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BVerwG - Entscheidung vom 15.05.2020

5 P 5.19

Normen:
BPersVG § 31 Abs. 1 S. 2
BPersVG § 34 Abs. 2 S. 1 und 2
BPersVG § 54
BPersVG § 56
VwVfG § 43
VwVfG § 44
BPersVG § 31 Abs. 1 S. 2
BPersVG § 34 Abs. 2 S. 1-2
BPersVG § 54
BPersVG § 56
VwVfG § 43
VwVfG § 44
BPersVG § 31 Abs. 1 S. 2
BPersVG § 34 Abs. 2
VwVfG § 43
VwVfG § 44

Fundstellen:
BVerwGE 168, 149
DÖV 2020, 1039

BVerwG, Beschluss vom 15.05.2020 - Aktenzeichen 5 P 5.19

DRsp Nr. 2020/16142

Streit um die Wirksamkeit von Beschlüssen in der Sitzung eines Gesamtpersonalrats; Erfordernis der Rechtzeitigkeit der Mitteilung der Tagesordnung an die Mitglieder des Personalrats; Anforderungen an die rechtzeitige Geltendmachung des Mangels nicht rechtzeitiger Mitteilung der Tagesordnung; Verhinderung doppelmandatierter Personalratsmitglieder durch parallel stattfindende Sitzungen von Personalvertretungen

1. Nach § 34 Abs. 2 Satz 3 BPersVG muss auch die Mitteilung der Tagesordnung rechtzeitig erfolgen. Die Tagesordnung kann ihren Informations- und Vorbereitungszweck nur vollständig erfüllen, wenn gewährleistet ist, dass die Mitglieder des Personalrats zeitlich die Möglichkeit haben, sich auf die Beschlussfassung vorzubereiten. Wann die Mitteilung der Tagesordnung als rechtzeitig anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Anzahl der Tagesordnungspunkte sowie von Umfang und Bedeutung der jeweils anstehenden Angelegenheiten ab.2. Der Mangel nicht rechtzeitiger Mitteilung der Tagesordnung kann nicht mehr gerügt und eine hierauf gründende Unwirksamkeit von Beschlüssen der Personalvertretung nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Mangel nicht spätestens zu Beginn der Sitzung vor Eintritt in die Tagesordnung geltend gemacht wird.3. Für doppelmandatierte Mitglieder zweier Personalvertretungen löst der Zugang der ersten Ladung die Teilnahmepflicht des Mitglieds für die Sitzung aus, die Gegenstand dieser Ladung ist und begründet damit dessen rechtliche Verhinderung in Bezug auf eine zeitgleich stattfindende Sitzung der anderen Personalvertretung.

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Normenkette:

BPersVG § 31 Abs. 1 S. 2; BPersVG § 34 Abs. 2 ; VwVfG § 43 ; VwVfG § 44 ;

Gründe

I

Der Antragsteller nahm als Ersatzmitglied an der Sitzung des Beteiligten zu 1 (Gesamtpersonalrats beim Bundesnachrichtendienst - BND) vom 5. bis 9. November 2018 teil. Er hält die in dieser Sitzung gefassten Beschlüsse für unwirksam. Der Beteiligte zu 1 habe mangels eines wirksam gewählten Vorsitzenden keine wirksamen Beschlüsse fassen können. Die im September 2018 erfolgte Wahl des Vorsitzenden sei unwirksam gewesen. Der Vorsitzende sei grundsätzlich aus dem Kreis der Gruppenvorstandsmitglieder zu bestimmen, die jedenfalls nicht grundlos auf die Übernahme des Amtes des Vorsitzenden verzichten dürften. Die in der Sitzung gefassten Beschlüsse seien auch deshalb unwirksam, weil zu der Sitzung nicht unter Beifügung einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Tagesordnung geladen worden sei. Schließlich folge die Unwirksamkeit auch aus einer nicht ordnungsgemäßen Besetzung des Gremiums. Es seien keine Ersatzmitglieder geladen worden für Mitglieder des Beteiligten zu 1, die an dessen Sitzung nicht hätten teilnehmen können, weil sie als Mitglieder des örtlichen Personalrats der Zentrale an dessen zeitgleich stattfindender Sitzung teilgenommen hätten.

