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BVerwG - Entscheidung vom 07.07.2020

8 B 74.19

Normen:
GlüStV § 24 Abs. 1
GlüStV § 29 Abs. 4
GewO § 33i
GG Art. 125a Abs. 1 S. 1
VwGO § 108 Abs. 1
VwGO § 133 Abs. 3 S. 3

BVerwG, Beschluss vom 07.07.2020 - Aktenzeichen 8 B 74.19

DRsp Nr. 2020/11330

Streit um die Ablehnung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle wegen Nichteinhaltung des Mindestabstands zur Spielhalle eines anderen Betreibers; Klare Abgrenzung der glücksspielrechtlichen und gewerberechtlichen Regelungsbereiche in Bezug auf die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle; Ergänzung des Erfordernisses einer gewerberechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle durch die glücksspielrechtliche Erlaubnisregelung des § 24 Abs. 1 GlüStV; Keine verfassungsrechtlich unzulässige Mischlage zwischen Bundesrecht und Landesrecht; Anforderungen an die Darlegung eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz

Der Erlaubnisvorbehalt der § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV ändert nicht lediglich einzelne Worte oder Sätze des § 33i GewO ab, sondern ergänzt diesen Erlaubnistatbestand für einen abgegrenzten Teil des Spielhallenrechts durch eine weitere, ausschließlich vom Landesgesetzgeber verantwortete glücksspielrechtliche Erlaubnisregelung. Dadurch entsteht keine unklare Mischlage.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Normenkette:

GlüStV § 24 Abs. 1; GlüStV § 29 Abs. 4; GewO § 33i; GG Art. 125a Abs. 1 S. 1; VwGO § 108 Abs. 1 ; VwGO § 133 Abs. 3 S. 3;

Gründe

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet war, ihr eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für den Betrieb ihrer Spielhalle zu erteilen. Ihren darauf gerichteten Antrag lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die Spielhalle der Klägerin halte nicht den Mindestabstand von 350 Metern zur Spielhalle eines anderen Betreibers ein. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Die Beschwerde der Klägerin, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft und einen Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rügt, hat keinen Erfolg.

1. Die Grundsatzrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Frage,

ob in Bezug auf die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle im Land Niedersachsen eine verfassungsrechtlich unzulässige Mischlage zwischen Bundesrecht und Landesrecht besteht,

bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - verneinend - beantworten.

Darin ist geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt der § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV nicht lediglich einzelne Worte oder Sätze des § 33i GewO abändert, sondern diesen Erlaubnistatbestand für einen abgegrenzten Teil des Spielhallenrechts durch eine weitere, ausschließlich vom Landesgesetzgeber verantwortete glücksspielrechtliche Erlaubnisregelung ergänzt. Da der gewerberechtliche Erlaubnistatbestand nach der früheren bundesgesetzlichen Regelungskonzeption keine den §§ 25 und 26 GlüStV vergleichbaren Abstandsgebote, Verbundverbote und Werbeeinschränkungen enthalten hat, entsteht auch keine unklare Mischlage, bei der eine eindeutige parlamentarische Verantwortlichkeit für die Gesamtregelung verloren ginge. Vielmehr sind die vom Landesgesetzgeber verantworteten Regelungsbereiche (§§ 24 bis 26 , § 29 Abs. 4 GlüStV) und der vom Bundesgesetzgeber verantwortete Regelungsbereich (§ 33i GewO ) formell klar abgegrenzt (BVerwG, Urteil vom 5. April 2017 - 8 C 16.16 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 304 Rn. 29).

Diese zum Landesrecht des Freistaats Sachsen getroffenen Erwägungen gelten auch für die hier einschlägige niedersächsische Rechtslage. Der niedersächsische Landesgesetzgeber hat das Erfordernis einer gewerberechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle nach § 33i GewO ebenfalls nicht durch einen einheitlichen neuen Erlaubnistatbestand ersetzt. Vielmehr gilt § 33i GewO nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht unverändert fort und wird durch die hinzutretende, allein vom niedersächsischen Landesgesetzgeber verantwortete Erlaubnisregelung des § 24 Abs. 1 GlüStV ergänzt (vgl. § 10 NGlüSpG). Eine verfassungswidrige Mischlage zwischen Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand im selben Anwendungsbereich entsteht dadurch nicht.

Aus dem von der Klägerin angeführten Vergleich mit der nordrhein-westfälischen Rechtslage ergibt sich nichts Anderes. Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat nach der insoweit maßgeblichen Auslegung des dortigen Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht Münster das Erlaubniserfordernis für den Betrieb von Spielhallen nach § 33i GewO durch die Regelung in §§ 4 , 16 Abs. 2 AG GlüStV NW i.V.m. §§ 4, 24 GlüStV ersetzt und dadurch einen einheitlichen neuen Erlaubnistatbestand für die Errichtung und den Betrieb von Spielhallen geschaffen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 16. April 2018 - 4 A 589/17 - juris Rn. 30, 39 ff.). Hieraus folgt jedoch nicht, dass eine umfassende und einheitliche landesrechtliche Neuregelung des Erlaubnistatbestands verfassungsrechtlich geboten und das von dem niedersächsischen Gesetzgeber verfolgte abweichende Regelungskonzept nicht mit dem Grundgesetz vereinbar wäre.

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Ein solcher ist nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Die Klägerin bezeichnet schon keine möglicherweise verletzte verfahrensrechtliche Norm, sondern beanstandet einen vermeintlichen Ermessensmissbrauch des Berufungsgerichts, das indessen keine Ermessensentscheidung zu treffen hatte. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Stadt Westerstede habe in ihrer Mindestabstandsverordnung bei der Bemessung des Mindestabstands auf die Luftlinie abstellen wollen, als unvertretbar und willkürlich zu bezeichnen, genügt nicht zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO oder eines anderen Verfahrensmangels. Die Klägerin wendet sich damit lediglich gegen die dem Berufungsurteil zugrunde liegende, grundsätzlich dem materiellen Recht zuzuordnende Würdigung der Sach- und Rechtslage. Zur Darlegung eines Verfahrensverstoßes hätte sie aufzeigen müssen, dass die Schlussfolgerungen, die das Berufungsgericht aus § 10 Abs. 2 Satz 2 NGlüSpG und der Begründung der Beschlussvorlage der Verordnungsgeberin gezogen hat, gegen die Denkgesetze verstießen oder sonst von objektiver Willkür geprägt wären. Dies leistet die Beschwerde jedoch nicht.

3. Dem nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingereichten Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 2020 lässt sich ein Revisionszulassungsgrund nicht entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Niedersachsen, vom 03.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 11 LC 173/17