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BVerwG - Entscheidung vom 03.12.2020

2 WD 4.20

Normen:
EUrlV § 5 Abs. 1
StGB § 20
StGB § 21
StPO § 327
SoldUrlV § 1 S. 1
WDO § 18 Abs. 2
WDO § 38 Abs. 1
WDO § 58 Abs. 7
WDO § 91 Abs. 1 S. 1
WDO § 120 Abs. 1 Nr. 2
WDO § 121 Abs. 2
WDO § 139 Abs. 2
WDO § 140 Abs. 5 S. 2
WStG § 15
EUrlV § 5 Abs. 1
StGB § 20
StGB § 21
StPO § 327
SoldUrlV § 1 S. 1
WDO § 18 Abs. 2
WDO § 38 Abs. 1
WDO § 58 Abs. 7
WDO § 91 Abs. 1 S. 1
WDO § 120 Abs. 1 Nr. 2
WDO § 121 Abs. 2
WDO § 139 Abs. 2
WDO § 140 Abs. 5 S. 2
WStG § 15
WStG § 15
WDO § 38 Abs. 1
StGB § 20

Fundstellen:
NVwZ-RR 2021, 493
ZBR 2021, 284

BVerwG, Urteil vom 03.12.2020 - Aktenzeichen 2 WD 4.20

DRsp Nr. 2021/5783

Entfernung eines Soldaten aus dem Dienstverhältnis wegen eigenmächtiger Abwesenheiten, Betrugstaten gegen Kameraden und Munitionsdiebstahls; Vorliegen einer anderen seelischen Abartigkeit bei einer nicht pathologisch bedingten Anpassungsstörung und Persönlichkeitsstörung bzgl. Vergleichbarkeit mit einer krankhaften seelischen Störung

1. In einem maßnahmebeschränkten wehrdisziplinargerichtlichen Berufungsverfahren ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gehindert, zusätzlich eigene, für die Maßnahmebemessung erhebliche Feststellungen zum Tathergang zu treffen, solange diese weder im Widerspruch zu den Tat- und Schuldfeststellungen der Truppendienstkammer stehen noch dadurch deren rechtliche Würdigung in Frage gestellt wird.2. Eine andere seelische Abartigkeit i.S.d. § 20 StGB liegt bei einer nicht pathologisch bedingten Anpassungs- und Persönlichkeitsstörung nur vor, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen.

Tenor

Die Berufung des Soldaten gegen das Urteil der 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 23. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Der Soldat trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen.

Normenkette:

WStG § 15 ; WDO § 38 Abs. 1 ; StGB § 20 ;

Gründe

I

Das disziplinargerichtliche Berufungsverfahren betrifft die Ahndung von zwei eigenmächtigen Abwesenheiten, von Betrugstaten zum Nachteil von Kameraden und der Entwendung und Lagerung von Bundeswehrmunition in Privaträumen.

1. Der ... geborene Soldat leistete ab 1993 Grundwehrdienst, wurde 1994 Zeitsoldat und 1999 Berufssoldat. 2000 wurde er als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zugelassen und 2005 in die Laufbahn der Unteroffiziere zurückgeführt. Zuletzt wurde er 2015 zum Stabsfeldwebel befördert. Seit November ... ist er vorläufig des Dienstes enthoben. Seine Dienstzeit würde regulär mit Ablauf des Jahres ... enden.

2. Das Amtsgericht ... verhängte gegen den Soldaten mit rechtskräftigem Urteil vom 10. August 2016 wegen Betrugs in vier Fällen zu Lasten von drei Kameraden eine neunmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung und mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 27. Januar 2017 wegen zwei Trennungsgeldbetrugstaten eine Gesamtgeldstrafe; nachträglich wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten und einer Woche auf Bewährung gebildet. Das Amtsgericht ... verhängte gegen den Soldaten mit rechtskräftigem Urteil vom 25. Juli 2018 wegen zwei eigenmächtiger Abwesenheiten eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Soldaten wegen des eigenmächtigen Entnehmens und der Lagerung von Bundeswehrmunition im Privatbereich wurde im Februar 2019 gemäß § 154 StPO eingestellt.

