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BVerfG - Entscheidung vom 18.02.2020

2 BvR 2082/19

Normen:
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 1
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 2
BVerfGG § 19 Abs. 1
BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 93d Abs. 1 S. 3
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 1-2
BVerfGG § 19 Abs. 1
BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 93d Abs. 1 S. 3
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 1-2
BVerfGG § 19 Abs. 1
BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 93d Abs. 1 S. 3

BVerfG, Beschluss vom 18.02.2020 - Aktenzeichen 2 BvR 2082/19

DRsp Nr. 2020/3793

Offensichtliche Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs; Bloßer Sachzusammenhang zwischen mehreren Verfassungsbeschwerdeverfahren; Voraussetzungen des Vorliegens "derselben Sache" im Sinne des § 18 Abs. 1 BVerfGG

Tenor

1.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist von der Ausübung seines Richteramtes in dieser Sache nicht ausgeschlossen.

2.

Das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers gegen den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts wird als unzulässig verworfen.

3.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

4.

Der Antrag auf Auslagenerstattung wird abgelehnt.

Normenkette:

BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 1 -2; BVerfGG § 19 Abs. 1 ; BVerfGG § 19 Abs. 2 S. 1; BVerfGG § 93d Abs. 1 S. 3;

[Gründe]

A.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist in dieser Sache nicht gemäß § 18 Abs. 1 BVerfGG von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen.

I.

Ein Mitwirkungsausschluss folgt aus der Beteiligung einer Richterin oder eines Richters an der Sache (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG ) oder aus einer vorangegangenen Tätigkeit in derselben Sache (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ). Die Ausschlussregelung ist als Ausnahmetatbestand konstruiert und deshalb eng auszulegen. Das Tatbestandsmerkmal "derselben Sache" ist daher stets in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinn zu verstehen. Zu einem Ausschluss kann deshalb regelmäßig nur eine Tätigkeit in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren selbst oder in dem diesem unmittelbar vorausgegangenen und ihm sachlich zugeordneten Verfahren führen (vgl. BVerfGE 47, 105 <108>; 72, 278 <288>; 78, 331 <336 f.>; 82, 30 <35 f.>; 109, 130 <131>; 133, 163 <165 f. Rn. 6>). Die frühere Tätigkeit in einem mit dem anhängigen Verfahren in irgendeinem Zusammenhang stehenden Verfahren genügt nicht (vgl. BVerfGE 78, 331 <337>; 133, 377 <406 Rn. 71>). Die (deklaratorische) Entscheidung über die Ausschließung ist unter Mitwirkung des vermeintlich ausgeschlossenen Richters zu treffen, wenn die vorgebrachten Umstände offensichtlich ungeeignet sind, einen Mitwirkungsausschluss zu begründen (vgl. BVerfGE 133, 163 <165 Rn. 4, 167 f. Rn. 12>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Juni 2019 - 2 BvR 910/19 -, Rn. 8; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. März 2018 - 1 BvR 501/18 -, Rn. 2).

II.

Daran gemessen ist der Umstand, dass der Präsident des Bundesverfassungsgerichts es unterlassen haben soll, die E-Mail eines Beschwerdeführers in Zusammenhang mit einem anderen Verfassungsbeschwerdeverfahren an die übrigen Gerichtsmitglieder weiterzugeben, von vornherein ungeeignet, einen Ausschließungsgrund zu statuieren. Denn dabei - wie auch bei der Tätigkeit des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts in dem besagten anderen Verfassungsbeschwerdeverfahren an sich - handelt es sich ersichtlich nicht um eine Tätigkeit in dem hiesigen verfassungsgerichtlichen Verfahren selbst oder in einem diesem unmittelbar vorausgegangenen und ihm sachlich zugeordneten Verfahren. Zwar besteht ein Sachzusammenhang mit dem besagten anderen Verfassungsbeschwerdeverfahren im weiteren Sinn: Sowohl das hiesige wie auch das dortige Verfahren haben dieselbe öffentlich-rechtliche Maßnahme zum Gegenstand. Dies stellt unter Zugrundelegung des skizzierten engen, strikt auf das konkrete Verfassungsbeschwerdeverfahren bezogenen Begriffsverständnisses aber offensichtlich nicht "dieselbe Sache" im Sinne des § 18 BVerfGG dar. Allein die irgendwie geartete Vorbefassung mit dem hiesigen Streitgegenstand in einem anderen Verfassungsbeschwerdeverfahren kann einen Ausschließungsgrund nicht begründen (vgl. BVerfGE 78, 331 <337>; 133, 377 <406 Rn. 71>).

B.

Das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers gegen den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts ist offensichtlich unzulässig und daher zu verwerfen.

I.

Ein Ablehnungsgesuch, das keine Begründung oder lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (BVerfGE 11, 1 <3>; 133, 377 <405 Rn. 69>; 142, 1 <4 f. Rn. 12>).

II.

So liegt der Fall hier. Das Vorbringen des Beschwerdeführers enthält lediglich Ausführungen, die zur Begründung einer Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind. Es ist unter keinem Blickwinkel ersichtlich, warum die Mitwirkung des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts in einem anderen Verfassungsbeschwerdeverfahren als vermeintlicher "Richter in eigener Sache" begründete Zweifel an dessen Unparteilichkeit in dem hiesigen Verfahren hervorrufen sollte.

C.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG ), da sie - ohne grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen aufzuwerfen - unzulässig ist. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte nicht dargelegt.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.