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BVerwG - Entscheidung vom 08.09.2020

2 WD 18.19

Normen:
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 20 Abs. 3
EMRK Art. 6
BAT § 10
TVÖD § 3 Abs. 2 S. 1 und 2
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 4a
StGB § 331 Abs. 1
StGB § 332 Abs. 1 S. 1
StGB § 333 Abs. 1
StGB § 333 Abs. 3
StGB § 334 Abs. 1 S. 1
SG § 7
SG § 17 Abs. 2 S. 1 Alt. 2
SG § 23 Abs. 1
BPersVG§ 28 Abs. 1
BPersVG§ 29 Abs. 1 Nr. 3
BPersVG§ 46 Abs. 1
BPersVG§ 46 Abs. 3 S. 1
WDO § 15 Abs. 1
WDO § 17 Abs. 1
WDO § 27 Abs. 1 S. 1
WDO § 29 Abs. 1 S. 3
WDO § 30 Abs. 1 Nr. 3
WDO § 38 Abs. 1
WDO § 38 Abs. 2
WDO § 41
WDO § 58 Abs. 7
WDO § 59 S. 1
WDO § 64 S. 1 und 2
WDO § 91 Abs. 1 S. 1
WDO § 94 Abs. 1 Nr. 2
WDO § 94 Abs. 2
WDO § 94 Abs. 3 S. 1
WDO § 99 Abs. 1 S. 2
WDO § 107 Abs. 1
WDO § 108 Abs. 3 S. 1
WDO § 112 S. 1
WDO § 115 Abs. 1 S. 1
WDO § 116 Abs. 1 S. 3
WDO § 123 S. 3
WDO § 139 Abs. 2
WDO § 140 Abs. 5 S. 2
VwVfG § 21
StPO § 43 Abs. 1 Hs. 1
StPO § 44 S. 1
StPO § 45 Abs. 2 S. 3
StPO § 331
VwGO § 55a Abs. 1
VwGO § 55a Abs. 3
VwGO § 55a Abs. 4
SBG § 14
SBG § 15 Abs. 2
SBG § 19
SBG § 59 S. 1
SBG § 62 Abs. 3 S. 1 und 2
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 20 Abs. 3
EMRK Art. 6
BAT § 10
TVöD § 3 Abs. 2 S. 1-2
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a)
StGB § 331 Abs. 1
StGB § 332 Abs. 1 S. 1
StGB § 333 Abs. 1
StGB § 333 Abs. 3
StGB § 334 Abs. 1 S. 1
SG § 7
SG § 17 Abs. 2 S. 1 Alt. 2
SG § 23 Abs. 1
BPersVG§ 28 Abs. 1
BPersVG§ 29 Abs. 1 Nr. 3
BPersVG§ 46 Abs. 1
BPersVG§ 46 Abs. 3 S. 1
WDO § 15 Abs. 1
WDO § 17 Abs. 1
WDO § 27 Abs. 1 S. 1
WDO § 29 Abs. 1 S. 3
WDO § 30 Abs. 1 Nr. 3
WDO § 38 Abs. 1
WDO § 38 Abs. 2
WDO § 41
WDO § 58 Abs. 7
WDO § 59 S. 1
WDO § 64 S. 1-2
WDO § 91 Abs. 1 S. 1
WDO § 94 Abs. 1 Nr. 2
WDO § 94 Abs. 2
WDO § 94 Abs. 3 S. 1
WDO § 99 Abs. 1 S. 2
WDO § 107 Abs. 1
WDO § 108 Abs. 3 S. 1
WDO § 112 S. 1
WDO § 115 Abs. 1 S. 1
WDO § 116 Abs. 1 S. 3
WDO § 123 S. 3
WDO § 139 Abs. 2
WDO § 140 Abs. 5 S. 2
VwVfG § 21
StPO § 43 Abs. 1 Hs. 1
StPO § 44 S. 1
StPO § 45 Abs. 2 S. 3
StPO § 331
VwGO § 55a Abs. 1
VwGO § 55a Abs. 3
VwGO § 55a Abs. 4
SBG § 14
SBG § 15 Abs. 2
SBG § 19
SBG § 59 S. 1
SBG § 62 Abs. 3 S. 1-2
SBG § 15 Abs. 2
SBG § 59 S. 1
SBG § 62 Abs. 3 S. 2
BPersVG § 28 Abs. 1
StGB § 333 Abs. 1

Fundstellen:
BVerwGE 169, 228
ZBR 2021, 105

BVerwG, Urteil vom 08.09.2020 - Aktenzeichen 2 WD 18.19

DRsp Nr. 2020/16656

Streit um die disziplinare Ahndung einer Vorteilsgewährung an Angestellte der Bundeswehr durch einen Soldatenvertreter im Personalrat; Ahndung von Dienstvergehen der Vertrauensperson; Keine Erstreckung des Schutzes von Vertrauenspersonen und Soldatenvertretern vor Maßnahmen des gemeinsamen nächsten Disziplinarvorgesetzten auf die Einleitung gerichtlicher Disziplinarverfahren; Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Zumessungserwägungen bei einer strafbaren Vorteilsgewährung im dreistelligen Euro-Bereich

1. Der Schutz von Vertrauenspersonen und Soldatenvertretern vor Maßnahmen des gemeinsamen nächsten Disziplinarvorgesetzten nach § 15 Abs. 2 , § 62 Abs. 3 Satz 2 SBG kann nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auf die Einleitung gerichtlicher Disziplinarverfahren erstreckt werden.2. Die Möglichkeit, Soldatenvertreter wegen grober Pflichtverletzungen nach § 59 Satz 1 SBG i.V.m. § 28 Abs. 1 BPersVG aus dem Personalrat auszuschließen, hindert die disziplinarrechtliche Ahndung des Dienstvergehens nicht.3. Bei einer strafbaren Vorteilsgewährung im dreistelligen Euro-Bereich ist Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Zumessungserwägungen die Herabsetzung im Dienstgrad.

Tenor

Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 5. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem früheren Soldaten auferlegt, der auch die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Normenkette:

SBG § 15 Abs. 2 ; SBG § 59 S. 1; SBG § 62 Abs. 3 S. 2; BPersVG § 28 Abs. 1 ; StGB § 333 Abs. 1 ;

Gründe

I

Das Verfahren betrifft die disziplinare Ahndung einer Vorteilsgewährung.

1. Der 56-jährige frühere Soldat wurde 1982 Zeit- und 1989 Berufssoldat. Zuletzt wurde er 2006 zum Oberstabsfeldwebel befördert und 2012 an das ... versetzt. Dort war er zunächst Personalratsvorsitzender. Mit rechtskräftigem Urteil vom 12. November 2013 verhängte das Truppendienstgericht gegen ihn wegen eines 2009/2010 begangenen Dienstvergehens ein 42-monatiges Beförderungsverbot nebst Kürzung seiner Dienstbezüge um 1/15.