3. Der Soldat ist seit 2017 geschieden und wohnt bei seiner Mutter. Er hat sieben Kinder, für die er unterhaltspflichtig ist: drei mit seiner früheren Ehefrau und vier von drei weiteren Frauen. Er geht seit seiner vorläufigen Dienstenthebung keiner beruflichen Tätigkeit nach. Von den in voller Höhe fortgezahlten Dienstbezügen verbleibt ihm nach Abzug von Pfändungsbeträgen für Unterhaltsleistungen, Rückzahlungen von Kameradendarlehen und weiterer Kreditverbindlichkeiten der Mindestselbstbehalt von etwa 1 150 € netto.

4. Das Truppendienstgericht hat den Soldaten in dem Ende ... eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren mit Urteil vom 23. Oktober 2019 aus dem Dienstverhältnis entfernt. Es hat nach Ausklammerung der mitangeschuldigten beiden Trennungsgeldbetrugstaten festgestellt:

Der Soldat habe seit Mitte 2014 von Kameraden Darlehen erbeten. Er habe es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, sie nicht zurückzahlen zu können. Am 15. August 2014 habe er mit dem Oberstabsgefreiten M. einen Darlehensvertrag über 7 500 € geschlossen und eine Rückzahlung bis zum 5. September 2014 nebst 750 € Zinsen zugesichert. Rund zwei Wochen später habe er ihn um ein weiteres Darlehen von 3 500 € gebeten. Er habe keine Rückzahlungen geleistet. Am 24. April 2015 habe ihm der Hauptfeldwebel S., dem er zugesichert habe, das Geld in den nächsten Tagen zurückzuzahlen, ein Darlehen von 1 000 € gewährt. Erst im September 2015 habe der Soldat nach zahlreichen Erinnerungen nur 500 € zurückgezahlt. Am 14. September 2015 habe ihm die Zeugin Hauptfeldwebel W. durch Zahlung an eine Gerichtsvollzieherin ein Darlehen von 7 964,52 € gewährt, nachdem er zugesichert habe, es bis zum 16. Oktober 2015 zurückzuzahlen. Erst auf Betreiben des von der Zeugin informierten Dienstherrn habe er ihr Mitte Dezember 2015 1 700 € gezahlt.

Nach seiner Kommandierung an eine andere Dienststelle sei der Soldat ab dem 11. April 2017 unentschuldigt nicht zum Dienst erschienen und erst am 24. April 2017 von Feldjägern aufgegriffen worden. Ihm sei bewusst gewesen, eigenmächtig abwesend zu sein. Er habe versucht, sich bis zum Aufgreifen eine möglichst schöne Zeit zu machen. Nach seiner Rückführung sei er bis zum 15. Mai 2017 im Bundeswehrzentralkrankenhaus ... und anschließend bis zum 31. Mai 2017 krankgeschrieben gewesen. In dieser Zeit habe er sich nach ... begeben, wo er im Sanitätsversorgungszentrum ... am 1. Juni 2017 für diesen Tag und nach erneuter Vorstellung am 2. Juni 2017 auch für diesen Tag krankgeschrieben worden sei. Sodann sei er ab dem 6. Juni 2017 erneut bewusst eigenmächtig abwesend gewesen, obwohl ihm befohlen worden sei, zu seiner Einheit zurückzukehren und ihm dafür eine Fahrkarte dienstlich zur Verfügung gestellt worden sei. Der Soldat habe sich eine "Auszeit" genommen, bis er am 18. August 2017 erneut im Bundeswehrzentralkrankenhaus ... vorstellig geworden sei.

Schließlich habe der Soldat zu nicht feststellbaren Zeitpunkten - nicht vor 1997, aber vor dem 6. bzw. 9. Juni 2017 - aus Bundeswehrbeständen Munition entnommen und unerlaubt bis zum 6. bzw. 9. Juni 2017 in seinen Kellerräumen gelagert. Seine Einlassung, es habe sich um zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Ausbildungsbetriebs angelegte Schwarzbestände gehandelt, rechtfertige sein Verhalten nicht.

Der Soldat habe vorsätzlich unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 SG durch die Betrugstaten seine Kameradschaftspflicht und durch die weiteren Taten seine Pflicht zum treuen Dienen sowie jeweils zugleich seine innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verletzt.

