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BGH - Entscheidung vom 03.03.2021

AK 13/21

Normen:
StGB § 129a Abs. 1 Nr. 1
StGB § 129b Abs. 1

BGH, Beschluss vom 03.03.2021 - Aktenzeichen AK 13/21

DRsp Nr. 2021/4748

Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus; Dringender Tatverdacht auf Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung; Mitglied der Rebellengruppe "Ahrar al-Tabka"

Sowohl Ahrar al-Tabka als auch Ahrar al-Sham erfüllen als Organisationen die Voraussetzungen für eine Vereinigung nach den §§ 129 , 129a StGB . Das gilt sowohl unter Zugrundelegung des früher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Vereinigungsbegriffs als auch nach der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 , § 129a Abs. 1 StGB in der seit dem 22. Juli 2017 gültigen Fassung. Namentlich waren die Ahrar al-Tabka nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand trotz ihres späteren Anschlusses an die Ahrar al-Sham auf eine gewisse Dauer angelegt und hatten mit Blick auf ihren Aufbau sowie ihr Vorgehen ein Mindestmaß an fester Organisation mit einer gegenseitigen Verpflichtung der Mitglieder unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen.

Tenor

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Kammergericht übertragen.

Normenkette:

StGB § 129a Abs. 1 Nr. 1 ; StGB § 129b Abs. 1 ;

Gründe

I.

Der Angeschuldigte wurde am 18. August 2020 aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. August 2020 ( 5 BGs 60/20) festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand dieses Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe sich in der Region Tabka (Syrien) durch zwei - nach dem Gesamtzusammenhang augenscheinlich drei - rechtlich selbständige Handlungen im Zeitraum von Januar 2013 bis August 2013 an einer ausländischen terroristischen Vereinigung ("Ahrar al-Tabka") als Mitglied beteiligt, deren Zwecke oder deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB ), Totschlag (§ 212 StGB ) und Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3 KrWaffKG zu begehen, davon habe er in einem Fall im Januar 2013 durch dieselbe Handlung über Kriegswaffen die tatsächliche Gewalt ausgeübt, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen beruhte oder eine Anzeige nach diesem Gesetz erstattet worden ist, sowie in einem weiteren Fall durch dieselbe Handlung sich im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei in erheblichem Umfang angeeignet, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten war; durch eine weitere rechtlich selbständige Handlung habe er sich von August 2013 bis Oktober 2013 an einer ausländischen terroristischen Vereinigung ("Ahrar al-Sham") als Mitglied beteiligt, deren Zwecke oder deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB ) und Totschlag (§ 212 StGB ) zu begehen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 4, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 , § 9 Abs. 1 Variante 3 VStGB , § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a und b KrWaffKG in Verbindung mit Nr. 29 Buchst. c der Kriegswaffenliste, §§ 52 , 53 StGB .

Der Generalbundesanwalt hat mit Anklageschrift vom 14. Januar 2021 wegen des dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tatvorwurfs - allerdings in Bezug auf einen längeren Tatzeitraum - Anklage zum Kammergericht erhoben. Dieses hat am 8. Februar 2021 einen geänderten Haftbefehl erlassen, den es am 18. Februar 2021 nach Vorlage der Akten verkündet hat.

II.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus sind gegeben.

1. Gegenstand der Haftprüfung ist nach § 122 Abs. 1 StPO der vorgelegte vollzogene Haftbefehl und der darin geschilderte Lebenssachverhalt, aus dem sich die angelasteten prozessualen Taten ergeben (s. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2017 - AK 63/17, NStZ-RR 2018, 53 , 54 mwN). Da die Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs einerseits und des Kammergerichts andererseits - ebenso wie die Anklageschrift - dieselben prozessualen Taten beschreiben, bedarf die Abänderung des Haftbefehls im Rahmen des Haftprüfungsverfahrens keiner weiteren Erörterung (vgl. ansonsten etwa BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2017 - AK 64/17, juris Rn. 8 mwN).

2. Der Angeschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.

a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines solchen Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

aa) Die in Syrien seit Februar 2011 gegen die Regierung von Bashar al-Assad schwelenden Proteste eskalierten ab dem 15. März 2011 aufgrund des repressiven und gewaltsamen Vorgehens syrischer Sicherheitskräfte, Milizen sowie der Armee gegen Demonstranten und Oppositionelle. Die dadurch bewirkte Militarisierung der Protestbewegung entwickelte sich zu einem bewaffneten Aufstand, der Anfang 2012 schließlich weite Teile des Landes erfasste und sich zu einem großflächigen Bürgerkrieg ausweitete. Spätestens seit dieser Zeit herrschte in Syrien ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt.

bb) Die Rebellengruppe "Ahrar al-Tabka" ("Die Freien Männer von Tabka") bildete sich im Jahr 2012 in der Stadt Tabka. Sie hatte die gewaltsame Bekämpfung des Assad-Regimes zum Ziel und war salafistisch-dschihadistisch ausgerichtet. Sie nahm an verschiedenen Kämpfen teil, insbesondere - neben anderen islamistischen Gruppen - im Rahmen einer mit der Eroberung der Stadt Rakka endenden Offensive zwischen November 2012 und März 2013. Dabei verfügte sie über Sturmgewehre, Maschinengewehre und Fahrzeuge.

