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BVerwG - Entscheidung vom 14.04.2020

9 BN 5.19

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1

BVerwG, Beschluss vom 14.04.2020 - Aktenzeichen 9 BN 5.19

DRsp Nr. 2020/8810

Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision; Vorliegen des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung; Zulässigkeit von gespaltenen Gebührensätzen in der Schmutzwasserabgabensatzung

Die Anforderungen des § 133 Abs. 3 S. 3 VwGO an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache machen zwar keine umfassende Aufbereitung des Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur erforderlich; die Beschwerdebegründung muss sich aber - abgesehen von den Fällen der Offenkundigkeit der Klärungsbedürftigkeit - jedenfalls ansatzweise mit den Gründen des angegriffenen Urteils konkret auseinandersetzen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 10 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ) lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

Die Frage,

"wenn man denn gespaltene Gebührensätze als zulässig ansehen wollte, ob dann allein in die Gruppe der Beitragszahler und Nichtbeitragszahler zu unterscheiden ist oder ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen 'Sondergruppen' zu berücksichtigen sind",

zielt auf die Frage nach der generellen Zulässigkeit einerseits und der konkreten Ausgestaltung gespaltener Gebührensätze andererseits, wie sie hier in § 3 Abs. 2 der Satzung des Antragsgegners vom 19. Dezember 2016 über die Erhebung von Schmutzwassergebühren festgesetzt worden sind. Danach unterscheidet sich die Höhe der Grundgebühr je nachdem, ob für das in Rede stehende Grundstück ein Schmutzwasseranschlussbeitrag gemäß der Schmutzwasserabgabensatzung bezahlt wurde oder nicht. Beitragszahlern wird die (niedrigere) Schmutzwassergrundgebühr 1 und Nichtbeitragszahlern die (höhere) Schmutzwassergrundgebühr 2 berechnet.

Das Normenkontrollgericht hat die vorgenannte Regelung für rechtlich unbedenklich gehalten (UA S. 10 ff.): Sie verstoße weder gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da sie ohne Weiteres auslegungsfähig sei, noch bestünden grundsätzliche Bedenken gegen die Festlegung unterschiedlich hoher Grundgebühren für Beitragszahler und Nichtbeitragszahler. Vielmehr werde durch diese Regelung "eine gewisse Binnengerechtigkeit geschaffen", indem das nur von einigen aufgebrachte Beitragsvolumen nicht allen Gebührenzahlern, sondern nur der Gruppe von Gebührenzahlern zu Gute komme, die auch Beiträge gezahlt habe. Damit werde vermieden, dass diese Gruppe zu einem Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten doppelt beitrage, während die andere Gruppe (nämlich die Nichtbeitragszahler) sich an diesem Kostenteil überhaupt nicht beteilige. Anzuknüpfen sei dabei allein an die tatsächlich gezahlten Beiträge. Auch ein etwaiges Vertrauen eines nicht beitragsbelasteten Nutzers darauf, zu einem Beitrag nicht mehr herangezogen werden zu können, rechtfertige es nicht, diesen gleich einem beitragsbelasteten Nutzer zu behandeln. Das verjährungsbedingte Recht auf Nichtzahlung des Beitrags umfasse nicht das Recht, gebührenseitig wie jemand behandelt zu werden, der einen Beitrag gezahlt habe. Schließlich sei auch die konkrete Ausgestaltung der Gebührenzahlung nicht zu beanstanden, was näher ausgeführt wird (UA S. 13 ff.).

Dem setzt die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegen. Der bloße Hinweis, die Frage der gespaltenen Gebührensätze sei bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden, reicht für den Vortrag der Klärungsbedürftigkeit allein nicht aus (BVerwG, Beschluss vom 9. März 1993 - 3 B 105.92 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 11). Zwar ist keine umfassende Aufbereitung des Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur erforderlich; die Beschwerdebegründung muss sich aber - abgesehen von den Fällen der Offenkundigkeit der Klärungsbedürftigkeit - jedenfalls ansatzweise mit den Gründen des angegriffenen Urteils konkret auseinandersetzen (BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 9 B 75.14 - juris Rn. 3). Hieran fehlt es.

Die Beschwerde erschöpft sich im Wesentlichen in einer Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Normenkontrollantrag, ohne sich mit den Ausführungen des Normenkontrollgerichts auseinanderzusetzen. Dies gilt sowohl für ihren wiederholten Hinweis auf angebliche unvollständige Beitragszahlungen, den das Normenkontrollgericht als pauschale Behauptung, für die es keine hinreichenden Anhaltspunkte gebe, gewertet hat (vgl. hierzu UA S. 11 unten) als auch für ihre Behauptung, Beiträge seien rein tatsächlich nicht zurückerstattet worden. Auch diese Behauptung hat das Normenkontrollgericht als pauschales Bestreiten der substantiierten Angaben des Antragsgegners gewertet; zudem weist es darauf hin, dass die Frage ohnehin nicht gebührensatzrelevant und deshalb unbeachtlich sei (vgl. UA S. 15 f.).

Soweit die Beschwerde auf "Sondergruppen" verweist, für die "erstrebenswerter Weise eine Sonderregelung zu treffen, zumindest aber ein Auffangtatbestand zu schaffen (sei)", fehlt eine nähere Darlegung, um welche Gruppen es hierbei gehen soll und inwiefern insoweit von Bundesrechts wegen Klärungsbedarf besteht. Entsprechendes gilt schließlich für die angegriffene Auslegung der landesrechtlichen Satzungsregelung durch das Normenkontrollgericht zu der Frage, ab welchem Zeitpunkt sich die Zahlung oder Rückzahlung eines Beitrags auf die Eingruppierung als Beitragszahler auswirkt (UA S. 11).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 , § 159 Satz 1 VwGO , § 100 Abs. 1 ZPO . Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Berlin, vom 13.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 9 A 5.17