Das Dienstvergehen wiege äußerst schwer. Angesichts der wiederholten eigenmächtigen Abwesenheiten trotz des bereits eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahrens, der extrem langen Dauer der zweiten eigenmächtigen Abwesenheit, der erheblichen Erschütterung des dienstlichen Vertrauensverhältnisses durch die Betrugstaten zum Nachteil seiner Kameraden einschließlich eines Mannschaftsdienstgrads und der wegen des Dienstvergehens erfolgten vorläufigen Dienstenthebung sei auch unter Berücksichtigung einer seelischen Ausnahmesituation des Soldaten während der eigenmächtigen Abwesenheiten, einer verminderten Schuldfähigkeit zu Beginn der ersten eigenmächtigen Abwesenheit, der stets herausragenden dienstlichen Leistungen, der Geständigkeit, Reue und Einsicht des Soldaten ein Verbleiben im Dienstverhältnis nicht vertretbar.

5. Der Soldat macht mit seiner auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung geltend, er sei krankheitsbedingt vermindert schuldfähig gewesen und habe sich in einer seelischen Ausnahmesituation befunden. Während seiner eigenmächtigen Abwesenheiten habe er Suizidgedanken gehabt. Angemessen sei eine Dienstgradherabsetzung.

6. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt tritt dem unter Verweis auf ein planvolles Vorgehen und die eigene Verantwortung des Soldaten für seine schwierige Lebenssituation, in der sich allgemeine Risiken verwirklicht hätten, entgegen. Er ist der Ansicht, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Soldaten und seinem Dienstherrn angesichts der wiederholten und schwerwiegenden Verletzung dienstlicher Kernpflichten zerstört und daher die Höchstmaßnahme geboten ist.

7. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Person des Soldaten, zur Anschuldigung und zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses verwiesen. Zu den im Berufungsverfahren eingeführten Unterlagen wird auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung Bezug genommen.

II

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Soldat ist aus dem Dienstverhältnis zu entfernen.

1. Aufgrund der verfahrensfehlerfreien Tat- und Schuldfeststellungen des Truppendienstgerichts steht für den Senat bindend fest, dass der Soldat an den vom Truppendienstgericht genannten Tagen in den Jahren 2014 und 2015 die aufgezeigten vier Betrugstaten zu Lasten von drei Kameraden beging, vom 11. bis zum 24. April 2017 und vom 6. Juni bis zum 18. August 2017 eigenmächtig abwesend war und nicht vor 1997, aber vor dem 6. bzw. 9. Juni 2017 aus Bundeswehrbeständen Munition entnahm und diese unerlaubt bis zum 6. bzw. 9. Juni 2017 in seinen Privaträumen lagerte. Ferner steht für den Senat bindend fest, dass der Soldat jeweils vorsätzlich durch die Betrugstaten seine Kameradschaftspflicht und durch die weiteren Taten seine Pflicht zum treuen Dienen sowie jeweils zugleich seine innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verletzt hat.

Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung hat der Senat seiner Entscheidung gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 327 StPO grundsätzlich die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.

Die Bindungswirkung entfällt zwar ausnahmsweise, wenn die erstinstanzliche Entscheidung an schweren Verfahrensmängeln i.S.v. § 120 Abs. 1 Nr. 2 , § 121 Abs. 2 WDO leidet, was bei unzureichenden oder widersprüchlichen Feststellungen zur Tat- und Schuldfrage der Fall sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 2020 - 2 WD 22.19 - juris Rn. 10 m.w.N.). Das Truppendienstgericht hat aber in seinem Urteil für die Maßnahmebemessung hinreichende und widerspruchsfreie Feststellungen zu den disziplinarrechtlichen Verfehlungen des Soldaten getroffen.

Allerdings ist der Senat nicht gehindert, zusätzlich eigene, für die Maßnahmebemessung erhebliche Feststellungen zum Tathergang zu treffen, solange diese weder im Widerspruch zu den Tat- und Schuldfeststellungen der Truppendienstkammer stehen noch dadurch deren rechtliche Würdigung in Frage gestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2015 - 2 WD 7.14 - juris Rn. 32 f.). Insoweit ist ergänzend festzustellen, dass der Soldat nach seinen Angaben in der Berufungshauptverhandlung die Bundeswehrmunition im Jahr 2003 in das von ihm, seiner früheren Ehefrau und drei seiner Kinder bewohnte Haus verbrachte und dort bis zum 6. bzw. 9. Juni 2017 ungesichert unter der Kellertreppe lagerte.