Seit 2016 war der frühere Soldat nur noch Gruppensprecher der Soldaten und stellvertretender Vorsitzender des Personalrats des ..., blieb jedoch von der dienstlichen Tätigkeit vollständig freigestellt. Nachdem wegen des Tatvorwurfs ein neuer Gruppensprecher und neuer stellvertretender Vorsitzender gewählt worden war, wurde er ab dem 5. September 2017 im ... in der Gruppe "..." auf ein dienstpostenähnliches Konstrukt versetzt, bis er mit Ablauf des 30. September 2018 in den Ruhestand trat.

Der frühere Soldat ist mit einer nach A 11 besoldeten Beamtin verheiratet und hat fünf Kinder, die zur Schule gehen oder studieren. Sein Ruhegehalt beträgt monatlich etwa 3 630 € netto.

2. In dem am 30. April 2018 vom ... des ... eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren wurde der frühere Soldat am 19. Oktober 2018 beim Truppendienstgericht einer vorsätzlichen, zumindest fahrlässigen Verletzung seiner Pflichten zum treuen Dienen und zum innerdienstlichen Wohlverhalten durch folgendes Verhalten angeschuldigt:

"Der frühere Soldat hat am 23. Juni 2017 gegen 12: 15 Uhr in seinem Büro in ..., ..., in seiner Eigenschaft als Vertreter des Vorsitzenden des Personalrates der ihm unterstellten zivilen Mitarbeiterin und Vertreterin der Arbeitnehmer im Personalrat, Frau ..., einen Umschlag überreicht, in dem sich neben einer Grußkarte auch 250,00 € in bar befanden, obwohl er wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, dass Frau ... die Annahme von Bargeld untersagt ist und er sie damit in die Gefahr arbeitsrechtlicher Sanktionen brachte."

Das Truppendienstgericht hat mit Urteil vom 5. Juni 2019 das Ruhegehalt des früheren Soldaten um 1/20 für die Dauer von 15 Monaten gekürzt. Es hat den ... des ... als zuständige Einleitungsbehörde und den Vorwurf als erwiesen angesehen. Der frühere Soldat habe damit seine ungeachtet der Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit geltenden Pflichten zum treuen Dienen und zum innerdienstlichen Wohlverhalten vorsätzlich verletzt. Denn er habe die Regelungen zur Annahme von Belohnungen oder Geschenken in der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1400/7 missachtet und die Mitarbeiterin ... der Gefahr ausgesetzt, arbeitsrechtliche Pflichten zu verletzen.

3. Gegen das dem früheren Soldaten am 18. Juni 2019 zugestellte Urteil hat sein Verteidiger am 17. Juli 2019 per E-Mail, dem ein eigenhändig unterzeichneter Berufungsschriftsatz als eingescanntes PDF-Dokument anhing, beim Truppendienstgericht in Absprache mit dessen Geschäftsstelle Berufung eingelegt, weil eine Übermittlung per Telefax gescheitert war. Der Schriftsatz ist dort am 17. Juli 2019 ausgedruckt worden und am 19. Juli 2019 postalisch eingegangen.

Zur Begründung seiner unbeschränkten Berufung macht der frühere Soldat im Wesentlichen geltend: Der ... des ..., der zugleich sein nächster Disziplinarvorgesetzter gewesen sei, habe kein gerichtliches Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten dürfen, weil Dienstvergehen von Soldatenvertretern im Personalrat nicht durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten geahndet werden dürften. Eine Disziplinarmaßnahme könne nicht verhängt werden, da § 28 BPersVG für Pflichtverletzungen von Personalratsmitgliedern eine besondere Sanktion vorsehe. Es liege kein innerdienstliches Fehlverhalten vor. Denn eine Personalratstätigkeit sei keine Dienstausübung. Er habe spontan ins Portemonnaie gegriffen und "aus dem Bauch heraus" gehandelt, um sich bei Frau ... für die gute Vorbereitung einer von ihm kurzfristig als Stellvertreter des erkrankten Personalratsvorsitzenden durchgeführten Personalversammlung zu bedanken. Der Personalratsvorsitzende habe angedacht, sein Amt als Gruppensprecher der Arbeitnehmer und den Vorsitz niederzulegen. In dem Fall hätte er sich Frau ..., welche die Listenführerin gewesen sei, gut als Gruppensprecherin vorstellen können. Dies habe aber nichts mit der Geldübergabe zu tun gehabt. Er habe wegen seiner damals kurzen Restdienstzeit auch kein Interesse daran gehabt, dass Frau ... ihn im Fall der Amtsniederlegung des Personalratsvorsitzenden bei einer Wahl zum Personalratsvorsitzenden unterstützen würde. Da Frau ... das Geld zurückgegeben und damit nicht gegen das Verbot zur Annahme von Belohnungen und Geschenken verstoßen habe, fehle es an einer Haupttat, an der er beteiligt gewesen sein könnte. Er habe auch nicht versucht, Frau ... dazu zu bewegen, das Geld ohne Genehmigung anzunehmen. Geschenke im Kollegenkreis bedürften ohnehin keiner Erlaubnis.

4. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt ist dem entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten zur Person und zum Werdegang des früheren Soldaten wird auf das Urteil des Truppendienstgerichts, hinsichtlich der Zeugenaussagen und der in das Verfahren eingeführten Urkunden und Augenscheinsobjekte wird auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung verwiesen.

II

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Sie ist zwar zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Berufungsschrift innerhalb der Berufungsfrist, die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 43 Abs. 1 Halbs. 1 StPO mit Ablauf des 18. Juli 2019 geendet hat, nur per E-Mail als eingescanntes PDF-Dokument beim Truppendienstgericht eingegangen ist. Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 112 Satz 1 WDO ist die Berufung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Wehrdienstgerichts einzulegen. Dabei ist es gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 55a Abs. 1 VwGO auch zulässig, sie nach Maßgabe des § 55a Abs. 2 bis 6 VwGO als elektronisches Dokument einzureichen. Zwar entspricht die per E-Mail übersandte Berufungsschrift nicht den Vorgaben des § 55a VwGO . Denn das Dokument enthält weder eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 55a Abs. 3 VwGO noch wurde es auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber die Schriftform gewahrt, wenn - wie hier - ein im Original eigenhändig unterzeichneter Schriftsatz in eine PDF-Datei eingescannt, diese nach vorheriger Rücksprache mit der Geschäftsstelle per E-Mail an das Gericht übersandt und dort vor Ablauf der Berufungsfrist ausgedruckt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2020 - X ZB 11/18 - FamRZ 2020, 847 Rn. 16 m.w.N.).