Die hierarchisch strukturierte Ahrar al-Tabka wurde von Mahmud al-Hajj Abed (Mahmud ash-Shaikh) geführt. Die Organisation hatte rund 100 bis 250 Mitglieder. Sie war in mehrere "Kompanien" aufgeteilt und betrieb eine eigene Öffentlichkeitsarbeit, etwa durch die Veröffentlichung von Videos. Spätestens im August 2013 schloss sie sich der Ahrar al-Sham an. Innerhalb dieser wirkte sie als unselbständige Teilorganisation fort.

cc) Die Ahrar al-Sham ist aus den im Jahr 2011 gegründeten "Kata’ib Ahrar al-Sham" ("Brigaden der Freien von Großsyrien") hervorgegangen. Ende Januar 2013 schloss sich die Kata’ib Ahrar al-Sham mit drei anderen Gruppierungen zur Ahrar al-Sham zusammen. In dem dazu veröffentlichten Video mit dem Titel "Gründungserklärung der Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya" wurde eine streng islamische Ausrichtung der Organisation betont.

Ziel der Ahrar al-Sham war in erster Linie der Sturz des Assad-Regimes. Im Gegensatz zu früheren Verlautbarungen, in welchen von Toleranz gegenüber Andersdenkenden und -gläubigen die Rede war, wurde anschließend eine salafistische Ausrichtung der Organisation betont, die den Schutz des Islam und die Errichtung einer Gesellschaftsordnung unter dem Gesetz der Scharia als weitere Zwecke definiert. Die Ahrar al-Sham akzeptierte die derzeitigen Grenzen des syrischen Staates nicht und beabsichtigte dementsprechend, den islamischen Staat, dessen Errichtung sie anstrebte, über die Grenzen des heutigen Syriens hinaus auszudehnen. Eine politische Lösung des Konflikts lehnte die Organisation ab; der bewaffnete Kampf wurde als einzige Möglichkeit angesehen. Das politische System des zu schaffenden Staates sollte auf der Basis der Scharia autoritär geprägt sein; Säkularismus und Demokratie sah die Ahrar al-Sham als Übel an, die in ihrem Staat keinen Platz hätten.

Im Laufe des Jahres 2013 wurde die Ahrar al-Sham mit 10.000 bis 20.000 Kämpfern zur stärksten Gruppierung innerhalb des syrischen Aufstands. Sie setzte im Kampf gegen das Assad-Regime in erster Linie militärische Mittel und Einsatztaktiken ein. Selbstmordattentate lehnte sie zwar ab, arbeitete aber bei Operationen mit der Jabhat al-Nusra (JaN) zusammen, deren Kämpfer dabei Selbstmordanschläge begingen. Bereits seit dem Jahr 2012 war sie bzw. ihre Vorgängerorganisation - häufig in enger Zusammenarbeit mit Gruppierungen der späteren Islamischen Front - an fast allen wichtigen Operationen der syrischen Aufständischen beteiligt, insbesondere an der Offensive in der Stadt Aleppo im Juli 2012, der Einnahme der Provinzhauptstadt Rakka im März 2013, in Zusammenarbeit mit der JaN, dem "Islamischen Staat im Irak und Syrien", der Vorgängerorganisation des "Islamischen Staates", und anderen dschihadistischen Gruppierungen ab dem 4. August 2013 an der Offensive gegen alawitische Dörfer im Gebirge in der Provinz Latakia, bei der zahlreiche Zivilisten ermordet wurden, sowie im Februar 2014 an dem Angriff auf das Zentralgefängnis von Aleppo, an dem wiederum auch die JaN und weitere dschihadistische Vereinigungen teilnahmen. Ab März 2015 bestand ein dauerhaftes militärisches Zweckbündnis mit der JaN.