Der Antragsteller beantragt nunmehr,

festzustellen, dass die in der Sitzung des Beteiligten zu 1 vom 5. bis 9. November 2018 gefassten Beschlüsse unwirksam sind.

Der Beteiligte zu 1 und 2 beantragen jeweils,

den Antrag abzulehnen.

Sie äußern Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags, den sie im Übrigen auch für unbegründet halten.

Die Beteiligten haben das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit es ursprünglich auch die Zurverfügungstellung von Sitzungsunterlagen an den Antragsteller sowie die Durchführung von Monatsgesprächen zwischen dem Beteiligten zu 1 und dem Chef des Bundeskanzleramts betraf.

II

Das Verfahren wird gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG , § 83a Abs. 1 und 2 Satz 1 ArbGG eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Der Feststellungsantrag, über den das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 86 Nr. 13 Satz 1 BPersVG in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig. Die Bedenken der Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Zulässigkeit des Antrags greifen nicht durch. Insbesondere hat der Antragsteller seine prozessualen Rechte nicht verwirkt (vgl. zur Verwirkung BVerwG, Beschluss vom 15. Januar 2020 - 2 B 38.19 - juris Rn. 12; Jacobs, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 83 Rn. 51). Dafür geben weder der Zeitraum zwischen der Sitzung Anfang November 2018 und der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens am 4. Februar 2019 noch das sonstige Verhalten des Antragstellers einen genügenden Anhaltspunkt.

Der Antrag ist unbegründet. Die in der Sitzung des Beteiligten zu 1 vom 5. bis zum 9. November 2018 gefassten Beschlüsse sind nicht unwirksam.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass von einer Personalvertretung gefasste Beschlüsse in Anlehnung an die in den Regelungen der § 43 Abs. 3 und § 44 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ( VwVfG ) zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsätze (nur dann) nichtig und damit unwirksam sind, wenn sie an einem schwerwiegenden Fehler leiden, der offenkundig ist. Nichtigkeit kann bei Beschlüssen der Personalvertretungen dann angenommen werden, wenn sie bei Berücksichtigung der Aufzählungen in § 44 Abs. 2 und Abs. 3 VwVfG , die insoweit Anhaltspunkte bieten, unter einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offensichtlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2015 - 5 P 11.14 - Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 43 Rn. 16 bis 18 m.w.N.). Ein Fehler ist besonders schwerwiegend im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG zugrundeliegenden allgemeinen Grundsatzes, wenn er ein Handeln als schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in so erheblichem Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, das Handeln als verbindlich anzuerkennen (BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2015 - 5 P 11.14 - Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 43 Rn. 21 m.w.N.). "Offenkundig" ist die schwere Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung nur dann, wenn sie für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist (BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2015 - 5 P 11.14 - Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 43 Rn. 23 m.w.N.). Hiervon ausgehend sind die von dem Beteiligten zu 1 in der Sitzung vom 5. bis 9. November 2018 gefassten Beschlüsse weder hinsichtlich der vom Antragsteller gerügten Gesichtspunkte der Bestimmung des Vorsitzenden des Beteiligten zu 1 (1.), der Vorlage einer ordnungsgemäßen Tagesordnung und ihrer Rechtzeitigkeit (2.) oder der rechtswidrig unterbliebenen Ladung von Ersatzmitgliedern (3.) unwirksam. Ebenso wenig ergibt sich ihre Unwirksamkeit aus sonstigen Gründen (4.).

