMV aF in Verbindung mit Art. 145 GMV und UMV aF sowie Art. 8 Abs. 2 Rom-II-VO nach deutschem Recht, wenn - wie hier der Ort der Verletzungshandlung in Deutschland liegt (vgl. BGH, GRUR 2017, 397 Rn. 103 ff. - World of Warcraft II).

Somit kommen im Streitfall § 14 Abs. 6 und § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG und § 242 BGB nicht nur hinsichtlich der deutschen Klagewortmarke "TUCSON", sondern - in Verbindung mit § 125b Nr. 2 MarkenG - auch hinsichtlich der beiden Unionsklagemarken und der geltend gemachten, für die Europäische Union Schutz genießenden IR-Marke zur Anwendung.

3. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV/Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV aF (= Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMF nF) in Verbindung mit Art. 145 GMV und UMV aF (Art. 189 UMV nF) sind im Streitfall im Hinblick auf die Klagemarken erfüllt.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte die mit den Klagemarken gekennzeichneten streitgegenständlichen Fahrzeuge in Deutschland weiterveräußert hat. Damit ist vorliegend ein Fall der Doppelidentität im Hinblick auf die Klagemarken gegeben. Der Beklagte hat im geschäftlichen Verkehr mit den Klagemarken identische Zeichen ohne Zustimmung der Klägerin für identische Waren verwendet, für die die Marken Schutz genießen. Dies wird von der Revision auch nicht angegriffen.

4. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Voraussetzungen der Erschöpfung der Markenrechte der Klägerin nach § 24 Abs. 1 MarkenG bzw. Art. 13 GMV und UMV aF (= Art. 15 UMV nF) verneint.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Inverkehrbringen im Europäischen Wirtschaftsraum sei erst anzunehmen, wenn der Markeninhaber die Verfügungsgewalt über die Ware innerhalb dieses Wirtschaftsgebiets im Rahmen eines Verkaufs auf den Erwerber übertragen habe, der Markeninhaber also die Möglichkeit verliere, den weiteren Vertrieb der Markenware innerhalb dieses Wirtschaftsgebiets zu kontrollieren.

Eine Übertragung der Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge sei innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums im Rahmen der Veräußerung an die H. S. nicht erfolgt. Mit der Übergabe der Fahrzeuge an den Frachtführer in der Tschechischen Republik habe die Klägerin die Kontrolle über die Ware nicht aufgegeben, da es sich um einen von ihrer Tochter HMMC beauftragten Frachtführer gehandelt habe, weshalb diese nach Art. 12 Abs. 1 CMR berechtigt gewesen sei, weiter über das Gut zu verfügen. Ein Inverkehrbringen im Europäischen Wirtschaftsraum könne auch nicht mit einer Realisierung des wirtschaftlichen Werts mit Übergabe an den Frachtführer in Tschechien gerechtfertigt werden.

Die Klägerin müsse sich auch die Lieferung an Abnehmer im Europäischen Wirtschaftsraum durch die H. S. nicht als ein Inverkehrbringen mit ihrer Zustimmung zurechnen lassen. Die Lizenz der Muttergesellschaft A. M. L. beschränke sich auf Serbien und Montenegro.

Auch eine konkludente Zustimmung sei nicht anzunehmen.

b) Nach Art. 13 Abs. 1 GMV gewährt die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Nach Art. 13 Abs. 1 UMV aF gewährt eine Unionsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, die Benutzung der Marke für Waren zu untersagen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. § 24 Abs. 1 MarkenG bestimmt, dass der Inhaber einer Marke nicht das Recht hat, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.

Die Erschöpfung tritt vorbehaltlich des Art. 13 Abs. 2 GMV und UMV aF sowie § 24 Abs. 2 MarkenG hinsichtlich aller Handlungen ein, die nach Art. 9 Abs. 1 GMV/Art. 9 Abs. 2 UMV aF und § 14 Abs. 2 MarkenG eine Verletzung der Marke darstellen können (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16, GRUR 2019, 76 Rn. 13 - beauty for less, mwN; BeckOK.Markenrecht/Steudtner, 24. Edition [Stand 1. Januar 2021], § 24 MarkenG Rn. 14).

c) Danach hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 GMV und UMV aF sowie des § 24 Abs. 1 MarkenG zu Recht verneint.

aa) Ein Inverkehrbringen im Europäischen Wirtschaftsraum ist nicht darin zu sehen, dass die Tochtergesellschaft der Klägerin HMMC die Fahrzeuge in Nošovice (Tschechien) an den Frachtführer übergeben hat.