2. Bei Art und Maß der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen. Im Einzelnen legt der Senat ein zweistufiges Prüfungsschema zugrunde:

a) Auf der ersten Stufe bestimmt er zwecks Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.

Das gemäß § 18 Abs. 2 WDO einheitlich zu ahndende Dienstvergehen wird in erster Linie durch die beiden eigenmächtigen Abwesenheiten i. S. d. § 15 WStG geprägt. Diese wiegen äußerst schwer. Denn ein Soldat, welcher der Truppe unerlaubt fernbleibt, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten. Die Bundeswehr kann ihre Aufgaben nur dann hinreichend erfüllen, wenn nicht nur das innere Gefüge der Streitkräfte so gestaltet ist, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen ist, sondern auch ihre Angehörigen im erforderlichen Maße jederzeit präsent und einsatzbereit sind. Der Dienstherr muss sich darauf verlassen können, dass jeder Soldat seinen Pflichten zur Verwirklichung des Verfassungsauftrags der Bundeswehr nachkommt und alles unterlässt, was dessen konkreter Wahrnehmung zuwiderläuft. Dazu gehören insbesondere die Pflichten zur Anwesenheit und gewissenhaften Dienstleistung. Die Verletzung der Pflicht zur militärischen Dienstleistung berührt nicht nur die Einsatzbereitschaft der Truppe, sie erschüttert auch die Grundlagen des Dienstverhältnisses selbst ( BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2018 - 2 WD 8.18 - juris Rn. 20).

In Fällen des vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens eines Soldaten von der Truppe ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen aus spezial- und generalpräventiven Gründen bei einer kürzeren unerlaubten Abwesenheit grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung, gegebenenfalls bis in den Mannschaftsdienstgrad; bei länger dauernder, wiederholter eigenmächtiger Abwesenheit oder Fahnenflucht wiegt das Dienstvergehen so schwer, dass es regelmäßig die Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder den Ausspruch der sonst gebotenen Höchstmaßnahme indiziert (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 2020 - 2 WD 22.19 - juris Rn. 13 m.w.N.). Dabei hat der Senat zur Abgrenzung einer kürzeren von einer längeren Abwesenheit den Zeitraum herangezogen, der durch den jährlich zustehenden Urlaubszeitraum von 30 Tagen nach § 1 Satz 1 SoldUrlV i.V.m. § 5 Abs. 1 EUrlV abgedeckt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 - 2 WD 16.19 - juris Rn. 13 m.w.N.).

Danach ist hier Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Denn der Soldat ist zweimal und damit wiederholt an mehr als drei zusammenhängenden vollen Kalendertagen eigenmächtig abwesend i. S. d. § 15 WStG gewesen. Zudem überschritt seine zweite eigenmächtige Abwesenheit mit einer Dauer von 73 Tagen den Zeitraum, der durch den regulären Jahresurlaub abgedeckt werden kann. Jeder dieser beiden Gesichtspunkte rechtfertigt bereits für sich genommen den Ansatz der Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.

b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die genannten Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die ein Abweichen von der Höchstmaßnahme gebieten. Dies ist hier nicht der Fall.

aa) Das Dienstvergehen wiegt nach Eigenart und Schwere im Vergleich zu anderen Fällen der wiederholten oder längeren eigenmächtigen Abwesenheit außerordentlich schwer.

Denn der Soldat war sowohl wiederholt als auch über einen längeren Zeitraum eigenmächtig abwesend, wobei die zweite eigenmächtige Abwesenheit mit 73 Tagen nicht nur "länger", sondern extrem lang war (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2019 - 2 WD 16.19 - juris Rn. 17 m.w.N.). Zudem hatte er als Stabsfeldwebel eine Vorgesetztenstellung inne. Nach § 10 SG war er damit zu vorbildlicher Pflichterfüllung verpflichtet. Wer in dieser Stellung eine Pflichtverletzung begeht, gibt ein schlechtes Vorbild ab, was das Gewicht seines Dienstvergehens erhöht.

