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BGH - Entscheidung vom 13.01.2021

VII ZB 32/18

Normen:
BNotO § 21 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 727
ZPO § 415 Abs. 1
ZPO § 750 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2 S. 4
ZPO § 559 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 13.01.2021 - Aktenzeichen VII ZB 32/18

DRsp Nr. 2021/2073

Antrag auf Anbringung einer klarstellenden Klausel hinsichtlich der Gläubigerbezeichnung auf einem Vollstreckungsbescheid; Nachweis der Identität der Antragstellerin mit der in Frage kommenden GbR; Beurteilung der Rechtsnachfolge bei Umwandlung einer GbR in eine OHG

1. Die Umwandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine offene Handelsgesellschaft ist eine identitätswahrende Umwandlung, bei der die Beischreibung der Firma der offenen Handelsgesellschaft auf der bereits erteilten Vollstreckungsklausel möglich ist.2. Voraussetzung für eine solche Beischreibung ist der Nachweis, dass die antragstellende offene Handelsgesellschaft mit der im Titel genannten Gesellschaft bürgerlichen Rechts identisch ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 54 des Landgerichts Berlin vom 12. April 2018 - 54 T 12/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Normenkette:

BNotO § 21 Abs. 1 Nr. 2 ; ZPO § 727 ; ZPO § 415 Abs. 1 ; ZPO § 750 Abs. 1 ; ZPO § 577 Abs. 2 S. 4; ZPO § 559 Abs. 2 ; ZPO § 97 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anbringung einer klarstellenden Klausel hinsichtlich der Gläubigerbezeichnung auf einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Schöneberg vom 26. Juni 1985. Dieser Vollstreckungsbescheid lautete zunächst auf eine Firma I. AG. Am 17. Juni 2013 wurde gemäß § 727 ZPO eine Rechtsnachfolgeklausel für die F. GbR, M. straße 1, H. , erteilt.

Die als F. OHG firmierende Antragstellerin ist seit dem 13. Oktober 2015 in das Handelsregister des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein mit den persönlich haftenden Gesellschaftern He. V. und We. J. eingetragen. Unter dem 10. November 2015 erstellte der Notar Dr. P. W. eine Bescheinigung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 BNotO . Aus dieser ergibt sich, dass die Gesellschafter der Antragstellerin in ihren Handelsregisteranmeldungen erklärt haben, dass die Gesellschaft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bereits zuvor bestanden habe, unter der Bezeichnung V. und J. GbR 1995 gegründet worden sei und diese Bezeichnung später in We. J. u.a. GbR und dann in F. - V. und J. GbR geändert worden sei. In einer notariellen Urkunde des Notars Dr. P. W. vom 15. Juli 2016 erklärt der Gesellschafter J. im eigenen und auch im Namen des Mitgesellschafters V. , die Antragstellerin sei bereits im Jahr 1995 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung F. - V. und J. GbR gegründet worden und sodann unter - in der Urkunde im Einzelnen genannten - elf weiteren Bezeichnungen, darunter auch der Bezeichnung "F. GbR", aufgetreten. Er erklärt ferner, dass die Gesellschafter V. und J. keine weiteren Gesellschaften gegründet oder geführt hätten und lediglich die ursprünglich als F. - V. und J. GbR gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts diese Bezeichnungen geführt habe.

Die Antragstellerin hat - anwaltlich vertreten - beim Amtsgericht Schöneberg die Anbringung einer klarstellenden Klausel bezüglich der Gläubigerbezeichnung auf dem oben genannten Titel beantragt, da sie mit der Titelgläubigerin, der F. GbR, identisch sei. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragstellerin weiterhin, nach den zuletzt gestellten Anträgen der Antragstellerin zu erkennen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht hat die Identität der Antragstellerin mit der F. GbR nicht als zweifelsfrei nachgewiesen erachtet.

Die Umwandlung einer GbR in eine OHG stelle keinen Fall der Rechtsnachfolge dar, sondern eine identitätswahrende Umwandlung. Eine Gesellschaft, die ein Gewerbe betreibe, werde von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordere. Dieser Rechtsformwechsel kraft Gesetzes vollziehe sich unter voller Wahrung der Identität. Er und die damit verbundene Firmenänderung könne im Wege der Beischreibung auf einem Titel vermerkt werden. Voraussetzung sei jedoch, dass die Identität der betreffenden Gesellschaft zweifelsfrei nachgewiesen werde.

