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BVerwG - Entscheidung vom 22.07.2020

6 B 9.20

Normen:
GG Art. 14 Abs. 1 S. 1
NVwKostG § 5 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 22.07.2020 - Aktenzeichen 6 B 9.20

DRsp Nr. 2020/12847

Erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde im Zusammenhang mit der Heranziehung eines Grundstückseigentümers zur Erstattung von Evakuierungskosten infolge eines Bombenfundes auf seinem Grundstück; Zur Reichweite der Zustandsverantwortlichkeit eines Grundstückseigentümers für von dem Grundstück ausgehende Störungen oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung

1. Abgabenrechtliche Regelungen müssen so bestimmt sein, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabe - in gewissem Umfang - vorausberechnen kann bzw. der Schuldner mit seiner Heranziehung rechnen musste, weil dies in Anwendung juristischer Methoden ein vertretbares Auslegungsergebnis darstellt. Das Bestimmtheitsgebot ist erst dann verletzt, wenn es wegen der Unbestimmtheit eines Rechtsbegriffs nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen. 2. Von einer Bombe geht eine hinreichend konkrete Lebens- und Gesundheitsgefahr für Menschen im Bereich des Fundortes aus, weil im Falle einer Explosion ein Splitterflug zu erwarten ist, und ohne die Evakuierung die von dem Grundstück ausgehende Gefahr nicht beseitigt werden kann. Daher kann der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer Kostenschuldner für die Beseitigung der von seinem Grundstück ausgehenden Gefahren.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. November 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 24 549,25 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 14 Abs. 1 S. 1; NVwKostG § 5 Abs. 1;

Gründe

I

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem im Zuge von Tiefbauarbeiten für ein Einkaufszentrum ein Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurde. Die beklagte Gemeinde entschied in Abstimmung mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD), die Bombe noch am Tag des Fundes zu entschärfen und hierfür in einem Radius von 1 000 m um den Fundort zu evakuieren. Mit anschließend ergangenem Bescheid zog die Beklagte die Klägerin zu den ihr entstandenen Auslagen für die Evakuierung in Höhe von 24 549,25 € heran.

Die hiergegen erhobene Klage hatte erstinstanzlich Erfolg. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bestand keine Rechtsgrundlage für die geforderte Kostenerstattung. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:

Die Beklagte habe innerhalb ihrer Befugnisse die Beseitigung der Bombe im Wege der Ersatzvornahme auch ohne vorausgehenden Verwaltungsakt anordnen können, weil dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr angesichts der vom KBD angenommenen Explosionsgefahr erforderlich gewesen sei. Die Klägerin sei Zustandsstörerin und deshalb für die Beseitigung der von ihrem Grundstück ausgehenden Gefahr verantwortlich. Sie hätte der Gefahr nicht rechtzeitig begegnen können, weil sie aufgrund mangelnder Erfahrungen und Kenntnis die erforderlichen Maßnahmen nicht hätte einleiten können. Auch die Anordnung der Evakuierung als zwingend gebotene weitere Amtshandlung sei rechtmäßig gewesen, weil die Bombe nicht ohne die Evakuierung hätte beseitigt werden können. Die durch die Evakuierung auf Seiten der Beklagten entstandenen Auslagen seien von der Klägerin zu erstatten. Die Klägerin sei Kostenschuldnerin, da sie die Amtshandlung als Zustandsstörerin veranlasst habe; insoweit reiche ein weiter Zurechnungszusammenhang aus. Die Höhe der geforderten Auslagen überschreite nicht die Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht bei der Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers für Altlasten gezogen habe. Gründe für eine Zulassung der Revision lägen nicht vor.

II

Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde, mit der die Klägerin sämtliche Zulassungsgründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO geltend macht, hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen der Klägerin zu den Zulassungsgründen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO . Der gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO als Zulassungsgrund geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.

1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann. Betrifft die Beschwerde die Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts, muss die Beschwerde für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung darlegen, dass die Auslegung der - gegenüber dem irrevisiblen Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. September 1995 - 6 B 11.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 6 S. 8; vom 3. April 2013 - 9 B 44.12 - juris Rn. 5 und vom 15. Februar 2019 - 6 B 6.19 [ECLI: DE: BVerwG: 2019: 150219B6B6.19.0] - juris Rn. 3 f.). Hieran fehlt es.

