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BVerwG - Entscheidung vom 02.01.2020

20 F 4.19

Normen:
NVerfSchG § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-4

BVerwG, Beschluss vom 02.01.2020 - Aktenzeichen 20 F 4.19

DRsp Nr. 2020/2548

Beschwerde des Klägers wegen der Ablehnung der Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten personenbezogenen Daten; Weigerungsgründe nach § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 4 NVerfSchG

Ein Nachteil für das Wohl des Landes im Sinne von § 99 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 VwGO liegt vor, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die zukünftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren würde. Eine solche Erschwernis kann sich daraus ergeben, dass bei einer umfangreichen Zusammenschau offengelegter Unterlagen Rückschlüsse auf die gegenwärtige Organisation der Sicherheitsbehörden, die Art und Weise ihrer Informationsbeschaffung, aktuelle Ermittlungsmethoden oder die praktizierten Methoden ihrer Zusammenarbeit mit anderen Stellen möglich werden. Zu derartigen Rückschlüssen grundsätzlich geeignet sind beispielsweise Vorgangsvorblätter, Aktenzeichen, Organisationskennzeichen, Arbeitstitel, Verfügungen, namentliche Hinweise auf Bearbeiter, Aktenvermerke, Arbeitshinweise, Randbemerkungen, Querverweise, Hervorhebungen und Unterstreichungen sowie Vermerke zur Aktenverwaltung, Schriftverkehr mit anderen Behörden, Gesprächsdokumentationen, Verfügungsbögen und Deckblattberichte.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Fachsenats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Normenkette:

NVerfSchG § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-4;

Gründe

I

Der Kläger begehrt in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren die Verpflichtung des Beklagten, weitere Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten personenbezogenen Daten zu erteilen.

Im Hauptsacheverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aufgefordert, die vollständigen Unterlagen zu übersenden. Dieser hat daraufhin einen teilweise geschwärzten Teil der Akten vorgelegt, die Vorlage der vollständigen, ungeschwärzten Akten aber unter Abgabe einer Sperrerklärung vom 24. Oktober 2018 verweigert. Mit Beschluss vom 9. November 2018 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren auf sinngemäßen Antrag des Klägers, die Rechtswidrigkeit der Verweigerung festzustellen, dem Fachsenat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur Durchführung eines Zwischenverfahrens vorgelegt. Der Beklagte habe sich auf § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO berufen und dem Begehren des Klägers Weigerungsgründe nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 NVerfSchG entgegengehalten, deren Berechtigung vom erkennenden Gericht nur in Kenntnis des Akteninhalts feststellbar sei.

Mit Beschluss vom 6. Juni 2019 hat der Fachsenat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts festgestellt, dass die Sperrerklärung rechtswidrig ist, soweit sie sich auf einen im Einzelnen konkret bezeichneten Teil der Unterlagen bezieht. Im Übrigen sei sie rechtmäßig. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Sperrerklärung des Beklagten vom 24. Oktober 2018 ist über den vom Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts festgestellten Umfang hinaus nicht rechtswidrig.

1. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat das Vorliegen der mit der Sperrerklärung geltend gemachten Weigerungsgründe nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 und 3 VwGO unter Anlegung zutreffender rechtlicher Maßstäbe geprüft.

Danach ist ein Nachteil für das Wohl des Landes im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die zukünftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren würde. Eine entsprechende Erschwernis kann sich daraus ergeben, dass bei einer umfangreichen Zusammenschau offengelegter Unterlagen Rückschlüsse auf die gegenwärtige Organisation der Sicherheitsbehörden, die Art und Weise ihrer Informationsbeschaffung, aktuelle Ermittlungsmethoden oder die praktizierten Methoden ihrer Zusammenarbeit mit anderen Stellen möglich werden. Zu solchen Rückschlüssen grundsätzlich geeignet sind beispielsweise Vorgangsvorblätter, Aktenzeichen, Organisationskennzeichen, Arbeitstitel, Verfügungen, namentliche Hinweise auf Bearbeiter, Aktenvermerke, Arbeitshinweise, Randbemerkungen, Querverweise, Hervorhebungen und Unterstreichungen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2019 - 20 F 15.17 - juris Rn. 6, vom 16. April 2019 - 20 F 18.17 - juris Rn. 13 und vom 10. Mai 2019 - 20 F 1.19 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 78 Rn. 6) sowie Vermerke zur Aktenverwaltung, Schriftverkehr mit anderen Behörden, Gesprächsdokumentationen, Verfügungsbögen und Deckblattberichte (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 20 F 7.16 - juris Rn. 7).

Personenbezogene Daten im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO sind grundsätzlich ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig. Bei ihnen besteht ein privates Interesse an der Geheimhaltung, das grundrechtlich geschützt ist. Geschützt sind nicht nur personenbezogene Daten, die ohne Weiteres zur Identifikation der Person führen. Vielmehr können auch Äußerungen und Angaben zur Sache geheimhaltungsbedürftig sein, wenn die Mitteilungen Rückschlüsse auf die Person erlauben und in Abwägung mit den Interessen des Klägers ein berechtigtes Interesse an einer Geheimhaltung besteht (BVerwG, Beschluss vom 20. September 2019 - 20 F 12.17 - juris Rn. 12). Der Schutz persönlicher Daten gilt grundsätzlich auch für Behördenmitarbeiter. Personenbezogene Angaben wie Name, Funktionsbezeichnungen, Telefonnummer und sonstige Angaben zu Telekommunikationsverbindungen werden vom Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG erfasst. Daran ändert nichts, dass Behördenmitarbeiter in Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und somit in ihrer Eigenschaft als Amtswalter tätig werden. Denn auch insoweit bleiben sie Träger von Grundrechten (BVerwG, Beschluss vom 20. September 2019 - 20 F 12.17 - juris Rn. 14). Der Schutz personenbezogener Daten begründet grundsätzlich auch im Fall von Personen, die einer Behörde Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben geben, einen Weigerungsgrund (BVerwG, Beschluss vom 20. September 2019 - 20 F 12.17 - juris Rn. 15).

2. Ausgehend davon ist die Sperrerklärung, soweit sie vom Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts nicht beanstandet worden und noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, rechtmäßig.

Insoweit hat eine Durchsicht der dem Senat im Original vorliegenden Unterlagen bestätigt, dass die vom Beklagten geltend gemachten Weigerungsgründe bestehen. Weitere Teilschwärzungen in Bezug auf entnommene Aktenbestandteile kommen nicht in Betracht, weil sie nur zu inhaltsleeren und nichtssagenden Restbeständen führen würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2019 - 20 F 1.19 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 78 Rn. 12 m.w.N.). Von einer weitergehenden Begründung wird abgesehen, weil die Entscheidungsgründe Art und Inhalt der geheim gehaltenen Akten und elektronischen Dokumente nicht erkennen lassen dürfen (§ 99 Abs. 2 Satz 14 i.V.m. Satz 10 Halbs. 2 VwGO ).

Soweit ein Weigerungsgrund vorliegt, ist auch die nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderliche Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat in seiner Sperrerklärung eine auf den laufenden Rechtsstreit bezogene und die widerstreitenden Interessen der Beteiligten abwägende Ermessensentscheidung getroffen, die den rechtlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2010 - 20 F 11.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 56 Rn. 12 m.w.N.) genügt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO .

Vorinstanz: OVG Niedersachsen, vom 06.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 14 PS 5/18