Der Senat lässt offen, ob er sich dieser Auffassung uneingeschränkt anschließt. Selbst wenn eine formgerechte Berufung erst mit dem postalischen Eingang des Berufungsschriftsatzes einen Tag nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden wäre, wäre dem früheren Soldaten gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 44 Satz 1, § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden daran verhindert gewesen wäre, die Frist einzuhalten. Etwaige Versäumnisse seines Verteidigers - die mit Blick auf die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ersichtlich sind - wären ihm nicht zuzurechnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. September 2018 - 2 WDB 3.18 - BVerwGE 163, 89 Rn. 14 m.w.N.).

2. Die Berufung ist aber unbegründet.

Da der frühere Soldat sie in vollem Umfang eingelegt hat, hat der Senat, der vorliegend nicht an einer Sachentscheidung gehindert ist (a) aufgrund eigener Tat-(b) und Schuldfeststellungen (c) unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 StPO ) über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden (d). Danach ist gegen den früheren Soldaten jedenfalls keine mildere Disziplinarmaßnahme als die vom Truppendienstgericht ausgesprochene Kürzung seines Ruhegehalts um 1/20 für die Dauer von 15 Monaten zu verhängen.

a) Der Senat ist nicht nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO an einer Sachentscheidung gehindert.

aa) Ein Verfahrenshindernis liegt nicht darin, dass eine unzuständige Einleitungsbehörde tätig geworden wäre. Da der frühere Soldat im Zeitpunkt der Zustellung der Einleitungsverfügung dem ... angehörte, war dessen ... gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 2 , Abs. 3 Satz 1 WDO i.V.m. Ziffer 1.1. c) (1) (a) der Zentralen Dienstvorschrift A-2160/6 für die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens zuständig.

Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass der frühere Soldat Soldatenvertreter im Personalrat des ... war und die Befugnisse der Vertrauensperson der Unteroffiziere im ... wahrnahm.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SBG ist für die Ahndung von Dienstvergehen der Vertrauensperson oder der nach § 14 SBG als Vertrauensperson eingetretenen stellvertretenden Vertrauensperson die oder der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte zuständig. Ist die Vertrauensperson für den Bereich der oder des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten gewählt worden, geht gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SBG die Zuständigkeit auf deren nächste Disziplinarvorgesetzte oder dessen nächsten Disziplinarvorgesetzten über. § 15 Abs. 2 SBG gilt gemäß § 62 Abs. 3 Satz 2 SBG für Soldatenvertreter(innen) entsprechend.

Diese Vorschriften bewirken eine Verlagerung der Regelzuständigkeit des nächsten Disziplinarvorgesetzten für die Ausübung der Disziplinarbefugnis, d.h. der Befugnis, einfache Disziplinarmaßnahmen zu verhängen und die sonst den Disziplinarvorgesetzten obliegenden Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen (§ 27 Abs. 1 Satz 1, §§ 32 ff. WDO ). Dadurch soll vermieden werden, dass es zwischen der Vertrauensperson bzw. dem Soldatenvertreter und dem nächsten Disziplinarvorgesetzten zu Verstimmungen kommt, die das zwischen ihnen notwendige Vertrauensverhältnis (§ 19 SBG ) belasten; insbesondere soll dem nächsten Disziplinarvorgesetzten die Möglichkeit genommen werden, mit den Mitteln des Disziplinarrechts auf die Vertrauensperson bzw. den Soldatenvertreter Druck auszuüben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 1985 - 2 WDB 7.85 - BVerwGE 83, 101 <102> zu § 25 Abs. 1 Satz 3, § 26 Abs. 1 Nr. 3 WDO a.F. und vom 18. Dezember 2019 - 1 WRB 5.18 - Buchholz 449.7 § 8 SBG Nr. 2 Rn. 29 zu § 29 Abs. 1 Satz 3 WDO ).

Davon unberührt bleiben die Regelungen der Wehrdisziplinarordnung zur Zuständigkeit der Einleitungsbehörde. Dies folgt aus der Systematik der Wehrdisziplinarordnung . Nach § 15 Abs. 1 WDO können Dienstvergehen durch einfache oder gerichtliche Disziplinarmaßnahmen geahndet werden, wobei die Verhängung gerichtlicher Disziplinarmaßnahmen den Wehrdienstgerichten vorbehalten ist. Die Wehrdisziplinarordnung sieht im zweiten Teil ("Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen") eine klare Trennung zwischen der Disziplinarbefugnis der Disziplinarvorgesetzten und ihrer Ausübung (Zweiter Abschnitt, §§ 22 ff. WDO ) einerseits und dem gerichtlichen Disziplinarverfahren (Dritter Abschnitt, §§ 58 ff. WDO ) andererseits vor. Auf § 15 Abs. 2 SBG wird ausschließlich im Zweiten Abschnitt in § 29 Abs. 1 Satz 3, § 30 Abs. 1 Nr. 3 WDO verwiesen, nicht hingegen im Dritten Abschnitt, der disziplinargerichtliche Maßnahmen betrifft und in § 94 WDO die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde regelt.

Dementsprechend führt zwar § 62 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 15 Abs. 2 SBG u.a. zu einer Verlagerung der Zuständigkeit des nächsten Disziplinarvorgesetzten für die Verhängung einfacher Disziplinarmaßnahmen, für die erzieherische Handlungsbefugnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 - 1 WRB 5.18 - Buchholz 449.7 § 8 SBG Nr. 2 Rn. 29) und für die Herbeiführung einer Entscheidung der Einleitungsbehörde nach § 41 WDO (vgl. Peterson, Die wehrrechtliche Stellung des Vertrauensmannes, NZWehrr 1986, 16 <22>; Meder, in: Wolf/Höges, SBG 2016, Stand Juni 2020, § 15 Rn. 33 ff.). Nicht hingegen ändert sich dadurch die bei gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen vorgesehene Zuständigkeit der Einleitungsbehörde.

Zwar mag es mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 62 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 15 Abs. 2 SBG sinnvoll erscheinen, für den Fall, dass der nächste Disziplinarvorgesetzte zugleich die zuständige Einleitungsbehörde ist, in die Wehrdisziplinarordnung eine entsprechende Regelung über eine Verlagerung der Zuständigkeit der Einleitungsbehörde aufzunehmen. Denn die Befugnis, ein gerichtliches Disziplinarverfahren gegen eine Vertrauensperson oder einen Soldatenvertreter einzuleiten, ist ebenfalls geeignet, auf diese Druck auszuüben. Angesichts der Regelungssystematik, des Ausnahmecharakters der zuständigkeitsverlagernden Regelungen und des Umstands, dass eine solche Zuständigkeitsverlagerung auch nicht verfassungsrechtlich geboten ist, vermag der Senat aber keine Regelungslücke zu erkennen, die er rechtsfortbildend zu schließen hätte.

