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BGH - Entscheidung vom 09.02.2021

VIII ZB 20/20

Normen:
GVG § 13
GVG § 17 Abs. 2 S. 1
GVG § 17a
SGG § 51 Abs. 1
GVG § 13
GVG § 17 Abs. 2 S. 1
GVG § 17a
SGG § 51 Abs. 1
SGG § 51 Abs. 1
GVG § 13
GVG § 17Abs.2 S. 1
GVG 17a

Fundstellen:
BGHZ 228, 373
DVBl 2021, 1492
MDR 2021, 664
NVwZ 2021, 660
NZM 2021, 577

BGH, Beschluss vom 09.02.2021 - Aktenzeichen VIII ZB 20/20

DRsp Nr. 2021/5472

Ableitung des Zahlungsanspruch eines Betreibers von Obdachlosenunterkünften aus einem an ihn gerichteten, die Beherbergung eines Flüchtlings betreffenden "Kostenübernahmeschein" eines öffentlichen Leistungsträgers; Abgrenzung zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verträgen (hier; Vertrag zwischen privatem Unterkunftsbetreiber und öffentlichem Leistungsträger über den Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft zur vorübergehenden Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern (sog. Betreibervertrag)

a) Für den Zahlungsanspruch, den ein Betreiber von Obdachlosenunterkünften aus einem an ihn gerichteten, die Beherbergung eines Flüchtlings betreffenden "Kostenübernahmeschein" eines öffentlichen Leistungsträgers ableitet, ist in der Regel nach § 51 Abs. 1 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 9. Februar 2021 - VIII ZB 21/20, zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. BVerwGE 96, 71 , 73 ff. zur Eröffnung des seinerzeit für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten dieser Art noch gegebenen Verwaltungsrechtswegs).b) Zur Abgrenzung zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verträgen (hier: Vertrag zwischen privatem Unterkunftsbetreiber und öffentlichem Leistungsträger über den Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft zur vorübergehenden Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern; sogenannter Betreibervertrag).

1. Für den Zahlungsanspruch, den ein Betreiber von Obdachlosenunterkünften aus einem an ihn gerichteten, die Beherbergung eines Flüchtlings betreffenden "Kostenübernahmeschein" eines öffentlichen Leistungsträgers ableitet, ist in der Regel nach § 51 Abs. 1 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.2. Betreiberverträge, deren Vertragsgegenstand der Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft zur vorübergehenden Unterbringung von - unter anderem - Flüchtlingen und Asylbewerbern ist, wobei die Belegung der Unterkunftsplätze durch die öffentlichen Leistungsträger erfolgt, sind grundsätzlich als öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X einzuordnen.

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden die Beschlüsse des 8. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. März 2020 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 23. April 2020 - und des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 26 - vom 19. November 2019 aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Sozialgericht Berlin verwiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.038,98 € festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 51 Abs. 1 ; GVG § 13 ; GVG § 17Abs.2 S. 1; GVG 17a;

Gründe

I.

Die Klägerin betreibt in Berlin insgesamt sechs Beherbergungsstätten für wohnungslose Personen. Über eine tägliche Belegungsmeldung wurden die freien Plätze in den von dem beklagten Land aufgeführten Obdachlosenunterkünften unter anderem den Berliner Jobcentern mitgeteilt. Diese wiesen den Beherbergungsstätten der Klägerin sodann je nach Bedarf Flüchtlinge oder Asylbewerber zu.

Für vier der Beherbergungsstätten schlossen die Parteien nach einem weitgehend einheitlichen Muster sogenannte Betreiberverträge. Darin verpflichtete sich die Klägerin, eine Gemeinschaftsunterkunft mit einer bestimmten Kapazität zur vorübergehenden Unterbringung unter anderem von Flüchtlingen und Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen und in einem vertragsgemäß geeigneten Zustand zu betreiben. Der Beklagte verpflichtete sich zwecks Abgeltung der vertraglichen Leistungen der Klägerin, für jede eingewiesene Person während der Gültigkeit einer Kostenübernahmeerklärung einen bestimmten Tagessatz zu entrichten. Mit Schreiben vom 21. Juni 2017 kündigte das beklagte Land sämtliche Betreiberverträge fristlos.

Die einer Beherbergungsstätte zugewiesenen Flüchtlinge und Asylbewerber erhielten von den Jobcentern des Beklagten eine an die Klägerin gerichtete mit "Kostenübernahme" überschriebene Bescheinigung. Bei Vorlage dieser Bescheinigung gewährte die Klägerin dem jeweiligen Hilfeempfänger Unterkunft in der betreffenden Beherbergungsstätte. Die Kostenübernahmescheine enthalten unter anderem folgende Erklärungen bzw. Hinweise:

"Durch diese Erklärung wird kein Vertragsverhältnis zwischen dem Land Berlin bzw. der Arbeitsgemeinschaft und dem Unterkunftsanbieter begründet."

