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BSG - Entscheidung vom 26.10.2020

B 14 AS 155/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 26.10.2020 - Aktenzeichen B 14 AS 155/20 B

DRsp Nr. 2020/17423

Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Begrenzte Überprüfbarkeit einer Ermessensentscheidung

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2020 - L 7 AS 32/19 - wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt M. beizuordnen, wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Der Kläger macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und es lägen Verfahrensfehler vor. Beides lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ist nicht dargelegt. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Dies ist nicht erfolgt.

Ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ).

Soweit der Kläger eine Verletzung des gesetzlichen Richters rügt, indem das LSG zu Unrecht durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG entschieden habe, hat er einen revisionsgerichtlich relevanten Verfahrensverstoß nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger rügt keine Mängel in der Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG , sondern meint, das LSG habe zu Unrecht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden, indem es die tatsächlichen Feststellungen des SG zugrunde gelegt habe, ohne selbst im Rahmen einer mündlichen Verhandlung in die Beweisaufnahme einzutreten oder den Kläger persönlich anzuhören.

Nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG steht die Entscheidung des Berufungsgerichts, bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, in seinem pflichtgemäßen Ermessen ("kann") und kann daher im Revisionsverfahren nur darauf hin überprüft werden, ob das Berufungsgericht von seinem Ermessen erkennbar fehlerhaften Gebrauch gemacht hat, etwa wenn der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen (vgl nur BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 29/00 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 153 RdNr 16 mwN). Dies lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Aus ihm ergibt sich zwar, dass der Sachverhalt streitig sei und das SG eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt habe. Der Kläger wendet sich zudem mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde in tatsächlicher Hinsicht ausführlich gegen die Feststellungen des SG , auf die das LSG Bezug genommen habe. Der Beschwerdebegründung lässt sich aber nicht entnehmen, was hiervon bereits Gegenstand des klägerischen Vortrags im Berufungsverfahren gewesen ist. Dies wäre aber notwendig gewesen, um beurteilen zu können, ob das LSG erkennbar fehlerhaft von seinem Ermessen Gebrauch gemacht hat, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Hinsichtlich der vom Kläger ebenfalls gerügten Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG fehlt es an der Bezeichnung eines Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt sein soll, und es ist auch nicht ersichtlich, wieso das LSG sich im Übrigen zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt sehen müssen. Auch insoweit gilt, dass sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen lässt, inwieweit der Kläger dem Berufungsgericht deutlich gemacht hat, dass und ggf wo er die Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht und inwieweit er im Berufungsverfahren auf die Sachverhaltsaufklärung hingewirkt hat, deren Unterlassen er nunmehr rügt (vgl hierzu nur BSG vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - RdNr 4 mwN).

Andere Verfahrensmängel sind in der Beschwerdebegründung nicht schlüssig bezeichnet.

PKH ist dem Kläger nicht zu bewilligen, da seine Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO ). Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 23.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 7 AS 32/19
Vorinstanz: SG Frankfurt am Main, vom 27.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 26 AS 1191/15