Davon unberührt bleibt das Recht eines Soldaten, im Fall der Besorgnis der Befangenheit des innerhalb der Einleitungsbehörde für die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens konkret zuständigen Amtsträgers entsprechend § 21 VwVfG auf dessen Ausschluss aus dem Verfahren hinzuwirken.

bb) Das Verfahren ist auch nicht deshalb nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO einzustellen, weil eine Disziplinarmaßnahme grundsätzlich unzulässig wäre. Zwar sieht § 28 Abs. 1 BPersVG eine besondere Sanktion für das Fehlverhalten von Personalratsmitgliedern vor, die nach § 59 Satz 1 SBG auch für Soldatenvertreter gilt. Danach kann der Ausschluss eines Mitgliedes aus dem Personalrat wegen grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragt werden. Diese Regelung entfaltet jedoch keine Sperrwirkung gegenüber anderen Möglichkeiten, ein Fehlverhalten von Personalratsmitgliedern zu ahnden. Neben einer strafrechtlichen ist insbesondere eine disziplinarische Ahndung möglich, wenn das Verhalten des Personalratsmitglieds (zugleich) ein Dienstvergehen darstellt (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 1994 - 1 D 65.91 - BVerwGE 103, 70 <75 f.> m.w.N. und vom 23. Februar 1994 - 1 D 48.92 - juris Rn. 28 m.w.N.; Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG , 14. Aufl. 2018, § 28 Rn. 5b).

b) In tatsächlicher Hinsicht steht der angeschuldigte Vorwurf zur Überzeugung des Senats fest.

aa) Er ist in objektiver Hinsicht aufgrund der übereinstimmenden Aussagen des früheren Soldaten und der Zeugin ... unter Berücksichtigung der in das Verfahren eingeführten Tätigkeitsdarstellung betreffend die Zeugin erwiesen.

Danach war der frühere Soldat Soldatenvertreter im Personalrat des ... und stellvertretender Personalratsvorsitzender. Die Zeugin ... war Arbeitnehmervertreterin im Personalrat und zudem als "Bürosachbearbeiterin für Angelegenheiten des Personalrats beim ..." tätig. Ihr Vorgesetzter war insoweit der Personalratsvorsitzende oder dessen Vertreter im Amt.

Am 23. Juni 2017 war der Personalratsvorsitzende abwesend und wurde durch den früheren Soldaten vertreten. Dieser hatte bereits zwei Tage zuvor kurzfristig stellvertretend für den erkrankten Personalratsvorsitzenden eine Personalversammlung durchgeführt. Bei deren Vorbereitung war er von der Zeugin ... unterstützt worden.

Am 23. Juni 2017 frühstückten der frühere Soldat und die Zeugin ... gemeinsam im Mannschaftsheim. Der frühere Soldat fragte die Zeugin, wie schon mehrfach in den Wochen zuvor, ob sie nicht anstelle des Personalratsvorsitzenden Gruppensprecherin der Arbeitnehmer werden wolle. Die Zeugin ... lehnte dies erneut ab, weil sie bei einer damit verbundenen Freistellung einen Verlust ihrer Arbeitsstelle fürchtete.

Einige Stunden später überreichte der frühere Soldat ihr bei ihrer Verabschiedung in den Urlaub in seinem Büro einen Umschlag. Die Zeugin öffnete den Umschlag auf dem Heimweg und fand darin 250 € in bar und eine Karte mit folgendem Text:

"..., am 23.6.17 Liebe ..., Deinen anstehenden Urlaub nehme ich zum Anlass, Dir für Deine Unterstützung in den letzten Wochen zu danken. Besonders bei der Vorbereitung zur letzten Personalversammlung war ich sehr froh, dass ich mich auf Dich immer verlassen konnte. Eine gute Erholung hast Du Dir verdient und dazu wünsche ich Dir und Deinem Mann gute und schöne Ferien."

Die Zeugin ... bedankte sich am selben Tag beim früheren Soldaten mit einer per Handy gesandten Textnachricht für die Karte und teilte ihm mit, dass sie das Geld nicht annehmen, sondern es ihm nach ihrem Urlaub zurückgeben werde. Nach ihrem Urlaub ließ sie ihm die 250 € durch zwei Personalratsmitglieder aushändigen.

bb) In subjektiver Hinsicht ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der frühere Soldat der Zeugin ... die 250 € jedenfalls auch für ihre Unterstützung in ihrer Funktion als angestellte Bürosachbearbeiterin bei der Vorbereitung der Personalversammlung zukommen lassen wollte.

Er glaubt nicht an eine gedankenlose Spontanhandlung des früheren Soldaten. Denn die Zeugin ... hat bekundet, dass dieser eher wohlüberlegt als spontan handele. Der Leumundszeuge Major ... konnte ebenfalls nicht bestätigen, dass der frühere Soldat spontan oder impulsiv sei. Auch ist die Übergabe des Umschlags mit 250 € durch den früheren Soldaten, der Vater von fünf Kindern in der Ausbildung ist, zu ungewöhnlich, als dass angenommen werden könnte, er habe dabei keinerlei Motiv gehabt.

Da der frühere Soldat und die Zeugin ... nach ihren übereinstimmenden Aussagen privat keinen Kontakt hatten, kann das Motiv des früheren Soldaten nur im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Zeugin ... als angestellte Bürosachbearbeiterin und/oder mit ihrer Tätigkeit als Personalratsmitglied stehen.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der frühere Soldat der Zeugin ... die 250 € als eine Art "private Leistungsprämie" jedenfalls (auch) für ihre Unterstützung in ihrer Funktion als angestellte Bürosachbearbeiterin bei der Vorbereitung der Personalversammlung zukommen lassen wollte.

Dies ergibt sich eindeutig aus dem Kartentext. Damit in Einklang hat der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung geäußert, er habe sich mit dem Geld für die gute Arbeit der Zeugin ... bedanken wollen; die Personalversammlung habe eine "besondere Problematik" aufgewiesen, weil sie wegen Erkrankung des Personalratsvorsitzenden zunächst abgesagt worden und dann doch durchgeführt worden sei; die Zeugin ..., die als "Sprachrohr" und als eine Art "Prellbock" fungiert habe, habe dazu Rede und Antwort stehen müssen. Auch die Zeugin ... hat bestätigt, dass sich der frühere Soldat bei der Überreichung des Umschlags für ihre Unterstützung bei der Vorbereitung der Personalversammlung bedankt habe.

