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BVerwG - Entscheidung vom 15.01.2020

2 B 38.19

Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1-2

BVerwG, Beschluss vom 15.01.2020 - Aktenzeichen 2 B 38.19

DRsp Nr. 2020/3424

Verschulden des Dienstherrn als Voraussetzung der Aufhebung der Ernennung eines rechtsfehlerhaft ausgewählten Beamten wegen der Verletzung des Bewerbungsanspruchs eines übergangenen Mitbewerbers (hier: Ernennung als Akademischer Direktor)

1. Eine die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht tragende Begründung vermag die Zulassung der Revision wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu rechtfertigen.2. Die Begründetheit einer Anfechtungsklage gegen die Ernennung eines Mitbewerbers nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO setzt nicht das Verschulden des Amtswalters des Dienstherrn voraus; das Erfordernis betrifft allein einen Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs eines Bewerbers und nicht die - ausnahmsweise zulässige - Anfechtung der Ernennung eines Konkurrenten.3. Im Rahmen der Prüfung, ob der in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzte übergangene Mitbewerber sein Recht auf Anfechtung der Ernennung des ausgewählten Beamten verwirkt hat, gehört zu den in die Gesamtbewertung einzustellenden Gesichtspunkten auch der Aspekt, ob und inwieweit der Berechtigte von der Existenz des ihm zustehenden Rechts, auf dessen Nichtausübung der Verpflichtete - oder ein begünstigter Dritter - vertraut, überhaupt Kenntnis hatte. Allerdings ist die Festsetzung einer festen zeitlichen Grenze, bei deren Überschreitung die jeweilige prozessuale Befugnis oder das materielle Recht verwirkt ist und die den Kenntnisstand des Berechtigten hinsichtlich der ihm zustehenden Rechte unberücksichtigt lässt, nicht möglich.

Tenor

Die Beschwerden der Beklagten und des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Juni 2019 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagte und der Beigeladene zu gleichen Teilen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 31 393,20 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 33 Abs. 2 ; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 -2;

[Gründe]

1. Der Kläger und der Beigeladene stehen als Beamte im Dienst der beklagten Universität, der Kläger als Akademischer Oberrat und der Beigeladene gerade aufgrund der streitgegenständlichen Ernennung als Akademischer Direktor. Beide sind im Pharmazeutischen Institut der Beklagten tätig. Im Hinblick auf das Ausscheiden des damaligen Akademischen Direktors mit Ablauf des 30. November 2012 beantragte die Leiterin des Arbeitsbereichs des Beigeladenen Ende Mai 2012 beim Rektor der Beklagten die Ernennung des Beigeladenen zum Akademischen Direktor mit Wirkung zum 1. Januar 2013. Auf Vorschlag des Leiters der Personalabteilung erklärte der Kanzler der Beklagten Mitte Juni 2012 sein Einverständnis mit der beabsichtigten Ernennung des Beigeladenen zum Akademischen Direktor. Nachdem der Personalrat der wissenschaftlichen Beschäftigten zugestimmt hatte, ernannte der Rektor der Beklagten den Beigeladenen mit Wirkung vom 1. Januar 2013 zum Akademischen Direktor.