1. Die während der Sitzung im November 2018 gefassten Beschlüsse des Beteiligten zu 1 sind nicht wegen einer unwirksamen Bestimmung des Vorsitzenden unwirksam. Die im September 2018 durchgeführte Vorsitzendenwahl war zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2020 - 5 P 3.19 -). Da der Beteiligte zu 1 mithin über einen wirksam gebildeten Vorstand verfügte, war er handlungsfähig. Vor diesem Hintergrund bestehen überdies auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sitzungsleitung durch den Vorsitzenden zu beanstanden wäre und die gefassten Beschlüsse deshalb unwirksam sein könnten.

2. Die von dem Beteiligten zu 1 in der Sitzung vom November 2018 gefassten Beschlüsse sind auch nicht deshalb unwirksam, weil die zur Teilnahme an der Sitzung Berechtigten, insbesondere die Mitglieder des Gremiums und die zur Sitzungsteilnahme berufenen Ersatzmitglieder, eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Tagesordnung zur Sitzung nicht bzw. nicht rechtzeitig erhalten hätten.

Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG beraumt der Vorsitzende die Sitzungen des Personalrates an, setzt die Tagesordnung fest und leitet die Verhandlung. Zu den Sitzungen hat er gemäß § 34 Abs. 2 Satz 3 BPersVG die Mitglieder des Personalrates rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Dies gilt für den Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats entsprechend (§ 54 Abs. 1 , § 56 BPersVG ). Die den Teilnehmern der im November 2018 durchgeführten Sitzung des Beteiligten zu 1 unter dem 2. November 2018 mitgeteilte Tagesordnung entsprach inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (a). Ob sie auch rechtzeitig mitgeteilt wurde, kann der Senat offenlassen (b), weil sich der Antragsteller auf diesen Mangel im Ergebnis jedenfalls nicht berufen kann (c).

a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, welchen Anforderungen die den Mitgliedern einer Personalvertretung mitzuteilende Tagesordnung genügen muss. Die Zusammenstellung der Tagesordnung steht danach im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden. Er muss die Tagesordnung so festsetzen, dass sie alle Gegenstände enthält, die sich aus der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Personalvertretung ergeben (BVerwG, Beschluss vom 29. August 1975 - 7 P 2.74 - BVerwGE 49, 144 <147>). Die Tagesordnung muss inhaltlich so gefasst sein, dass die Mitglieder der Personalvertretung durch diese ihrem Zweck entsprechend in die Lage versetzt werden, sich angemessen und sachgerecht auf die Sitzung und die dort anstehenden Entscheidungen vorzubereiten. Sie muss den Mitgliedern der Personalvertretung ermöglichen, sich ein genaues Bild über die zur Beschlussfassung anstehenden Angelegenheiten zu machen. Dabei kann allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass die Sitzung grundsätzlich die Informationsquelle der Mitglieder der Personalvertretung ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. August 1975 - 7 P 2.74 - BVerwGE 49, 144 <153> und - 7 P 13.73 - Buchholz 238.3 § 44 PersVG Nr. 11 S. 2). Um ihrem Informations- bzw. Vorbereitungszweck zu genügen, reicht es gleichwohl nicht aus, dass die Tagesordnung nur global und zahlenmäßig die Beratungsgegenstände der Sitzung angibt. Erforderlich ist vielmehr, dass die einzelnen Beratungsgegenstände in der Tagesordnung dem Gesetz entsprechend bezeichnet werden. Welche Informationen das im Einzelnen bedingt, hängt von der jeweiligen Angelegenheit ab, über die in der Sitzung zu entscheiden ist. Handelt es sich beispielsweise um personelle Angelegenheiten, so muss die der Mitbestimmung oder Mitwirkung der Personalvertretung unterworfene beabsichtigte Maßnahme (§ 69 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 1 BPersVG ) benannt werden. Bei der Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens bedeutet das, dass dieser Dienstposten mit seiner besoldungsmäßigen Bewertung sowie der Name des Beschäftigten, dem die Dienststelle diesen Posten übertragen will, anzugeben sind. Weitergehende Angaben, insbesondere solche über die Mitbewerber, braucht die Tagesordnung hingegen nicht zu enthalten, weil sie nicht zu der beabsichtigten Maßnahme gehören (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. August 1975 - 7 P 2.74 - BVerwGE 49, 144 <151> und - 7 P 13.73 - Buchholz 238.3 § 44 PersVG Nr. 11 S. 2). Unterrichtet der Vorsitzende die Mitglieder der Personalvertretung - ohne dass diese einen gesetzlichen Anspruch hierauf hätte - über die Mitteilung der Tagesordnung hinaus ergänzend dadurch, dass er in papierener oder digitaler Form erläuternde Unterlagen zu den Beratungsgegenständen zugänglich macht, ist ebenso sicherzustellen, dass einzelnen Mitgliedern nicht ein ungerechtfertigter Informationsvorsprung gewährt wird, sondern alle Mitglieder die Informationen vollständig und gleichzeitig erhalten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. August 1975 - 7 P 2.74 - BVerwGE 49, 144 <153> und - 7 P 13.73 - Buchholz 238.3 § 44 PersVG Nr. 11 S. 3). Vorstehendes gilt auch in Bezug auf Ersatzmitglieder, wenn der Vertretungsfall eintritt und sie hierdurch zu (zeitweiligen) Mitgliedern der Personalvertretung werden. Denn als Stellvertreter eines (zeitweilig) verhinderten gewählten Mitglieds der Personalvertretung sind sie Inhaber der diesem zustehenden und von ihm abgeleiteten Rechte und Pflichten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2017 - 5 P 6.15 - Buchholz 251.21 § 47 BrbgPersVG Nr. 1 Rn. 14 m.w.N.).

