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BVerfG - Entscheidung vom 23.11.2020

1 BvR 2518/20

Normen:
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 2
BVerfGG § 19 Abs. 1
BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 34 Abs. 2
BVerfGG § 92
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 2
BVerfGG § 19 Abs. 1
BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 34 Abs. 2
BVerfGG § 92
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 2
BVerfGG § 19 Abs. 1
BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 34 Abs. 2
BVerfGG § 92

BVerfG, Beschluss vom 23.11.2020 - Aktenzeichen 1 BvR 2518/20

DRsp Nr. 2021/670

Offensichtliche Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs; Voraussetzungen einer Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 19 BVerfGG ; Mitwirkung von Verfassungsrichtern an Entscheidungen über frühere Verfassungsbeschwerden desselben Beschwerdeführers; Begründungsanforderungen an eine Verfassungsbeschwerde; Androhung einer Missbrauchsgebühr

Tenor

1.

Das Ablehnungsgesuch gegen Präsident Harbarth, die Richterin Britz und den Richter Radtke wird als unzulässig verworfen.

2.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

3.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Normenkette:

BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 2 ; BVerfGG § 19 Abs. 1 ; BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1; BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2; BVerfGG § 34 Abs. 2 ; BVerfGG § 92 ;

[Gründe]

Der Beschwerdeführer begehrt die Aufhebung eines Beschlusses des Oberlandesgerichts Stuttgart, mit dem eine Beschleunigungsbeschwerde (§ 155c FamFG ) zurückgewiesen wurde.

I.

Das Ablehnungsgesuch gegen den Präsidenten Harbarth, die Richterin Britz und den Richter Radtke ist offensichtlich unzulässig. In einem solchen Fall sind die abgelehnten Richter weder von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Gesuch ausgeschlossen noch bedarf es dienstlicher Stellungnahmen der abgelehnten Richter (vgl. BVerfGE 131, 239 <252 f.>; 142, 1 <4 Rn. 12> m.w.N.; stRspr).

Die Begründung des Ablehnungsgesuchs ist von vornherein ungeeignet, den Ausschluss der als befangen erachteten Richter zu rechtfertigen und deshalb offensichtlich unzulässig (vgl. BVerfGE 133, 377 <406 Rn. 71>).

Die Ablehnung stellt in der Sache allein darauf ab, dass die genannten Richter bereits über frühere Verfassungsbeschwerden des Beschwerdeführers in einer Weise entschieden haben, die er für fehlerhaft hält. Daraus kann jedoch die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 19 BVerfGG von vornherein nicht abgeleitet werden. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG , dessen gesetzgeberische Wertung auch bei der Anwendung von § 19 BVerfGG zu beachten ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 5. Dezember 2019 - 1 BvL 7/18 -, Rn. 18 m.w.N.; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Mai 2020 - 1 BvR 1021/20 -, Rn. 5), bestimmt, dass die richterliche Vorbefassung mit einer Sache nur dann zum Ausschluss führt, wenn sie in einem früheren Rechtszug (das bedeutet im fachgerichtlichen Verfahren) erfolgt ist und eine Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hatte. Nicht ausgeschlossen ist dagegen ein Mitglied des Verfassungsgerichts, das sich bereits in anderen verfassungsgerichtlichen Verfahren zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage in bestimmter Weise geäußert hat; das gilt auch dann, wenn es eine bestimmte Rechtsauffassung ständig vertritt (vgl. BVerfGE 133, 177 <406 Rn. 71>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Mai 2020 - 1 BvR 1021/20 -, Rn. 5 m.w.N.).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen; Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, weil sie unzulässig ist. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG . Die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung wird nicht aufgezeigt.

III.

Der Beschwerdeführer wird für zukünftige Verfahren nochmals darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Missbrauchsgebühr auferlegt werden kann.

1. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung deshalb von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>; 14, 468 <470>). Hiervon ist etwa bei einer völlig substanzlosen Verfassungsbeschwerde auszugehen, bei der die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Aspekte an den Haaren herbeigezogen sind, oder wenn es sich um eine lediglich in ein neues Gewand gekleidete Wiederholung einer bereits abgelehnten Verfassungsbeschwerde oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung handelt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. September 2016 - 1 BvQ 33/16 -, Rn. 3; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. März 2017 - 1 BvR 373/17 -, Rn. 5).

2. Der Beschwerdeführer wendet sich in der Sache gegen eine gerichtliche Umgangsregelung, die Gegenstand eines familiengerichtlichen Beschlusses vom August 2019 war. Dieser Beschluss, gegen den der Beschwerdeführer eine fachrechtlich statthafte Beschwerde eingelegt hatte, war von ihm bereits zum Gegenstand einer früheren Verfassungsbeschwerde gemacht worden. Diese wurde mangels Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ) nicht zur Entscheidung angenommen. Statt die fachrechtlich statthaften Rechtsbehelfe zu nutzen, versuchte der Beschwerdeführer nachfolgend gegen den erkennenden Familienrichter wegen vorsätzlicher Gefährdung des Kindeswohls vorzugehen. Dieses jeder rechtlichen Grundlage entbehrende Vorgehen hat der Beschwerdeführer bereits zum Gegenstand einer weiteren, ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommenen Verfassungsbeschwerde sowie eines abgelehnten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemacht. Auf die rechtliche Unzulässigkeit seines Vorgehens wurde er in den Gründen der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen hingewiesen.

Ungeachtet dessen und obwohl eine sorgfältige Abwägung ihn zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass seine Verfassungsbeschwerde offensichtlich aussichtslos ist, hat er seine Verfassungsbeschwerde erhoben und aufrechterhalten. Nachdem er weiterhin in der Sache dieselbe gerichtliche Umgangsregelung angreift, die schon Gegenstand einer früheren Verfassungsbeschwerde war, handelt es sich hier um eine lediglich in ein neues Gewand gekleidete Wiederholung einer bereits abgelehnten Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, dass es durch eine derart sinnentleerte Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität bei der Erfüllung seiner Aufgaben behindert wird und dadurch anderen Rechtsuchenden den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 1598/19 -, Rn. 2; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Februar 2020 - 1 BvR 168/20 -, Rn. 3).

IV.

Von einer weitergehenden Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG Stuttgart, vom 21.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 11 WF 35/20