Die Klägerin wirft mit ihrer Beschwerde die Frage auf, ob "die kostenrechtliche Belastung des Eigentümers eines Grundstücks, auf dem eine von Dritten abgeworfene Bombe aufgefunden wird, mit den Kosten einer ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt durchgeführten Evakuierung mit dem bundesrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar ist". Ihrer Auffassung nach verletze das berufungsgerichtliche Urteil, insbesondere die Auslegung des Begriffs der kostenrechtlichen Veranlassung in § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG), den bundesrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, wonach die Belastung mit Gebühren oder Auslagen für den möglichen Kostenschuldner zumindest allgemein vorhersehbar sein müsse. Dies sei für einen Zustandsverantwortlichen, der für die Evakuierungskosten aus Anlass der Beseitigung einer Bombe auf seinem Grundstück in Anspruch genommen werde, nicht der Fall. Der Begriff der kostenrechtlichen Veranlassung im Sinne dieser Norm sei nicht mit dem bundesrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Klägerin in ihrer Beschwerde nicht auf, dass der Maßstab des bundesrechtlichen Bestimmtheitsgebots und die Verantwortlichkeit des Zustandsstörers, der die Sachherrschaft über ein Grundstück innehat, ihrerseits bisher ungeklärte Fragen aufwerfen. Mit der von ihr als grundsätzlich bedeutsam erachteten Frage will die Klägerin geklärt wissen, ob § 5 Abs. 1 NVwKostG in der Auslegung und Anwendung des Berufungsgerichts mit dem bundesrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar ist; sie begehrt damit eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des irrevisiblen Landesrechts, die sie im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nicht erreichen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2011 - 6 B 16.11 - juris Rn. 14).

Im Übrigen weist die Beschwerde selbst auf die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgebot im Bereich des Abgabenrechts hin. Danach braucht der Gesetzgeber nicht jede einzelne Frage zu entscheiden und er ist hierzu angesichts der Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge oft nicht in der Lage. Vielmehr ist es Sache der Verwaltungsbehörden und Gerichte, die bei der Gesetzesanwendung mangels ausdrücklicher Regelungen auftauchenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden zu beantworten. Die Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit. Abgabenrechtliche Regelungen müssen allerdings so bestimmt sein, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabe - in gewissem Umfang - vorausberechnen kann (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. [ECLI: DE: BVerfG: 2003: ls20030717.2bvl000199] - BVerfGE 108, 186 Rn. 174; BVerwG, Urteil vom 29. März 2019 - 9 C 4.18 [ECLI: DE: BVerwG: 2019: 290319U9C4.18.0] - BVerwGE 165, 138 Rn. 42) bzw. der Schuldner mit seiner Heranziehung rechnen musste, weil dies in Anwendung juristischer Methoden ein vertretbares Auslegungsergebnis darstellt (zum Gebührenrecht: BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2006 - 10 C 9.05 - BVerwGE 126, 222 Rn. 30). Das Bestimmtheitsgebot ist erst dann verletzt, wenn es wegen der Unbestimmtheit eines Rechtsbegriffs nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen (vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 2005 - 10 C 4.04 - NVwZ 2006, 589 <594> und vom 12. Juli 2006 - 10 C 9.05 - BVerwGE 126, 222 Rn. 29; Beschluss vom 3. April 2013 - 9 B 44.12 - juris Rn. 6 m.w.N.).

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Reichweite der Zustandsverantwortlichkeit eines Grundstückseigentümers für von dem Grundstück ausgehende Störungen oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geklärt. Für die Zustandsverantwortlichkeit kommt es allein auf seine rechtliche oder tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück und die sich daraus ergebende Pflicht an, für die Störungsfreiheit zu sorgen. Das Eigentum an einer Sache kann mit Risiken behaftet sein, die sich aus der Sachqualität oder Sachherrschaft als solcher ergeben. Verwirklicht sich ein derartiges Risiko und greift deswegen die polizeiliche Zustandshaftung ein, so kann darin grundsätzlich eine Verletzung der Eigentumsgewährleistung nicht liegen. Weder die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch der mit Verfassungsrang ausgestattete Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehen einer Inanspruchnahme des Grundeigentümers entgegen, auch wenn sich seine Sachherrschaft nicht auf eingebrachte Sachen bezieht, von denen die Gefahr ausgeht. Unerheblich ist daher ebenfalls, ob der polizei- und ordnungsrechtswidrige Zustand des Grundstücks durch Dritte oder durch höhere Gewalt herbeigeführt worden ist (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1998 - 1 B 178.97 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 65 S. 13 f. m.w.N.)

