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BSG - Entscheidung vom 10.12.2020

B 14 AS 67/19 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 10.12.2020 - Aktenzeichen B 14 AS 67/19 BH

DRsp Nr. 2021/3586

Überprüfung von Bescheiden im Zugunstenverfahren Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Anträge der Kläger, ihnen zur Durchführung der Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2019 - L 5 AS 843/16 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Den Anträgen auf PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG erfolgreich zu begründen.

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen der Kläger noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich.

Die Kläger begehren in der Sache die Überprüfung von Bescheiden des Beklagten im sog Zugunstenverfahren seit 2005 auf einen Antrag vom 15.5.2015. Außerdem wollen sie eine Abschlagszahlung iHv 10 000 Euro. Als Verfahrensmängel beim LSG rügen die Kläger die Übertragung des Verfahrens auf den sog kleinen Senat, dessen Entscheidung trotz Befangenheit und die fehlende Zurückverweisung an das SG wegen Verfahrensmängeln.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben könnte 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Diese ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich wegen der von den Klägern auf einen Antrag vom 15.5.2015 hin begehrten Überprüfung der Bescheide des Beklagten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung stellen können. In der Rechtsprechung des BSG ist bereits geklärt, dass sich der Verwaltung aufgrund oder aus Anlass eines Überprüfungsantrags im Einzelfall objektiv erschließen muss, aus welchem Grund nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll (vgl BSG vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28, RdNr 13 ff; BSG vom 23.2.2017 - B 4 AS 57/15 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 34 RdNr 20 mwN), sofern eine Rücknahme nicht schon wegen des Ablaufs der Jahresfrist aus § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) ausscheidet (vgl dazu BSG vom 12.10.2016 - B 4 AS 37/15 R - BSGE 122, 64 = SozR 4-4200 § 40 Nr 10, RdNr 16 f). Wann Leistungen nach dem SGB II gezahlt werden müssen oder können, ohne dass der Anspruch hierauf bereits feststeht, ergibt sich aus dem Gesetz (vgl § 41a Abs 1 Satz 1, Abs 7 SGB II ).

Es liegen auch keine Verfahrensmängel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) vor, auf denen das Urteil des LSG beruhen kann und die in zulässiger Weise geltend gemacht werden könnten.

Insbesondere ist ein absoluter Revisionsgrund nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO wegen einer unvorschriftsmäßigen Besetzung der Richterbank nicht gegeben. Das LSG hat das Verfahren ausweislich seines Beschlusses vom 27.5.2019 nach vorheriger Anhörung auf die Berichterstatterin übertragen, was zulässig war, weil sich die Kläger gegen einen Gerichtsbescheid gewandt haben, gegen den die Berufung gegeben war 105 Abs 2 Satz 1 SGG ). Das LSG hat aufgrund mündlicher Verhandlung in der durch § 153 Abs 5 SGG vorgeschriebenen Besetzung entschieden. Soweit die Kläger durch Bezugnahme auf Schriftsätze zu anderen Verfahren geltend machen wollen, das LSG sei wegen eines Befangenheitsantrags nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, haben sie im Verfahren L 5 AS 843/16 erst am 12.7.2019 Befangenheitsanträge gestellt. Daher ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter die fehlerhafte Besetzung des LSG bei der Entscheidungsfindung erfolgreich geltend machen könnte. Aus Sinn und Zweck des Ablehnungsgesuchs ergibt sich, dass der Antrag nur bis zum Erlass der Endentscheidung des Gerichts zulässig ist, dem der abgelehnte bzw die abgelehnten Richter angehören. Nach Beendigung der Instanz kann ein Ablehnungsgesuch nicht mehr gestellt werden; es ist dann prozessual überholt ( BSG vom 27.1.1993 - 6 RKa 2/91 - RdNr 35 mwN; BSG vom 16.1.2020 - B 10 ÜG 15/19 B - RdNr 12).

Wegen der begehrten Zurückverweisung bzw erneuten mündlichen Verhandlung beim SG fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass die Voraussetzungen des § 159 Abs 1 SGG vorgelegen haben könnten; mündliche Verhandlung beim SG konnte in Ansehung des Klagebegehrens nicht beantragt werden 105 Abs 2 Satz 2 SGG , §§ 143 , 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG ).

Schließlich ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

Da die Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH haben, sind auch die Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 26.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 5 AS 843/16
Vorinstanz: SG Berlin, vom 22.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 55 AS 13735/15