Mit der Klage nimmt die Klägerin das beklagte Land für die Beherbergung von Flüchtlingen in den Monaten September bis Dezember 2017 auf Entgeltzahlung in Höhe von insgesamt 21.116,96 € in Anspruch.

Die Parteien streiten im hiesigen Zwischenverfahren darüber, ob für die Klage der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder zu den Sozialgerichten gegeben ist.

Das Landgericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten hat das Kammergericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtswegfrage zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Ziel, eine Sachentscheidung im Rechtsweg vor den Sozialgerichten herbeizuführen, weiter.

II.

Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat - im Anschluss an die Ausführungen des 11. Zivilsenats des Kammergerichts in dessen Beschluss vom 6. Mai 2019 ( 11 W 2/19; nachfolgend Senatsbeschluss vom 5. August 2020 - VIII ZB 46/19, juris) - im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei nach § 13 GVG eröffnet, da die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin als Leistungserbringerin und dem Beklagten als Sozialhilfeträger - jedenfalls auch - zivilrechtlich zu beurteilen sei. Es könne dahinstehen, ob die Kostenübernahmeerklärungen (zugleich auch) als hoheitliche Selbstverpflichtung mit Bindungswillen im Wege einer einseitigen öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zu qualifizieren seien. Denn in Fällen, in denen der Klageanspruch bei identischem Streitgegenstand auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Anspruchsgrundlagen gestützt werde, sei das angerufene Gericht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG zur Entscheidung über sämtliche Klagegründe verpflichtet, sofern nur der Rechtsweg für einen von ihnen gegeben sei.

Das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Betreiberin der Obdachlosenunterkünfte, den Hilfeempfängern und dem Beklagten als Sozialhilfeträger sei dreiseitig: Zwischen den Hilfeempfängern und der Klägerin werde ein Beherbergungsvertrag geschlossen, dessen wesentlicher Bestandteil die Überlassung eines möblierten Raums nebst Versorgungsleistungen (Heizung, Wasser, Strom) gegen ein Entgelt sei; hierfür komme nach seinem Schwerpunkt Mietrecht, mithin Zivilrecht, zur Anwendung. Ferner bestehe zwischen dem Hilfeempfänger und dem Beklagten als Sozialhilfeträger auf der Grundlage des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 22 SGB II ) ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Durch die für die Qualifizierung der Natur des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten maßgebliche Kostenübernahmeerklärung trete der Beklagte in das Zivilrechtsverhältnis zwischen Klägerin und Hilfeempfänger ein, indem er dem Beherbergungsbetreiber die Zahlung des Beherbergungsentgelts zusage.

In dieser Erklärung sei nicht lediglich eine Tatsachenmitteilung über das Bestehen eines Hilfeanspruchs und die Bekanntgabe der beabsichtigten Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Wege der Direktzahlung nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II zu sehen. Eine solche Sichtweise werde der Interessenlage der Beteiligten nicht gerecht. Ausgehend vom Empfängerhorizont sei eine "Kostenübernahme" bereits begrifflich nicht als bloße Information über Anspruchsverhältnisse und Zahlungsmodalitäten zu verstehen, sondern als verbindliche Erklärung, die Kosten der Unterbringung unter den in der Kostenübernahmeerklärung definierten Voraussetzungen und in dem dort bestimmten Umfang zu tragen. Die Hinweise auf den Kostenübernahmebescheinigungen stellten in diesem Zusammenhang lediglich klar, dass sich die Kostenübernahme hinsichtlich Höhe und Zeitraum akzessorisch zum Sozialhilfeanspruch verhalte, und dass der Beklagte nicht Vertragspartner der Klägerin bezüglich des Beherbergungsvertrags werde. Für den Beklagten sei - weil der Hilfeempfänger wirtschaftlich zur Entrichtung des Beherbergungsentgelts typischerweise nicht in der Lage sei - erkennbar gewesen, dass das Vertrauen der Klägerin in die Kostenübernahme durch den Beklagten die entscheidende Voraussetzung für die Aufnahme des Hilfeempfängers in der Unterkunft gewesen sei.

Die demnach in der Kostenübernahmeerklärung liegende Selbstverpflichtung sei - jedenfalls auch - privatrechtlicher Natur.

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts handelt es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit (§ 13 GVG ), sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben ist (§ 51 Abs. 1 SGG ).

a) Beklagter des Rechtsstreits ist das Land Berlin und nicht - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - das Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg.