Mit Schreiben vom 19. Juli 2015 teilte der Kläger dem Rektor der Beklagten mit, man habe ihn darüber informiert, dass die Direktorenstelle ohne sein Wissen mit dem Beigeladenen besetzt worden sei. Dieser habe die Stelle nur deshalb erhalten, weil eine ordnungsgemäße Ausschreibung unterblieben und die Stellenbesetzung in aller Stille geschehen sei. Mit weiterem Schreiben vom 16. September 2015 rügte der Kläger die Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs und beantragte unter anderem die Aufhebung der zugunsten des Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung, der Ernennung des Beigeladenen zum Akademischen Direktor und dessen Einweisung in eine entsprechende Planstelle. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Ernennung des Beigeladenen zum Akademischen Direktor mit Wirkung ab Rechtskraft dieses Urteils aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 6. November 2015 verpflichtet, über die Besetzung der Beförderungsstelle zum Akademischen Direktor unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Anfechtungsklage mit dem Antrag, die Ernennung des Beigeladenen zum Akademischen Direktor mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, sei zulässig und begründet. Der Grundsatz der Ämterstabilität stehe der Anfechtung der Ernennung nicht entgegen, weil die Beklagte vor der Ernennung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz für den Kläger verhindert habe. Die Beklagte habe dem Kläger vor der Ernennung des Beigeladenen die Auswahlentscheidung nicht mitgeteilt. Auch habe der Kläger sein Recht, die Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs durch die Anfechtung der Ernennung des Beigeladenen geltend zu machen, nicht verwirkt. Durch die Ernennung des Beigeladenen habe die Beklagte das Recht des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG schuldhaft verletzt. Es erscheine auch ernsthaft möglich, dass der Kläger bei rechtsfehlerfreiem Verlauf des Verfahrens anstelle des Beigeladenen ausgewählt worden wäre. Begründet sei auch der Antrag die Beklagte zu verpflichten, über die Besetzung der Beförderungsstelle zum Akademischen Direktor unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

2. Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) und auf Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) gestützte Beschwerde der Beklagten ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

a) Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde der Beklagten beimisst.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO , wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2013 - 1 B 25.12 - Buchholz 402.242 § 7 AufenthG Nr. 7 Rn. 3).

aa) Die Beschwerde der Beklagten sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage,

"ob die Aufhebung der Ernennung eines rechtsfehlerhaft ausgewählten Beamten wegen der Verletzung des Bewerbungsanspruchs eines übergangenen Mitbewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Verschulden des Dienstherrn voraussetzt."

Diese Frage vermag die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie für die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erheblich ist. Die Zulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die dem angegriffenen Berufungsurteil entnommene und als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, d.h. für die angegriffene Entscheidung muss sie tragend sein. Eine die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht tragende Begründung vermag die Zulassung der Revision wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nicht zu rechtfertigen (BVerwG, Beschlüsse vom 7. Januar 1986 - 2 B 94.85 - Buchholz 310 § 75 VwGO Nr. 11 S. 5 f., vom 1. Juli 1986 - 2 B 65.85 - DVBl. 1986, 1159 <l. Sp.> und vom 21. September 1993 - 2 B 109.93 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 181 S. 32 f.).

Für das streitgegenständliche Urteil des Oberverwaltungsgerichts, das die vom Kläger beantragte Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen und die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über die Besetzung der Beförderungsstelle zum Akademischen Direktor unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts betrifft, ist die Frage des Verschuldens der Beklagten bei der Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers nicht tragend und deshalb nicht entscheidungserheblich im oben dargelegten Sinne. Denn das Oberverwaltungsgericht hat, das Erfordernis eines Verschuldens des Dienstherrn - zu Gunsten der Beklagten - unterstellend, ein solches angenommen (UA S. 46) und ist - auch hierdurch - zur Annahme gelangt, dass der Anspruch des Klägers auf Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Akademischen Direktor begründet ist. Wäre das Berufungsgericht demgegenüber davon ausgegangen, dass die Begründetheit der Anfechtungsklage gegen die Ernennung des Beigeladenen nicht das Verschulden des Dienstherrn voraussetzt, wäre die Klage - erst recht - begründet. In diesem Fall wäre das - mittelbar die Beklagte schützende - Erfordernis des Verschuldens des Amtswalters der Beklagten nicht zu prüfen gewesen.

Im Übrigen ist im Hinblick auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 30. August 2018 - 2 C 10.17 - (BVerwGE 163, 36 Rn. 13 f.) klarzustellen, dass die Begründetheit einer Anfechtungsklage gegen die Ernennung eines Mitbewerbers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht das Verschulden des Amtswalters des Dienstherrn voraussetzt; das Erfordernis betrifft allein einen Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs eines Bewerbers und nicht die - ausnahmsweise zulässige - Anfechtung der Ernennung eines Konkurrenten.

bb) Auch die weitere in der Beschwerde der Beklagten bezeichnete Frage,

"ob bei der Gesamtbewertung und -abwägung aller Umstände im Rahmen der Prüfung, ob der in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzte übergangene Mitbewerber sein Recht auf Anfechtung der Ernennung des ausgewählten Beamten verwirkt hat, das berechtigte Vertrauen des ausgewählten Beamten in den Bestand seiner Ernennung regelmäßig dann überwiegt, wenn der übergangene Mitbewerber sein Anfechtungsrecht nicht binnen eines Jahres ab der Ernennung ausgeübt hat",

führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO . Denn die so formulierte Frage könnte gerade wegen der Eigenheiten des Instituts der Verwirkung im angestrebten Revisionsverfahren nicht rechtsgrundsätzlich geklärt werden.

