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BGH - Entscheidung vom 20.04.2021

1 StR 91/21

Normen:
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 357 S. 1
StGB § 53 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 20.04.2021 - Aktenzeichen 1 StR 91/21

DRsp Nr. 2021/8837

Aufhebung der Schuldsprüche wegen Rechtsfehlern in den Konkurrenzen

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 4. November 2020 aufgehoben,

a)

soweit es diesen Angeklagten betrifft, in den Fällen II. 1., 2., 63. und 64. der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch,

b)

soweit es die Mitangeklagten Q. und D. betrifft, in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch.

2.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

3.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ; StPO § 349 Abs. 4 ; StPO § 357 S. 1; StGB § 53 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in sieben Fällen und wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Mitangeklagten Q. und D. hat es wegen der in den Fällen II. 1. und 2. gemeinschaftlich begangenen sowie zahlreicher weiterer Straftaten ebenfalls verurteilt.

Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO ), der nach Maßgabe des § 357 Satz 1 StPO auch auf die nicht revidierenden Mitangeklagten zu erstrecken ist. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO ).

1. In den Fällen II. 1., 2., 63. und 64. der Urteilsgründe hält, worauf der Generalbundesanwalt hingewiesen hat, die konkurrenzrechtliche Bewertung dieser Taten als rechtlich selbständig (§ 53 Abs. 1 StGB ) der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen löste der Angeklagte in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe gemeinsam mit den nicht revidierenden Mitangeklagten Q. und D. jeweils am 2. Dezember 2019 in H. , im ersten Fall im Bereich der S. straße , im zweiten Fall im Bereich der H. Straße , Zigarettenautomaten aus ihrer Verankerung, um sie mit einem Fahrzeug zu einem Waldstück zu transportieren, dort mit einem Trennschleifer zu öffnen und Zigaretten und Bargeld in die Wohnung von Q. und U. zu verbringen. In den Fällen II. 63. und 64. der Urteilsgründe beging der Angeklagte zwischen dem 24. und 25. Oktober 2019 zwei gleichartige Taten gemeinsam mit unbekannten Tätern im Bereich der O. Straße in E. und im Bereich der W. straße in M. .

b) Nähere Feststellungen dazu, ob der als erstes angegangene Zigarettenautomat nach seinem Lösen aus der Verankerung sofort in ein Waldstück transportiert und aufgebrochen wurde, bevor der nächste Zigarettenautomat abmontiert wurde, hat das Landgericht nicht getroffen. Hätten die Täter den ersten Zigarettenautomaten in ihrem Transportfahrzeug belassen und ihn erst zusammen mit dem nächsten in ein Waldstück transportiert und aufgebrochen, hätte dies beide Taten zu einem einheitlichen Geschehen verknüpft, da sich die Ausführungshandlungen der Taten durch den gemeinsamen Transport, das Aufbrechen der Automaten und die Entnahme des werthaltigen Inhalts, um sich diesen so endgültig zu sichern, überschnitten und materiell-rechtlich ein einheitliches Diebstahlsdelikt gebildet hätten. Anders läge es, wenn der abmontierte Zigarettenautomat erst abtransportiert und aufgebrochen worden wäre, bevor der nächste in Angriff genommen wurde.

c) Hierzu hat die Strafkammer keine Feststellungen getroffen und sich auch in ihrer rechtlichen Würdigung nicht geäußert. Da es naheliegend erscheint, dass die Feststellungslücke durch eine weitere Aufklärung des Sachverhalts geschlossen werden kann (z.B. durch Befragung des ermittelnden Polizeibeamten nach dem Auffindeort der zerstörten Automaten und der Auswertung der Reifenspuren oder der Befragung der Tatbeteiligten zu ihrer Arbeitsweise oder der Art des Transportfahrzeugs), ist für die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vorgeschlagene Abänderung des Schuldspruchs auf jeweils nur eine Tat unter Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ kein Raum. Da neue Feststellungen hierzu auf den Schuldspruch durchschlagen können, hat der Senat die Schuldsprüche zu den betroffenen Taten aufgehoben, womit auch den Einzelstrafen und der Gesamtstrafe die Grundlage entzogen ist.

2. Der Rechtsfehler in den Konkurrenzen betrifft in den Fällen II. 1. und 2. auch die an diesen Taten beteiligten, aber nichtrevidierenden Mitangeklagten Q. und D. . Gemäß § 357 Satz 1 StPO ist daher die Aufhebung des Urteils in diesen beiden Fällen auf sie zu erstrecken.

3. Die getroffenen Feststellungen werden durch den genannten Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO ).

Vorinstanz: LG Karlsruhe, vom 04.11.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 640 Js 42961/18