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BSG - Entscheidung vom 21.12.2020

B 13 R 255/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 21.12.2020 - Aktenzeichen B 13 R 255/19 B

DRsp Nr. 2021/3028

Rentenrechtliche Berücksichtigung von Zeiten des Besuchs einer Fachschule Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. August 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Mit Urteil vom 16.8.2019 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch der Klägerin auf höhere Altersrente unter Berücksichtigung von Zeiten des Besuchs einer Fachschule anstelle bereits früher zurückgelegter Ausbildungszeiten verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache(Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

II

Die Beschwerde der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den ausschließlich geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B - SozR 4-4200 § 25 Nr 1 RdNr 9 mwN; vgl auch BVerfG <Kammer> Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7; jüngst BSG Beschluss vom 29.6.2018 - B 13 R 9/16 B - juris RdNr 12).

Die Klägerin misst folgender Frage grundsätzliche Bedeutung zu:

"Ist die unterschiedliche rentenrechtliche Bewertung von Ausbildungsstationen nur aufgrund ihrer zeitlichen Abfolge mit dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar?"

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG ) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat, oder ob sie vielmehr im Kern eine Frage zur Rechtsanwendung im Einzelfall gestellt hat. Jedenfalls hat sie - die Qualität als Rechtsfrage unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit dieser auf einen Verfassungsverstoß zielenden Frage nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.

Wird mit der Beschwerde ein Verfassungsverstoß geltend gemacht, darf sich die Beschwerdebegründung nicht auf die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung und Auswertung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu der oder den als verletzt erachteten Verfassungsnormen in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die behauptete Verfassungswidrigkeit ergibt ( BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; ferner zB BSG Beschluss vom 24.7.2018 - B 13 R 23/18 B - juris RdNr 8 mwN). Speziell in Bezug auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes muss die Beschwerdebegründung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, worin die für eine Gleich- bzw Ungleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale bestehen sollen. Dabei muss sie sich insbesondere auch mit den Gründen für eine Differenzierung zwischen den Vergleichsgruppen auseinandersetzen ( BSG Beschluss vom 25.1.2017 - B 13 R 350/16 B - juris RdNr 8 mwN).

Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung vom 5.12.2019 nicht, die auf jedwede Ausführungen zu den von der Rechtsprechung des BVerfG zur Prüfung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG entwickelten Grundsätzen(vgl zB BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 RdNr 121 f; BVerfG Beschluss vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15, RdNr 69) verzichtet. Dementsprechend fehlt es auch an einer an den Grundsätzen der Rechtsprechung des BVerfG ausgerichteten Darlegung, woraus sich die Verfassungswidrigkeit im Einzelnen ergeben soll. Insoweit beschränkt sich die Beschwerdebegründung auf die Behauptung, die wörtliche Auslegung von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4, § 74 Satz 3 und § 122 Abs 3 SGB VI führe zu einer rentenrechtlichen Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Ausbildungsstationen. Stattdessen wird ausführlich dargestellt, wie diese Normen nach Auffassung der Klägerin im Hinblick auf eine vom Gesetzgeber gewünschte rentensteigernde Privilegierung von Fachschulzeiten und eine durch ein mögliches redaktionelles Versehen unterbliebene Anpassung im Wortlaut des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI zutreffend auszulegen seien. Dass die Klägerin das Berufungsurteil daher inhaltlich für unrichtig hält, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 16.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 14 R 906/18
Vorinstanz: SG Köln, vom 26.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 41 R 413/18