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BVerwG - Entscheidung vom 05.03.2020

4 BN 38.19

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2

BVerwG, Beschluss vom 05.03.2020 - Aktenzeichen 4 BN 38.19

DRsp Nr. 2020/5448

Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision; Abweichen des Urteils von anderen Entscheidungen des BVerwG

1. Im Rahmen einer Divergenzrüge verlangt § 133 Abs. 3 S. 3 VwGO , dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen sein soll, sondern auch durch eine präzise Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird. Diesen Darlegungsanforderungen genügt allein die Geltendmachung einer unzutreffenden Rechtsanwendung durch die Vorinstanz nicht.2. Gleichermaßen genügt es den Darlegungsanforderungen an eine Grundsatzrüge nicht, wenn sich das Vorbringen in der Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels in Angriffen gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung durch die Vorinstanz erschöpft.3. Eine Beweiserhebung ist unter anderem dann nicht erforderlich, wenn es auf die zu beweisende Tatsache vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus nicht ankommt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. April 2019 wird verworfen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 ;

Gründe

Die auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie verfehlt die Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO .

1. Die Beschwerde legt eine Abweichung des Normenkontrollurteils von den Urteilen des Senats vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 - (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50) und vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - (BVerwGE 161, 53 ) nicht dar.

Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 ). § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt, dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen sein soll, sondern auch durch eine präzise Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2010 - 8 B 38.10 - ZOV 2011, 45 und vom 17. Februar 2015 - 1 B 3.15 - juris Rn. 7). Hieran lässt es die Beschwerde fehlen. Sie benennt schon keinen abstrakten Rechtssatz, mit welchem die Vorinstanz der Rechtsprechung des Senats nicht gefolgt sein sollte. Mit dem Vortrag, durch die Beschränkung der Nachtwerte auf einen Wert von 4 dB(A) unterhalb des Richtwertes der TA Lärm missachte das angefochtene Urteil die Vorgaben der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1990 und vom 7. Dezember 2017 bzw. stehe mit diesen nicht im Einklang, macht die Beschwerde der Sache nach nur eine unzutreffende Rechtsanwendung durch die Vorinstanz geltend, auf die eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht gestützt werden kann (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447 = juris Rn. 16 und vom 24. August 2017 - 4 B 35.17 - juris Rn. 10).

2. Nicht dargelegt ist auch die von der Beschwerde behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ).

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO ) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, s. bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Es fehlt bereits jede Angabe dazu, warum die in Bezug auf § 1 Abs. 4 BauNVO formulierte Frage in Ansehung der Entscheidungen des Senats vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - (BVerwGE 161, 53 ) und vom 7. März 2019 - 4 BN 45.18 - (ZfBR 2019, 380 ) rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig sein soll. Stattdessen erschöpft sich das Vorbringen in der Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels in Angriffen gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung durch den Verwaltungsgerichtshof. Das genügt nicht (stRspr, s. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2019 - 4 B 36.19 - juris Rn. 6).

3. Die Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verfehlt die Beschwerde schließlich auch in Bezug auf den sinngemäß geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) und der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO ). Sie legt nicht dar, dass die Ablehnung der durch die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO , § 244 StPO ).

Eine Beweiserhebung ist u.a. dann nicht erforderlich, wenn es auf die zu beweisende Tatsache nach Ansicht des Gerichts nicht ankommt (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO entsprechend; BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 15. März 1994 - 9 C 510.93 u.a. - NVwZ 1994, 1119 ; Beschluss vom 17. September 2014 - 8 B 15.14 - ZOV 2014, 268 = juris Rn. 8). Das ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> und Beschluss vom 25. Januar 2005 - 9 B 38.04 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 22). Danach kommt es auf die in den Beweisanträgen unter Beweis gestellten Tatsachen nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass die Beweisanträge, soweit sie nicht bereits unzulässig seien, auf die Frage abzielten, ob die Gesamtlärmbelastung die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschreitet. Diese Frage sei nicht entscheidungserheblich, da es auch im bejahenden Fall keinen Abwägungsmangel begründe, wenn die Gemeinde sich bei der Überplanung einer durch Verkehrslärm wesentlich beeinträchtigten Gemengelage darauf beschränke, das Plangebiet in Richtung eines - Wohnnutzungen nur ausnahmsweise zulassenden - Gewerbegebiets umzustrukturieren und auf Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes zu verzichten (UA S. 24). Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht ansatzweise auseinander.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 , § 159 Satz 2 VwGO und die Festsetzung des Streitwerts aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: VGH Hessen, vom 09.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 3 C 1453/16