Nicht erweislich ist, dass der frühere Soldat darüber hinaus auch das künftige Verhalten der Zeugin ... als Personalratsmitglied beeinflussen wollte, insbesondere sie zu der von ihr stets abgelehnten Übernahme des Amtes der Gruppensprecherin der Arbeitnehmer bewegen und ihr Wahlverhalten bei einer etwaigen Neuwahl des Personalratsvorsitzenden beeinflussen wollte. Denn dies hat der frühere Soldat stets bestritten. Außerdem kann eine Vorteilsgewährung für die Personalratstätigkeit auch nicht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" angenommen werden. Denn darin läge - wie unten ausgeführt wird - ein mindestens gleich schweres Dienstvergehen. Feststellbar ist damit lediglich der Umstand, dass der frühere Soldat der Zeugin ... das Geld jedenfalls (auch) für ihre Tätigkeit als beim ... angestellte Bürosachbearbeiterin zukommen lassen wollte. Bereits dies schließt aus den nachfolgenden Erwägungen eine mildere als die vom Truppendienstgericht verhängte Disziplinarmaßnahme aus.

c) Mit dem festgestellten Verhalten hat der frühere Soldat nach § 23 Abs. 1 SG ein Dienstvergehen begangen. Denn er hat vorsätzlich seine Pflichten zum treuen Dienen (§ 7 SG ) und zum innerdienstlichen Wohlverhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2. SG ) verletzt.

aa) Diese allgemeinen soldatischen Pflichten aus dem Dienstverhältnis galten für den früheren Soldaten ungeachtet dessen, dass er als Soldatenvertreter im Personalrat gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 SBG i.V.m. § 46 Abs. 1 BPersVG ein unentgeltliches Ehrenamt wahrnahm und dafür gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 SBG i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 1 BPersVG von seiner dienstlichen Tätigkeit vollständig freigestellt war. Denn sein Dienstverhältnis bestand während seiner Mitgliedschaft im Personalrat fort. Die Freistellung bezieht sich nur auf die Aufgaben des zuvor innegehabten Dienstpostens, nicht auf die allgemeinen soldatischen Pflichten aus dem Dienstverhältnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 2010 - 1 WB 41.09 - BVerwGE 138, 40 Rn. 48 m.w.N.). Auch ein von der dienstlichen Tätigkeit freigestellter Soldatenvertreter im Personalrat hat deshalb - abgesehen von der Verpflichtung zur Dienstleistung - seine allgemeinen soldatischen Pflichten zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 1994 - 1 D 65.91 - BVerwGE 103, 70 <76>).

bb) Die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG ) umfasst die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung, vor allem die Beachtung der Strafgesetze, ferner von Weisungen des Dienstherrn in Form von Verwaltungsvorschriften. Eine Verletzung von § 7 SG ist dabei nur anzunehmen, wenn es sich um einen Rechtsverstoß von Gewicht handelt, der in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - juris Rn. 54).

(1) Das Verhalten des früheren Soldaten weist den erforderlichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis auf. Es ist nicht seinem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Denn er handelte bei der Verabschiedung der Zeugin ... in den Urlaub als Vertreter im Amt des abwesenden Personalratsvorsitzenden, der ihr Vorgesetzter im Hinblick auf ihre Tätigkeit als Bürosachbearbeiterin war. Die Personalratstätigkeit ist funktional auf die Dienststelle und den Dienstbetrieb bezogen und daher eng mit dem dienstlichen Bereich verknüpft (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. September 1984 - 1 D 38.84 - BVerwGE 76, 192 <197 f.>, vom 23. Februar 1994 - 1 D 65.91 - BVerwGE 103, 70 <78> und vom 23. Februar 1994 - 1 D 48.92 - juris Rn. 32; Beschluss vom 1. September 1999 - 1 DB 44.98 - Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 11 S. 8). Zudem fand der Vorfall im Büro des früheren Soldaten im ... statt.

(2) Der frühere Soldat hat einen gewichtigen Rechtsverstoß in Form einer Vorteilsgewährung (§ 333 Abs. 1 StGB ) begangen. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer ohne Genehmigung nach § 333 Abs. 3 StGB u.a. einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt.

(a) Die Zeugin ... wurde nach Mitteilung des ... vom 29. Juli 2020 bei ihrer Einstellung förmlich nach dem Verpflichtungsgesetz verpflichtet und ist damit eine für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StGB ).

(b) Die ihr übergebenen 250 € sind ein Vorteil im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB . Darunter ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Begünstigte keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08 - BGHSt 53, 6 Rn. 14 m.w.N.). Dabei wird der strafrechtlich relevante Begriff "Vorteil" durch das Merkmal der Sozialadäquanz eingegrenzt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1985 - 1 StR 316/85 - BGHSt 33, 336 <339> zu § 108b Abs. 1 StGB ). Sozialadäquat und damit straffrei sind gewohnheitsmäßig anerkannte, relativ geringwertige Aufmerksamkeiten aus gegebenen Anlässen (vgl. BGH, Urteile vom 23. Oktober 2002 - 1 StR 541/01 - NJW 2003, 763 <765> und vom 2. Februar 2005 - 5 StR 168/04 - NStZ 2005, 334 Rn. 4). Ein Bargeldgeschenk von 250 € an eine Bürosachbearbeiterin als Dank für ihre Angestelltentätigkeit ist keine solche übliche Aufmerksamkeit.

(c) Der frühere Soldat hat der Zeugin ... die 250 € auch für ihre Dienstausübung angeboten, ohne dass dafür eine Genehmigung nach § 333 Abs. 3 StGB vorlag.

Unter dem Anbieten eines Vorteils im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB ist das Angebot zum Abschluss einer Unrechtsvereinbarung zu verstehen. Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil nach dem (angestrebten) ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08 - BGHSt 53, 6 Rn. 30). Dies setzt voraus, dass der Vorteilsgeber mit dem Ziel handelt, auf die künftige Dienstausübung des Amtsträgers bzw. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten Einfluss zu nehmen und/oder seine vergangene Dienstausübung zu honorieren (vgl. BGH, Urteile vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08 - BGHSt 53, 6 Rn. 30, vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11 - NJW 2011, 2819 Rn. 23 m.w.N. und vom 18. Oktober 2017 - 2 StR 529/16 - juris Rn. 30).

Dabei ist unter "Dienstausübung" grundsätzlich jede dienstliche Tätigkeit zu verstehen. Diese muss nach den Vorstellungen der Beteiligten nicht - noch nicht einmal in groben Umrissen - konkretisiert sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08 - BGHSt 53, 6 Rn. 30). Vielmehr sollen nach dem Willen des Gesetzgebers auch solche Fälle strafbar sein, in denen nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers (hier: eines für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten) erkauft bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08 - BGHSt 53, 6 Rn. 27 m.w.N.).

