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BSG - Entscheidung vom 04.08.2020

B 5 R 152/20 B

Normen:
SGG § 160a Abs. 4 S. 1
SGG § 73 Abs. 4
SGG § 169
GG Art. 95 Abs. 1

BSG, Beschluss vom 04.08.2020 - Aktenzeichen B 5 R 152/20 B

DRsp Nr. 2020/12645

Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren Wirksamkeit nur bei Erhebung durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Mai 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160a Abs. 4 S. 1; SGG § 73 Abs. 4 ; SGG § 169 ; GG Art. 95 Abs. 1 ;

Gründe

I

Der Kläger beanstandet inhaltlich, dass die von der Beklagten in diversen Rentenauskünften mitgeteilten Beträge der von ihm künftig zu erwartenden Altersrente, deren Berechnung er nicht nachvollziehen könne, viel zu gering seien - insbesondere im Vergleich zu den Rentensystemen in Österreich oder in der Schweiz. Zudem stimme das von der Beklagten angegebene Renteneintrittsdatum "1.12.2029" nicht. Er trägt dies im Rahmen einer Klage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 22.2.2018 vor. In jenem Bescheid war ein Antrag auf Überprüfung des Vormerkungsbescheids vom 30.6.2017 hinsichtlich der Feststellung von beitragspflichtigen Einnahmen für einen Zeitraum des Bezugs von Arbeitslosengeld II (1.1.2007 bis 31.12.2010) abgelehnt worden.

Das SG hat die Klage als jedenfalls unbegründet abgewiesen und dabei rechtliche Hinweise auch insoweit gegeben, als das Vorbringen des Klägers über den Gegenstand des angefochtenen Bescheids hinausging (Gerichtsbescheid vom 8.10.2019). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger die Klagefrist versäumt habe und Anhaltspunkte für ein fehlendes Verschulden auch nach Durchführung eines Erörterungstermins nicht ersichtlich seien (Urteil vom 13.5.2020, dem Kläger zugestellt am 27.5.2020). Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit einfacher E-Mail vom 20.6.2020, die an das LSG adressiert war, "Widerspruch" erhoben. Das LSG hat die ausgedruckte E-Mail ohne weitere eigene Handlungen "mit der Bitte um weitere Veranlassung" dem BSG übersandt, wo sie erst am 2.7.2020 eingegangen ist. Auf ein Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 3.7.2020 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22.7.2020 erneut ausgeführt, dass die Rentner in Deutschland betrogen würden; das Gericht solle sich ein Bild machen und entscheiden.

II

Der Senat deutet den Schriftsatz des Klägers vom 22.7.2020, in dem er trotz der vorangegangenen Hinweise zu formellen Bedenken auf einer Entscheidung des BSG besteht, als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Dies ist der einzige im Gesetz vorgesehene Rechtsbehelf gegen eine derartige Entscheidung 160a Abs 1 Satz 1 SGG ).

Die Beschwerde des Klägers muss als unzulässig verworfen werden, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form erhoben worden ist 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG ). Wie in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils (dort Seite 9 f) ausdrücklich dargelegt wurde, kann die Beschwerde zum BSG wirksam nur durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten erhoben werden 73 Abs 4 SGG ). Insoweit unterscheiden sich die Regelungen für das Verfahren vor dem BSG - einem obersten Gerichtshof des Bundes (Art 95 Abs 1 GG ) - von den in erster und zweiter Instanz maßgeblichen Verfahrensvorschriften (zur Verfassungsmäßigkeit des Vertretungszwangs vor dem BSG vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13; ebenso zum Vertretungszwang vor dem BAG zuletzt BVerfG <Kammer> Beschluss vom 21.11.2018 - 1 BvR 1653/18 ua - NZA 2019, 343 RdNr 9). Der Kläger hat seine Ankündigung in der E-Mail vom 20.6.2020, er werde einen Anwalt nehmen, nachfolgend nicht verwirklicht. Aufgrund des dadurch verfestigten Formmangels darf sich der Senat mit dem Vorbringen des Klägers nicht weiter befassen.

Lediglich zur Information des Klägers weist der Senat noch auf die Regelung in § 235 Abs 2 Satz 2 SGB VI hin. Danach wird für Versicherte, die nach dem 31.12.1946 geboren sind, die Regelaltersgrenze schrittweise angehoben, wobei die Regelaltersgrenze für Versicherte, die 1963 geboren sind, nunmehr 66 Jahre und 10 Monate beträgt. Ein Versicherter, der zB am 1.1963 geboren ist, hat somit am 11.2029 die Regelaltersgrenze erreicht und kann, sofern zu diesem Zeitpunkt auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, ab dem Beginn des Folgemonats (1.12.2029) die Altersrente beanspruchen 235 Abs 1 Satz 1 iVm § 99 Abs 1 SGB VI ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 13.05.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 3846/19
Vorinstanz: SG Freiburg, vom 08.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 4713/18