Hinzu treten mit erheblichem Gewicht die vom Soldaten aufgrund seiner damaligen Dienstgrade als Haupt- bzw. Stabsfeldwebel ebenfalls in einer Vorgesetztenstellung begangenen vier Betrugstaten zum Nachteil von drei Kameraden. Auch mit diesen Taten hat der Soldat jeweils kriminelles Unrecht verwirklicht. Disziplinarrechtlich wird ein vorsätzlicher Zugriff auf Eigentum und Vermögen von Kameraden schon für sich genommen im Regelfall mit einer Dienstgradherabsetzung, gegebenenfalls bis in den Mannschaftsdienstgrad, geahndet (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2019 - 2 WD 25.18 - juris Rn. 18 m.w.N.). Im vorliegenden Fall wiegt besonders schwer, dass der Soldat gleich drei Kameraden geschädigt hat, sich der Vermögensschaden insgesamt im fünfstelligen Bereich bewegt und einer der Geschädigten, der Oberstabsgefreite M., ein dem Soldaten unmittelbar unterstellter Mannschaftsdienstgrad war, dessen Vertrauen der Soldat zweimal in Folge ausnutzte.

Weiter erschwerend hinzu tritt die Entwendung der Bundeswehrmunition und ihre etwa 14 Jahre lange Lagerung im privaten Familienhaushalt. Ein Berufssoldat, der zu seinem Dienstherrn in einem Verhältnis gegenseitiger Treue steht, macht sich eines erheblichen Vertrauensbruchs schuldig, wenn er sich an dessen Eigentum vergreift. Denn die Bundeswehr ist auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Soldaten beim Umgang mit öffentlichem Gut in hohem Maße angewiesen, vor allem mit besonders schutzwürdigen Gegenständen wie Munition, weil insoweit eine lückenlose Kontrolle jedes einzelnen Soldaten nicht möglich ist. Ein Vorgesetzter disqualifiziert sich regelmäßig durch die Aneignung von Munition so nachhaltig, dass nach gefestigter Rechtsprechung des Senats schon bei isolierter Betrachtung im Regelfall eine Dienstgradherabsetzung bis in einen Mannschaftsdienstgrad geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 2003 - 2 WD 35.02 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 39 Rn. 11 m.w.N.).

Insoweit ist zusätzlich erschwerend zu berücksichtigen, dass der Soldat die Munition nicht nur der Nutzung durch die Bundeswehr entzog, sondern sie zudem 14 Jahre lang ungesichert unter der Kellertreppe in dem von ihm, seiner Ehefrau und drei Kindern bewohnten Familienhaushalt lagerte. Denn bei einem unsachgemäßen Gebrauch oder Umgang mit Munition im privaten Bereich können ernsthafte Gefahren für Personen und Sachwerte sowie gegebenenfalls Regressansprüche Dritter gegen den Dienstherrn entstehen; deshalb ist die Bundeswehr ständig bemüht, Munition, die bei Übungsschießen nicht verbraucht, verloren gegangen oder vergessen worden ist, nachträglich einzusammeln und sicherzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 2003 - 2 WD 35.02 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 39 S. 40 m.w.N.). Der Soldat hat durch die jahrelange ungesicherte Aufbewahrung der Munition im Familienhaushalt erhebliche Sicherheitsrisiken heraufbeschworen.

bb) Da Milderungsgründe umso gewichtiger sein müssen je schwerer ein Dienstvergehen wiegt, liegt hier bei Abwägung aller weiteren den Soldaten be- und entlastenden Umstände kein minderschwerer Fall vor.

(1) Zu Lasten des Soldaten sind folgende weitere Umstände zu berücksichtigen:

(a) Das Dienstvergehen hatte gravierende nachteilige Auswirkungen für die Kameraden und den Dienstherrn.

Der durch die Betrugstaten eingetretene hohe Vermögensschaden wurde bis heute nicht vollständig ausgeglichen. Die Kameraden mussten zur Geltendmachung ihrer Forderungen den Dienstherrn einschalten und Vollstreckungstitel erwirken. Das Vertrauensverhältnis zu den Kameraden wurde durch die Taten so stark beschädigt, dass der Soldat an eine andere Dienststelle kommandiert werden musste.

Dort kam es zu den beiden eigenmächtigen Abwesenheiten, während derer der Soldat weiter alimentiert wurde, ohne dass dem Dienstherrn seine Arbeitskraft zur Verfügung stand. Sein unentschuldigtes Fehlen musste zudem durch Kameraden aufgefangen werden. Auch erforderte die Beendigung der ersten eigenmächtigen Abwesenheit mit dem Einsatz von Feldjägern einen hohen Verwaltungsaufwand.