Die zentrale Führung der Ahrar al-Sham bestand aus einem Schura-Rat sowie Büros für Militär, Religion, Finanzen, humanitäre Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit. Die Organisation verfügte nach ihren Angaben über ein eigenes Medienbüro, das die verschiedenen Videos veröffentlichte; Verlautbarungen sowie Bekenner- und Propagandavideos wurden sowohl über soziale Netzwerke als auch über ihre Internetpräsenz verbreitet. Als weitere Führungsebene fungierten die Anführer in den einzelnen syrischen Provinzen. Die Kampfeinheiten waren überwiegend mit erbeuteten ehemaligen Beständen der syrischen Armee bewaffnet. Die Organisation verfügte über Befehlsstrukturen: Die Anweisungen und Planungen der höheren Ebene wurden durch die nachgeordneten umgesetzt.

dd) Der aus Tabka stammende Angeschuldigte nahm zumindest ab dem Jahr 2013 am bewaffneten Kampf gegen die syrische Regierung und die regulären syrischen Streitkräfte teil.

(1) Dazu schloss er sich spätestens im Januar 2013 der Organisation Ahrar al-Tabka an, gliederte sich in sie ein und war unter anderem propagandistisch für sie tätig. Er nahm etwa Lichtbilder und Videos von Mitgliedern auf, um ein positives Bild der Gruppenaktivitäten festzuhalten.

(2) Der Angeschuldigte war im Rahmen seiner Tätigkeit für die Ahrar al-Tabka mit einem funktionsfähigen Sturmgewehr, vermutlich des Typs AK 47 (Kalaschnikow), bewaffnet. Dadurch war er zum einen kampfbereit und stärkte die Schlagkraft, zum anderen nutzte er die Waffe gelegentlich für seine Medientätigkeit und posierte damit.

(3) Nachdem die Gruppierung und andere Verbände die syrische Armee am 11. Februar 2013 aus Tabka verdrängt hatten, beschaffte und vermittelte der Angeschuldigte Wohnraum für Kämpfer seiner Organisation. Dazu suchte er leerstehende Wohnungen und Häuser, deren rechtmäßige Inhaber Anhänger der Regierung al-Assads waren und aufgrund des Bürgerkriegs aus der Stadt geflohen waren. Die Gebäude wurden mit einem Schriftzug der Ahrar al-Tabka gekennzeichnet.

(4) Er gliederte sich nach dem Anschluss der Ahrar al-Tabka an die Ahrar al-Sham im August 2013 ebenfalls in diese neue Gesamtorganisation ein. Er übernahm für sie in Kenntnis ihrer Strukturen und Ziele sowie im Einvernehmen mit ihren Entscheidungsträgern verschiedene Aufgaben bis Anfang des Jahres 2014. So beteiligte er sich an der Überwachung des bei Tabka gelegenen Staudamms und weiter an Medienarbeit.

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich in Bezug auf den Konflikt in Syrien sowie die Organisationen Ahrar al-Tabka und Ahrar al-Sham insbesondere aus Gutachten des Sachverständigen Dr. S. , umfangreichen Auswertevermerken des Bundeskriminalamts und Behördenerklärungen des Bundesnachrichtendienstes. Der Angeschuldigte hat sich bislang nicht zu den Tatvorwürfen eingelassen. Seine Eingliederung in die Vereinigungen und seine Tätigkeiten für diese belegen insbesondere Videos, Lichtbilder, Kommunikationsinhalte sowie die Angaben mehrerer Zeugen, die auch die Verwaltung von Wohnraum geflüchteter regimenaher Bewohner detaillierter dargestellt haben. Zu der Identifizierung des Angeschuldigten in den Videos liegen verschiedene Gutachten vor.

Wegen weiterer Einzelheiten zur vorläufigen Bewertung der Beweisergebnisse wird auf die Haftbefehle und die Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.

c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass sich der Angeschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum, gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 , Abs. 2 Nr. 4 StGB , § 9 Abs. 1 VStGB , § 22a Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit Nr. 29 Buchst. c der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG, §§ 52 , 53 StGB strafbar gemacht hat.

aa) Der Angeschuldigte ist der mitgliedschaftlichen Beteiligung an den ausländischen terroristischen Vereinigungen Ahrar al-Tabka und Ahrar al-Sham dringend verdächtig. Beide Organisationen erfüllen die Voraussetzungen für eine Vereinigung nach den §§ 129 , 129a StGB . Das gilt sowohl unter Zugrundelegung des früher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Vereinigungsbegriffs (s. dazu etwa BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 116 ff. mwN) als auch nach der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 , § 129a Abs. 1 StGB in der seit dem 22. Juli 2017 gültigen Fassung. Namentlich waren die Ahrar al-Tabka nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand trotz ihres späteren Anschlusses an die Ahrar al-Sham auf eine gewisse Dauer angelegt und hatten mit Blick auf ihren Aufbau sowie ihr Vorgehen ein Mindestmaß an fester Organisation mit einer gegenseitigen Verpflichtung der Mitglieder unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen (vgl. zur Ahrar al-Sham bereits BGH, Beschluss vom 19. Mai 2015 - AK 10/15, NStZ-RR 2015, 242 , 243).