Gemessen daran wies hier jedenfalls die unter dem 2. November 2018 mitgeteilte Tagesordnung die einzelnen Beratungsgegenstände in dem gebotenen Detaillierungsgrad auf. Die dem Senat vorgelegte Kopie der Tagesordnung lässt trotz Schwärzung insbesondere der Namen und Dienstbezeichnungen betroffener Beschäftigter ausreichend erkennen, über welche im Einzelnen bezeichneten Maßnahmen beraten und Beschlüsse gefasst werden sollten, und dass die betroffenen Beschäftigten des BND - soweit es sich um Personalmaßnahmen handelte - namentlich benannt waren.

b) Nach § 34 Abs. 2 Satz 3 BPersVG hat nicht nur die Ladung, sondern auch die Mitteilung der Tagesordnung rechtzeitig zu erfolgen. Bereits dem Wortlaut der Vorschrift ist mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass sich das Tatbestandsmerkmal der Rechtzeitigkeit auch auf Letztere erstreckt. Die Tagesordnung kann zudem ihren Informations- und Vorbereitungszweck nur vollständig erfüllen, wenn gewährleistet ist, dass die Mitglieder der Personalvertretung zeitlich die Möglichkeit haben, sich auf die Beschlussfassung vorzubereiten und sich dabei gegebenenfalls eine vorläufige Meinung zu bilden. Sie müssen die erforderliche Zeit haben, die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen gedanklich aufzunehmen, sie - nötigenfalls auch im Rahmen einer Besprechung mit ihrer Gruppe - zu bedenken und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, um sie in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Wann die Mitteilung der Tagesordnung in diesem Sinne als rechtzeitig anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Anzahl der Tagesordnungspunkte sowie von Umfang und Bedeutung der jeweils anstehenden Angelegenheiten ab (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - 20 A 10/10.PVL - juris Rn. 39).