Durch die Aneignung der nicht unerheblichen Menge an Bundeswehrmunition hat er diese der Nutzung durch die Bundeswehr vorenthalten.

Wegen des fortgesetzten Fehlverhaltens des Soldaten sah sich sein Dienstherr schließlich veranlasst, ihn im November ... vorläufig des Dienstes zu entheben. Eine vorläufige Dienstenthebung ist zu Lasten des Soldaten zu gewichten, wenn er - wie hier - durch sein Verhalten eine vorläufige Dienstenthebung verursacht und dem Bund dadurch ein erheblicher finanzieller Schaden entsteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 WD 4.19 - juris Rn. 27 m.w.N.). Die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung (dazu BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2019 - 2 WDB 3.19 - Buchholz 450.2 § 126 WDO 2002 Nr. 8 Rn. 17) unterliegt im Fall des Soldaten auch keinen durchgreifenden Zweifeln.

(b) Die Beweggründe des Soldaten sprechen ebenfalls gegen ihn.

Mit den Geldbeträgen, die er durch die Betrugstaten von seinen Kameraden erlangte, wollte er private finanzielle Schwierigkeiten beseitigen, in die er durch ihm selbst zuzuschreibendes Verhalten - vornehmlich die Unterstützung eines aufwendigen familiären Lebensstils - geraten war.

Während seiner ersten eigenmächtigen Abwesenheit wollte er sich eine "möglichst schöne Zeit" bei einer Freundin in Süddeutschland machen, mit der er seinerzeit bereits ein Kind hatte; während der eigenmächtigen Abwesenheit zeugte er mit ihr ein weiteres Kind. Auch die zweite eigenmächtige Abwesenheit war eine bewusst genommene "Auszeit", mit welcher der Soldat private über dienstliche Interessen stellte. Seine Krankschreibung durch das Bundeswehrzentralkrankenhaus ... war ausgelaufen. Er hatte sich wieder zu seiner Freundin nach Süddeutschland begeben, am dortigen Sanitätsunterstützungszentrum ... aber nur an zwei aufeinanderfolgenden Tagen eine Krankschreibung für jeweils einen Tag erhalten. Daraufhin war ihm befohlen worden, zu seiner Dienststelle zurückzukehren. Dafür hatte ihm sein Dienstherr eine Fahrkarte zur Verfügung gestellt. Der Soldat entschied sich jedoch bewusst dafür, stattdessen dem Dienst 73 Tage lang eigenmächtig fernzubleiben, bis er sich selbst erneut im Bundeswehrzentralkrankenhaus ... vorstellte.

Auch mit der Aneignung der Bundeswehrmunition verfolgte der Soldat eigennützige Ziele. Der Senat hält es für eine unglaubhafte Schutzbehauptung, dass der Soldat Schwarzbestände zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Ausbildungsbetriebs anlegen wollte und dann vergaß, dass er die Munition zu Hause gelagert hatte. Denn er nahm die durchaus für private Zwecke geeignete Munition (Leuchtkörper, Signallichter, Explosionssimulator, gegurtete Manöverpatronen) nach eigenen Angaben an einem Tag im Jahr 2003 gesammelt mit nach Hause und führte in der Folgezeit etwa 14 Jahre lang keine Teile davon in den Ausbildungsbetrieb zurück. Wäre die Munition für den Ausbildungsbetrieb so bedeutsam gewesen, wie er es schildert, wäre zu erwarten gewesen, dass er in der Folgezeit die Munition nach und nach wieder zurück in den Ausbildungsbetrieb verbracht hätte. Die ungesicherte jahrelange Lagerung unter der Kellertreppe im Familienhaushalt mit drei Kindern beruhte auf Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit.

(c) Ferner wirft es ein schlechtes Licht auf die Persönlichkeit des Soldaten, dass er mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 27. Januar 2017 wegen eines Trennungsgeldbetrugs zu Lasten seines Dienstherrn in zwei Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

(d) Besonders belastendes Gewicht kommt schließlich dem Umstand zu, dass sich beide eigenmächtigen Abwesenheiten ereigneten, nachdem gegen den Soldaten das gerichtliche Disziplinarverfahren wegen der Betrugstaten bereits eingeleitet worden war. Dies zeigt, dass er selbst unter dem Eindruck des gerichtlichen Disziplinarverfahrens nicht gewillt war, sich dienstgetreu zu verhalten.

