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BVerwG - Entscheidung vom 04.05.2020

8 B 79.19 (8 C 5.20)

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1

BVerwG, Beschluss vom 04.05.2020 - Aktenzeichen 8 B 79.19 (8 C 5.20)

DRsp Nr. 2020/8805

Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision; Restitutionsantrag nach Übertragung von Grundstückseigentum in der DDR; Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens

Die Frage, ob ein im Restitutionsrechtsstreit beigeladener Verfügungsberechtigter nach rechtskräftiger Abweisung der Klage auf Rückübertragung des in seinem Eigentum stehenden Vermögenswertes im Fall eines späteren behördlichen Wiederaufgreifens des Verfahrens (§ 51 VwVfG ) unter gleichzeitiger erneuter Ablehnung des Rückübertragungsbegehrens Widerspruch gegen das Wiederaufgreifen erheben oder ob er dessen Rechtswidrigkeit erst bei erneuter Klage auf Rückübertragung des Vermögenswertes im Verwaltungsprozess geltend machen kann, hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO . Ob zu ihrer Lösung auf die Grundsätze zurückgegriffen werden kann, die für die Drittanfechtung einer Feststellung der Restitutionsberechtigung gelten, ist bislang nicht geklärt. Insbesondere bedarf der Prüfung, ob die mit dem Wiederaufgreifen einhergehende Durchbrechung der Bestandskraft der Entscheidung im Ausgangsverfahren eine abweichende Beurteilung gebietet, weil sie auch bei gleichzeitiger, dem Dritten günstiger erneuter - aber noch nicht bestandskräftiger - Sachentscheidung nicht entfällt.

Tenor

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 29. Mai 2019 wird aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und für das Revisionsverfahren - insoweit vorläufig - auf jeweils 50 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Die Kläger verkauften das Grundstück P.straße ... in L.-Augustusbad 1986 an die Beigeladenen. Anschließend reisten sie aus der ehemaligen DDR aus. Ihr 1990 gestellter Restitutionsantrag blieb erfolglos. Im März 2003 beantragten die Kläger, das Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2009 gab das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (ARoV) Dresden ihrem Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens statt (Ziffer 1). Ihren Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks lehnte es ab (Ziffer 2). Den Widerspruch der Kläger gegen Ziffer 2 des Bescheides wies die Landesdirektion Sachsen zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Den Klägern stehe schon ein Anspruch auf Wiederaufgreifen nicht zu. Diese Frage müsse auf entsprechende Rüge der Beigeladenen, die hier vorliege, auch geprüft werden. Entgegen der Ansicht des Beklagten hätten die Kläger mit ihrem Wiederaufgreifensantrag keine durchgreifenden Wiederaufgreifensgründe vorgebracht. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

II

Die Beschwerde hat Erfolg. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

Die Beschwerdebegründung führt auf die Frage, ob ein im Restitutionsrechtsstreit beigeladener Verfügungsberechtigter nach rechtskräftiger Abweisung der Klage auf Rückübertragung des in seinem Eigentum stehenden Vermögenswertes im Fall eines späteren behördlichen Wiederaufgreifens des Verfahrens (§ 51 VwVfG ) unter gleichzeitiger erneuter Ablehnung des Rückübertragungsbegehrens Widerspruch gegen das Wiederaufgreifen erheben oder ob er dessen Rechtswidrigkeit erst bei erneuter Klage auf Rückübertragung des Vermögenswertes im Verwaltungsprozess geltend machen kann. Diese Frage ist für das angestrebte Revisionsverfahren erheblich. Ob zu ihrer Lösung auf die Grundsätze zurückgegriffen werden kann, die für die Drittanfechtung einer Feststellung der Restitutionsberechtigung gelten, ist bislang nicht geklärt. Insbesondere bedarf der Prüfung, ob die mit dem Wiederaufgreifen einhergehende Durchbrechung der Bestandskraft der Entscheidung im Ausgangsverfahren eine abweichende Beurteilung gebietet, weil sie auch bei gleichzeitiger, dem Dritten günstiger erneuter - aber noch nicht bestandskräftiger - Sachentscheidung nicht entfällt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: VG Dresden, vom 29.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 2666/17