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BSG - Entscheidung vom 15.07.2020

B 6 KA 24/19 R

Normen:
SGB V § 87 Abs. 2 S. 1
SGB V a.F. § 106a Abs. 2 S. 1-3
EBM-Ä (2008) Nr. 31351
EBM-Ä (2008) Nr. 31820
EBM-Ä (2008) Nr. 31822
EBM-Ä (2008) Nr. 31830
EBM-Ä (2008) Nr. 31831
EBM-Ä (2008) Nr. 31841

BSG, Urteil vom 15.07.2020 - Aktenzeichen B 6 KA 24/19 R

DRsp Nr. 2020/12795

Vergütung vertragsärztlicher Leistungen Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Leistungen der anästhesiologischen Betreuung Abrechnungsfähigkeit der Nr. 31822 EBM-Ä in Fällen einer Vollnarkose zur Durchführung einer Retrobulbäranästhesie im Zusammenhang mit Kataraktoperationen

Eine anästhesistische Leistung, die nur auf einen Zeitraum ausgerichtet ist, bevor die eigentliche Operation beginnt – hier nach dem Setzen und Wirksamwerden einer Retrobulbäranästhesie für eine Kataraktoperation – erfüllt nicht den Inhalt der Nr. 31822 EBM-Ä.

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Normenkette:

SGB V § 87 Abs. 2 S. 1; SGB V a.F. § 106a Abs. 2 S. 1-3; EBM-Ä (2008) Nr. 31351; EBM-Ä (2008) Nr. 31820; EBM-Ä (2008) Nr. 31822; EBM-Ä (2008) Nr. 31830; EBM-Ä (2008) Nr. 31831; EBM-Ä (2008) Nr. 31841;

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars der Klägerin für die Quartale 3/2008 bis 4/2011.

Die Klägerin war bis zum Ende des ersten Quartals 2013 als Fachärztin für Anästhesie im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie erbrachte im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit vor allem Narkosen im Zusammenhang mit augenärztlichen Eingriffen, insbesondere Kataraktoperationen nach der GOP 31351 EBM-Ä. Im Zusammenhang mit den Kataraktoperationen berechnete die Klägerin ganz überwiegend die GOP 31822 EBM-Ä, die die Anästhesie oder Narkose eines Patienten beschreibt. Dieser Leistung ist eine Kalkulationszeit von 60 Minuten zugeordnet, die Prüfzeit beträgt 53 Minuten.

Die Beklagte informierte die Klägerin im Mai 2012 über die Einleitung einer Plausibilitätsprüfung hinsichtlich der vier Quartale des Jahres 2008. Sie wies dabei darauf hin, dass die Prüfung der Abrechnung der Klägerin Arbeitszeiten von mehr als 16 Stunden an einzelnen Behandlungstagen ergeben habe. Die Klägerin wandte dazu ein, die Prüfzeit von 53 Minuten für die GOP 31822 EBM-Ä sei in ihrem Fall unrealistisch. Sie arbeite mit erfahrenen Operateuren zusammen, die den gesamten augenärztlichen Eingriff in zehn Minuten erledigen könnten; es könne von ihr nicht verlangt werden, den Patienten für weitere 40 Minuten in Narkose zu versetzen bzw zu belassen, allein um die Prüfzeit zu erfüllen.

Die Beklagte berichtigte sodann die ursprünglichen Honorarbescheide der Klägerin für die Quartale 3/2008 und 4/2008 und forderte insgesamt Honorar in Höhe von ca 20 000 Euro zurück (Bescheid vom 7.3.2013). In 10 % der Fälle, in denen die Klägerin die GOP 31822 EBM-Ä angesetzt hatte, ließ die Beklagte die Abrechnung unbeanstandet. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen den Inhalt der Leistungslegende der GOP 31822 nicht erbracht habe. Diese Leistung (Vollnarkose) sei im Zusammenhang mit Kataraktoperationen nur in Ausnahmefällen berechnungsfähig. Im Übrigen habe die Klägerin nicht belegt, dass sie eine Kombinationsnarkose mit Maske durchgeführt habe. Die Ansätze der GOP 31822 EBM-Ä würden deshalb in Ansätze der GOP 31831 EBM-Ä (Analgesie bzw Sedierung) umgewandelt und die Klägerin sei verpflichtet, die Differenz zwischen den beiden Leistungspositionen zu erstatten.