Hier steht fest, dass der frühere Soldat der Zeugin ... die 250 € jedenfalls (auch) für eine konkrete, vergangene Ausübung ihrer Tätigkeit als Bürosachbearbeiterin des ..., für die sie förmlich verpflichtet wurde, zuwenden wollte, nämlich für ihre Unterstützung bei der Vorbereitung der Personalversammlung. Zugleich hat er damit "allgemeine Klimapflege" im Hinblick auf die Tätigkeit der Zeugin ... als Bürosachbearbeiterin betrieben. Bereits dies genügt für die Annahme einer angestrebten Unrechtsvereinbarung.

(d) Der Senat ist davon überzeugt, dass der frühere Soldat vorsätzlich gehandelt hat. Er wollte der Zeugin ... die 250 € für ihre Angestelltentätigkeit zuwenden. Dabei war ihm bekannt, dass es im ... nicht üblich war, sich unter Beschäftigten Bargeldgeschenke dieser Höhe zu machen. Aufgrund seiner langjährigen Verwendung im ... und seiner Vorstandstätigkeit im Personalrat, war ihm auch bekannt, dass Angestellten die Entgegennahme von Geldgeschenken für ihre dienstliche Tätigkeit untersagt war.

(3) Eine mindestens gleich schwere Pflichtverletzung läge vor, wenn der frühere Soldat der Zeugin ... das Geld (auch) für ihr künftiges Verhalten als Personalratsmitglied angeboten hätte. Es spricht zwar Überwiegendes dafür, dass der Straftatbestand der Vorteilsgewährung eine korruptive Einflussnahme auf die ehrenamtliche Tätigkeit von Personalratsmitgliedern nicht erfasst. Denn sie sind in § 333 Abs. 1 StGB anders als in § 203 Abs. 2 Nr. 3 , § 353b Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht erwähnt und ihre Amtsträgereigenschaft im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist mangels Bestellungsakt zweifelhaft (vgl. Leuze, PersV 2004, 220 <222>). Eine Geldzuwendung für ein bestimmtes Wahl- oder Abstimmungsverhalten im Personalrat würde aber jedenfalls gegen § 46 Abs. 1 BPersVG verstoßen. Danach führen die Mitglieder des Personalrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Die Vorschrift verbietet die Gewährung eines Entgelts oder die sonstige Zuwendung eines geldwerten Vorteils für die personalvertretungsrechtliche Tätigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2020 - 2 C 22.18 - ZfPR 2020, 66 <67>; BAG, Urteil vom 16. Februar 2005 - 7 AZR 95.04 - ZfPR 2006, 44 <45>; Noll, in: Altvater/Baden/Baunack/Berg/Dierßen/Herget/Kröll/Lenders/Noll, BPersVG , 10. Aufl. 2019, § 46 Rn. 4). Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann (vgl. Hebeler, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold u.a., BPersVG , Stand 1. Mai 2020, § 46 Rn. 24; Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG , 14. Aufl. 2018, § 46 Rn. 2; Noll, in: Altvater/Baden/Baunack/Berg/Dierßen/Herget/Kröll/Lenders/Noll, BPersVG , 10. Aufl. 2019, § 46 Rn. 9).

Daher wäre eine korruptive Geldzuwendung für die Personalratstätigkeit auch bei Annahme einer Strafbarkeitslücke gesetzeswidrig und als Verstoß gegen die Dienstpflicht zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung (§ 7 SG ) keineswegs in disziplinarrechtlicher Hinsicht weniger schwerwiegend als die festgestellte Vorteilsgewährung für die Bürotätigkeit.

(4) Nicht hingegen hat der frühere Soldat seine Pflicht zum treuen Dienen durch einen Verstoß gegen Weisungen seines Dienstherrn verletzt. Denn das Rundschreiben des Bundesinnenministeriums vom 8. November 2004 zum Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken in der Bundesverwaltung (GMBl. S. 1074 ff.) und die ergänzende Zentrale Dienstvorschrift A-1400/7 ("Annahme von Belohnungen oder Geschenken") befassen sich nur mit der Annahme, nicht mit dem Anbieten von Belohnungen oder Geschenken.

cc) Der frühere Soldat hat darüber hinaus vorsätzlich seine innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG verletzt, wonach das Verhalten eines Soldaten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Dienst als Soldat erfordert. Denn er hat eine Zivilbedienstete der Bundeswehr verleitet, das ihr angebotene Bargeld anzunehmen und damit gegen straf- und arbeitsrechtliche Vorschriften zu verstoßen. Ein solches Verhalten eines Soldaten ist geeignet, Zweifel an seiner Objektivität und Integrität von Angehörigen der Bundeswehr zu erwecken.

Hätte die Zeugin ... dem früheren Soldaten das Geld nicht zurückgegeben, hätte sie sich nicht nur der Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB ) strafbar gemacht, sondern auch gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 TVöD verstoßen. Danach dürfen Beschäftigte von Dritten Belohnungen, Geschenke, Provisionen oder sonstige Vergünstigungen in Bezug auf ihre Tätigkeit nicht annehmen. Ausnahmen von diesem Verbot sind nach Satz 2 nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. "Dritte" im Sinne dieser Vorschrift sind alle Personen außer dem Beschäftigten selbst, d.h. auch andere Beschäftigte derselben Dienststelle. Die Zuwendung der 250 € war nicht zustimmungsfähig. Nach Ziffer 302 der das genannte Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. November 2004 ergänzenden Zentralen Dienstvorschrift (ZDv A-1400/7) kann die Zustimmung für die Annahme von Belohnungen und Geschenken durch Angehörige der Bundeswehr nur erteilt werden, wenn aufgrund des Wertes oder der Beschaffenheit der Zuwendung oder sonstiger besonderer Umstände des Einzelfalles der Anschein der Empfänglichkeit auszuschließen ist. Dies ist - wie sich aus Ziffer I des der ZDv A-1400/7 als Anlage beigefügten Rundschreibens vom 8. November 2004 ergibt - bei einer Bargeldzuwendung nicht der Fall.