In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben spricht zwar Überwiegendes dafür, dass die sehr umfangreiche Tagesordnung vom 2. November 2018 nicht rechtzeitig im Sinne des Gesetzes mitgeteilt worden ist. Denn sie lag den Sitzungsteilnehmern nach den Angaben des Beteiligten zu 1 erst am Nachmittag des 5. November 2018, also am ersten Tag der Sitzungswoche, vor. Damit konnte sie ihren Zweck, Mitglieder und Ersatzmitglieder der Personalvertretung vor Beginn der Sitzung in ausreichender Weise über die Beratungsgegenstände zu informieren, offenbar nicht mehr erfüllen. Daran ändert der tatsächliche Sitzungsablauf nichts, wonach am ersten Tag der Sitzungswoche vormittags die Anreise der Sitzungsteilnehmer erfolgte, am Nachmittag Sitzungen in Arbeitsgruppen und am Folgetag Sitzungen in den Statusgruppen stattfanden. Letztere fanden ausweislich des Sitzungsprotokolls erst nach der Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden statt. Soweit diese Vorbesprechungen der Vorbereitung der Sitzung des gesamten Gremiums an den Folgetagen dienten, sind schon deshalb Zweifel an der rechtzeitigen Mitteilung der Tagesordnung angebracht, als sich das Erfordernis der Möglichkeit ausreichender Vorbereitung auch auf solche Vorbesprechungen bezieht. Auch diese können nur auf der Basis ausreichender Kenntnis der Beratungsgegenstände sinnvoll durchgeführt werden. Soweit die Vorbesprechungen möglicherweise (auch) der Erörterung anderer Themen dienten, boten sie von vornherein keine Gelegenheit, sich mit den Beratungsgegenständen vertraut zu machen. Letztendlich kann die Frage der rechtzeitigen Mitteilung der Tagesordnung hier aber offengelassen werden, weil der Antragsteller - wie nachfolgend dargelegt wird - mit seiner diesbezüglichen Beanstandung in jedem Fall ausgeschlossen ist.

c) Die rechtzeitige Mitteilung der Tagesordnung ist ebenso wie die rechtzeitige Ladung zur Sitzung als solche Voraussetzung für eine wirksame Beschlussfassung der Personalvertretung. Ein diesbezüglicher Mangel führt aber nur dann zur Unwirksamkeit der in der Sitzung gefassten Beschlüsse, wenn er rechtzeitig geltend gemacht wird. Zwar ordnet das Bundespersonalvertretungsgesetz diese Rechtsfolge nicht ausdrücklich an. Sie ist jedoch aus der Mitverantwortung der Mitglieder der Personalvertretung für die Rechtmäßigkeit der unter ihrer Mitwirkung gefassten Beschlüsse des Gremiums herzuleiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Mitglieder der Personalvertretung für das gesetzmäßige Handeln der Personalvertretung und somit auch für die Gesetzmäßigkeit von deren Beschlussfassungen mitverantwortlich (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. September 1977 - 7 P 10.75 - Buchholz 238.3A § 75 Nr. 4 S. 18 und vom 16. Juni 1982 - 6 P 63.78 - Buchholz 238.3A § 36 BPersVG Nr. 1 S. 2 f.; s.a. Beschluss vom 28. Oktober 1993 - 6 P 25.91 - Buchholz 250 § 40 BPersVG Nr. 2 S. 2). Diese Mitverantwortung begründet ihre grundsätzliche Obliegenheit, auf einen etwaig zu besorgenden Verstoß gegen § 34 Abs. 2 Satz 3 BPersVG aufmerksam zu machen, um eine hierauf gründende Unwirksamkeit von Beschlüssen der Personalvertretung zu verhindern. Zudem trifft sie aufgrund ihrer Mitverantwortung die Obliegenheit, einen derartigen Verstoß spätestens zu Beginn der betreffenden Sitzung offen zu legen und zu rügen, was im Sitzungsprotokoll festzuhalten ist. Ein Mitglied der Personalvertretung muss einen es selbst betreffenden Ladungsmangel nicht zwingend geltend machen, sondern kann davon absehen. Wenn es aber eine fehlerhafte Ladung rügen möchte, liegt es nach dem Rechtsgedanken des § 295 Abs. 1 ZPO , der auf die Einhaltung von Form- und Verfahrensvorschriften für Sitzungen der Personalvertretung nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz übertragen werden kann (vgl. Fischer/Goeres/Gronimus, in: Fürst, GKÖD Bd. V, Stand April 2020, § 34 BPersVG Rn. 15, 31), auch in seiner Verantwortung, einen etwaig zu besorgenden Verstoß gegen § 34 Abs. 2 Satz 3 BPersVG rechtzeitig geltend zu machen, sobald er ihm bekannt ist oder bekannt sein muss. Geschieht dies nicht, ist das betreffende Mitglied der Personalvertretung mit dieser Rüge präkludiert. Die in der Stellung als Mitglied der Personalvertretung wurzelnde Obliegenheit gilt - aus den bereits dargelegten Gründen - in gleicher Weise für zeitweise in die Personalvertretung eintretende Ersatzmitglieder wie für deren ständige Mitglieder.