Im April 2013 informierte die Beklagte die Klägerin über die Einleitung einer Plausibilitätsprüfung hinsichtlich der Quartale 1/2009 bis 4/2011. In diesen Quartalen hätten sich Überschreitungen der Tagesprofilzeiten von über zwölf Stunden an sieben Tagen und an einzelnen Tagen auch oberhalb von 16 Stunden ergeben; die höchste berechnete Arbeitszeit habe sich mit 19 Stunden und 13 Minuten für den 17.2.2009 ergeben. Nachdem die Klägerin auch insoweit auf ihr Vorbringen hinsichtlich der vorangegangen Quartale verwiesen hatte, berichtigte die Beklagte die ursprünglichen Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2011 und forderte von der Klägerin ein Honorar in Höhe von (ursprünglich) ca 97 900 Euro zurück (Bescheid vom 22.8.2013). Gegen beide Berichtigungsbescheide erhob die Klägerin Widerspruch, den die Beklagte zurückwies.

Das SG hat die Klage - soweit hier noch von Interesse - abgewiesen (Urteil vom 2.12.2015). Es war der Auffassung, in den von der Klägerin vorgelegten Dokumentationen bzw Operationsprotokollen sei die Verwendung einer "Maske" nicht angegeben worden, obgleich die Präambel Nr 5.1.5 und 5.1.6 EBM-Ä eine entsprechende Dokumentation ausdrücklich verlange. Die Klägerin habe lediglich eine einfache Plastikmaske zur Gabe von Sauerstoff verwendet. Die routinemäßige Gabe von Sauerstoff über eine Maske reiche jedenfalls im Zusammenhang mit den Kataraktoperationen nach GOP 31351 EBM-Ä für eine vollständige Erfüllung der Leistungslegende nach GOP 31822 EBM-Ä nicht aus.

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.2.2019). Die Beklagte sei zur Korrektur der Ansätze der Klägerin nach GOP 31822 EBM-Ä berechtigt, denn die Klägerin habe die Kombinationsnarkose mit Maske nicht zur Durchführung der ambulanten Kataraktoperation selbst gesetzt, sondern nur initial eine kurzzeitige Narkose eingeleitet, um dann die lokale Retrobulbäranästhesie zur Betäubung des zu operierenden Auges setzen zu können. Damit sei der obligate Leistungsinhalt der GOP 31822 EBM-Ä nicht vollständig erfüllt. Das SG sei mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass eine Kombinationsnarkose mit Maske jedenfalls nicht hinreichend dokumentiert worden sei. Insoweit sei weder die Maske selbst genau beschrieben noch die weiterhin notwendige Dokumentation der Überwachung des CO2-Gehaltes in der Atemluft hinreichend belegt worden. Allein die Gabe von Sauerstoff sei insoweit nicht ausreichend. Es könne offenbleiben, ob den Ausführungen des von der Beklagten vorgelegten, für die Staatsanwaltschaft erstatteten Gutachtens des Dr. S. hinsichtlich der Abgrenzung von Sedierung und Narkose zu folgen sei und welche Bedeutung einer noch vorhandenen Spontanatmung zukomme. Fest stehe, dass die Klägerin die Verwendung der geforderten Maske, die eine Messung des endexspiratorischen CO2-Wertes ermöglicht, weder durch die allgemeine Dokumentation noch durch die Dokumentation des CO2-Gehaltes in der Atemluft nachgewiesen habe. Jedenfalls sei eine Vollnarkose nur zur Ermöglichung einer kurzen Lokalanästhesie vom Inhalt der Leistungsposition der GOP 31822 EBM-Ä nicht erfasst.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 106a Abs 2 SGB V und der Abrechnungsprüfungsrichtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes. Das LSG habe nicht darlegen können, weshalb der Leistungsinhalt der GOP 31822 EBM-Ä nur erfüllt sei, wenn die Narkose über den gesamten Operationsverlauf aufrechterhalten worden sei. Die Wendung "im Rahmen" in der Leistungslegende der GOP 31822 EBM-Ä könne nur so verstanden werden, dass ein fachlicher Zusammenhang zwischen der Verabreichung der Narkose und der Kataraktoperation bestehen müsse. Eine zeitliche Dimension im Sinne einer Aufrechterhaltung der vor Beginn der Operation gesetzten Narkose bis zu deren vollständigen Abschluss sei dem Wortlaut der Leistungslegende nicht zu entnehmen. Weiterhin habe das LSG den Begriff "Maske" fehlerhaft ausgelegt. Sie habe zur Sauerstoffgabe eine Maske benutzt. Weder aus dem Wortlaut der GOP 31822 EBM-Ä noch anhand des Gesamtzusammenhangs der Vorschriften in diesem Kapitel des EBM-Ä ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass es sich um eine Maske handeln müssen, die eine CO2-Messung ermögliche bzw dass zur Erfüllung der Leistungslegende der GOP 31822 EBM-Ä überhaupt eine Messung des CO2-Gehaltes erforderlich sei.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 20.2.2019 in vollem Umfang und des Sozialgerichts Marburg vom 2.12.2015, soweit die Klage abgewiesen wurde, sowie die Bescheide der Beklagten vom 7.3.2013 und 22.8.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2014 vollständig aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin habe selbst eingeräumt, die Kombinationsnarkose mit Maske lediglich initial durchgeführt zu haben, um das Setzen der lokalen Retrobulbäranästhesie zu erleichtern. Darüber hinaus sei dem Narkoseprotokoll nicht hinreichend zu entnehmen, dass die Maskenbeatmung über die Dauer der Operation aufrechterhalten worden sei.

