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BSG - Entscheidung vom 22.09.2020

B 13 R 30/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 22.09.2020 - Aktenzeichen B 13 R 30/20 B

DRsp Nr. 2020/14983

Ungekürzte Anrechnung von in Rumänien zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Januar 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

I

Im Streit steht die ungekürzte Anrechnung von in Rumänien zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten.

Der beklagte RV-Träger lehnte dies im Vormerkungsbescheid - nach der Beschwerdebegründung ein "Überprüfungsbescheid" - ab und auch der Widerspruch des Klägers hiergegen war erfolglos. Während des Klageverfahrens hiergegen vor dem SG erließ der RV-Träger einen Altersrentenbescheid. Der Berechnung der dort bewilligten Rente lagen auch die streitbefangenen Zeiten zugrunde. Das SG hat den Altersrentenbescheid nach § 96 SGG ins erstinstanzliche Verfahren einbezogen und die Klage durch Gerichtsbescheid vom 30.10.2019 abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 24.1.2020 zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG . Sinngemäß macht er den Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) der fehlerhaften Anwendung des § 96 SGG geltend. Der Altersrentenbescheid des beklagten RV-Trägers habe nicht zum Streitgegenstand des Rechtsstreits gemacht werden dürfen. Er ersetze den Vormerkungsbescheid nicht. Insoweit verkenne die Rechtsprechung des BSG die "Verwaltungsaktlehre".

II

Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Der Kläger macht hier ausschließlich geltend, die angegriffene Entscheidung des LSG beruhe auf einem Verfahrensmangel (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ), weil das LSG entgegen der Vorschrift des § 96 SGG den Altersrentenbescheid in das Verfahren einbezogen habe.

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81 - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.10.2018 - B 13 R 59/18 B - juris RdNr 7). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zugrunde zu legen ist die materiellrechtliche Rechtsauffassung des LSG ( BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG ; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr - juris RdNr ). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 - juris RdNr 16 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN). Daran fehlt es.

Abgesehen davon, dass nach der Sachverhaltsschilderung in der Beschwerdebegründung unklar bleibt, welche Zeiten warum im Streit stehen, legt der Kläger nicht dar, dass die Entscheidung des LSG auf der seiner Behauptung nach fehlerhaften Einbeziehung des Altersrentenbescheides des RV-Trägers beruht. Er macht zwar Ausführungen dazu, wie § 96 SGG im Verhältnis von Vormerkungsbescheid zu Altersrentenbescheid, soweit der Altersrentenbescheid erst im Gerichtsverfahren wegen des Vormerkungsbescheides erlassen worden ist, zu bewerten sei. Dass er materiellrechtlich vor dem LSG obsiegt hätte, hätte dieses den Altersrentenbescheid nicht nach § 96 SGG in das Verfahren einbezogen bzw die Rechtsauffassung des SG insoweit nicht bestätigt, legt er jedoch nicht dar. Es bleibt also nach der Beschwerdebegründung unklar, inwieweit der geltend gemachte Verfahrensfehler Einfluss auf die Entscheidung gehabt hat oder umgekehrt sie auf dem gerügten Verfahrensfehler beruht. Das Ansinnen, durch die Nichteinbeziehung des Altersrentenbescheides in das Verfahren zu einem zweiten Rechtsstreit und damit zu einer zweiten "Chance" des Vortrags der eigenen Auffassung zu gelangen, ist kein hinreichender Vortrag zum Beruhen. Er berücksichtigt nicht die materiellrechtliche Rechtsauffassung des Berufungsgerichts.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 24.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 8 R 3896/19
Vorinstanz: SG Freiburg, vom 30.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 11 R 5453/18