(1) Die Regelung der Erschöpfung hat den Zweck, die Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3545 = GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 40 = WRP 1996, 880 - Bristol-Myers Squibb u.a.). Dem Markeninhaber steht danach das ausschließliche Recht zu, das erste Inverkehrbringen der Markenware in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum zu kontrollieren. Dadurch soll dem Markeninhaber die Möglichkeit eingeräumt werden, den wirtschaftlichen Wert seiner Marke zu realisieren (vgl. EuGH, Urteil vom 30. November 2004 - C-16/03, Slg. 2004, I-11313 = GRUR 2005, 507 Rn. 35, 36 , 41 - Peak Holding [Peak Performance]; Urteil vom 18. Oktober 2005 - C-405/03, Slg. 2005, I-8735 = GRUR 2006, 146 Rn. 33 - Class International [Aquafresh]; Urteil vom 25. Juli 2018 - C-129/17, GRUR 2018, 971 Rn. 46 f. = WRP 2018, 1317 - Mitsubishi Shoji Kaisha u.a. [MITSUBISHI]; BGH, Urteil vom 27. April 2006 - I ZR 162/03, GRUR 2006, 863 Rn. 15 = WRP 2006, 1233 - ex works; Urteil vom 15. Februar 2007 - I ZR 63/04, GRUR 2007, 882 Rn. 14 = WRP 2007, 1197 - Parfümtester; Urteil vom 3. Februar 2011 - I ZR 26/10, GRUR 2011, 820 Rn. 16 = WRP 2011, 1180 - Kuchenbesteck-Set; Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20, GRUR 2021, 971 Rn. 45 = WRP 2021, 904 - myboshi). Dieser Wert besteht auch darin, dass der Markeninhaber seine Waren auf verschiedenen Märkten unter verschiedenen Konditionen absetzen kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 17. Oktober 1997 - 2 U 80/97, OLGR 1998, 108, juris Rn. 59).

Von einem Inverkehrbringen ist deshalb auszugehen, wenn der Markeninhaber die Verfügungsgewalt über die mit der Marke versehenen Waren auf einen Dritten übertragen und dadurch den wirtschaftlichen Wert der Marke realisiert hat (EuGH, GRUR 2005, 507 Rn. 40, 42 - Peak Holding [Peak Performance]; BGH, GRUR 2006, 863 Rn. 15 - ex works; GRUR 2007, 882 Rn. 14 - Parfümtester; GRUR 2011, 820 Rn. 14 - Kuchenbesteck-Set). Mit der willentlichen Übertragung der Verfügungsgewalt im Europäischen Wirtschaftsraum verliert der Markeninhaber die Möglichkeit, den weiteren Vertrieb der Markenware innerhalb dieses Wirtschaftsgebiets zu kontrollieren. Ein Inverkehrbringen ist deshalb nicht schon anzunehmen bei unternehmensinternen Warenbewegungen zwischen verschiedenen Betrieben des Markeninhabers oder bei einem Warenverkehr innerhalb eines Konzernverbundes, bei dem einem verbundenen Konzernunternehmen die Waren zum Verkauf zur Verfügung gestellt werden (vgl. EuGH, GRUR 2005, 507 Rn. 44 - Peak Holding [Peak Performance]; BGH, GRUR 2006, 863 Rn. 15 - ex works, mwN; GRUR 2007, 882 Rn. 15 - Parfümtester; GRUR 2011, 820 Rn. 17 - Kuchenbesteck-Set; BeckOK.Markenrecht/Steudtner aaO § 24 MarkenG Rn. 27; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 24 MarkenG Rn. 11; differenzierend Ingerl/Rohnke, MarkenG , 3. Aufl., § 24 Rn. 22; Thiering in Ströbele/Hacker/ Thiering, MarkenG , 13. Aufl., § 24 Rn. 23).