II

Die Revision ist nicht begründet.

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist § 106a Abs 2 SGB V (hier noch in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 [aF]; heute § 106d Abs 2 SGB V ). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnung der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen in Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes (§ 106a Abs 2 Satz 2 SGB V aF). Bei der Prüfung nach Satz 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden (§ 106a Abs 2 Satz 3 SGB V aF). Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach Satz 2 zugrunde zu legen (§ 106a Abs 2 Satz 4 SGB V aF). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht und abgerechnet worden sind (vgl BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - BSGE 127, 43 = SozR 4-2500 § 106a Nr 19, RdNr 10 sowie zuletzt Urteile vom 15.5.2019 - B 6 KA 63/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 23 und vom 30.10.2019 - B 6 KA 9/18 R - RdNr 13, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).

Die näheren Einzelheiten des Plausibilitätsprüfungsverfahrens ergeben sich aus § 8 der auf der Grundlage von § 106a Abs 6 SGB V aF vereinbarten "Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen" (AbrPr-RL) in der hier maßgebenden, seit dem 1.7.2008 geltenden Fassung (DÄ 2008, A-1925). Allerdings ist § 8 AbrPr-RL vom 7.3.2018 (DÄ 2018, A 600; im Folgenden: ArbPr-RL 2018) nach der Übergangsregelung in § 22 Abs 3 AbrPr-RL 2018 auf Verfahren anzuwenden, die - wie das vorliegende - am 31.12.2014 noch nicht abgeschlossen waren. § 8 Abs 2 ArbrPr-Rl 2018 sieht ebenso wie die zuvor geltende Fassung der AbrPr-RL gleichrangig die Ermittlung eines Tageszeit- und eines Quartalszeitprofils vor (vgl BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/11 B - juris RdNr 6). Eine weitere Überprüfung nach § 12 AbrPr-RL erfolgt gemäß § 8 Abs 3 Satz 1 AbrPr-RL bzw § 8 Abs 4 Satz 1 AbrPr-RL 2018, wenn die ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als zwölf Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt.