(2) Demgegenüber sprechen nur wenige Gesichtspunkte für den Soldaten.

(a) So hat er ordentliche dienstliche Leistungen erbracht. Dies ergibt sich aus seinen planmäßigen Beurteilungen, der Laufbahnbeurteilung vom 25. September 2015, der Stellungnahme des Leumundszeugen Hauptmann H. vom 7. September 2017 und dessen Aussage in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung am 23. Oktober 2019, den zahlreichen vom Soldaten erworbenen Abzeichen, der Verleihung des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Bronze im Jahr 1999, den beiden förmlichen Anerkennungen aus den Jahren 1996 und 2000 und den beiden 2009 und 2012 gewährten Leistungsprämien. Zudem hat sich der Soldat in zwei Auslandseinsätzen bewährt: 1996 ... und 1999/2000 ...

(b) Ferner war der Soldat geständig. Allerdings kommt diesem Umstand wegen der eindeutigen Beweislage kein großes Gewicht zu.

(c) Darüber hinaus hat der Soldat das Unrecht seiner Taten eingesehen, wenngleich er sich nach dem Eindruck des Senats teilweise zu Unrecht in einer Art Opferrolle gesehen und die Taten mit dem Verhalten anderer Personen zu erklären versucht hat.

(d) Schließlich berücksichtigt der Senat in geringem Umfang mildernd, dass sich der Soldat zeitweise in einer schwierigen familiären und finanziellen Lebenssituation befand, die zu seinem Auszug aus dem Familienhaushalt Mitte 2016, zur Scheidung im Jahr 2017, zu einer wiederholten truppenärztlichen Behandlung und stationären Aufenthalten im Bundeswehrzentralkrankenhaus ... vom 27. April bis 12. Mai 2017 und vom 18. August bis zum 6. September 2017 sowie im ... - Klinik für Psychosomatik - vom 14. September bis zum 26. Oktober 2017 führte. Allerdings hatte der Soldat diese Situation selbst zu verantworten. Sie beruhte im Wesentlichen darauf, dass er seiner Ehefrau die Zeugung unehelicher Kinder mit drei weiteren Frauen verheimlicht hatte, was aufgedeckt wurde und dazu führte, dass sich seine Ehefrau von ihm trennte.

(3) Klassische Milderungsgründe in der Person des Soldaten oder in den Umständen der Tat liegen hingegen nicht vor.

(a) Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Soldat das Dienstvergehen ganz oder zeitweise im Zustand verminderter Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB beging, weil seine Fähigkeit, das Unrecht der Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Taten erheblich vermindert gewesen wäre.

Zwar ist den Entlassungsbriefen über die stationären Aufenthalte des Soldaten zu entnehmen, dass er jedenfalls ab Mitte 2016 an einer Anpassungsstörung (ICD-10 F 43.2) und jedenfalls ab dem Frühjahr 2017 zudem an einer "narzisstischen Persönlichkeit(sstörung)" (ICD-10 F 60.8) bzw. einer "deutlich narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung" litt.

Dieser Befund begründet aber noch keine schwere andere seelische Abartigkeit, die hier als Eingangsmerkmal i.S.d. § 20 StGB allein in Betracht kommt. Eine solche liegt bei einer nicht pathologisch bedingten Anpassungs- und Persönlichkeitsstörung nur vor, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen (vgl. BGH, Urteile vom 26. April 2007 - 4 StR 7/07 - juris Rn. 7 m.w.N., vom 25. Oktober 2017 - 5 StR 72/17 - juris Rn. 19 und BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2017 - 2 WD 14.16 - juris Rn. 34). Danach ist eine Gesamtschau auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Angeschuldigten und deren Entwicklung, der Vorgeschichte, dem unmittelbaren Anlass und der Ausführung der Tat sowie seines Verhaltens nach der Tat erforderlich. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für die Schwere der Persönlichkeitsstörung maßgebend ist, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Delikts zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn ein entsprechendes Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens sich im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als Merkmal der "schweren anderen seelischen Abartigkeit" angesehen werden. Da es sich bei einer Anpassungsstörung und einer "narzisstischen Persönlichkeit(sstörung)" bzw. einer "deutlich narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung" um ein eher unspezifisches Störungsbild handelt, das immer noch als - möglicherweise extreme - Spielart menschlichen Wesens einzuordnen ist, ist dies erst dann der Fall, wenn der Täter aus einem mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus gehandelt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2020 - 2 StR 568/19 - juris Rn. 13).