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass von der Bombe eine hinreichend konkrete Lebens- und Gesundheitsgefahr für Menschen im Bereich des Fundortes bestand, weil im Falle einer Explosion ein Splitterflug zu erwarten war, und ohne die Evakuierung die von dem Grundstück der Klägerin ausgehende Gefahr nicht hätte beseitigt werden können. Unter rechtlichen Gesichtspunkten hat das Berufungsgericht anhand der vorstehenden Maßstäbe vor allem ausgeführt, dass die Klägerin wegen der von ihrem Grundstück ausgehenden Gefahren Zustandsstörerin sei und ihr aus kostenrechtlicher Sicht die zur Beseitigung der von ihrem Grundstück ausgehenden Gefahren erforderlichen Amtshandlungen individuell zurechenbar seien. Sie sei aufgrund des weiten Zurechnungszusammenhangs Veranlasserin auch der Evakuierungsamtshandlung und damit zugleich Kostenschuldnerin im Sinne von § 5 Abs. 1 NVwKostG.

2. Nach den vorstehenden Ausführungen kann auch die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.

Eine Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten, tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 3; vom 15. Februar 2016 - 6 PKH 1.16 [ECLI: DE: BVerwG: 2016: 150216B6PKH1.16.0] - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 25 Rn. 13 und vom 30. Oktober 2018 - 3 B 2.18 [ECLI: DE: BVerwG: 2018: 301018B3B2.18.0] - Buchholz 418.710 LFBG Nr. 9 Rn. 28).

Die Beschwerde rügt mit ihrem Vorbringen, dass auf der Grundlage der Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Landesrechts durch das Berufungsgericht ein Grundstückeigentümer für die Kosten einer Evakuierung aus Anlass der Beseitigung einer Bombe im Wege der Ersatzvornahme in Anspruch genommen werden könne und dieses Ergebnis gegen Rechtssätze verstoße, die das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht aus dem Bestimmtheitsgrundsatz für das Abgabenrecht hergeleitet hätten; die Kostenlast lasse sich nicht vertretbar aus den polizei- und ordnungsrechtlichen Vorschriften herleiten. Es sei zum einen nicht vorhersehbar, dass die Zustandsverantwortlichkeit für ein Grundstück zur Übernahme der Evakuierungskosten führen könne. Zum anderen sei die Höhe der Evakuierungskosten nicht abschätzbar oder im gewissen Umfang nicht voraussehbar.

Damit erfüllt die Beschwerde nicht die Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines solchen Zulassungsgrundes stellt. Es ist in der Beschwerde schon nicht dargelegt, dass in den von ihr zitierten Gerichtsentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts Rechtssätze zu denjenigen Normen aufgestellt sind, die das Berufungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegt hat. Der Sache nach rügt die Beschwerde letztlich die unterbliebene Überprüfung der Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Landesrechts am Maßstab der zum Bestimmtheitsgebot im Abgabenrecht entwickelten Rechtssätze. Dies rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen Divergenz.

3. Auch die als Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) erhobene Gehörsrüge verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es das gesamte Vorbringen in den Urteilsgründen behandeln muss. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO ). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.>; Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [ECLI: DE: BVerwG: 2015: 270115B6B43.14.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 25).

Die Klägerin rügt mit der Beschwerde, das Berufungsgericht habe den Kern ihres Vortrags übergangen, wonach die Voraussetzungen der Verwaltungsvollstreckung im Wege der Ersatzvornahme fehlten und daher aufgrund der Sperrwirkung des Polizeirechts gegenüber dem allgemeinen Verwaltungskostenrecht eine Auslagenerstattung ohne die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nds. SOG ausgeschlossen sei.

Dieses Beschwerdevorbringen lässt eine Gehörsverletzung durch die Vorinstanz nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Klägerin im Urteil wiedergegeben und entscheidungserheblich die Rechtmäßigkeit der Bombenbeseitigung im Wege der Ersatzvornahme geprüft. Es ist von einer gegenwärtigen Gefahr, der nicht rechtzeitig begegnet werden kann, ausgegangen, weil die Klägerin nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit der Entschärfung von Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg verfüge und deshalb nicht in der Lage gewesen sei, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Dieser materiell-rechtlichen Würdigung setzt die Klägerin ihre abweichende Auffassung entgegen, was nicht über eine Gehörsrüge zur Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen kann.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Niedersachsen, vom 28.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 11 LC 606/18