Nach dem (berichtigten) Rubrum des angefochtenen Beschlusses ist das "Land Berlin, vertreten durch das Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg" Beklagter des hiesigen Verfahrens. Dass dieses Rubrum falsch sei, wird im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gerügt. Soweit die Rechtsbeschwerde unter Verweis auf den zweitinstanzlichen Rubrumsberichtigungsantrag der Klägerin meint, das Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg sei Beklagter des hiesigen Verfahrens, übersieht sie, dass das Beschwerdegericht das Rubrum des Beklagten - unter (stillschweigender) teilweiser Abweisung des Berichtigungsantrags - lediglich im Hinblick auf die Vertretung des beklagten Landes geändert hat (Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg anstelle des Jobcenters Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf) und hiergegen keine weiteren Einwände erhoben wurden. Im Übrigen belegen auch die Gründe des angefochtenen Beschlusses, dass das Beschwerdegericht das Land Berlin als (richtigen) Beklagten angesehen hat.

b) Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Nach § 51 Abs. 1 SGG entscheiden die Sozialgerichte über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten unter anderem in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG ).

Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn es - wie hier - an einer ausdrücklichen Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (st. Rspr.; etwa Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 4. Juni 1974 - GmS- OGB 2/73, BSGE 37, 292 ; vom 10. April 1986 - GmS- OGB 1/85, BGHZ 97, 312 , 313 f.; vom 29. Oktober 1987 - GmS- OGB 1/86, BGHZ 102, 280 , 283; vom 10. Juli 1989 - GmS- OGB 1/88, BGHZ 108, 284 , 286 mwN; BGH, Urteil vom 10. Januar 1984 - VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250 , 251; Beschlüsse vom 24. Juli 2001 - VI ZB 12/01, BGHZ 148, 307 , 308; vom 29. April 2008 - VIII ZB 61/07, BGHZ 176, 222 Rn. 8; vom 14. April 2015 - VI ZB 50/14, BGHZ 204, 378 Rn. 12; BSG , NZS 2014, 918 Rn. 8; BSG , Beschluss vom 25. Oktober 2017 - B 7 SF 1/16 R, juris Rn. 6). Dabei kommt es nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der von Rechtsätzen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BGH, Urteile vom 23. Februar 1988 - VI ZR 212/87, BGHZ 103, 255 , 257; vom 1. Dezember 1988 - IX ZR 61/88, BGHZ 106, 134 , 135; vom 28. Februar 1991 - III ZR 53/90, BGHZ 114, 1 , 5; Beschlüsse vom 30. Januar 1997 - III ZB 110/96, NJW 1997, 1636 unter II 1; vom 30. Mai 2000 - VI ZB 34/99, VersR 2000, 1390 unter 1; vom 29. April 2008 - VIII ZB 61/07, aaO; vom 17. Dezember 2009 - III ZB 47/09, VersR 2011, 90 Rn. 7; vom 14. April 2015 - VI ZB 50/14, aaO). Entscheidend ist demnach die wahre Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs (Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2009 - VIII ZB 42/08, BGHZ 183, 49 Rn. 13; BVerwGE 96, 71 , 74).

Bei der auf diese Weise vorzunehmenden Abgrenzung ist zu berücksichtigen, dass die öffentliche Verwaltung die ihr anvertrauten öffentlichen Aufgaben auch in Form und mit Mitteln des Privatrechts erfüllen kann, wenn und soweit keine öffentlich-rechtlichen Normen oder Rechtsgrundsätze entgegenstehen, und deshalb nicht ohne weiteres von der öffentlichen Aufgabe auf den öffentlich-rechtlichen Charakter ihrer Ausführung geschlossen werden darf. Bei Streit um die Aufgabenerfüllung kommt es für die Rechtswegzuordnung folglich nicht entscheidend auf das rechtliche Gepräge der Aufgabe, sondern auf das ihrer Erfüllung an (BVerwGE, aaO S. 73 f.).

c) Nach diesem Maßstab handelt es sich vorliegend entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende (hier: Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3, § 22 SGB II ).

Grundsätzlich kann die von einem öffentlichen Leistungsträger an einen Unterkunftsanbieter gerichtete rechtsverbindliche Erklärung, die Kosten für die Unterkunft einer leistungsberechtigten Person (Hilfeempfänger) zu übernehmen, wie sie hier von der Klägerin behauptet wird, eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Erklärung darstellen. Im Rahmen des öffentlichen Rechts kann eine solche Willenserklärung Bestandteil eines öffentlich-rechtlichen Vertrags sein oder als einseitiges Leistungsversprechen (hoheitliche Selbstverpflichtung mit Bindungswillen) auftreten (so etwa BVerwGE 96, 71 , 75 f.; BSG , Beschluss vom 25. Oktober 2017 - B 7 SF 1/16 R, aaO Rn. 7, 10; BayVGH, NJW 1990, 1868 unter 1 a; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. März 2016 - L 15 AY 23/15 B ER, juris Rn. 26; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Februar 2019 - L 7 AS 2024/18 B, juris Rn. 11). Im Rahmen des Privatrechts kommt ein Bürgschafts- oder Garantieversprechen, eine befreiende Schuldübernahme oder ein Schuldbeitritt in Betracht (vgl. BSG , Beschluss vom 12. April 2018 - B 14 SF 1/18 R, juris Rn. 10 [zu einer selbstschuldnerischen Bürgschaft]; OVG Berlin, NJW 1984, 2593 ; KG, Urteil vom 29. Dezember 2017 - 21 U 82/17, juris Rn. 30; jeweils im Ergebnis offenlassend, ob eines der genannten privatrechtlichen Rechtsgeschäfte vorliegt). Für die Zuordnung kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an (BVerwGE, aaO S. 74 f.).