Die Verwirkung, eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB ), der auch im öffentlichen Dienstrecht anwendbar ist, erfasst sämtliche subjektiv-öffentlichen Rechte eines Bewerbers, sofern nicht der Gesetzgeber bestimmte Rechtspositionen ausdrücklich ausgenommen hat. Die Verwirkung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, weil seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts unter Berücksichtigung des beim Verpflichteten oder bei einem Dritten daraus erwachsenden Vertrauens als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Seit der Entstehung des Rechts und der Möglichkeit seiner Geltendmachung muss längere Zeit verstrichen sein (Zeitmoment) und der Berechtigte muss unter Verhältnissen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (Umstandsmoment). Erst hierdurch wird die Situation geschaffen, auf die ein Beteiligter - entweder der Dienstherr oder ein begünstigter Dritter - vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (Vertrauensmoment). Zeit-, Umstands- und Vertrauensmoment sind nicht präzise voneinander zu trennen. Maßgeblich ist eine Gesamtbewertung aller zeitlichen und sonstigen Umstände (BVerwG, Urteil vom 30. August 2018 - 2 C 10.17 - BVerwGE 163, 36 Rn. 16 ff. m.w.N.). Die Schutzwürdigkeit des Verpflichteten besteht insbesondere nicht, wenn er die Untätigkeit des Berechtigten in unredlicher Weise veranlasst hat oder er davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von dem ihm zustehenden Anspruch keine Kenntnis hat (BGH, Urteil vom 15. September 1999 - I ZR 57/97 - NJW 2000, 140 <142>). Zu den in die Gesamtbewertung einzustellenden Gesichtspunkten gehört damit auch der Aspekt, ob und inwieweit der Berechtigte von der Existenz des ihm zustehenden Rechts, auf dessen Nichtausübung der Verpflichtete - oder ein begünstigter Dritter - vertraut, überhaupt Kenntnis hatte. Jedenfalls ist die Festsetzung einer festen zeitlichen Grenze, bei deren Überschreitung die jeweilige prozessuale Befugnis oder das materielle Recht verwirkt ist und die den Kenntnisstand des Berechtigten hinsichtlich der ihm zustehenden Rechte unberücksichtigt lässt, nicht möglich.

b) Die Rüge der Divergenz vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2018 - 2 C 10.17 - ist unzulässig.

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 2018 - 2 B 17.18 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 118 Rn. 7). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Beklagten nicht, weil keine rechtssatzmäßige Abweichung aufgezeigt wird.

Die Beschwerdebegründung der Beklagten beachtet nicht, dass das Berufungsgericht die Frage, ob für das Recht, im Wege der Anfechtung der Ernennung des ausgewählten Beamten die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs geltend zu machen, unabhängig von den Gesichtspunkten der Verwirkung und der Verjährung aufgrund des Bestandsinteresses des ausgewählten Beamten eine äußere zeitliche Grenze besteht, nicht, wie von der Beklagten geltend gemacht, verneint, sondern vielmehr offen gelassen hat (UA S. 39). Zudem betreffen die von der Beschwerde herangezogenen Ausführungen in Rn. 35 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2018 - 2 C 10.17 - gerade das Rechtsinstitut der Verwirkung und dies in der dort gegebenen Fallkonstellation, dass die Klägerin Kenntnis von der Ernennung hatte (ebenda Rn. 24 f., 27 ff.); für diese Fallkonstellation hat der Senat entschieden, dass die zeitliche Grenze "regelmäßig" mit einem Jahr ab der jeweiligen Ernennung anzusetzen ist (Leitsatz 3 und Rn. 27 ff.). Die Erwägungen zur Verwirkung des Rechts auf Anfechtung der Ernennung des ausgewählten Bewerbers hängen aber, wie dargelegt, von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab; die Entwicklung einer generellen und festen zeitlichen Grenze für die Annahme der Verwirkung ist mit Blick auf die Bandbreite möglicher Fallkonstellationen ausgeschlossen.