Dies vermochte der Senat beim Soldaten nicht festzustellen.

In den ärztlichen Berichten über die stationären Aufenthalte des Soldaten wurde zum psychischen Befund durchweg ausgeführt, der Soldat sei wach, bewusstseinsklar, formalgedanklich geordnet, zu allen Qualitäten orientiert, im Kontaktverhalten freundlich und angepasst und habe ein angemessenes äußerliches Erscheinungsbild. Er habe keine inhaltlichen Denkstörungen, keinen Wahn, keine Sinnestäuschungen, keine Ich-Störung, keine Angst und keinen Zwang.

Es wurden auch weder Hinweise auf Suizidalität noch auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung festgestellt. Im Ambulanzbrief des Bundeswehrzentralkrankenhauses ... vom 25. April 2017 heißt es, der Soldat habe zwar angegeben, während der vorangegangenen eigenmächtigen Abwesenheit lebensmüde Gedanken gehabt zu haben; konkrete Suizidgedanken oder -pläne seien aber nicht aufgetreten. Auch im Entlassungsbrief des Bundeswehrzentralkrankenhauses ... vom 19. September 2017 wurde festgestellt, dass es keine Suizidgedanken, -impulse oder -pläne oder Anhalt für eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung gebe. Im Bericht des ... - Klinik für Psychosomatik - vom 7. November 2017 wurde ebenfalls kein Anhalt für akute Suizidalität gesehen.

Im beruflichen Alltag erbrachte der Soldat - wie ausgeführt - ordentliche dienstliche Leistungen. Was sein soziales Handlungsvermögen anbelangt, unterhielt er neben seiner Ehe Beziehungen zu mehreren anderen Frauen. Während der ersten eigenmächtigen Abwesenheit zeugte er mit einer seiner Freundinnen sogar ein weiteres uneheliches Kind. Seine Einlassungen zu seinen Taten lassen darauf schließen, dass er nicht aus einem unwiderstehlichen Zwang heraus, sondern wohlüberlegt handelte, um mit den Betrugstaten zu Lasten seiner Kameraden einen aufwendigen familiären Lebensstil zu finanzieren, um sich während seiner eigenmächtigen Abwesenheiten eine möglichst schöne Zeit zu machen und um die Bundeswehrmunition seinem Dienstherrn gezielt vorzuenthalten.

(b) Milderungsgründe in den Umständen der Tat liegen ebenfalls nicht vor. Sie wären anzunehmen, wenn die Situationen, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet gewesen wären, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2019 - 2 WD 31.18 - Buchholz 449 § 23 SG Nr. 4 Rn. 37). Eine derartige Ausnahmesituation lag im Tatzeitraum nicht vor. Die vom Soldaten geschilderten familiären und finanziellen Probleme waren eine zu erwartende Folge seines vorangegangenen Verhaltens. Sie hatten sich nicht in einem ungewöhnlichen Maße derart zugespitzt, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Soldaten nicht mehr erwartet werden konnte.

cc) Bei einer Abwägung aller den Soldaten be- und entlastenden Umstände liegt kein minderschwerer Fall vor. Die gegen ihn sprechenden Umstände überwiegen deutlich. Ihm kann objektiv betrachtet das notwendige Vertrauen in die ordnungsgemäße Pflichterfüllung im Dienst nicht mehr entgegengebracht werden. Insbesondere können die im Dienstvergehen zu Tage getretenen gravierenden Defizite der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen, nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 2 WD 10.19 - NVwZ-RR 2020, 983 Rn. 60 m.w.N.).

dd) Ist - wie hier - das Vertrauen, in den Soldaten zerstört und, daher die Höchstmaßnahme zu verhängen, kann auch eine überlange Verfahrensdauer keine maßnahmemildernde Wirkung mehr entfalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 - 2 WD 16.19 - juris Rn. 20 m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 139 Abs. 2 , § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO .

Fundstellen
NVwZ-RR 2021, 493
ZBR 2021, 284