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BVerwG - Entscheidung vom 18.05.2020

1 B 23.20, 1 PKH 14.20

Normen:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
ZPO § 121 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 18.05.2020 - Aktenzeichen 1 B 23.20, 1 PKH 14.20

DRsp Nr. 2020/8813

Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten; Hinreichende Erfolgsaussichten des Rechtsmittels als Voraussetzung des PKH-Antrags

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 ERVV kann ein nicht selbst qualifiziert signiertes Dokument schriftformersetzend auf dem sicheren Übermittlungsweg eines besonderen elektronischen Behördenpostfachs übermittelt werden, bei dem feststellbar ist, dass das elektronische Dokument vom Postfachinhaber versandt wurde.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2020 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Normenkette:

VwGO § 166 Abs. 1 S. 1; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1; ZPO § 121 Abs. 1 ;

Gründe

A. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung - wie es sich aus den nachstehenden Gründen ergibt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 und § 121 Abs. 1 ZPO ).

B. Die Beschwerde, mit der Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) geltend gemacht werden, bleibt ohne Erfolg.

1. Ein Verfahrensfehler mit Blick auf die formgerechte Begründung der Berufung der Beklagten innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist schon nicht dargelegt.

Gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist die - hier durch den Verwaltungsgerichtshof zugelassene - Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Berufungsbegründungsschrift ist hier innerhalb dieser Frist eingegangen. Sie wahrt auch die gesetzlich vorgesehene Form. Sie ist ausweislich des in der Gerichtsakte befindlichen Prüfprotokolls nicht über das elektronische Gerichts- oder Verwaltungspostfach (EGVP) - so die Beschwerdebegründung -, sondern auf einem sicheren Übertragungsweg (§ 55a Abs. 4 Nr. 3 VwGO ), nämlich über ein besonderes elektronisches Behördenpostfach an das Berufungsgericht, gelangt. Der Berufungsbegründungsschriftsatz weist auch eine bestimmte natürliche Person als die für diesen Schriftsatz verantwortliche Person aus.

Daran ändert der vorgetragene Umstand nichts, dass im Prüfprotokoll dieser Name nicht erneut erwähnt wird oder ein anderer Name erscheint. Dies berührt nicht die in dem Berufungsbegründungsschriftsatz selbst hinzugefügte einfache Signatur. Für die ordnungsgemäße Übermittlung aus einem besonderen Behördenpostfach ist dies ebenfalls unschädlich. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 ERVV kann ein - wie hier - nicht selbst qualifiziert signiertes Dokument schriftformersetzend auf dem sicheren Übermittlungsweg eines besonderen elektronischen Behördenpostfachs übermittelt werden, "bei dem feststellbar ist, dass das elektronische Dokument vom Postfachinhaber versandt wurde". Dies war hier ausweislich des von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Prüfprotokolls bei der Übermittlung der Berufungsbegründung der Fall; er weist das in dem Verfahren zur Vertretung befugte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als den Inhaber des Postfachs aus, über das die Versendung erfolgt ist (s.a. BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 2020 - 1 B 16.20 -). Die Nennung des Namens einer weiteren natürlichen Person bzw. einer Referatsbezeichnung, die bzw. das in den Absendevorgang eingebunden gewesen sein mag, ändert hieran nichts. § 6 Abs. 1 ERVV fordert auch nicht, dass die Person, die für den Schriftsatz selbst verantwortlich zeichnet, auch selbst Inhaber des besonderen Behördenpostfachs sein muss, welches auch nur für Behörden sowie juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Postfachinhaber eröffnet werden kann (§§ 7, 8 ERVV). Die für das besondere elektronische Anwaltspostfach diskutierte Frage, ob eine wirksame Einreichung bestimmender Schriftsätze aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nur möglich ist, wenn der Aussteller das Dokument eigenhändig aus seinem Postfach versendet (dazu OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. April 2019 - 11 U 146/18 - NJW 2019, 2176 ; dazu etwa Lapp jurisPR-ITR 17/2019 Anm. 3; Radke, jM 2019, 272), stellt sich für das einer Organisation zugeordnete besondere Behördenpostfach von vornherein nicht.

Die in der Beschwerdeschrift herangezogenen Ausführungen des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 28. Januar 2020 - 3 ZKO 796/19 -) betreffen den anders gelagerten Fall, dass die Identität der Beklagten als Postfachinhaberin nicht feststellbar war, weil dort die Nachricht ohne den erforderlichen vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis unter Nutzung des EGVP und daher nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 55a Abs. 3 Halbs. 2 VwGO ) bei dem Verwaltungsgericht eingereicht worden war. Vielmehr war wegen eines wohl technischen Fehlers die Nachricht zwar elektronisch unter Nutzung der auch durch das besondere Behördenpostfach benutzten Technologie, aber gerade ohne eine funktionsfähige Einbindung des beBPo-vHN-(Signatur-)Zertifikats übermittelt worden.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 RVG . Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 26.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 20 B 19.30719