Hier ist der etwaige Mangel rechtzeitiger Mitteilung der Tagesordnung zu Beginn der Sitzung von dem Antragsteller oder einem anderen Sitzungsteilnehmer nicht gerügt worden. Weder macht der Antragsteller dies geltend, noch enthält das Sitzungsprotokoll entsprechende Angaben. Zwar ist dort vermerkt, dass sich der Antragsteller am Mittwoch, dem 7. November 2018, zur Tagesordnung zu Wort gemeldet hat und ihm dieses durch den Vorsitzenden entzogen wurde. Dies betraf aber nicht die Tagesordnung insgesamt und die Rechtzeitigkeit ihrer Mitteilung, sondern lediglich einen vom Vorsitzenden eingebrachten Antrag, die Tagesordnung um einen Beratungsgegenstand zu erweitern. Zudem erfolgte die Wortmeldung des Antragstellers nicht im Anschluss an die Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden am 6. November 2018.

3. Die in der Sitzung im November 2018 gefassten Beschlüsse des Beteiligten zu 1 sind auch nicht deshalb unwirksam, weil für zeitweilig verhinderte so genannte doppelt mandatierte Mitglieder des Beteiligten zu 1 kein Ersatzmitglied geladen worden und er infolgedessen nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen ist.

Die ordnungsgemäße Besetzung der Personalvertretung ist Voraussetzung für die Wirksamkeit ihrer Beschlüsse (vgl. für den Fall der Heranziehung von Ersatzmitgliedern ohne Verhinderung eines oder mehrerer Mitglieder der Personalvertretung BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 1969 - 7 P 11.67 - PersV 1970, 39; s.a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. August 2018 - OVG 60 PV 8.17 - juris Rn. 21). An einer solchen fehlt es unter anderem, wenn Ersatzmitglieder, die gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG für ein zeitweilig verhindertes Mitglied der Personalvertretung eintreten, nicht rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zur Sitzung geladen worden sind. Denn die in § 34 Abs. 2 Satz 3 BPersVG normierte Ladungspflicht des Vorsitzenden erstreckt sich auch auf die genannten Ersatzmitglieder. Diese werden nicht erst durch die Ladung, sondern kraft Gesetzes mit Eintritt der zeitweiligen Verhinderung Mitglied der Personalvertretung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 1975 - 7 P 14.73 - BVerwGE 49, 271 <274> m.w.N.).

