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BSG - Entscheidung vom 07.07.2020

B 5 RS 2/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 07.07.2020 - Aktenzeichen B 5 RS 2/20 B

DRsp Nr. 2020/12782

Rentenrechtliche Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Mit Urteil vom 19.12.2019 hat das Sächsische LSG einen im Überprüfungsverfahren geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie der erzielten Arbeitsentgelte wegen fehlender betrieblicher Voraussetzungen verneint und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Dresden vom 10.10.2018 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Keiner der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe wird in der Beschwerdebegründung nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG , 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff).

Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung:

"Handelt es sich bei der Klärung der Voraussetzungen für eine fingierte Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom Bundessozialgericht ( BSG ) in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG um wesentliche Fragen, die im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG vom Parlament selbst geregelt werden müssen?"

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich aus der Beschwerdebegründung hinreichend deutlich die konkrete Klärungsfähigkeit dieser Frage in dem von der Klägerin geführten Rechtsstreit ergibt. Insoweit drängen sich Zweifel schon deshalb auf, weil die Klägerin zwar einerseits trotz des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG in ihrer Person eine nachträgliche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVItech erstrebt, andererseits aber die einzige hierfür in Betracht kommende Grundlage als verfassungswidrig angreift.

Jedenfalls wird aber ihre Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend begründet. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN). Leitet eine Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus einer Verletzung von Normen des GG ab, darf sie sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den (konkret) gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (stRspr, zB bereits BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 f = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 13 f; aus jüngster Zeit BSG Beschluss vom 11.2.2020 - B 10 EG 14/19 B - juris RdNr 11 mwN).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin trägt lediglich vor, die "generalisierende Vorgehensweise des Bundessozialgerichtes" bei der verfassungskonformen Auslegung von § 1 Abs 1 AAÜG stelle einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung und somit einen Verstoß gegen Art 20 Abs 3 GG dar. Mit bereits ergangener Rechtsprechung des BVerfG oder des BSG hierzu setzt sie sich jedoch nicht einmal ansatzweise auseinander (ua BSG Urteil vom 9.4.2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 6; Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 29/05 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 9; Urteil vom 18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 und BVerfG Nichtannahmebeschlüsse vom 4.8.2004 - 1 BvR 1557/01 - SozR 4-8570 § 5 Nr 4 und vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua - SozR 4-8560 § 22 Nr 1). Ebenso wenig finden sich Ausführungen zu den generellen Voraussetzungen einer verfassungskonformen Auslegung (zu den Grenzen vgl etwa BVerfG Beschluss vom 6.6.2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 - BVerfGE 149, 126 RdNr 72 ff). Auch soweit die Klägerin geltend macht, durch die Anrechnung von Beschäftigungszeiten für die Altersvorsorge würden die Grundrechte (Art 14 GG ) berührt, fehlt es an einer hinreichenden Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 19.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 7 R 686/18
Vorinstanz: SG Dresden, vom 10.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 33 RS 857/16