aa) Dass ein Anspruch je nach den Umständen des Einzelfalls privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur sein kann, bedeutet auch dann, wenn in der Rechtsprechung und/oder der Literatur unterschiedliche Auffassungen zu der Zuordnung eines bestimmten Anspruchs in gleich oder ähnlich gelagerten Sachverhaltskonstellationen vertreten werden, nicht, dass der Kläger zwischen den in Betracht kommenden Rechtswegen frei wählen kann.

Zwar entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In Fällen, in denen der Klageanspruch auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete (auch tatsächlich und rechtlich selbstständige) Grundlagen gestützt ist, ist das angerufene Gericht deshalb zur Entscheidung über sämtliche Klagegründe verpflichtet, sofern nur der Rechtsweg für einen von ihnen gegeben ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, BGHZ 121, 367 , 373; vom 28. Februar 1991 - III ZR 53/90, BGHZ 114, 1 , 2; Beschlüsse vom 4. Dezember 2003 - I ZB 19/03, NJW-RR 2004, 1119 unter II 2 b dd mwN; vom 14. Mai 1998 - I ZB 17/98, NJW 1998, 3418 unter II 2 c; vgl. auch BT-Drucks. 11/7030, S. 37). Erforderlich ist danach aber, dass zumindest für einen der nach dem Vorbringen des Klägers bei objektiver Würdigung in Betracht kommenden Klagegründe der seinerseits beschrittene Rechtsweg eröffnet ist. Ob das der Fall ist, kann das erkennende Gericht nicht mit der Begründung offenlassen, es würden hierzu verschiedene rechtliche Auffassungen vertreten, von denen keine offensichtlich haltlos erscheine. Auch die vom Beschwerdegericht vorgenommene Einordnung der streitgegenständlichen Ansprüche als "zumindest auch-privatrechtlich" wird den Anforderungen an die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG notwendige Feststellung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht gerecht.

Dass der 7. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 25. Oktober 2017 ( B 7 SF 1/16 R, juris Rn. 8 ff.), der ein mit dem hiesigen Fall vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, insoweit einen anderen Maßstab angewendet hat, erfordert nicht die Herbeiführung einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Obersten Gerichtshöfe des Bundes. Denn im Ergebnis besteht Einigkeit, dass in den betreffenden Fallkonstellationen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist. Eine Divergenz in Bezug auf dieselbe jeweils entscheidungserhebliche Rechtsfrage liegt mithin nicht vor.

bb) Im Streitfall sind die Zahlungsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen der Unterbringung von Flüchtlingen, sollten sie bestehen, als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren.

(1) Soweit die Klägerin ihre Zahlungsansprüche auf die - dem Beklagten als Leistungsträger (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 1 AG- SGB II Berlin) zuzurechnenden - Erklärungen in den Kostenübernahmescheinen des - ausschließlich die Aufgaben des Trägers wahrnehmenden (§ 44b Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SGB II ) - Jobcenters stützt, ist von einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auszugehen, weil der Rechtsinhalt dieser etwaigen Ansprüche maßgeblich von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts, namentlich - wie die Befassung des örtlich zuständigen Jobcenters mit der Leistungsbewilligung gegenüber den betroffenen Flüchtlingen zeigt - durch die Vorschriften des SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende), geprägt wird.

(a) Eine Kostenübernahmeerklärung der hier umstrittenen Art setzt, soweit ihr überhaupt ein rechtlicher Bindungswille des öffentlichen Leistungsträgers im Verhältnis zu dem Unterkunftsanbieter zu entnehmen ist, ersichtlich die Hilfebedürftigkeit der zu beherbergenden Person voraus und gilt auch nur für die Dauer sowie in dem - nach den entsprechenden sozialrechtlichen Vorgaben anzuerkennenden - Umfang dieser Hilfebedürftigkeit. Der Leistungsanspruch des Hilfesuchenden und die etwaige Selbstverpflichtung des öffentlichen Leistungsträgers gegenüber dem Unterkunftsanbieter stehen somit in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang. Diese Akzessorietät rechtfertigt in aller Regel die Annahme, dass der öffentliche Leistungsträger mit der (behaupteten) Selbstverpflichtung die Handlungsebene des öffentlichen Rechts nicht hat verlassen wollen und für seine Erklärung die Form eines öffentlich-rechtlichen - einseitigen oder vertraglichen - Leistungsversprechens gewählt hat. Eine privatrechtliche Natur der Erklärung kommt demgegenüber nur in Betracht, wenn ihr selbst oder den sie begleitenden Umständen besondere Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass sich der Leistungsträger privatrechtlicher Handlungsformen bedienen wollte (vgl. BVerwGE, aaO S. 75 f.).