a) Überschreitungen bezogen auf die Tageszeitprofile liegen nach den Feststellungen des LSG bei der Klägerin in größerem Umfang vor. Das Berufungsgericht hat sich insoweit auf die Darstellung der Beklagte bezogen, wonach die Klägerin in den Quartalen 3/2008 und 4/2008 an jeweils sechs Tagen mehr als zwölf Stunden ärztliche Arbeitszeit aufgewandt haben muss und in den Quartalen 1/2009 bis 3/2011 an jeweils zwischen zwei und sieben Tagen. Die maximale Arbeitszeit ist für den 17.2.2009 mit 19 Stunden und 13 Minuten angefallen, wie die Beklagte unter Beachtung der Prüfzeit für die GOP 31822 EBM-Ä von 53 Minuten festgestellt hat. Aufgrund dieser Überschreitung hat die Beklagte ein Prüfverfahren eingeleitet und die Klägerin ua mit Blick auf den Ansatz der GOP 31822 EBM-Ä um Stellungnahme gebeten. Im Zuge des damit eingeleiteten Verwaltungsverfahrens hat sich - insbesondere aufgrund der Schilderung der Klägerin hinsichtlich ihres Vorgehens in Zusammenhang mit den Kataraktoperationen - ergeben, dass die Klägerin die Leistung, die sie unter der GOP 31822 EBM-Ä abrechnet, regelhaft in der Weise erbringt, dass sie den Patienten kurzzeitig narkotisiert, damit sie in diesem Zustand die Retrobulbäranästhesie im Auge platzieren kann. Die Klägerin schildert dazu plausibel, dass zahlreiche Patienten die Verabreichung dieser Anästhesie im Augenbereich nur in narkotisiertem bzw sediertem Zustand tolerieren. Die Klägerin hat selbst nicht geltend gemacht, die Anästhesie so zu konzipieren, dass sie von vorneherein den gesamten operativen Eingriff in Vollnarkose ermöglichen soll. Die hohe Differenz zwischen der aus ihrer Sicht für die Leistungserbringung nach der GOP 31822 EBM-Ä erforderlichen Zeit und den Prüf- und Kalkulationszeiten, die im EBM-Ä dieser Leistung zugeordnet sind, hat die Klägerin damit erklärt, dass die Operateure, mit denen sie zusammen arbeitet, für den eigentlichen Eingriff eine sehr viel kürzere Zeit benötigten als im EBM-Ä für die Leistung nach der GOP 31151 EBM-Ä vorgesehen sei. Entsprechend müssten sich danach auch die maßgeblichen Prüf- und Kalkulationszeiten für sie - die Klägerin - entsprechend reduzieren.

Diese Darstellungen durfte die Beklagte zum Anlass nehmen, die Leistungsansätze der Klägerin nach der GOP 31822 EBM-Ä zu berichtigen. Mit dem von ihr geschilderten Vorgehen wird der Inhalt der Leistungslegende nicht vollständig erbracht. Das berechtigt die Beklagte zur Berichtigung der Abrechnung der Klägerin (dazu sogleich 1.b). Soweit sie die Leistungsansätze nach GOP 31822 EBM-Ä nicht vollständig gestrichen, sondern in 10% der Fälle unbeanstandet gelassen hat, wird die Klägerin dadurch lediglich begünstigt.

b) Wenn die in § 106a Abs 2 Satz 2 SGB V (aF) vorgeschriebene Prüfung einer vertragsärztlichen Abrechnung auf ihre Plausibilität in zeitlicher Hinsicht Auffälligkeiten ergibt, ist die KÄV berechtigt und verpflichtet, dem näher nachzugehen. Zu klären ist, ob sich die Auffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen (Senatsurteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - BSGE 127, 43 = SozR 4-2500 § 106a Nr 19, RdNr 22). Diese Prüfung kann zu dem Ergebnis führen, dass die Leistungen in dem abgerechneten Umfang nicht erbracht worden sein können, weil damit die Leistungsfähigkeit des Arztes überfordert gewesen wäre (Senatsurteil aaO, RdNr 23). Es kann sich auch die Feststellung ergeben, dass das Gebot der persönlichen Leistungserbringung nicht hinreichend befolgt, dass die aus der einem MVZ erteilten Anstellungsgenehmigung folgende Beschränkung des Tätigkeitsumfangs nicht beachtet oder der zeitliche Rahmen zulässiger Vertretungen iS des § 32 Ärzte ZV nicht eingehalten worden ist (Senatsurteil vom 30.10.2019 - B 6 KA 9/18 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 25 RdNr 14, 19, 27). Kann die durch die Auffälligkeit im Zeitprofil im Sinne eines Indizienbeweises begründete Vermutung der Unrichtigkeit der Abrechnung nicht widerlegt werden, darf die KÄV das Ausmaß der Unrichtigkeit schätzen (näher BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R -, aaO, RdNr 26, 27).