Daran fehle es. Die Notarbescheinigung vom 10. November 2015 in Verbindung mit der Anmeldung zum Handelsregister genüge ebenso wenig wie die Namensgleichheit bis auf den Zusatz GbR beziehungsweise OHG für einen zweifelsfreien Identitätsnachweis. Insoweit werde auf die hierzu ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 2017 - VII ZB 64/16 Bezug genommen.

Auch durch die notarielle Urkunde vom 15. Juli 2016 sei der Nachweis nicht geführt. Die Urkunde selbst biete nach § 415 Abs. 1 ZPO lediglich vollen Beweis des vom Notar beurkundeten Vorgangs, in diesem Fall also lediglich dafür, dass der Gesellschafter J. der Antragstellerin diese Erklärung abgegeben habe. Ein Beweis für die inhaltliche Richtigkeit dieser Erklärung sei damit gerade nicht geführt. An dieser inhaltlichen Richtigkeit beständen Zweifel, und zwar insbesondere dann, wenn man die in der notariellen Urkunde vom 15. Juli 2016 abgegebenen Erklärungen mit denen vergleiche, die bei der Anmeldung der Antragstellerin in das Handelsregister von ihren Gesellschaftern abgegeben worden seien. Zum einen fehle die Firmenbezeichnung F. GbR in der notariellen Bescheinigung vom 10. November 2015 völlig. Dort würden lediglich drei andere Firmierungen genannt. In der Erklärung ein Jahr später sei die Zahl der unterschiedlichen Firmierungen der GbR bereits auf zwölf angewachsen. Zum anderen solle nach der notariellen Bescheinigung vom 10. November 2015 die GbR als "V. & J. GbR" gegründet worden sein, während die Gründungsbezeichnung der GbR laut notarieller Urkunde vom 15. Juli 2016 "F. - V. und J. GbR" gelautet haben solle. Weitere Unterlagen, anhand derer sich die unterschiedlichen Umfirmierungen nachvollziehen ließen, wie beispielsweise entsprechende Gesellschafterbeschlüsse, habe die Antragstellerin nicht eingereicht.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, ein in einem Titel bezeichneter Gläubiger könne bei identitätswahrender Änderung seiner Bezeichnung beim Klauselerteilungsorgan beantragen, dass sein neuer Name auf dem Titel vermerkt wird (sogenannte Beischreibung). Zwar ist eine solche Beischreibung verzichtbar, wenn die Identität des Vollstreckungsgläubigers mit der im Titel bezeichneten Person für das Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachgewiesen wird. Jedoch können die Vollstreckungsorgane mit der Prüfung der Identität der betreffenden Person überfordert sein, so dass der Beginn der Vollstreckung (§ 750 Abs. 1 ZPO ) gefährdet sein könnte; dieser Gefahr kann ein Gläubiger durch eine Beischreibung seines neuen Namens auf dem Titel vorbeugen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2017 - VII ZB 64/16 Rn. 9 m.w.N., MDR 2017, 905 ).

Ebenfalls zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die kraft Gesetzes eintretende Umwandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine offene Handelsgesellschaft eine solche identitätswahrende Umwandlung darstellt, bei der die Beischreibung der Firma der offenen Handelsgesellschaft auf der bereits erteilten Vollstreckungsklausel möglich ist.

b) Das Beschwerdegericht nimmt weiter zu Recht an, Voraussetzung für eine solche Beischreibung sei der Nachweis, dass die antragstellende offene Handelsgesellschaft mit der im Titel - hier in der Rechtsnachfolgeklausel - genannten Gesellschaft bürgerlichen Rechts identisch ist.

Das Beschwerdegericht hat den Nachweis als nicht geführt angesehen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an diese Feststellung grundsätzlich gebunden, § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 2 ZPO . Es überprüft sie auf eine entsprechende Verfahrensrüge nur darauf, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und etwaigen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Die hierzu erhobenen Rügen der Rechtsbeschwerde greifen nicht durch.

aa) Dem Beschwerdegericht hat die Notarbescheinigung vom 10. November 2015 in Verbindung mit der Anmeldung zum Handelsregister zum Nachweis der Identität ebenso wenig genügt wie die Namensgleichheit bis auf den Zusatz GbR beziehungsweise OHG. Hiergegen erhebt die Rechtsbeschwerde zu Recht keine Rügen. Auf den Beschluss des Senats vom 17. Mai 2017 - VII ZB 64/16 Rn. 10-12, MDR 2017, 905 , der dieselbe Antragstellerin betrifft, wird verwiesen.

bb) Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht den zweifelsfreien Nachweis der Identität auch nicht unter Berücksichtigung der notariellen Urkunde vom 15. Juli 2016 als erbracht angesehen.

Die Rechtsbeschwerde rügt erfolglos, das Beschwerdegericht überspanne die Anforderungen, die an den Nachweis einer Personenidentität gestellt werden dürften. Es reiche aus, dass aus der Erklärung der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft in einer öffentlichen Urkunde - wie in der Urkunde vom 15. Juli 2016 geschehen - hervorgehe, dass die F. OHG identisch mit der F. GbR sei.

Zwar ist selbst der Nachweis einer Rechtsnachfolge gemäß § 727 ZPO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bereits dann geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft dieser Urkunden mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 2017 - VII ZB 23/14 Rn. 15, MDR 2017, 1206 ; Beschluss vom 22. Mai 2019 - VII ZB 87/17 Rn. 28, MDR 2019, 959 ). Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise, wenn keine Rechtsnachfolge festzustellen ist, sondern der Vermerk einer Namensänderung beantragt wird und diese nachzuweisen ist. Deshalb ist es in Fällen der identitätswahrenden Umwandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine offene Handelsgesellschaft nicht von vornherein ausgeschlossen, auch Erklärungen der Gesellschafter zu berücksichtigen.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts steht jedoch mit diesem Grundsatz in Einklang. Es hat festgestellt, dass es unter Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalls an den Voraussetzungen für die Annahme fehlt, von der Identität der Gesellschaften könne nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf ausgegangen werden. Dabei hat es - wie geboten - alle, auch die besonderen, Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die festgestellten - unterschiedlichen - Erklärungen der Gesellschafter, für die es zudem nachvollziehbare Erläuterungen vermisst hat, rechtsfehlerfrei gewürdigt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedeutet dies gerade nicht, dass eine Beischreibung bei einem identitätswahrenden Rechtsformwechsel von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer offenen Handelsgesellschaft nie möglich wäre.

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die angefochtene Entscheidung auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil eine Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO hätte erteilt werden müssen.

Der Antrag der anwaltlich vertretenen Antragstellerin lautete in den Tatsacheninstanzen ausschließlich auf die Beischreibung ihrer behaupteten Namensänderung auf dem Titel. Dieser Antrag kann nicht dahin ausgelegt werden, dass hilfsweise eine qualifizierte Vollstreckungsklausel gemäß § 727 ZPO beantragt worden ist. Die notarielle Urkunde vom 15. Juli 2016 ist von dem Rechtsanwalt der Antragstellerin ohne weiteren Kommentar vorgelegt worden. Nachdem das Amtsgericht den "Antrag ... auf Anbringung einer klarstellenden Klausel bezüglich der Gläubigerbezeichnung ..." zurückgewiesen hatte, hat der Verfahrensbevollmächtigte hiergegen "sofortige Beschwerde" eingelegt, ohne einen neuen Antrag zu stellen oder zu rügen, das Amtsgericht hätte (jedenfalls) eine Rechtsnachfolge feststellen müssen. Vielmehr hat er die Beschwerde ausschließlich wie folgt begründet: "Die Identität zwischen F. OHG und F. GBR ergibt sich aus der dem Gericht bereits vorgelegten notariellen Urkunde vom 15.07.16."

Damit bestand auch für das Beschwerdegericht kein Anlass, einen stillschweigend gestellten Hilfsantrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolge anzunehmen und zu bescheiden. Die Tatsache, dass in der notariellen Urkunde vom 15. Juli 2016 auch von einer "vorsorglichen Übertragung von Forderungen" die Rede ist, ändert daran nichts. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde handelt es sich bei dem Begehren auf Anbringung einer klarstellenden Klausel bezüglich der Gläubigerbezeichnung und dem Begehren, eine Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO zu erteilen, um unterschiedliche Rechtsschutzziele.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: AG Berlin-Schöneberg, vom 31.08.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 28 B 21330/85
Vorinstanz: LG Berlin, vom 12.04.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 54 T 12/17