(b) Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere der Umstand, dass die zu beurteilenden Kostenübernahmescheine den ausdrücklichen Hinweis enthalten, es werde "durch diese Erklärung (...) kein Vertragsverhältnis zwischen dem Land Berlin bzw. der Arbeitsgemeinschaft und dem Unterkunftsanbieter begründet", spricht - was das Beschwerdegericht übersehen hat - entscheidend dagegen, dass sich der Beklagte privatrechtlicher Handlungsformen bedienen wollte. Es kann sich bei den betreffenden Erklärungen mithin allenfalls um öffentlich-rechtliche einseitige Leistungsversprechen der Beklagten handeln.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung ist der Senat an das anderslautende Auslegungsergebnis des Beschwerdegerichts, wonach die Kostenübernahmescheine eine "zumindest auch-privatrechtliche" Schuld(mit)übernahme enthalten sollen, nach § 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 559 ZPO nicht gebunden. Denn selbst wenn man mit der Rechtsbeschwerdeerwiderung eine eingeschränkte Überprüfbarkeit des vom Tatrichter gefundenen Auslegungsergebnisses - wie sie für die Auslegung von individuellen Willenserklärungen gilt - annimmt, erweist sich die Auslegung durch das Beschwerdegericht als rechtsfehlerhaft, so dass sie - da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind - (uneingeschränkt) durch den Senat vorzunehmen ist (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 3. November 1993 - VIII ZR 106/93, BGHZ 124, 39 , 45; vom 16. Dezember 1998 - VIII ZR 197/97, NJW 1999, 1022 unter II 2 b).

Die Überprüfung der tatrichterlichen Auslegung einer individuellen Willenserklärung beschränkt sich darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit dem Rechtsmittel gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 30; vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18, NJW 2019, 2298 Rn. 31; Senatsbeschluss vom 14. Januar 2020 - VIII ZR 169/18, juris Rn. 13). Diese Maßstäbe gelten auch für die Beantwortung der Frage, ob überhaupt eine rechtsverbindliche Willenserklärung abgegeben worden ist (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2016 - VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 28 mwN). Solche im Fall einer beschränkten Überprüfbarkeit beachtlichen Auslegungsfehler liegen hier vor.

(aa) Zum einen ist die Würdigung des Beschwerdegerichts, der Beklagte habe mit dem Hinweis, durch die Erklärungen auf den Kostenübernahmescheinen werde kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien begründet, lediglich klarstellen wollen, dass er selbst nicht Vertragspartner des Beherbergungsvertrags werde, und dieser stehe der Annahme einer Schuld(mit)übernahme deshalb nicht entgegen, in sich widersprüchlich und lässt sich mit dem Wortlaut der Angaben auf den Kostenübernahmescheinen nicht vereinbaren. Denn auch die Schuld(mit)übernahme kann nur durch den Abschluss eines Vertrags zustande kommen. An diesem Vertrag ist auf der einen Seite stets der (alleinige oder zusätzliche) neue Schuldner und auf der anderen Seite entweder der ursprüngliche Schuldner oder der Gläubiger beteiligt. Hier kommt nur Letzteres in Betracht, weil die Schuld(mit)übernahme aus Sicht des Beschwerdegerichts jeweils durch die an die Klägerin als Gläubigerin gerichteten Kostenübernahmescheine des Beklagten zustande gekommen sein soll. Die Begründung eines Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien wird durch den insoweit eindeutigen Hinweis des Beklagten auf den Kostenübernahmescheinen aber gerade ausdrücklich abgelehnt.

