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BVerwG - Entscheidung vom 06.01.2020

1 WB 61.19

Normen:
VwGO § 92 Abs. 3 S. 1

BVerwG, Beschluss vom 06.01.2020 - Aktenzeichen 1 WB 61.19

DRsp Nr. 2020/3153

Einstellung des Verfahrens bei übereinstimmender Erledigungserklärung des Rechtsstreits in der Hauptsache i.R.d. Besetzung eines Dienstpostens

Der Grundsatz der hälftigen Kostenteilung bei offenen Erfolgsaussichten im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses gilt auch im Wehrbeschwerdeverfahren.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden zur Hälfte dem Bund auferlegt. Im Übrigen wird der Antrag, die Kosten dem Bund aufzuerlegen, abgelehnt.

Normenkette:

VwGO § 92 Abs. 3 S. 1;

Gründe

I

Der Rechtsstreit betraf die Besetzung des mit A 13 G dotierten Dienstpostens eines Gefahrgutoffiziers und Leiters der zentralen Stelle der Bundeswehr zur Ausstellung und zum Nachweis der Schulungsunterlagen gemäß dem Europäischen Abkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße für die Gefahrgutfahrerschulung beim ... der Bundeswehr.

Der Antragsteller ist Berufssoldat und schwerbehindert. Bis zur Erledigung des Rechtsstreites stand er im Dienstgrad Hauptmann der Besoldungsgruppe A 12. Am 13. Februar 2019 entschied das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den streitgegenständlichen Dienstposten nicht mit dem Antragsteller, sondern einem Mitbewerber zu besetzen, und teilte dies dem Antragsteller am 18. Februar 2019 mit. Unter dem 19. Februar 2019 legte der Antragsteller Beschwerde ein. Er rügte die unterbliebene Beteiligung der Bezirksschwerbehindertenvertretung, die Verletzung der gesetzlichen Vorgaben zum Schutz von Behinderten sowie seines Bewerbungsverfahrensanspruches. Mit Verfügung vom 2. September 2019 wurde der ausgewählte Mitbewerber mit Dienstantritt zum 3. September 2019 auf den streitigen Dienstposten versetzt. Das Bundesministerium der Verteidigung wies die Beschwerde mit Bescheid vom 5. September 2019 zurück. Der Antragsteller erfülle das zwingende Anforderungsprofil des streitigen Dienstpostens nicht. Eine unzureichende Beteiligung einer Schwerbehindertenvertretung sei unbeachtlich. Jedenfalls sei sie aber ordnungsgemäß nachgeholt worden.

Ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist mit Beschluss vom 23. Oktober 2019 - ... - eingestellt worden, nachdem der Antragsteller und das Bundesministerium der Verteidigung das Eilverfahren für erledigt erklärt hatten.

Nachdem der Antragsteller auf einen anderen förderlichen Dienstposten versetzt und befördert worden war, gab er mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2019 auch im Hauptsacheverfahren eine Erledigungserklärung ab und beantragte, die Verfahrenskosten einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen. Das Bundesministerium der Verteidigung schloss sich der Erledigungserklärung unter dem 19. Dezember 2019 unter Verwahrung gegen die Kosten an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

II

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO , § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ; vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - beck-online Rn. 8 m.w.N.).

Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Aufwendungen zur Hälfte dem Bund aufzuerlegen, weil die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers nach dem bisherigen Sach- und Streitstand im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses - hier der Versetzung des Antragstellers auf einen anderen förderlichen Dienstposten und seine Beförderung zum Stabshauptmann - als offen einzuschätzen sind (vgl. zum Grundsatz der hälftigen Kostenteilung bei offenen Erfolgsaussichten: BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 1 WB 66.09 - jurion Rn. 10). Der weitergehende Antrag des Antragstellers hinsichtlich der Kosten bleibt daher ohne Erfolg.

Zwar ist im eingestellten Eilverfahren kein Teil der Kosten dem Bund auferlegt worden. Dies folgte aber allein aus dem Fehlen eines Anordnungsgrundes. Der Antragsteller hatte den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, ohne den Zeitraum von etwa sechs Monaten abzuwarten, in dem der ausgewählte Bewerber auf dem streitigen Dienstposten einen beurteilungsrelevanten Erfahrungsvorsprung erwerben konnte. Der Beschluss vom 23. Oktober 2019 lässt die Frage eines Anordnungsanspruches und damit der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren offen. Der Antrag warf im Hauptsacheverfahren komplexe Fragen der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, der Unbeachtlichkeit etwaiger Verfahrensfehler hierbei sowie der Möglichkeit ihrer Nachholung auf. Zudem ist streitig, ob der Antragsteller alle notwendigen Voraussetzungen nach dem Anforderungsprofil erfüllte bzw. ob ihm das Fehlen der Qualifikation als Gefahrgutbeauftragter/Gefahrgutoffizier zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht entgegengehalten werden kann, weil er die fragliche Qualifikation in der Vergangenheit bereits erworben hatte und durch einen kurzen, vor Dienstantritt auf dem fraglichen Dienstposten zu absolvierenden Lehrgang erneut hätte erwerben können. Ohne umfangreiche Prüfung, d.h. mit angemessenem vertretbaren Aufwand sind die Erfolgsaussichten nach der Erledigungserklärung im Hauptsacheverfahren nicht einzuschätzen, so dass die hälftige Kostenteilung der Billigkeit entspricht.