(2) Durch die Übergabe der Fahrzeuge an den von ihr beauftragten Frachtführer hat die Tochtergesellschaft der Klägerin die Fahrzeuge nicht im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GMV und UMV aF sowie des § 24 Abs. 1 MarkenG in Verkehr gebracht.

Die Übergabe der Ware an eine Transportperson stellt nur dann ein die Erschöpfung des Markenrechts auslösendes Inverkehrbringen dar, wenn die Verfügungsgewalt in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht auf den Käufer übergeht, nicht hingegen dann, wenn die Verfügungsgewalt bei dem Markeninhaber verbleibt (vgl. BGH, GRUR 2006, 863 Rn. 17 f. - ex works; OLG München, WRP 2017, 350 , 354 [juris Rn. 93]; OLG München, GRUR-RR 2004, 291 , 292 [juris Rn. 35]; OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 96 , 97 [juris Rn. 15]; BeckOK.Markenrecht/Steudtner aaO § 24 MarkenG Rn. 23.2; Fezer aaO § 24 MarkenG Rn. 11; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 24 Rn. 26; Ekey in Ekey/Bender/ Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 4. Aufl., § 24 MarkenG Rn. 40; Bayreuther, WRP 2000, 349 , 354 f.; allein auf die rechtliche Verfügungsgewalt abstellend Ingerl/Rohnke aaO § 24 Rn. 19)

Auf den Transportvertrag mit dem Frachtführer G. E. GmbH bzw. dem Unterfrachtführer K. L. sind die Vorschriften der CMR anwendbar. Die CMR gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Satz 1 für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrag angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Sowohl die Tschechische Rebublik, in dessen Staatsgebiet der Ort der Übernahme des Guts Nošovice liegt, als auch Serbien, in dessen Staatsgebiet der Ort der Ablieferung Belgrad liegt, sind Vertragsparteien der CMR (vgl. BGBl. II 2021, Fundstellennachweis B, S. 515). Der Transportvertrag hat die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mit Fahrzeugen zum Gegenstand. Ist der räumliche Anwendungsbereich der CMR eröffnet, haben die Gerichte eines Vertragsstaats das Übereinkommen als internationales Einheitsrecht ohne vorgelagerte Befragung des internationalen Privatrechts des Gerichtsstaats unmittelbar anzuwenden (vgl. nur MünchKomm.HGB/ Jesser-Huss, 4. Aufl., Einl. CMR Rn. 35 und Art. 1 CMR Rn.1; Ferrari in Ferrari/ Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl., Art. 1 CMR Rn. 3).

Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 CMR ist der Absender berechtigt, über das Gut zu verfügen. Nach Satz 2 dieser Bestimmung kann er insbesondere verlangen, dass der Frachtführer das Gut nicht weiterbefördert, den für die Ablieferung vorgesehenen Ort ändert oder das Gut einem anderen als dem im Frachtbrief angegebenen Empfänger abliefert. Absender im Sinne von Art. 12 Abs. 1 CMR ist der Vertragspartner des Frachtführers (BGH, GRUR 2006, 863 Rn. 18 - ex works).

Im Streitfall hatte die Tochtergesellschaft der Klägerin HMMC den Frachtführer beauftragt. Dieser stand mithin nach Art. 12 Abs. 1 CMR bis zur Ablieferung der Fahrzeuge in Belgrad das alleinige frachtrechtliche Verfügungsrecht und deshalb die Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge zu. Verbleibt die Verfügungsgewalt über die mit der Marke versehene Ware bei einer mit dem Markeninhaber wirtschaftlich verbundenen Person, etwa einer Tochtergesellschaft, besteht die Kontrolle des Markeninhabers über den Vertrieb der Ware fort, so dass noch kein Inverkehrbringen vorliegt (vgl. BGH, GRUR 2011, 820 Rn. 17 - Kuchenbesteckset).