Der genannte Hinweis zeigt deshalb - in Verbindung mit dem Umstand, dass ausdrücklich eine "Kostenübernahme" für die Unterkunft des jeweiligen Flüchtlings bescheinigt wird - vielmehr, dass der Beklagte die Klägerin allein über ein Vorgehen nach § 22 Abs. 7 SGB II informieren wollte, wonach die den Bedarf von Unterkunft und Heizung deckende Geldleistung unter bestimmten Umständen unmittelbar an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu erbringen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 39/17, NJW 2018, 1079 Rn. 20 ff.). Das wird besonders deutlich durch die weiteren - allerdings nicht auf allen Kostenübernahmescheinen enthaltenen - Hinweise dahingehend, dass der Kostenübernahmeschein "ausschließlich Zahlungsmodalitäten" regele, und "Zahlungspflichtiger (...) stets der zu beherbergende Nutzer" bleibe. Aber auch in den Fällen, in denen sich auf dem Kostenübernahmeschein an den Hinweis auf das Nicht-Zustandekommen eines Vertragsverhältnisses mit der Klägerin lediglich die Aufforderung zur Rechnungslegung sowie zur Bekanntgabe der Bankverbindung anschließt, ist nach Maßgabe des Empfängerhorizonts davon auszugehen, dass der Beklagte die Klägerin über das gegenwärtige Bestehen eines die Unterkunftskosten einschließenden Leistungsanspruchs des zu beherbergenden Flüchtlings und die mit dieser Kostenübernahme einhergehenden Zahlungsmodalitäten gemäß § 22 Abs. 7 SGB II unterrichten wollte.

(bb) Zum anderen verstößt die Auslegung durch das Beschwerdegericht gegen den - der Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegenden - Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 31; vom 22. November 2017 - VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 30; vom 13. April 2016 - VIII ZR 198/15, WuM 2016, 350 Rn. 22; jeweils mwN). Das Beschwerdegericht hat seine Auslegung einseitig an dem Interesse der Klägerin an einem zuverlässigen zahlungsfähigen Schuldner ausgerichtet und dabei das oben bereits erwähnte Interesse des Beklagten daran, sich im Rahmen des öffentlichen Rechts - unter anderem innerhalb der Vorgaben des § 22 SGB II - zu bewegen, unberücksichtigt gelassen. Es hat zudem ausgeblendet, dass die oben genannte wortlautgetreue Auslegung im Regelfall ebenfalls sowohl dem wirtschaftlichen Interesse eines Unterkunftsanbieters an einem zuverlässigen Zahler als auch dem vom Leistungsträger verfolgten öffentlichen Interesse daran, einer leistungsberechtigten Person Unterkunft und Heizung zu sichern, gerecht wird (vgl. BVerwGE, aaO S. 76 f.), weil der Unterkunftsanbieter sich auch bei dieser rechtlichen Ausgangslage auf die Zahlung der Unterkunftskosten verlassen kann, soweit und solange der Hilfeanspruch des zu Beherbergenden besteht.

(c) Auch die Grundsätze, die die Rechtsprechung nach Maßgabe der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Rechtslage zum sogenannten sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis entwickelt hat, stehen dieser Deutung nicht entgegen.

(aa) Seit der grundlegenden Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2008 (BSGE 102, 1 Rn. 15 ff.) entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass in den dem SGB XII (Sozialhilfe) unterliegenden Sachverhaltskonstellationen, in denen der Sozialhilfeträger die ihm gegenüber einer leistungsberechtigten Person (Hilfeempfänger) obliegende Sachleistungsverschaffung nicht selbst erbringt und dem Hilfeempfänger deshalb nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) die Übernahme der Vergütung für die Leistung durch einen Dritten (Leistungserbringer) schuldet, der in diesem Zusammenhang zugunsten des Hilfeempfängers ergehende Bewilligungsbescheid regelmäßig zugleich einen - konkludenten - Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers zu der privatrechtlichen Zahlungsverpflichtung enthält, die den Hilfeempfänger im Rahmen des jeweiligen Vertrags mit dem Leistungserbringer trifft. Der Bewilligungsbescheid wird demgemäß als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X ) mit Drittwirkung zugunsten des Leistungserbringers angesehen, durch den der Sozialhilfeträger Gesamtschuldner einer zivilrechtlichen Forderung (§§ 421 ff. BGB ) in Höhe der bewilligten Leistung wird (vgl. BGH, Urteile vom 11. April 2019 - III ZR 4/18, NJW 2019, 2611 Rn. 18; vom 31. März 2016 - III ZR 267/15, BGHZ 209, 316 , Rn. 20 mwN; vom 7. Mai 2015 - III ZR 304/14, BGHZ 205, 260 Rn. 24; BSG , Beschlüsse vom 18. März 2014 - B 8 SF 2/13 R, juris Rn. 7 f.; vom 30. September 2014 - B 8 SF 1/14 R, juris Rn. 9).

(bb) Diese Grundsätze finden keine Anwendung auf den Streitfall und lassen sich auch nicht auf ihn übertragen.