Eine zeitweilige Verhinderung liegt vor, wenn ein Mitglied der Personalvertretung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 28. April 1967 - 7 P 11.66 - Buchholz 238.3 § 44 Nr. 7 S. 22) vorübergehend nicht in der Lage ist, sein Amt auszuüben. Dabei stellt das Gesetz allein auf den objektiven Tatbestand der Verhinderung ab (BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 1975 - 7 P 14.73 - BVerwGE 49, 271 <272 f. und 274> m.w.N.). Die Verhinderung muss also objektiv vorliegen, ein Beurteilungsspielraum oder Ermessen ist dem betreffenden Mitglied nicht eingeräumt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. August 2018 - OVG 60 PV 8.17 - juris Rn. 24). Mangels eines solchen ist es nicht Sache eines so genannten doppelt mandatierten Beschäftigten, also eines Beschäftigten, der Mitglied verschiedener Personalvertretungen (etwa eines örtlichen Personalrats und des Gesamtpersonalrats oder einer Stufenvertretung) ist, für die jeweils zum selben Termin eine Sitzung anberaumt ist, zu entscheiden, an welcher Sitzung er teilnimmt und für welche Sitzung er sich damit als zeitweilig rechtlich verhindert erklärt (a.A. Gronimus, PersV 2019, 246 <250>). Vielmehr ist ein derartiger Beschäftigter mit Zugang der ersten Ladung aus rechtlichen Gründen verhindert, an der Sitzung der anderen Personalvertretung teilzunehmen. Dem Bundespersonalvertretungsgesetz ist ohne Weiteres zu entnehmen, dass die von den Beschäftigten gewählten Mitglieder der Personalvertretung nicht nur zur Sitzungsteilnahme berechtigt, sondern auch verpflichtet sind (vgl. ausführlich zum Berliner Personalvertretungsrecht OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. August 2018 - OVG 60 PV 8.17 - juris 27, dessen Ausführungen auf die insoweit vergleichbare Rechtslage nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz übertragbar sind). Bei der Teilnahmepflicht handelt es sich um eine "latente" Pflicht, die durch die Ladung zur jeweiligen Sitzung umzusetzen ist, aus deren Zugang sich erst die tatsächliche Handlungspflicht ergibt. Somit kann es bei Ladungen, die einem betreffenden Beschäftigten zeitlich nacheinander zugehen, von vornherein zu keiner Pflichtenkollision kommen. Denn während im Zeitpunkt des Zugangs der ersten Ladung in Bezug auf die Sitzung, die Gegenstand dieser Ladung ist, eine zu erfüllende Pflicht begründet wird, verhält sich dies bei der späteren Ladung zu einer für denselben Tag anberaumten Sitzung der weiteren Personalvertretung anders. Zum Zeitpunkt des Zugangs dieser Ladung liegt bereits ein durch die frühere Ladung begründeter Verhinderungsgrund vor, der die Entstehung einer Teilnahmepflicht an der weiteren Sitzung ausschließt.

Gemessen daran lässt sich hier eine Verhinderung von Mitgliedern des Beteiligten zu 1 an dessen Sitzung vom 5. bis 9. November 2018 wegen der Teilnahme an einer Sitzung des örtlichen Personalrats der Zentrale des BND nicht feststellen. Es bestehen keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass ein Mitglied der Personalvertretung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen im oben dargelegten Sinne vorübergehend nicht in der Lage gewesen ist, seine Funktion im Gesamtpersonalrat auszuüben, weil dem eine vorrangige Verpflichtung zur Teilnahme an einer zeitgleich stattfindenden anderen Personalratssitzung entgegenstand. Der Antragsteller hat schon nicht die Mitglieder des Beteiligten zu 1 benannt, die verhindert gewesen sein sollen. Ferner hat er nicht angegeben, wann genau die Sitzung des örtlichen Personalrats stattgefunden haben soll. Hierzu bestand spätestens Anlass, nachdem der Beteiligte zu 1 darauf hingewiesen hatte, dass der örtliche Personalrat seine Sitzung anders als er selbst nicht über die ganze Woche erstrecke. Angesichts fehlender Anknüpfungstatsachen für eine rechtserhebliche Verhinderung eines Mitglieds des Gesamtpersonalrats bestand auch keine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung.

4. Aus dem Vorbringen der Beteiligten und dem Inhalt der von ihnen vorgelegten Unterlagen ergeben sich schließlich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beteiligten zu 1 in der Sitzung vom November 2018 gefassten Beschlüsse aus anderen Gründen nichtig und damit unwirksam sein könnten.

Fundstellen
BVerwGE 168, 149
DÖV 2020, 1039