Somit fehlt es mit Blick auf die von der Tochtergesellschaft der Klägerin vorgenommene Übergabe der Fahrzeuge an den Frachtführer an einem Inverkehrbringen. Insofern unterscheidet sich der Streitfall von der im vom Senat entschiedenen Fall "ex works" gegebenen Konstellation, in der die Markeninhaberin das transportierte Gut an den von der Käuferin beauftragten Frachtführer übergeben hatte, so dass die Verfügungsbefugnis gemäß Art. 12 Abs. 1 CMR der Käuferin zustand (BGH, GRUR 2006, 863 Rn. 18 - ex works). Einen Ausnahmefall nach Art. 12 Abs. 2 und 3 CMR hat der Beklagte nicht dargetan, wie auch die Revision nicht in Abrede stellt.

Ist die Realisierung des wirtschaftlichen Werts des Markenrechts erst nach dem Übergang des Verfügungsrechts auf die Käuferin anzunehmen, kommt es auch nicht darauf an, dass - wie die Revision meint - die Tochtergesellschaft der Klägerin mit der Übergabe der Fahrzeuge an den Frachtführer alle eigenen Leistungen erbracht hatte, um den Kaufpreisanspruch zu realisieren.

(3) Der Revision ist nicht zu folgen, soweit sie ein Inverkehrbringen bereits dann annehmen möchte, wenn die Ware die eigene (oder konzerneigene) betriebliche Sphäre des Markeninhabers verlassen und dieser damit die Ware wirtschaftlich verwertet hat.

Zutreffend stellt die Revision darauf ab, dass der Begriff des Inverkehrbringens unionsrechtlich einheitlich und autonom anhand des Wortlauts, des Aufbaus und der Ziele der unionsrechtlichen Bestimmungen auszulegen ist (EuGH, GRUR 2005, 507 Rn. 32 - Peak Holding [Peak Performance]; BGH, GRUR 2011, 820 Rn. 16 - Kuchenbesteck-Set; GRUR 2021, 971 Rn. 44 - myboshi). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat betont, mit der Regelung der Erschöpfung solle dem Markeninhaber die Kontrolle des erstmaligen Inverkehrbringens ermöglicht werden (EuGH, GRUR 2005, 507 Rn. 36 - Peak Holding [Peak Performance]).

Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist jedoch zweifelsfrei zu entnehmen, dass eine für die Annahme des Inverkehrbringens hinreichende wirtschaftliche Verwertung des Markenrechts erst vorliegt, wenn sich der Markeninhaber seiner Kontrolle über den Vertrieb der Ware durch Übertragung des Verfügungsrechts auf einen Dritten begeben hat (vgl. EuGH, GRUR 2005, 507 Rn. 42 - Peak Holding [Peak Performance]; vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. Juni 1994 - C-9/93, Slg. 1994, I-2789 = GRUR Int. 1994, 614 Rn. 43 - IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger [Ideal-Standard]). Hierfür reicht ein bloßes Verlassen der betrieblichen Sphäre nicht aus, wenn das Verfügungsrecht an der Ware nicht auf den Dritten übergeht.

Entgegen der Ansicht der Revision genügt der bloße Verkauf der Ware in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum nicht für die Annahme der Erschöpfung. Solange der Markeninhaber oder ein mit ihm wirtschaftlich verbundenes Unternehmen die Möglichkeit hat, durch Ausübung eines Weisungsrechts gegenüber der Transportperson die Auslieferung der Ware an den Käufer zu unterbinden, liegt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im bloßen Verkauf noch keine endgültige Realisierung des wirtschaftlichen Werts des Markenrechts. Würden bereits der Verkauf der Markenware an einen im Europäischen Wirtschaftsraum ansässigen Käufer und die Übergabe an eine vom Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen beauftragte Transportperson für ein Inverkehrbringen ausreichen, wäre zudem die Möglichkeit des im Europäischen Wirtschaftsraum produzierenden Markeninhabers, seine Waren außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zu vertreiben, ohne dass hierdurch seine Rechte innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums erschöpft werden (vgl. EuGH, GRUR 2005, 507 Rn. 36 - Peak Holding [Peak Performance]), in unvertretbarer Weise eingeschränkt.

