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BGH - Entscheidung vom 13.01.2021

IV ZB 24/20

Normen:
ZPO § 78 Abs. 1 S. 3
ZPO § 78b Abs. 1

BGH, Beschluss vom 13.01.2021 - Aktenzeichen IV ZB 24/20

DRsp Nr. 2021/2158

Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts für das Rechtsbeschwerdeverfahren (hier: Auskunftserteilung über die für eine zum Nachlass gehörende Immobilie abgeschlossenen Mietverhältnisse)

Mit Einwänden gegen das Verfahren vor dem Landgericht und den Tenor des dortigen Urteils kann eine Verletzung von Verfahrungsgrundrechten durch die Verwerfung der Berufung als unzulässig mangels Erreichens der Mindestbeschwer nicht begründet werden.

Tenor

1.

Der Antrag des Beklagten, ihm für das Rechtsbeschwerdeverfahren einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

2.

Der Antrag des Beklagten auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.

3.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 2. Zivilsenat - vom 15. Juni 2020 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: bis 500 €

Normenkette:

ZPO § 78 Abs. 1 S. 3; ZPO § 78b Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Klägerin begehrt im Wege der Stufenklage vom Beklagten als Miterben Auskunft über die von ihm für eine zum Nachlass gehörende Immobilie abgeschlossenen Mietverhältnisse sowie die Zahlung ihres Anteils an den Mietzinserlösen.

Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 4. September 2019 den Beklagten antragsgemäß dazu verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Mietverhältnisse er seit dem 1. Januar 2015 im Namen der Erbengemeinschaft (H. ) hinsichtlich der Immobilie geschlossen sowie welche Zahlungen er im Zusammenhang mit den Mietverträgen persönlich oder über Dritte entgegengenommen hat. Zudem wurde er verurteilt, die schriftlichen Mietverträge vorzulegen.

Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht mit der Begründung als unzulässig verworfen, der Wert der Beschwer übersteige 600 € nicht. Dieser bemesse sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den eine sorgfältige Auskunft erfordere und der vorliegend geschätzt mit 310 € zu bemessen sei. Ein Geheimhaltungsinteresse, das zusätzlich zu bewerten sei, sei vorliegend nicht erkennbar. Soweit sich der Beklagte darauf berufe, dass die Klägerin bislang jede Weitergabe persönlicher Daten genutzt habe, um die Mieter zumindest zur Hinterlegung der Miete und Nebenkosten zu bewegen, sei festzustellen, dass nach eigenem Vortrag des Beklagten seit August 2017 sä mtliche Miet- und Nebenkostenzahlungen hinterlegt würden. Zudem seien der Klägerin nach seinem Vortrag sämtliche Mieter des Objekts bekannt bzw. könnten durch Einsichtnahme in die Hinterlegungsakten ermittelt werden, so dass sich auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in der Vergangenheit Mieter angeschrieben habe, keine zusätzliche Beschwer ergebe.

Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte fristgerecht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten Rechtsbeschwerde eingelegt. Auf dessen Antrag ist die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde bis zum 8. Oktober 2020 verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 25. September 2020 hat der Prozessbevollmächtigte angezeigt, dass er sein Mandat niedergelegt habe. Der Beklagte persönlich hat mit Telefaxschreiben vom 8. Oktober 2020 beantragt, ihm einen Notanwalt gemäß § 78b ZPO beizuordnen und die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu verlängern.

II. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht begründet.

Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien von einem dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ). Nach § 78b Abs. 1 ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

1. Die zuerst genannte Voraussetzung des § 78b Abs. 1 ZPO ist nur erfüllt, wenn die Partei zumutbare Anstrengungen unternommen und ihre vergeblichen Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen hat (Senatsbeschluss vom 16. Februar 2004 - IV ZR 290/03, NJW-RR 2004, 864 unter a [juris Rn. 5]; vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2014 - VI ZR 226/13, VersR 2014, 1150 Rn. 2; jeweils m.w.N.). Hat die Partei, wie hier, zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert, kommt im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertrete n hat. Das hat die Partei ebenfalls darzulegen (Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017 - IV ZR 391/16, juris Rn. 6; vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2014 aaO; jeweils m.w.N.). Ob dies hier der Fall war, kann offenbleiben. Der Beklagte hat dazu behauptet, der Prozessbevollmächtigte habe nach Übernahme des Mandats nicht mehr mit ihm kommuniziert und dessen einzige Äußerung sei dann die Niederlegung des Mandats gewesen.

2. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kommt jedenfalls deswegen nicht in Betracht, weil die vom Beklagten beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtlos erscheint. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist zwar von Gesetzes wegen statthaft, soweit die Verwerfung einer Berufung als unzulässig angefochten werden soll (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ). Jedoch ist die Rechtsbeschwerde im Übrigen nicht zulässig, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO ). Der Beklagte hat solche Gesichtspunkte nicht aufgezeigt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt es an der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts. Das Berufungsgericht hat seiner Feststellung eines fehlenden Geheimhaltungsinteresses zugrunde gelegt, dass ohnehin alle Mieteinnahmen hinterlegt würden und die Klägerin die Namen der Mieter der Hinterlegungsakte entnehmen könne; das gilt dann aber auch für neue Mieter, die bis zur Auskunftserteilung durch den Beklagten noch hinzukommen könnten. Soweit der Beklagte Einwände gegen das Verfahren vor dem Landgericht und den Tenor des dortigen Urteils erhebt, kann dies keine Verletzung von Verfahrungsgrundrechten durch die Verwerfung der Berufung als unzulässig mangels Erreichen der Mindestbeschwer begründen.

III. Der Antrag auf erneute Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist ist unzulässig, da er nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden ist, § 575 Abs. 2 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 551 Abs. 2 Satz 5 ZPO , § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO .

IV. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist, § 575 Abs. 2 Satz 1, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO .

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 04.09.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 309 O 13/18
Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 15.06.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 2 U 46/19