bb) Darüber hinaus stellt der Umgang des Angeschuldigten mit dem Wohnraum geflüchteter regimenaher Personen ein Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte nach § 9 Abs. 1 VStGB dar. Hierfür bedarf es gegenwärtig keiner abschließenden Klärung, ob er die zugeteilten Wohnungen und Häuser tatsächlich sich aneignete oder sein Verhalten stattdessen als Beschlagnahme im Sinne des § 9 Abs. 1 VStGB zu werten ist (vgl. zum Begriffsverständnis von Aneignung und Beschlagnahme in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Strafrecht BT-Drucks. 14/8524 S. 31; zu den übrigen Tatbestandsmerkmalen BGH, Beschlüsse vom 4. April 2019 - AK 12/19, NStZ-RR 2019, 229 , 230 f.; vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 28 mwN).

cc) Schließlich liegt ein Verstoß gegen § 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKG vor, soweit der Angeschuldigte während seiner Mitgliedschaft für die Ahrar al-Tabka die tatsächliche Gewalt über ein automatisches Sturmgewehr ausübte, ohne über eine entsprechende Genehmigung zu verfügen.

dd) Zur Konkurrenz der verschiedenen Tatbestände gilt, dass bei aufeinanderfolgenden Tathandlungen der Mitgliedschaft in zwei unterschiedlichen terroristischen Vereinigungen Tatmehrheit nach § 53 StGB gegeben ist (s. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - StB 2/15, juris Rn. 22; vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Februar 2007 - StB 19/06, NStZ 2007, 401 , 402). Die mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte für die jeweilige Vereinigung, die zugleich den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen, stehen gemäß § 52 Abs. 1 Alternative 1 StGB in Tateinheit mit der jeweils gleichzeitig verwirklichten mitgliedschaftlichen Beteiligung, jedoch - soweit sich nach allgemeinen Grundsätzen nichts anderes ergibt - sowohl untereinander als auch zu der Gesamtheit der sonstigen mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte in Tatmehrheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308 Rn. 23 ff.; vom 9. Juni 2020 - AK 12/20, juris Rn. 30 f. mwN).

d) Deutsches Strafrecht ist nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen für den Angeschuldigten in Bezug auf das Kriegsverbrechen nach § 1 Satz 1 VStGB , im Übrigen zumindest gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB anwendbar (vgl. näher BGH, Beschlüsse vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.; vom 5. Juni 2019 - AK 26/19, juris Rn. 17).

e) Ermächtigungen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, die eine Strafverfolgung des Angeschuldigten wegen der im Haftbefehl genannten Taten gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB zulassen, liegen vor, in Bezug auf die Ahrar al-Tabka vom 2. Juli 2019 und hinsichtlich der Ahrar al-Sham vom 25. Juli 2014.

3. Es sind die Haftgründe der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO sowie - auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 StPO (s. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 - AK 57/18, juris Rn. 30 ff.) - der Schwerkriminalität gegeben. Es ist wahrscheinlicher, dass sich der erst seit einigen Jahren in Deutschland lebende syrische Angeschuldigte - sollte er auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm stellen wird. Er plante bereits vor seiner Festnahme, letztlich nach Syrien zurückzukehren. Dort wohnen auch seine Eltern. Eine Arbeitsstelle hatte er bereits vor seiner Inhaftierung verloren. Insgesamt sind besondere, einer Flucht entgegenstehende Bindungen nicht ersichtlich. Vielmehr stellt die angesichts der Tatvorwürfe zu erwartende Strafe einen erheblichen Fluchtanreiz dar.

Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO erreicht werden.

4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO ) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Haftfortdauer. Am Tag der Festnahme des Angeschuldigten sind zwei Laptops und ein Mobiltelefon sichergestellt sowie im Folgenden unter Hinzuziehung von Dolmetschern ausgewertet worden. Nach Akteneingang beim Generalbundesanwalt im Dezember 2020 hat dieser im folgenden Monat Anklage erhoben. Der Vorsitzende des mit der Sache befassten Senats des Kammergerichts hat noch am Tag des Verfahrenseingangs die Zustellung der Anklageschrift veranlasst und das Verfahren auch im Übrigen ohne Verzögerung gefördert. Für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens sind bereits mit dem Verteidiger und dem Generalbundesanwalt grundsätzlich zwei Hauptverhandlungstermine pro Woche ab Mitte April 2021 abgesprochen.

5. Schließlich steht die Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Angeschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits nicht zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO ).