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BVerwG - Entscheidung vom 12.05.2020

1 WDS-VR 4.20

Normen:
VwGO § 92 Abs. 3 S. 1
WBO § 21 Abs. 2 S. 1
WBO § 20 Abs. 3

BVerwG, Beschluss vom 12.05.2020 - Aktenzeichen 1 WDS-VR 4.20

DRsp Nr. 2020/10157

Wehrbeschwerdeverfahren in einem Rechtsstreit um die Besetzung eines Dienstpostens; Entscheidung über die Kosten nach übereinstimmender Erledigungserklärung

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Antrag, die Kosten des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens dem Bund aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Normenkette:

VwGO § 92 Abs. 3 S. 1; WBO § 21 Abs. 2 S. 1; WBO § 20 Abs. 3 ;

Gründe

I

Der Antragsteller hatte vorläufigen Rechtsschutz in einem Rechtsstreit um die Besetzung eines mit A 12 dotierten Dienstpostens ... beantragt.

Der Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad Hauptmann der Besoldungsgruppe A 11. Er nimmt verschiedene kommunalpolitische Mandate war und ist Mitglied des Personalrates seiner Dienststelle. Er hatte im Juni 2019 die Mitbetrachtung für den streitgegenständlichen Dienstposten beantragt. Am 25. Juli 2019 entschied das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, den Dienstposten mit der Beigeladenen zu besetzen. Dem Antragsteller wurde mit ihm am 14. August 2019 eröffneten Bescheid vom 30. Juli 2019 mitgeteilt, dass er sich unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und Leistung bei der Mitbetrachtung für die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens nicht habe durchsetzen können. Mit Verfügung vom 24. Oktober 2019 wurde die Beigeladene mit Dienstantritt zum 1. April 2020 auf den streitgegenständlichen Dienstposten versetzt.

Gegen den Bescheid vom 30. Juli 2019 legte der Antragsteller am 5. September 2019 Beschwerde ein. Er verwies auf seine Leistungen in der Vergangenheit und äußerte die Vermutung, er werde wegen kommunalpolitischen Aktivitäten oder seiner Personalratstätigkeit benachteiligt. Das Bundesministerium der Verteidigung wies die Beschwerde mit Bescheid vom 6. Februar 2020, dem Antragsteller am 17. Februar 2020 ausgehändigt, zurück. Zwar erfülle der Antragsteller ebenso wie die Beigeladene das zwingende Anforderungsprofil des Dienstpostens. Er stehe der Beigeladenen im Leistungsvergleich im Wesentlichen gleich und weise auch gleichwertige Vorverwendungen auf. Den Ausschlag für die Auswahl der Beigeladenen habe deren bessere Eignung für Führungsverwendungen gegeben. Zudem sei sie nach Maßgabe der §§ 8 ff. SGleiG i.V.m. ZDv A-1442/1 auszuwählen.

Mit Schriftsatz vom 9. März 2020 stellte der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Er beantragt die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 30. Juli 2019 und des Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung vom 6. Februar 2020 sowie die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung,

ihn für den streitgegenständlichen Dienstposten auszuwählen, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seine Bewerbung zu entscheiden.

Im gleichen Schriftsatz beantragte er auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Aufhebungsantrages, hilfsweise dem Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, bis zur Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung die für die zum 1. April 2020 vorgesehene Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens ausgewählte Konkurrentin nicht zu ernennen. Der Beschwerdebescheid sei mangels Beteiligung der zuständigen Vertrauensperson formell fehlerhaft. Die Auswahlentscheidung sei wegen einer Verletzung des Leistungsprinzips materiell rechtswidrig. Er sei leistungsstärker als die Beigeladene, so dass es auf die für die Auswahl herangezogenen Hilfskriterien nicht ankomme. Die Eilanträge seien geboten, um die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern und den Dienstposten bis zur Hauptsacheentscheidung für ihn frei zu halten.

Die Anträge hat das Bundesministerium der Verteidigung mit einer Stellungnahme vom 2. April 2020 vorgelegt. Für eine Abhilfe oder eine vorläufige Aussetzung der Verwendungsentscheidung gebe es keinen Raum. Soweit die Anträge sich gegen die Beförderung der Konkurrentin richteten, sei der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten nicht eröffnet. Da ein Antrag auf Beteiligung der Vertrauensperson vor dem Ergehen des Beschwerdebescheides nicht gestellt worden sei, sei dieser formell ordnungsgemäß ergangen. Die unterbliebene Beteiligung der Vertrauensperson sei zudem nach § 46 VwVfG unerheblich. Die Auswahlentscheidung verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus den im Beschwerdebescheid ausgeführten Gründen nicht. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei mangels durchgreifender Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide und unzumutbarer Nachteile durch den Vollzug unbegründet. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gebe es weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund.

Mit Schriftsatz vom 17. April 2020 erklärte der Antragsteller das Eilverfahren für erledigt und beantragte, die Kosten des Verfahrens dem Bund aufzuerlegen. Durch den Dienstantritt der Beigeladenen auf dem streitigen Dienstposten am 1. April 2020 sei das Rechtsschutzinteresse entfallen. Dieses erledigende Ereignis habe die Antragsgegnerin zurechenbar herbeigeführt und das Verfahren vorwerfbar so gestaltet, dass eine rechtzeitige Sachentscheidung nicht möglich gewesen sei. Das Bundesministerium der Verteidigung hat sich mit Schriftsatz vom 29. April 2020 der Erledigungserklärung angeschlossen. Die Kosten seien dem Antragsteller aufzuerlegen, da der Eilantrag mangels eines Anordnungsgrundes ohne Aussicht auf Erfolg gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

II

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO , § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ; vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - beck-online Rn. 8 m.w.N.).

Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Auslagen nicht dem Bund aufzuerlegen, weil die Eilanträge voraussichtlich ohne Erfolg geblieben wären.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig. Denn das Ziel einer vorläufigen Sicherung der Rechtsposition des Antragstellers bis zur Entscheidung in der Hauptsache ist nicht dadurch zu erreichen, dass die Wirkung der seine Versetzung auf den streitgegenständlichen Dienstposten ablehnenden Bescheide suspendiert wird. Vielmehr ist vorläufiger Rechtsschutz im Konkurrentenstreit um die Besetzung eines förderlichen Dienstpostens grundsätzlich durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die Versetzung des ausgewählten Konkurrenten vorläufig rückgängig zu machen, zu gewähren, da in der Hauptsache ein Verpflichtungsbegehren verfolgt wird.

Der hilfsweise gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Antragstellers vom 6. Mai 2020 zwar zulässig. Denn dort ist klargestellt worden, dass die Eilanträge dem Ziel dienen sollten, den streitbefangenen Dienstposten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache offen zu halten. Damit wäre nicht eine in die Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallende Statusangelegenheit Gegenstand der beantragten einstweiligen Anordnung gewesen.

Dieser Antrag ist allerdings unbegründet. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers ist Erledigung nicht durch die Versetzung der Beigeladenen auf den streitgegenständlichen Dienstposten zum 1. April 2020 eingetreten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m.w.N.).

Der Antragsteller hat jedoch den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO , § 920 Abs. 2 ZPO ) nicht dargelegt. Insofern hätte er glaubhaft machen müssen, dass ihm ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 29. März 2010 - 1 WDS-VR 1.10 - beck-online Rn. 14 f. m.w.N.). Ein derartiger Anordnungsgrund lag weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Abgabe der Erledigungserklärungen vor. In Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens kann sich ein Anordnungsgrund zwar daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten liegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f., vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f. und vom 2. Oktober 2018 - 1 WDS-VR 3.18 - juris Rn. 14). Diese Voraussetzung lag in der Person der Beigeladenen aber nicht vor. Diese trat unstreitig erst am 1. April 2020 ihren Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten an.

Da der Eilantrag zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärungen schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben konnte, sind die Kosten des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht dem Bund aufzuerlegen. Für die Erfolgsaussichten im Eilverfahren kommt es mithin nicht darauf an, ob der Antragsteller voraussichtlich einen Anspruch auf Neubescheidung über die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens hat. Es ist daher für die Kostenentscheidung im Eilverfahren unerheblich, dass er zu dieser Frage weiteren Vortrag innerhalb der ihm im Hauptsacheverfahren hierfür gesetzten Frist angekündigt hat. Ebenso wenig können die vom Antragsteller angestellten Billigkeitserwägungen ihm zu einem Kostenerstattungsanspruch verhelfen.