(aaa) Unmittelbar anwendbar sind die aufgezeigten Grundsätze schon deshalb nicht, weil ein - aus den Vorschriften des SGB XII aF (Sozialhilfe) entwickeltes - sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis hier nicht vorliegt. Die etwaigen Leistungsansprüche der im Streitfall betroffenen Flüchtlinge gegen den Beklagten gehen nämlich - wie aufgezeigt - aus dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende), nicht aber aus dem SGB XII aF hervor (vgl. BSG , Beschluss vom 25. Oktober 2017 - B 7 SF 1/16 R, juris Rn. 10 zu Leistungsansprüchen nach dem AsylbLG ).

(bbb) Unabhängig davon scheidet eine (analoge) Anwendung der im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis geltenden Grundsätze auf den Streitfall aber auch wegen der bereits dargestellten besonderen Einzelfallumstände aus.

Anders als in den Fällen, die den oben zitierten Entscheidungen des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zugrunde lagen, hat der Beklagte als öffentlicher Leistungsträger hier nicht etwa lediglich einen Bewilligungsbescheid zugunsten des jeweiligen Flüchtlings erlassen und die Klägerin als Leistungserbringerin hierüber informiert. Er hat vielmehr jeweils neben dem Erlass eines Bewilligungsbescheids einen an die Klägerin gerichteten Kostenübernahmeschein ausgestellt und dem jeweiligen Flüchtling (zur Übergabe an den zuständigen Mitarbeiter in der betreffenden Beherbergungsstätte der Klägerin) ausgehändigt, wonach er die Begründung eines vertraglichen Verhältnisses zu der Klägerin als Leistungserbringerin - wie bereits erwähnt - ausdrücklich verneint hat. Ein rechtsgeschäftlicher Schuldbeitritt zu der den Flüchtling aus dem Beherbergungsvertrag mit der Klägerin treffenden Zahlungspflicht, der nach den oben dargestellten Grundsätzen zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis durch den Erlass des Bewilligungsbescheids, also im Verhältnis zwischen dem Beitretenden und dem ursprünglichen Schuldner (hier: dem Flüchtling) begründet wird, ist danach ausgeschlossen. Denn die ausdrückliche Ablehnung der Begründung eines vertraglichen Verhältnisses zu der Klägerin, die dem betreffenden Flüchtling durch Aushändigung des Kostenübernahmescheins ebenfalls zur Kenntnis gebracht wurde, verbietet die Annahme einer stillschweigenden Erklärung, die im Ergebnis das Gegenteil, nämlich die Begründung einer vertraglichen (gesamtschuldnerischen) Zahlungspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin, bewirken würde. Soweit mit dem Bewilligungsbescheid die Verpflichtung gegenüber dem Hilfeempfänger einhergeht, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu übernehmen, stellt die betreffende Erklärung unter diesen Umständen eine reine Erfüllungsübernahme - ohne Schuld(mit)übernahme - dar (§ 329 BGB ; im öffentlichen Recht analog anwendbar).

Dass es - im Einklang mit den obigen Ausführungen - sachgerecht ist, einen etwaigen direkten Zahlungsanspruch des (privaten) Leistungserbringers gegen den öffentlichen Leistungsträger wegen Leistungen, die einem Hilfeempfänger bewilligt wurden, als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren und die damit einhergehenden Rechtsstreitigkeiten den Sozialgerichten zuzuweisen, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Gesetzgeber sich in dem - hinsichtlich der Interessenlage mit der hiesigen Fallkonstellation insoweit vergleichbaren - Bereich des Sozialhilferechts veranlasst gesehen hat, mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234 ) die seit dem 1. Januar 2020 geltende Bestimmung des § 75 Abs. 6 SGB XII einzuführen. Danach steht dem Leistungserbringer gegen den Sozialhilfeträger nunmehr ausdrücklich ein (unmittelbarer) Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten (Sozialhilfeempfänger) erbrachten Leistungen zu, der nach der Gesetzesbegründung öffentlich-rechtlicher Natur ist mit der Folge, dass im Fall von Rechtsstreitigkeiten der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist (BT-Drucks. 18/9522, S. 340).

(2) Auch soweit die Klägerin einen Teil ihrer Ansprüche - namentlich diejenigen Einzelansprüche, die sie aus der Unterbringung von Flüchtlingen in den (ehemals) vertragsgebundenen Beherbergungsstätten ableitet - (hilfsweise) auf die mit dem Beklagten abgeschlossenen Betreiberverträge beziehungsweise deren Nachwirkungen für die - infolge fristloser Kündigung der Verträge eingetretene - Abwicklungsphase stützt, handelt es sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung um öffentlich-rechtliche Ansprüche. Denn die Betreiberverträge sind ebenfalls öffentlich-rechtlicher Natur.

