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BVerwG - Entscheidung vom 13.05.2020

8 B 69.19

Normen:
VwGO § 137 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 13.05.2020 - Aktenzeichen 8 B 69.19

DRsp Nr. 2020/9774

Nichtzulassungsbeschwerde in einem Rechtsstreit über die Duldung der Herstellung eines Grundstücksanschlusses für Abwasser

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 137 Abs. 1 ;

Gründe

Der Beklagte verpflichtete die Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes zur Duldung der Herstellung eines Grundstücksanschlusses für Abwasser auf einem ihnen gehörenden Grundstück. Während des Klageverfahrens veräußerten die Kläger die an das öffentliche Straßenland grenzende Teilfläche des Grundstücks und ließen sich in Abteilung II des Grundbuches der verkauften Teilfläche eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) für den jeweiligen Eigentümer des restlichen Grundstücks eintragen. Nach erfolglosem Abschluss des Klageverfahrens weigerten die Kläger sich weiterhin, die Herstellung des Grundstücksanschlusses zu dulden. Der Beklagte setzte daraufhin das angedrohte Zwangsgeld fest und wies den Widerspruch der Kläger dagegen zurück. Das Verwaltungsgericht hat den Zwangsgeldbescheid und den Widerspruchsbescheid mit der Begründung aufgehoben, es bestehe ein Vollstreckungshindernis, solange der Beklagte den Erwerber der verkauften Teilfläche nicht zur Duldung der Herstellung des Grundstücksanschlusses für Abwasser verpflichtet habe. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Das den Klägern eingeräumte Wegerecht erlaube ihnen die Durchquerung der veräußerten Fläche mit einem Entwässerungskanal und dessen dauerhafte Belassung ohne weiteren Duldungstitel. Die Revision gegen sein Urteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Kläger, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) beruft und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) rügt, bleibt ohne Erfolg.

1. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26).

Die von den Klägern aufgeworfene Frage,

ob es im Rahmen der Vollstreckung von Verwaltungsakten auf Vornahme von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen auch dann eines Duldungstitels gegenüber einem Dritten, in dessen Rechte bei der Durchsetzung durch den Pflichtigen eingegriffen wird, bedarf, wenn eine Sicherung einer solchen erzwungenen Handlung bereits durch die grundbuchmäßige Eintragung eines dinglichen Wegerechtes erfolgt, wie dies in Fällen der abwassertechnischen Erschließung von Grundstücken, die durch ein Wegerecht verbunden sind, der Fall sein kann,

erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Soweit sie sich gegen die Auslegung der von dem Oberverwaltungsgericht angewandten Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt richtet, betrifft sie kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO ). Auch im Übrigen zeigt sie keinen revisionsrechtlichen Klärungsbedarf auf. Dazu genügt nicht der Hinweis, es gebe noch keine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage, ob die Verpflichtung zum Entwässerungsanschluss eines Hinterliegergrundstücks nur bei Bestehen eines dinglichen Leitungsrechts oder auch bei Eintragung eines dinglichen Wegerechts am Vorderliegergrundstück vollstreckt werden dürfe. Damit wird keine entscheidungserhebliche revisible Norm benannt und keine darauf bezogene Rechtsfrage herausgearbeitet. Ebenso wie das angegriffene Urteil beschäftigt die Beschwerdebegründung sich nicht mit den revisiblen sachenrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreffend die Grunddienstbarkeiten. Der Sache nach machen die Kläger geltend, ohne dingliches Leitungsrecht am Vorderliegergrundstück erfülle ihr Grundstück nicht (mehr) die Voraussetzungen der abwassertechnischen Erschließung. Diese sind in § 5 der Entwässerungssatzung des Beklagten geregelt, die nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht zum revisiblen Recht zählt. Kommunale Satzungsbestimmungen werden auch nicht dadurch revisibel, dass sie einen bundesrechtlich geprägten Begriff - wie den der Erschließung eines Grundstücks - verwenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. März 2006 - 10 B 3.06 - juris Rn. 4).

Unabhängig davon ist eine Rechtsfrage nicht schon klärungsbedürftig, wenn sie noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war. Nur wenn ihre Klärung gerade eine solche Entscheidung verlangt, muss ein Revisionsverfahren durchgeführt werden. Um dies darzulegen, muss der Beschwerdeführer aufzeigen, dass die Frage nicht schon anhand der üblichen Auslegungsregeln unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung aus dem Gesetz zu beantworten ist (BVerwG, Beschlüsse vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> und vom 2. Februar 2004 - 3 B 103.03 - juris Rn. 6). Das ist hier ebenfalls nicht geschehen.

2. Die Kläger haben den geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet. Ordnungsgemäß bezeichnet ist ein Verfahrensmangel nur, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 ). Das leistet die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger meinen, das Oberverwaltungsgericht habe einen Verfahrensfehler, auf dem das Urteil beruhen könne, dadurch begangen, dass es bei seiner Entscheidung von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen sei. Entgegen den Angaben im Tatbestand des Berufungsurteils befinde sich ihre Biokläranlage nicht auf dem ihnen verbliebenen, sondern auf dem veräußerten Grundstücksteil. Dieser Vortrag genügt den Darlegungsanforderungen schon deswegen nicht, weil er sich auf die Behauptung einer unrichtigen Tatsachenfeststellung beschränkt, ohne die für verletzt gehaltene prozessuale Vorschrift zu bezeichnen. Die Kläger legen schließlich nicht dar, dass das angegriffene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Eine Erläuterung, weshalb das Ergebnis des Urteils von dem Standort der Biokläranlage abhängen soll, fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 , § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO . Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Sachsen-Anhalt, vom 21.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 4 L 44/17