Wer als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes für die Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile entgegennimmt, gibt seinem Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig nicht nur einen Grund zur Abmahnung, sondern sogar zur fristlosen Kündigung. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung gekommen ist. Es reicht vielmehr aus, dass aufgrund des gewährten Vorteils das Vertrauen in die Integrität von Trägern staatlicher Funktionen und in die Redlichkeit des Arbeitnehmers erheblich erschüttert wird. Der eine fristlose Kündigung rechtfertigende wichtige Grund liegt vor allem in der zu Tage getretenen Einstellung des Arbeitnehmers, bei der Erfüllung von (arbeitsvertraglich geschuldeten) Aufgaben unbedenklich eigene Vorteile wahrzunehmen. Dadurch zerstört er regelmäßig das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit (vgl. BAG, Urteile vom 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - PersR 2002, 261 <263> und vom 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - ZfPR 2003, 297 <300> zu § 10 BAT ; siehe auch BAG, Urteile vom 15. November 2001 - 2 AZR 605/00 - BAGE 99, 331 <334, 335> und vom 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - ZTR 2006, 103 zu fortgesetzten Verstößen gegen § 10 BAT ). Bargeldgeschenke, erst recht in einer Größenordnung von 250 €, können nicht mehr als bloße Aufmerksamkeiten eher symbolischer Natur gewertet werden, die der öffentliche Arbeitgeber regelmäßig tolerieren wird (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 2001 - 2 AZR 605/00 - BAGE 99, 331 <335>).

Der frühere Soldat hat seine innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht ebenfalls vorsätzlich verletzt. Wegen der bereits dargelegten langjährigen Berufserfahrung ist davon auszugehen, dass ihm das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch Angehörige der Bundeswehr bekannt war. Denn das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern galt auch für ihn selbst und muss ihm bekannt gewesen sein.

d) Bei Art und Maß der für das Dienstvergehen zu verhängenden Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen. Insoweit legt der Senat ein zweistufiges Prüfungsschema zugrunde:

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er zwecks Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle und im Interesse der Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die betreffende Fallgruppe als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.

Nimmt ein Soldat Belohnungen oder Geschenke für eine pflichtwidrige Handlung entgegen (Bestechlichkeit) ist nach der Rechtsprechung des Senats im Regelfall die Höchstmaßnahme geboten. Nimmt er sie für eine an sich nicht pflichtwidrige Handlung entgegen (Vorteilsannahme), ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen regelmäßig eine Dienstgradherabsetzung, im Fall eines erheblichen Vorteils, der jedenfalls bei einem fünfstelligen Euro-Betrag anzunehmen ist, die Höchstmaßnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Januar 2014 - 2 WD 31.12 - Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr. 7 Rn. 91 f.).

Diese Bemessungsgrundsätze wendet der Senat auch für die umgekehrten Fälle der Bestechung und Vorteilsgewährung durch einen Soldaten gegenüber einem anderen Soldaten an (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 2 WD 11.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 32 Leitsatz 2 und Rn. 37). Da - auf der einen Seite - die Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, die Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren und - auf der anderen Seite - die Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe sowie die Bestechung nach § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren strafbewehrt sind, hat der Gesetzgeber hinreichend klar die Wertung zum Ausdruck gebracht, dass Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung ebenso wie Bestechung und Bestechlichkeit einen im Kern identischen Unwertgehalt aufweisen.

Die genannten Bemessungsgrundsätze gelten auch für Fälle der Bestechung und Vorteilsgewährung durch einen Soldaten gegenüber einem Zivilbediensteten der Bundeswehr. Denn aus disziplinarischer Sicht stellt der Soldat in diesen Fällen die Integrität und Vertrauenswürdigkeit der Angehörigen der Bundeswehr ebenso in Frage wie bei einer Bestechung und Vorteilsgewährung gegenüber einem Kameraden. Auch ist das für eine effektive Aufgabenerfüllung unerlässliche Bewusstsein gegenseitiger Achtung und gemeinsamer Verantwortung aller Angehörigen der Bundeswehr gleichermaßen schutzwürdig, gleichgültig, in welchen unterschiedlichen Funktionen sie verwendet werden, zumal dann, wenn es zu einer regelmäßigen persönlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit und Begegnung zwischen einzelnen Angehörigen der Bundeswehr und der Bundeswehrverwaltung kommt (siehe auch BVerwG, Urteile vom 25. Januar 1996 - 2 WD 24.95 - BVerwGE 103, 295 <295>, vom 21. Mai 1996 - 2 WD 22.95 - BVerwGE 103, 321 <323 f.>, vom 10. Dezember 1997 - 2 WD 1.97 - BVerwGE 113, 169 <171>, vom 12. November 1998 - 2 WD 12.98 - BVerwGE 113, 290 <291 f.> und vom 15. Februar 2000 - 2 WD 30.99 - juris Rn. 6).

Danach ist hier Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine Dienstgradherabsetzung, weil der frühere Soldat eine Vorteilsgewährung im Sinne des § 333 StGB begangen hat, indem er einer Zivilbediensteten der Bundeswehr einen Vorteil im dreistelligen Bereich anbot.

bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die eine Milderung oder Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe angesetzten Regelmaßnahme gebieten. Liegt angesichts der be- und entlastenden Umstände kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlichen Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Situation zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht hinsichtlich des Disziplinarmaßes einen Spielraum eröffnet. Danach ist jedenfalls keine mildere als die vom Truppendienstgericht verhängte Ruhegehaltskürzung um 1/20 für die Dauer von 15 Monaten tat- und schuldangemessen.

(1) Zu Lasten des früheren Soldaten fällt ins Gewicht, dass er als stellvertretender Personalratsvorsitzender eine herausgehobene Position und damit eine Vorbildfunktion für andere Mitarbeiter hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1984 - 1 D 38.84 - BVerwGE 76, 192 <200>). Dies gilt gerade im Hinblick auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben. Wer sich in einer solchen Position fehlverhält, gibt ein besonders schlechtes Beispiel ab, was das Gewicht seines Fehlverhaltens erhöht.

Darüber hinaus war der frühere Soldat disziplinarisch - wenngleich nicht einschlägig - vorbelastet. Das Truppendienstgericht hatte gegen ihn bereits mit Urteil vom 12. November 2013 wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot nebst Kürzung der Dienstbezüge verhängt. Nach § 38 Abs. 2 WDO ist in der Regel bei erneuten Dienstvergehen zu schwereren Disziplinarmaßnahmen überzugehen. Umstände, von dieser Regel abzuweichen, liegen nicht vor.

Ferner hatte das Dienstvergehen sowohl für die Zeugin ... als auch für den Dienstherrn nachteilige Auswirkungen. Es hat die Zeugin ... stark belastet. Sie fürchtete den Verlust ihrer Arbeitsstelle, weil sie den Umschlag mit dem Geld zunächst ungeöffnet mitgenommen hatte, und machte sich während ihres gesamten Urlaubs große Sorgen. Das Dienstvergehen hatte des Weiteren zur Folge, dass in der folgenden Personalratssitzung ein neuer Gruppensprecher der Soldaten und neuer stellvertretender Personalratsvorsitzender gewählt wurde. Dadurch endete die Freistellung des früheren Soldaten vom Dienst und er musste bis zum Ende seiner Dienstzeit auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt in der Gruppe "..." im ... verwendet werden.