Für den Standpunkt der Revision lässt sich auch nicht Erwägungsgrund 27 der Richtlinie (EU) 2015/2436 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken heranziehen. Nach dessen Satz 5 sollte eine Benutzung einer Marke durch Dritte mit dem Ziel, die Verbraucher auf den Wiederverkauf von Originalwaren aufmerksam zu machen, die ursprünglich vom Markeninhaber selbst oder mit dessen Einverständnis in der Union verkauft wurden, als rechtmäßig betrachtet werden, sofern die Benutzung gleichzeitig den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Dieser Erwägungsgrund befasst sich nicht mit den in Art. 15 der Richtlinie (EU) 2015/2436 geregelten Voraussetzungen der Erschöpfung, die erst in Erwägungsgrund 28 behandelt werden, sondern zielt auf die Schrankenregelung des Art. 14 der Richtlinie (EU) 2015/2436, die sich mit der Benutzung der Marke in Personennamen oder in Angaben über Merkmale oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung befasst. Ein Verzicht auf das vom Gerichtshof der Europäischen Union in ständiger Rechtsprechung angewandte Kriterium, demzufolge ein die Erschöpfung der Markenrechte auslösendes Inverkehrbringen erst vorliegt, wenn der Markeninhaber das Verfügungsrecht auf einen Dritten übertragen hat, lässt sich daraus nicht herleiten.

bb) Die Fahrzeuge sind nicht dadurch im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden, dass der von der Tochtergesellschaft der Klägerin beauftragte Frachtführer die Fahrzeuge bei der H. S. in Belgrad abgeliefert hat, weil Serbien nicht Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.

cc) Das Inverkehrbringen der Fahrzeuge in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum durch die H. S. ist der Klägerin nicht zuzurechnen.

Zwar ist ein Inverkehrbringen im Sinne des Erschöpfungsgrundsatzes auch dann gegeben, wenn zwar nicht der Markeninhaber selbst, aber eine wirtschaftlich mit ihm verbundene Person die Verfügungsgewalt willentlich überträgt (EuGH, GRUR Int. 1994, 614 Rn. 34 - IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger [Ideal-Standard]; EuGH, Urteil vom 23. April 2009 - C-59/08, Slg. 2009, I-3421 = GRUR 2009, 593 Rn. 43 - Copad [Christian Dior]; Urteil vom 15. Oktober 2009 - C-324/08, Slg. 2009, I-10019 = GRUR 2009, 1159 Rn. 24 - Makro Zeefbedieningsgroothandel u.a. [Diesel]; EuGH, Urteil vom 14. Juli 2011 - C-46/10, Slg. 2011, I-6161 = GRUR Int. 2011, 827 Rn. 27 - Viking Gas; BGH, GRUR 2011, 820 Rn. 17 - Kuchenbesteck-Set). Mit dem Markeninhaber in diesem Sinne wirtschaftlich verbunden ist auch ein Lizenznehmer (EuGH, GRUR 2009, 593 Rn. 43 - Copad [Christian Dior]; GRUR 2009, 1159 Rn. 24 - Makro Zeefbedieningsgroothandel u.a. [Diesel]; EuGH, Urteil vom 3. Juni 2010 - C-127/09, Slg. 2010, I-4965 = GRUR 2010, 723 Rn. 29 - Coty Prestige [Davidoff]; BGH, GRUR 2011, 820 Rn. 17 f. - Kuchenbesteck-Set; GRUR 2021, 971 Rn. 46 f. - myboshi). Handlungen des Lizenznehmers können aber allenfalls zur Erschöpfung hinsichtlich der an ihn lizenzierten Marken führen (vgl. EuGH, GRUR Int. 1994, 614 Rn. 51 - IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger [Ideal-Standard]).

Die H. S. hält jedoch keine Lizenzen an den Klagemarken. Vielmehr hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, festgestellt, dass die Klägerin lediglich der Muttergesellschaft der H. S. eine Lizenz eingeräumt hat, und dies auch nur hinsichtlich ihrer serbischen und montenegrinischen Hyundai-Marken. Diese Feststellungen werden von der Revision nicht angegriffen. Selbst wenn - was nicht festgestellt worden ist - die H. S. von ihrer Muttergesellschaft eine Unterlizenz erhalten hätte, so wären ihre Rechte daher auf die serbischen und montenegrinischen Hyundai-Marken beschränkt. Eine Erschöpfung der für die Europäische Union und Deutschland Schutz beanspruchenden Klagemarken konnte mithin durch Handlungen der H. S. nicht eintreten.

dd) Es fehlt auch an einer Zustimmung der Klägerin zum Inverkehrbringen der Fahrzeuge in den Europäischen Wirtschaftsraum durch die H. S. .