Die gebotene weitere Prüfung der KÄV bei zeitbezogenen Inplausibilitäten kann indessen auch zu der Feststellung führen, dass der Arzt Leistungen nach einer GOP berechnet hat, die dafür nicht zur Verfügung steht. So lag die Fallgestaltung im Urteil des Senats vom 15.5.2019 ( B 6 KA 63/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 23 RdNr 24). Der dort klagende Arzt hatte die Bronchoskopien nach GOP 09315 EBM-Ä berechnet, obwohl er das Endoskop nur in die Luftröhre und nicht in die Bronchien selbst eingeführt hatte. Damit war der Inhalt der GOP 09315 EBM-Ä nicht vollständig erbracht, und die KÄV war berechtigt, die Leistungsansätze nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V (aF) zu berichtigen. Vergleichbar ist die Konstellation, dass zeitliche Auffälligkeiten ua auf die fehlerhafte Abrechnung einer mit einer Prüfzeit bewerteten GOP (im konkreten Fall ua GOP 05230 EBM-Ä - Aufwandserstattung für das Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes oder Zahnarztes) hinweisen, die wiederum regelmäßig zusammen mit einer weiteren - selbst nicht mit einer Prüfzeit bewerteten - GOP (im konkreten Fall 01100 EBM-Ä - unvorhergesehene Inanspruchnahme zwischen 19 und 22 Uhr...) abgerechnet worden ist mit der Folge, dass auch bezogen auf die Abrechnung der nicht mit einer Prüfzeit bewerteten GOP Fehler aufgedeckt werden (vgl Senatsurteil vom 15.7.2020 - B 6 KA 13/19 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Weitere Ermittlungen etwa im Sinne einer Schätzung des Ausmaßes der fehlerhaft abgerechneten Leistungen sind in derartigen Konstellationen, in denen die Unrichtigkeit der Abrechnung bezogen auf bestimmte GOP feststeht, nicht erforderlich. Das Verwaltungsverfahren, das als ein solches nach § 8 der AbrPR-RL begonnen hat, wird mit einem Berichtigungsbescheid abgeschlossen, weil die Auffälligkeit in zeitlicher Hinsicht Abrechnungsfehler aufgedeckt hat. So ist die Beklagte hier verfahren, ohne dass ihr Fehler unterlaufen wären. Soweit die Klägerin in den Quartalen 1/2011, 3/2011 und 4/2011 die Auffälligkeitsgrenze von zwölf Stunden am Tag nur zweimal oder gar nicht überschritten hat, war die Beklagte nicht gehindert, die Abrechnung der GOP 31822 EBM-Ä auch in diesen Quartalen zu prüfen (vgl Senatsurteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 44/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 21).

2. Soweit sich die danach vorgenommene sachlich-rechnerische Berichtigung der Beklagten auf die Abrechnung der GOP 31822 EBM-Ä bezieht, sind die angefochtenen Bescheide in Übereinstimmung mit der Entscheidung des LSG im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Nach der GOP 31822 EBM-Ä in der 2008 und bis zum Ende des Quartals 2/2016 geltenden Fassung ist die "Anästhesie und/oder Narkose im Rahmen der Durchführung von Leistungen entsprechend ua der GOP 31351 EBM-Ä ua mittels Kombinationsnarkose mit Maske und/oder endotrachealer Intubation" berechnungsfähig. Fakultativer Leistungsinhalt sind ua die Kontrolle der Katheterlage durch Injektion eines Lokalanästhetikums, Infusionen sowie die dokumentierte Überwachung bis zur Stabilisierung der Vitalfunktionen. Die Leistung war mit 3080 Punkten bewertet und ua nicht neben der GOP 31830 EBM-Ä und der GOP 31831 EBM-Ä berechnungsfähig. Die Leistung nach GOP 31822 EBM-Ä setzt voraus, dass die Anästhesie und/oder Narkose für die gesamte Dauer der Operation, hier der Kataraktoperation nach GOP 31351 EBM-Ä, aufrechterhalten und auch mit diesem Ziel gesetzt worden ist. Kurze Vollnarkosen, die lediglich dem Ziel dienten, dass der Patient die Platzierung einer Lokalanästhesie nach GOP 31820 EBM-Ä toleriert, waren nicht nach der GOP 31822 EBM-Ä berechnungsfähig. Das hat zur Folge, dass die Narkosen, die die Klägerin in den von der Beklagten beanstandeten Behandlungsfällen gesetzt hat, den Inhalt dieser Leistungsposition nicht erfüllt haben.

