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BVerwG - Entscheidung vom 14.12.2020

5 PB 4.20

Normen:
ArbGG § 72a Abs. 3 S. 2 Nr. 2
ArbGG § 92a S. 2
BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1

BVerwG, Beschluss vom 14.12.2020 - Aktenzeichen 5 PB 4.20

DRsp Nr. 2021/4229

Bezeichnungsanforderungen an die Geltendmachung einer Divergenz im Rahmen einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in einer Bundespersonalvertretungssache; Voraussetzungen für die Annahme einer Arbeitszeitregelung; Gutschrift von Arbeitszeit

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen - Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen - vom 28. Januar 2020 wird verworfen.

Normenkette:

ArbGG § 72a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ; ArbGG § 92a S. 2; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1 ;

Gründe

Die auf den Zulassungsgrund der Divergenz gestützte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Nach den gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn der angefochtene Beschluss von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, des Bundesverwaltungsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs oder eines anderen Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, zu bezeichnen (§ 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG ). Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen abstrakten, inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Eine solche Divergenz kann auch dann anzunehmen sein, wenn beide Entscheidungen auf der Grundlage von verschiedenen, aber inhaltsgleichen Rechtsnormen ergangen sind. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der Rechtssätze, die das betreffende Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 8. August 2018 - 5 PB 1.18 - juris Rn. 3 m.w.N.).

Diesen Bezeichnungsanforderungen genügt die Beschwerde nicht. Sie entnimmt dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 1991 - 6 P 21.89 - (Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 75 S. 70) den Rechtssatz:

"Eine Anweisung zur Gutschrift ist keine Anordnung zur Verteilung der Arbeitszeit, wenn sie keinerlei Einfluss auf die tatsächlich abzuleistende Arbeitszeit hat."

Dem stellt die Beschwerde gegenüber, dass sich als Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts aus dessen Entscheidung ableiten lasse, dass

eine Anweisung zur Gutschrift keine Anordnung zur Verteilung der Arbeitszeit sei, wenn sie die Uhrzeit angebe und wenn sie eine von den sonstigen Arbeitszeiten abweichende unbestimmte Arbeitszeit vorgebe.

Den ihm zugeschriebenen abstrakten Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht allerdings nicht formuliert. Es hat ihn auch nicht in erkennbarer Weise sinngemäß seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Vielmehr hat es mit den von der Beschwerde zu seiner Ableitung herangezogenen Formulierungen lediglich erkennen lassen, dass es die von dem Beteiligten vorgenommenen Gutschriften der Soll-Arbeitszeiten nicht als eine generelle und unmittelbar verbindliche Festlegung der zeitlichen Lage der an einem Arbeitstag im Straßenkontrolldienst Maut abzuleistenden Arbeitszeit ansieht. Nur an diesem der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnommenen Maßstab hat es seine Prüfung ausgerichtet. Bei den von der Beschwerde in Bezug genommenen Passagen des angefochtenen Beschlusses handelt es sich demnach nicht um die Aufstellung eines abstrakten Rechtssatzes, sondern um die Subsumtion des Oberverwaltungsgerichts. Mit ihrem Vortrag, entgegen der Auffassung der Vorinstanz handele es sich bei der Arbeitszeitgutschrift ebenfalls um eine mitbestimmungspflichtige Anordnung zur Verteilung der Arbeitszeit, weil sie einen Arbeitsbeginn und ein Arbeitsende vorgebe, zeigt die Beschwerde daher nur eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Subsumtion des Sachverhalts unter den angenommenen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts auf. Das reicht zur Begründung einer Divergenz nicht aus.

Im Übrigen ist eine Divergenz auch deshalb nicht hinreichend bezeichnet, weil das Bundesverwaltungsgericht den von der Beschwerde daraus abgeleiteten Rechtssatz in der herangezogenen Entscheidung (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1991 - 6 P 21.89 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 75 S. 70) nicht aufgestellt hat. Danach reicht es zwar für die Erfüllung des Mitbestimmungstatbestandes in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG aus, wenn nur die Arbeitszeitdauer an einem bestimmten Tag der Woche festgelegt werden soll. Es muss sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung ausführt - bei der Maßnahme jedoch um eine Regelung handeln, durch die eine generelle und unmittelbar verbindliche Verteilung der abzuleistenden Arbeitszeit auf die Arbeitstage der Woche oder deren Einteilung an den einzelnen Wochentagen vorgenommen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1993 - 6 P 21.90 - BVerwGE 91, 346 <350> m.w.N.). Irgendeine Einflussnahme auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit reicht für die Annahme einer Arbeitszeitregelung nicht aus, so dass sich aus der Entscheidung nicht der von der Beschwerde sinngemäß angenommene Rechtssatz ableiten lässt, eine Maßnahme sei (nur) dann keine Anordnung zur Verteilung der Arbeitszeit, wenn sie keinerlei Einfluss auf die tatsächlich abzuleistende Arbeitszeit habe. Außerdem stellt die Gutschrift von Arbeitszeit entgegen der Annahme der Beschwerde keine "Anordnung" dar, sondern nur das Ergebnis der Anwendung einer Regelung über die An- bzw. Verrechnung von nicht am Arbeitsplatz verbrachten Zeiten, die als solche auch nach Auffassung der Beschwerde nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG unterliegt (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1991 - 6 P 21.89 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 75 S. 70; vgl. Beschwerdebegründung S. 3).

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 28.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 20 A 4194/18