Auch der Begriff der Zustimmung ist einheitlich im Sinne der Unionsrechtsordnung auszulegen (EuGH, Urteil vom 20. November 2001 - C-414/99 bis 416/99, Slg. 2001, I-8691 = GRUR 2002, 156 Rn. 37, 43 - Zino Davidoff und Levi Strauss [Cool Water]; BGH, GRUR 2011, 820 Rn. 21 - Kuchenbesteck-Set; GRUR 2021, 971 Rn. 44 - myboshi). Die Zustimmung muss auf eine Weise geäußert werden, die einen Willen zum Verzicht auf das Markenrecht mit Bestimmtheit erkennen lässt (EuGH, GRUR 2002, 156 Rn. 41, 45 - Zino Davidoff und Levi Strauss [Cool Water]; GRUR 2009, 593 Rn. 42 - Copad [Christian Dior]; GRUR 2009, 1159 Rn. 22 - Makro Zeefbedieningsgroothandel u.a. [Diesel]).

Für die Voraussetzungen der Erschöpfung ist im Streitfall, in dem es nicht um die Abschottung von nationalen Märkten mit dem Zweck der Begünstigung von Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten geht, der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet (vgl. EuGH, GRUR 2002, 156 Rn. 54 - Zino Davidoff und Levi Strauss [Coll Water]; EuGH, Urteil vom 8. April 2003 - C-244/00, Slg. 2003, I-3051 = GRUR 2003, 512 Rn. 41 - Van Doren + Q; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - I ZR 193/97, GRUR 2004, 156 , 157 f. [juris Rn. 22, 25] = WRP 2004, 243 - stüssy II; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 52/10, GRUR 2012, 626 Rn. 30 = WRP 2012, 819 - Converse I; Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18, GRUR 2020, 1306 Rn. 36 = WRP 2021, 50 - Querlieferungen; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 24 Rn. 52; Ingerl/Rohnke aaO § 24 Rn. 88, 90).

Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass eine konkludente Zustimmung nicht allein aufgrund einer sich aus dem Umfang der Exporte nach Serbien resultierenden Kenntnis der Klägerin vom Parallelhandel angenommen werden kann. Rechtsfehler insoweit sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht gerügt. Auch die Ausstattung der Fahrzeuge und das Ausstellen einer Übereinstimmungsbescheinigung mit einer erteilten EG-Typengenehmigung können nicht als Zustimmung zu einem Vertrieb im Europäischen Wirtschaftsraum angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 17/11, GRUR 2012, 928 Rn. 17 = WRP 2012, 1104 - Honda-Grauimport).

5. Zu Recht hat das Berufungsgericht ein schuldhaftes, nämlich fahrlässiges Handeln des Beklagten im Sinne des § 14 Abs. 6 MarkenG angenommen. Wer als gewerblicher Einkäufer Markenware außerhalb des vom Markeninhaber vorgesehenen Vertriebswegs bezieht, muss prüfen, ob die ihm angebotene Markenware bereits mit Zustimmung des Markeninhabers im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht wurde (BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 272/02, GRUR 2006, 421 Rn. 46 - Markenparfümverkäufe). Dieser Sorgfaltspflicht hat der Beklagte nicht genügt.

C. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache Peak Holding [Peak Performance] folgt - wie ausgeführt - zweifelsfrei, dass dieser für ein Inverkehrbringen eine Übertragung des Rechts, über die Waren zu verfügen, auf einen Dritten im Rahmen eines Verkaufs oder eines sonstigen Vertrags, der den wirtschaftlichen Wert der Ware realisiert, fordert und eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht genügen lässt.

D. Danach ist die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 27. Mai 2021

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 24.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 37 O 13/17
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 20.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen I-20 U 18/19
Fundstellen
BB 2021, 1857
GRUR 2021, 1191
MDR 2021, 1544
VRS 2021, 261
WRP 2021, 1170