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließende Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation iS einer Gesamtschau der im Zusammenhang stehenden vergleichbaren und ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut einer Leistungslegende zweifelhaft ist und es der Klarstellung bedarf (vgl BSG Urteil vom 15.5.2019 - B 6 KA 63/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 23 RdNr 26 mwN). Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt (vgl BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 22/18 R - RdNr 13 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

b) Danach erfüllt die Vorgehensweise der Klägerin die Legende der GOP 31822 EBM-Ä nicht, weil die Narkose nicht "im Rahmen" der Operation nach der GOP 31351 EBM-Ä erbracht worden ist. Der Begriff "Rahmen" ist hier so zu verstehen, dass er auch eine zeitliche Dimension in dem Sinne beinhaltet, dass die Narkose zumindest bis zum Ende des eigentlichen Eingriffs (Kataraktoperation) aufrechterhalten worden sein muss. Das Merkmal "im Rahmen" könnte nach allgemeinem Wortverständnis allerdings gemäß der Auffassung der Klägerin auch im Sinne von "im Zusammenhang" verstanden werden, sodass jede Narkose aus Anlass der Durchführung einer Kataraktoperation erfasst wäre. Da insoweit der Wortlaut der Leistungslegende keine vollständig zweifelsfreie Klärung des Inhalts der GOP 31822 EBM-Ä ermöglicht, darf und muss auch auf andere Auslegungskriterien zurückgegriffen werden. Die Auffassung der Klägerin, dass jede Abrechnung, die sich (noch) mit dem Wortlaut der Leistungslegende vereinbaren lässt, richtig iS des § 106a Abs 2 Satz 2 SGB V aF sein müsse, trifft nicht zu.

Die zeitliche Dimension des Merkmals "im Rahmen" iS der GOP 31822 EBM-Ä ergibt sich aus dem Wortlaut der GOP in Verbindung mit den normativ vom Bewertungsausschuss festgelegten Kalkulations- und Prüfzeiten sowie aus einer systematischen Zusammenschau der Positionen des EBM-Ä für Anästhesien bei Kataraktoperationen. Im Übrigen entspricht das der übereinstimmenden Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes, die die Regelung durch den Bewertungsausschuss getroffen und nach Bekanntwerden der Auslegungsdifferenz innerhalb der Ärzteschaft aufgehoben und zwischenzeitlich durch die offen gefasste GOP 31841 EBM-Ä (Narkosemanagement bei Kataraktoperationen) ersetzt haben. Diese waren im Parallelverfahren B 6 KA 15/19 R, welches ebenfalls am 15.7.2020 in Anwesenheit auch der Beteiligten dieses Verfahrens mündlich verhandelt worden ist, beigeladen und haben sich entsprechend geäußert.

c) Nach § 87 Abs 2 Satz 1 SGB V muss der Bewertungsausschuss die im EBM-Ä bewerteten Leistungen soweit möglich auch mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes versehen. Dem hat der Bewertungsausschuss durch die Bekanntgabe der ursprünglich im Anhang 3 des EBM-Ä enthaltenen und gegenwärtig den einzelnen GOP unmittelbar zugeordneten Kalkulations- und Prüfzeiten entsprochen. Diese haben normativen Charakter und müssen nach der Rechtsprechung des Senats so bemessen sein, dass sie auch von erfahrenen und zügig arbeitenden Ärzten für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung benötigt werden (Senatsurteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - BSGE 127, 43 = SozR 4-2500 § 106a Nr 19, RdNr 14). Wegen des gleichen normativen Rangs von Leistungslegende und Prüfzeit können zumindest in besonders gelagerten Fällen Schlussfolgerungen von der Prüfzeit auf die Auslegung einer nach dem Wortlaut nicht völlig eindeutigen Leistungslegende gezogen werden. Das kommt jedenfalls in Betracht, wenn nur bei einem bestimmten - von mehreren nach dem Wortlaut möglichen - Verständnis der Leistungslegende Prüfzeiten, Leistungsbewertungen und eventuelle Abrechnungsausschlüsse in einem in sich stimmigen Verhältnis zueinander stehen, während bei einem abweichenden Verständnis die Prüfzeiten offensichtlich völlig falsch und die Leistungsbewertung zumindest systematisch unstimmig wären. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Die mit der Leistung nach der GOP 31351 EBM-Ä (Kataraktoperation) korrespondierende, weil nur im Zusammenhang damit berechnungsfähige GOP war (bis Ende Juni 2016) die 31831 EBM-Ä. Diese GOP umfasst die Einleitung und Unterhaltung einer Analgesie/Sedierung während einer Kataraktoperation. Sie war mit 1120 Punkten bewertet; die Kalkulations- und Prüfzeit betrug 32 Minuten. Daneben konnte der Anästhesist die GOP 31820 für die eigentliche Retrobulbäranästhesie berechnen, deren Kalkulationszeit 10 Minuten und deren Prüfzeit 9 Minuten beträgt. Damit wurde für den Regelfall das Abrechnungsspektrum des Anästhesisten beschrieben, wenn der Eingriff des Operateurs von einem solchen begleitet wird. Das schließt nicht aus, dass die Kataraktoperation auch in Vollnarkose durchgeführt werden konnte; die GOP 31822 EBM-Ä wurde vielmehr bis Juni 2016 ausdrücklich auch bei Eingriffen nach der GOP 31351 EBM-Ä für berechnungsfähig erklärt. Aus dem Abrechnungsausschluss der GOP 31820 EBM-Ä neben der GOP 31822 EBM-Ä ist jedoch abzuleiten, dass die Vollnarkose die - ausnahmsweise in Betracht kommende - Alternative zur Kombination von Sedierung und Retrobulbäranästhesie war. Daraus ist systematisch abzuleiten, dass nach der Konzeption der 2008 geltenden Fassung des EBM-Ä die Kataraktoperation entweder vollständig unter Vollnarkose oder unter der Kombination von Sedierung und Lokalanästhesie im Augenbereich durchgeführt werden konnte. Eine Vollnarkose lediglich zur Vorbereitung der Lokalanästhesie war im EBM-Ä nicht abgebildet und konnte entsprechend nicht berechnet werden.