(a) Für die Abgrenzung zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verträgen kommt es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darauf an, ob der Vertrag - seinem auch für die Entscheidung über den zulässigen Rechtsweg maßgeblichen Schwerpunkt nach (vgl. GmS- OGB , Beschluss vom 10. April 1986 - GmS- OGB 1/85, BGHZ 97, 312 , 314; BGH, Urteil vom 22. November 1979 - III ZR 186/77, BGHZ 76, 16 , 20; Beschluss vom 27. Januar 2005 - III ZB 47/04, BGHZ 162, 78 , 80 f.) - einen von der Rechtsordnung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich geregelten Gegenstand betrifft beziehungsweise ob er nach seinem Zweck in enger, unlösbarer Beziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben steht (vgl. GmS- OGB , Beschluss vom 10. April 1986 - GmS- OGB 1/85, aaO; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2005 - III ZB 47/04, aaO; BVerwGE 161, 255 Rn. 18).

(b) Nach diesem Maßstab sind die Betreiberverträge als öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X einzuordnen. Vertragsgegenstand ist gemäß § 1 dieser Verträge der Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft zur vorübergehenden Unterbringung von - unter anderem - Flüchtlingen und Asylbewerbern durch die Klägerin, wobei die Belegung der Unterkunftsplätze durch den Beklagten beziehungsweise dessen Dienststellen erfolgt. Die Klägerin ist gemäß § 2 der Verträge verpflichtet, die Gemeinschaftsunterkunft in einem vertragsgemäß geeigneten Zustand zu betreiben. Ihrem Zweck nach stehen die Verträge danach in enger, unlösbarer Beziehung zur Erfüllung der zweifelsohne öffentlichen Aufgabe, die ordnungsgemäße Unterbringung (unter anderem) von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu gewährleisten. Der öffentlich-rechtliche Charakter der Verträge wird besonders deutlich an der Berechtigung des Beklagten, einseitig zu bestimmen, dass die Gemeinschaftsunterkunft vollständig oder in Teilen als Aufnahmeeinrichtung nach § 44 AsylG genutzt wird (§ 1 Abs. 2 der Verträge), oder auch einseitig die Qualitätsanforderungen an den Betrieb und die Ausstattung der Unterkunft zu ändern (§ 2 Abs. 2 der Verträge).

Für die Einordnung der Betreiberverträge als öffentlich-rechtlich spricht ferner, dass Verträge, in denen ein öffentlicher Leistungsträger mit einem (privaten) Leistungserbringer - wie hier in den Betreiberverträgen - Regelungen über den Inhalt, den Umfang und die Qualität der zu erbringenden Leistungen sowie über die Vergütung trifft, regelmäßig als öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X angesehen werden (vgl. BGH, Urteile vom 11. April 2019 - III ZR 4/18, NJW 2019, 2611 Rn. 17; vom 31. März 2016 - III ZR 267/15, BGHZ 209, 316 Rn. 18 mwN; vom 7. Mai 2015 - III ZR 304/14, BGHZ 205, 260 Rn. 23; jeweils zu Verträgen nach §§ 75 , 79 SGB XII aF; vom 7. Juli 1992 - KZR 15/91, BGHZ 119, 93 , 96; BVerwGE 94, 202 , 204).

Demgegenüber treten die Gesichtspunkte, auf welche die Rechtsbeschwerdeerwiderung ihre gegenteilige Ansicht stützt, in den Hintergrund. Eine etwaige in Teilen zivilrechtliche Ausdrucksweise in den Betreiberverträgen einschließlich der hier in einigen der vertraglichen Regelungen erfolgten Bezugnahme auf die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen ( VOL/A ) vermag eine Verlagerung des Schwerpunkts dieser Verträge, der ihrem Zweck nach im öffentlichen Recht liegt, hin zum Privatrecht nicht zu bewirken. Auch dem Umstand, dass die Regelung über die Dauer des Betreibervertrags in dem einen Fall, in dem zwischen den Parteien zusätzlich ein Gewerbemietvertrag über die - im Eigentum der Beklagten stehende - Beherbergungsstätte geschlossen wurde, an die Dauer jenes Gewerbemietvertrags anknüpft, ist mit Blick darauf, dass die Mietverträge über die Beherbergungsstätten ebenso - wie hier auch überwiegend geschehen - mit einem (privaten) Dritten abgeschlossen werden konnten, kein besonderes Gewicht beizumessen. Ebenso wenig hat es ausschlaggebende Bedeutung für die rechtliche Einordnung der Betreiberverträge, dass der Beklagte diese in seinem Kündigungsschreiben vom 21. Juni 2017 als "Geschäftsbesorgungsverträge im Sinne des § 675 BGB " bezeichnet hat.

3. Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben; sie ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO ). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil sie zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO ). Da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und der Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Berlin zu verweisen.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 19.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 26 O 234/18
Vorinstanz: KG, vom 11.03.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 8 W 80/19
Fundstellen
BGHZ 228, 373
DVBl 2021, 1492
MDR 2021, 664
NVwZ 2021, 660
NZM 2021, 577