3. Auch die Beschwerde des Beigeladenen ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

a) Unzulässig ist die Rüge der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) unter II. der Beschwerdebegründung des Beigeladenen. Weder in Rn. 29 noch an einer anderen Stelle des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - (BVerwGE 138, 102 ) wird ein Zeitraum - von einem Jahr nach Aushändigung der Ernennungsurkunde an den beförderten Beamten - für die Möglichkeit nachgehenden Primärrechtsschutzes gegen die Ernennung des ausgewählten Bewerbers festgelegt. Damit wird kein Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts aufgezeigt, von dem das Oberverwaltungsgericht abgewichen sein könnte.

b) Auch die Ausführungen unter III. der Beschwerdebegründung erfüllen nicht die Voraussetzungen an die Darlegung einer Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ).

Soweit die Beschwerde des Beigeladenen rügt, das Berufungsurteil weiche rechtssatzmäßig vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2018 - 2 C 10.17 - (BVerwGE 163, 36 Rn. 34 f.) ab, wird nicht beachtet, dass diese Ausführungen zum zeitlichen Abstand zwischen der Ernennung des ausgewählten Bewerbers und der Inanspruchnahme von Rechtsbehelfen des nicht berücksichtigten Beamten auf den dort vorliegenden Sachverhalt bezogen sind. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin dieses Verfahrens von den alljährlich zu bestimmten Stichtagen durchgeführten Beförderungen von Lehrern Kenntnis hatte. Die Überlegungen in Rn. 27 bis 34 des Urteils des Senats vom 30. August 2018 beruhen darauf, dass diese Kenntnis die Klägerin binnen Jahresfrist nach den Ernennungen hätte veranlassen müssen, sich bei ihrem Dienstherrn nach ihrem eigenen beruflichen Fortkommen zu erkundigen und sodann ggf. um Rechtsschutz gegen die ausgesprochenen Beförderungen nachzusuchen. In der Beschwerdebegründung wird nicht dargelegt, dass die Ausgangslage des Klägers des hier zu entscheidenden Verfahrens hinsichtlich der Kenntnis von Beförderungen durch die Beklagte mit der der Klägerin des Senatsurteils vom 30. August 2018 vergleichbar ist.

c) Die vom Beigeladenen aufgeworfene Frage,

"unter welchen erschwerenden Voraussetzungen in Fortführung der Grundsätze des Urteils vom 30.08.2018 die nachgehende Anfechtungsklage gegen die Ernennung eines Dritten auch dann, wenn bei der Erhebung des Widerspruchs mehr als ein Jahr ab Aushändigung der Ernennungsurkunde verstrichen ist, unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung der Fristeinrede gleichwohl zuzulassen ist, wenn die Jahresfrist mehrfach überschritten ist, insbesondere für erheblich mehr als zwei Jahre nach Ernennung"

rechtfertigt nicht die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ). Denn diese Frage könnte, wie oben unter Rn. 12 dargelegt, wegen der Eigenheiten des Instituts der Verwirkung im angestrebten Revisionsverfahren nicht rechtsgrundsätzlich geklärt werden. Zudem geht es um die Verwirkung des Rechts des übergangenen Bewerbers auf Anfechtung der Ernennung des ausgewählten Bewerbers und nicht - wie in der Beschwerdebegründung des Beigeladenen ausgeführt - um die Verwirkung von Einwendungen des rechtswidrig handelnden Dienstherrn oder des durch die Ernennung begünstigten Bewerbers.

d) Die Ausführungen unter V. der Beschwerdebegründung des Beigeladenen können keinem der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO zugeordnet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO . Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 40 und § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG .

Vorinstanz: VG Köln, vom 05.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 6608/15
Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 17.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6 A 1133/17