Dem eigentlichen Eingriff nach GOP 31351 EBM-Ä sind Kalkulations- und Prüfzeiten von 39 bzw 31 Minuten zugeordnet und der "Einleitung und Unterhaltung einer Analgesie..." iS der GOP 31831 EBM-Ä eine Zeit von jeweils 32 Minuten. Die Vorstellung der Klägerin, den vollständigen Inhalt der GOP 31822 EBM-Ä, der Zeiten von 60 bzw 53 Minuten zugeordnet sind, regelhaft in einer kürzeren Zeit als sie für die eigentliche Operation vorgesehen ist, erbringen zu können, liegt fern. Die Schlussfolgerungen, die sich aus den Zeiten und der punktzahlmäßigen Bewertung der GOP 31822 EBM-Ä mit 3080 Punkten ergeben, sind hier eindeutig: Der zeitliche Aufwand des Anästhesisten muss tendenziell größer sein als der des Operateurs, weil er sich um den Patienten auch vor und nach dem eigentlichen Eingriff von Beginn der Einleitung der Narkose bis zu deren Abklingen kümmern muss. Eine anästhesistische Leistung, die nur auf einen Zeitraum ausgerichtet ist, bevor die eigentliche Operation beginnt - nämlich nach dem Setzen und Wirksamwerden der Retrobulbäranästhesie im Augenbereich - kann den Inhalt der GOP nicht erfüllen. Diese Wertung erfährt eine Bestätigung durch die Neufassung der maßgeblichen Positionen im EBM-Ä zum 1.7.2016. Die für die Anästhesisten im Zusammenhang mit Kataraktoperationen maßgebliche Position des EBM-Ä ist jetzt die GOP 31841 ("Patientenadaptiertes Narkosemanagement"), die mit 706 Punkten bewertet und der eine Prüfzeit von 39 Minuten zugeordnet ist. Bewertungshöhe und Zeitzuordnung lassen erkennen, wie nach den Vorstellungen des Bewertungsausschusses die Anästhesie im Rahmen von Kataraktoperationen zu bewerten ist.

d) Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass nach Auffassung der Klägerin die Kalkulations- und Prüfzeiten des EBM-Ä sowohl für die eigentliche Operation wie für die korrespondierenden Anästhesieleistungen schon 2008 vom medizinischen Fortschritt überholt gewesen sein sollen. Abgesehen davon, dass diese Zeiten - wie oben dargestellt - (2.c, RdNr 24) - normativen Charakter haben, ist zu berücksichtigen, dass die Partner des Bewertungsausschusses bis heute an der Bewertung der GOP 31351 EBM-Ä und an den für diese Leistung maßgeblichen Kalkulations- und Prüfzeiten festgehalten haben. Die Vorstellung der Klägerin, der Eingriff könne fachgerecht regelhaft in zehn, maximal 15 Minuten erledigt werden, haben sich die Normgeber des EBM-Ä gerade nicht zu eigen gemacht. Insoweit schließt die hohe Differenz zwischen der Prüfzeit von 31 Minuten, die der GOP 31351 im EBM-Ä zugeordnet ist, und der Auffassung der Klägerin, erfahrene Operateure benötigten für den Eingriff nur 10 Minuten, die Annahme aus, dass es sich insoweit nur um geringfügige Nuancen bei der zeitlichen Bewertung handelt. Der Senat hält es für fernliegend, dass der Bewertungsausschuss angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Kataraktoperation für die Augenärzte über mehr als ein Jahrzehnt hinweg die punktzahlmäßige Bewertung und die Prüfzeiten unverändert gelassen hätte, wenn diese so evident überholt wären wie die Klägerin es darstellt. Im Jahr 2016 sind in Deutschland ca 387 000 Kataraktoperationen stationär und ambulant durchgeführt worden (Zeitschrift "Ophthalmo-Chirurgie" 2017 [29], S 185). Die Grenze von 350 000 Eingriffen pro Jahr wurde bei stationären Operationen überhaupt nur von Eingriffen am Darm und der Behandlung von Dammrissen nach Geburten übertroffen (Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2018). Das lässt die quantitative und damit auch wirtschaftliche Bedeutung von Kataraktoperationen deutlich werden.

Prüfzeiten sind im Übrigen Durchschnittszeiten (Senatsurteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - BSGE 127, 43 = SozR 4-2500 Nr 19, RdNr 14), was impliziert, dass die jeweilige Leistung im Einzelfall auch schneller erbracht werden, die Behandlung aber durchaus auch mehr Zeit erfordern kann. Wenn die Augenärzte im Durchschnitt nur 10 Minuten für eine Kataraktoperation benötigen würden, hätte das dem Bewertungsausschuss Anlass zu Korrekturen gegeben, auch weil sich ansonsten die Anreize zu Gunsten der operativen und zu Lasten der konservativen Augenheilkunde noch verschärft hätten (dazu in anderem Zusammenhang Senatsurteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 42/14 R - SozR 4-5531 Nr 06225 Nr 1). Das ist jedoch nicht geschehen. Konsequenterweise sind auch die Kalkulationszeiten der heute für die Anästhesieleistungen bei Kataraktoperationen maßgeblichen GOP (31841 und 31820 EBM-Ä) mit insgesamt 58 Minuten fast genauso hoch geblieben wie bei der Narkose nach GOP 31822 EBM-Ä, die ein Anästhesist im Rahmen von Kataraktoperationen heute nicht mehr berechnen kann.

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist weiterhin nicht von Bedeutung, ob eine Vollnarkose vor dem Setzen der Retrobulbäranästhesie häufig oder - wie es wohl der Auffassung der Beklagten entspricht - in Einzelfällen medizinisch erforderlich ist. Die GOP 31822 EBM-Ä durfte für eine solche Narkose, soweit diese nicht dazu dienen sollte, den gesamten Eingriff am Auge in Vollnarkose abzusichern, selbst dann nicht angesetzt werden, wenn aus medizinischen Gründen in Einzelfällen eine kurze Vollnarkose zur Vorbereitung der Retrobulbäranästhesie erforderlich war. Ob diese dann nach der für eine Sedierung vorgesehenen GOP 31831 EBM-Ä abzurechnen war, wie es der Auffassung der Beklagten entspricht, erscheint nicht ausgeschlossen, bedarf hier aber keiner Klärung. Die Klägerin ist durch die Entscheidung der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, anstelle der zu Unrecht berechneten GOP 31822 EBM-Ä die GOP 31831 EBM-Ä in jedem betroffenen Behandlungsfall zu vergüten, jedenfalls nicht beschwert.

Da die GOP 31822 EBM-Ä von vornherein nicht berechnungsfähig war, wenn die Narkose nicht für die gesamte Dauer der Operation aufrechterhalten wurde und dafür auch vorabbestimmt war, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin bei ihren Narkosen eine Maske verwandt hat, die den Anforderungen der GOP 31822 EBM-Ä entspricht, und ob sie dies ggf ordnungsgemäß dokumentiert hat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO . Die Klägerin hat die Kosten des von ihr ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen.

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 20.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KA 3/16
Vorinstanz: SG Marburg, vom 02.12.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 12 KA 196/14