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BGH - Entscheidung vom 25.01.2021

XI ZR 448/20

Normen:
ZPO § 78b Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2 S. 1

BGH, Beschluss vom 25.01.2021 - Aktenzeichen XI ZR 448/20

DRsp Nr. 2021/4109

Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts; Widerruf einer auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung

Hat eine Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, kommt im Fall einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dabei hat sie darzulegen, dass die Beendigung des Mandats nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist. Im Übrigen rechtfertigen allein Differenzen einer Partei über die rechtliche Bewertung und die darauf folgende Mandatsniederlegung nicht die Beiordnung eines Notanwalts.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts nach § 78b ZPO wird zurückgewiesen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. August 2020 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 40.000 €.

Normenkette:

ZPO § 78b Abs. 1 ; ZPO § 543 Abs. 2 S. 1;

Gründe

I.

Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger nach Widerruf seiner auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung auf Feststellung und Zahlung angetragen hat, abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht nach Erteilung eines Hinweises durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.

Der Kläger hat durch seinen drittinstanzlichen Prozessbevollmächtigten innerhalb der Monatsfrist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der drittinstanzliche Prozessbevollmächtigte hat innerhalb der bis zum 21. Januar 2021 verlängerten Begründungsfrist am 14. Dezember 2020 mitgeteilt, er lege das Mandat nieder.

Der Kläger selbst hat mit Telefax vom 5. Januar 2021 unter Verweis darauf, es sei ihm bisher nicht gelungen, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden, "eine Fristverlängerung zur Einreichung der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde beantragt". Er ist daraufhin mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 12. Januar 2021 darauf hingewiesen worden, dass er eine Fristverlängerung nicht beantragen und die Nichtzulassungsbeschwerde nicht selbst begründen könne. Weiter sind ihm die Voraussetzungen des § 78b ZPO im Einzelnen erläutert worden. Der Kläger hat mit Telefaxschreiben vom 19. Januar 2021 ausdrücklich die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt und dazu vorgetragen, er habe noch am 14. Dezember 2020 mit fünf weiteren bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälten telefoniert, die erklärt hätten, ihnen sei eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb der bis zum 21. Januar 2021 gesetzten Frist nicht möglich, so dass sie das Mandat nicht übernehmen könnten. Zu den Umständen, die zu der Beendigung des Mandatsverhältnisses mit dem ursprünglich beauftragten Rechtsanwalt geführt haben, hat der Kläger keine Angaben gemacht. Eine Beschwerdebegründung eines postulationsfähigen Rechtsanwalts ist bis zum Ablauf des 21. Januar 2021 bei dem Bundesgerichtshof nicht eingegangen.

II.

Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts hat keinen Erfolg.

1. Nach § 78b Abs. 1 ZPO hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, kommt im Fall einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dabei hat sie, worauf der Kläger vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist mit Schreiben vom 12. Januar 2021 hingewiesen worden ist, darzulegen, dass die Beendigung des Mandats nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Februar 2018 - XI ZR 173/17, juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 11. November 2020 - V ZR 112/20, juris Rn. 2).

Bereits hieran fehlt es. Die ergänzenden Erklärungen des Klägers auf das Hinweisschreiben vom 12. Januar 2021 lassen nicht erkennen, was zur Niederlegung des Mandats durch den zuerst beauftragten Rechtsanwalt geführt hat. Insbesondere hat der Kläger nicht auf den Hinweis reagiert, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtfertigten allein Differenzen einer Partei über die rechtliche Bewertung und die darauf folgende Mandatsniederlegung nicht die Beiordnung eines Notanwalts (vgl. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 6. Februar 2018 - XI ZR 173/17, juris Rn. 10).

2. Die Beiordnung eines Notanwalts scheidet zudem aus, weil die Nichtzulassungsbeschwerde aussichtslos ist, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ; vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2018 - III ZR 121/18, juris Rn. 5). Zulassungsgründe in diesem Sinne sind im Hinblick auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung und wegen der auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fußenden Annahme des Berufungsgerichts, das Widerrufsrecht sei bei seiner Ausübung jedenfalls verwirkt gewesen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 23. Januar 2018 - XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn. 8 ff.; BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2020 - 1 BvR 1173/19, juris Rn. 13 und 20), nicht ersichtlich und könnten auch durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt nicht dargetan werden.

III.

Die Beschwerde des Klägers wird als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der vom Vorsitzenden bis zum 21. Januar 2021 verlängerten Frist begründet worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2018 - XI ZR 547/17, juris Rn. 7 und vom 10. Dezember 2019 - XI ZR 180/19, juris Rn. 19).

Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kann gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen. Ein etwaiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist nach der Ablehnung des Senats, einen Notanwalt zu bestellen, verspräche keinen Erfolg. Einer Partei, die trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung wegen der Versäumung einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist nur dann gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt und dabei die Voraussetzungen hierfür substantiiert dargelegt hat (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2018 - III ZR 121/18, juris Rn. 7, vom 19. Februar 2013 - VIII ZR 239/12, juris Rn. 4 f. und vom 9. Januar 2020 - III ZR 170/19, juris Rn. 6). Dies war hier trotz des dem Kläger vor Ablauf der Begründungsfrist erteilten Hinweises nicht der Fall.

Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 18.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 21 O 332/17
Vorinstanz: OLG Stuttgart, vom 04.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 196/18