(2) Demgegenüber ist zu Gunsten des früheren Soldaten zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen nach Eigenart und Schwere vergleichsweise leicht wiegt. Denn die Höhe der angestrebten Bargeldzuwendung bewegt sich im Vergleich zu sonstigen Fällen der Vorteilsgewährung im unteren Bereich.

Mildernd zu berücksichtigen sind ferner die glaubhafte Unrechtseinsicht und Reue des früheren Soldaten.

Auch nahm er nach dem Dienstvergehen weiterhin die Funktion der Vertrauensperson der Unteroffiziere im ... wahr, ohne dass insoweit Beanstandungen an seinen Disziplinarvorgesetzten herangetragen wurden.

Schließlich hat sich der frühere Soldat nachbewährt. Er war ausweislich seiner letzten Regelbeurteilung von 2005 schon vor dem Dienstvergehen leistungsstark. So wurde er zwischen 1988 und 2008 mit dem Abzeichen für Leistungen im Truppendienst in Gold, dem Ehrenkreuz der Bundeswehr in Bronze, dem Tätigkeitsabzeichen Militärmusikpersonal in Gold, einer förmlichen Anerkennung, einer einjährigen Leistungszulage und einer Leistungsprämie ausgezeichnet. Auch bewährte er sich 2002 in einem Auslandseinsatz, in dem er als Spieß eine Gruppe von Militärmusikern anführte. Nach dem Dienstvergehen war er weiterhin leistungsstark und führte sich tadelfrei. Dies ergibt sich aus der Sonderbeurteilung von 2018, in der seine Aufgabenerfüllung mit dem Durchschnittswert 8,00 benotet wurde, sowie den Aussagen seines früheren Disziplinarvorgesetzten Major ... Dieser hat betont, dass der frühere Soldat trotz des Verfahrens nicht "den Kopf in den Sand gesteckt", sondern sich bis zuletzt engagiert und sehr gute dienstliche Leistungen erbracht sowie Leistungswillen und Leistungsstärke gezeigt hat. Die kontinuierliche Erbringung von Spitzenleistungen sowie die tadelfreie Führung während eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens kommen einer Nachbewährung gleich und sind mit ebenso hohem Gewicht zu Gunsten des Soldaten zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17.19 - juris Rn. 52 m.w.N.).

(3) Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände wäre an sich eine Ruhegehaltskürzung um 1/20 für eine Dauer von zwei bis drei Jahren angemessen.

Denn die Nachbewährung rechtfertigt als klassischer Milderungsgrund den Übergang von der Regelmaßnahme der Dienstgradherabsetzung zur - vorliegend - nächstmilderen Maßnahmeart der Ruhegehaltskürzung (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Mai 2020 - 2 WD 13.19 - juris Rn. 40 m.w.N. und vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17.19 - juris Rn. 52 m.w.N.). Diese besteht nach § 64 Satz 1 und 2 i.V.m. § 59 Satz 1 WDO in der bruchteilsmäßigen Verminderung des monatlichen Ruhegehalts um mindestens ein Zwanzigstel und höchstens ein Fünftel für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Zwar gebietet die vorliegend in Betracht kommende Überlänge des Disziplinarverfahrens von insgesamt etwa acht Monaten eine weitere Verringerung des Disziplinarmaßes, jedoch nicht auf eine Dauer von weniger als die vom Truppendienstgericht angesetzten 15 Monate.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in Fällen, in denen - wie hier - die Höchstmaßnahme ausscheidet und deshalb eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme geboten ist, eine gegen Art. 6 EMRK und Art. 19 Abs. 4, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verstoßende Überlänge des Verfahrens aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 - 2 WD 12.19 - juris Rn. 25 m.w.N.). Bei der Verfahrensdauer sind auch Zeiten eines gesetzlich vorgeschriebenen behördlichen Vorschaltverfahrens zu berücksichtigen (vgl. EGMR , Urteile vom 28. Juni 1978 - 6232/73, König/Deutschland - NJW 1979, 477 Rn. 98 und vom 16. Juli 2009 - 8453/04, Bayer/Deutschland - NVwZ 2010, 1015 Rn. 44; BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2019 - 2 WD 19.18 - BVerwGE 166, 189 Rn. 45).

Hier weist zunächst das Verfahren bis zur Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens eine nicht gerechtfertigte Überlänge von etwa sieben Monaten auf. Liegen zureichende Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht eines schwerwiegenden Dienstvergehens vor, dürfen Einleitungsbehörde und Wehrdisziplinaranwaltschaft die Vorermittlungen nicht weiterführen, bis der Sachverhalt anschuldigungsreif aufgeklärt ist. Vielmehr haben sie das Verfahren bei Vorliegen (bereits) eines Anfangsverdachts einzuleiten und danach die weiteren Ermittlungen der Wehrdisziplinaranwaltschaft zu veranlassen, weil auch die Prüfung, ob ein hinreichender Anfangsverdacht vorliegt, dem Beschleunigungsgebot des § 17 Abs. 1 WDO unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 - 2 WD 12.19 - juris Rn. 26 m.w.N.). Hier lagen spätestens nach der Vernehmung der Zeugin ... am 24. August 2017 zureichende Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht eines schwerwiegenden Dienstvergehens vor. Nach einer dem Beschleunigungsgebot entsprechenden zügigen Durchführung der erforderlichen Anhörungen der Vertrauensperson und des früheren Soldaten hätte das gerichtliche Disziplinarverfahren - auch bei Berücksichtigung des Prozessverhaltens des Soldaten - Ende September 2017 eingeleitet werden können. Tatsächlich ist es erst am 30. April 2018 und somit um sieben Monate verspätet eingeleitet worden.

Demgegenüber war das erstinstanzliche Verfahren mit einer Dauer von weniger als acht Monaten nicht überlang.

Allerdings weist das Berufungsverfahren mit gut 13 Monaten eine Überlänge von etwa einem Monat auf. Da es vom tatsächlichen Sachverhalt her keine besonderen Schwierigkeiten aufwies, wäre eine Entscheidung binnen eines guten Jahres angezeigt gewesen. Dass dies wegen vorrangig bearbeiteter älterer Verfahren nicht geschehen ist, hat der frühere Soldat nicht zu vertreten.

Die damit vorliegende Überlänge von etwa acht Monaten rechtfertigt jedenfalls keine Verringerung der Dauer der Ruhegehaltskürzung um mehr als acht Monate, so dass es unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots bei der vom Truppendienstgericht verhängten Disziplinarmaßnahme verbleibt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 139 Abs. 2 , § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO .

Fundstellen
BVerwGE 169, 228
ZBR 2021, 105