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BSG - Entscheidung vom 27.05.2020

B 5 R 68/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 118 Abs. 1 S. 1
ZPO § 406

BSG, Beschluss vom 27.05.2020 - Aktenzeichen B 5 R 68/20 B

DRsp Nr. 2020/9653

Rente wegen Erwerbsminderung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Ablehnung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Februar 2020 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 118 Abs. 1 S. 1; ZPO § 406 ;

Gründe

I

Die Klägerin begehrt in einem Überprüfungsverfahren die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Urteil vom 26.2.2020 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen solchen Anspruch verneint und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Hildesheim vom 6.2.2018 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und geltend gemacht, das Urteil des LSG beruhe auf einem Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

II

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des Verfahrensfehlers 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Die Klägerin trägt vor, sie habe in ihrer Stellungnahme zu dem Gutachten des Dr. B. ausgeführt, der Sachverständige habe die Begutachtung voreingenommen und nachlässig vorgenommen. Damit habe sie einen Befangenheitsantrag gestellt, über den das LSG nicht entschieden habe. Einen Verfahrensmangel hat sie mit diesem Vorbringen nicht hinreichend bezeichnet. Gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 406 ZPO kann zwar ein gerichtlich bestellter Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit auf Antrag eines Prozessbeteiligten abgelehnt werden. Dementsprechend kann die Verwertung eines Sachverständigengutachtens, ohne über die substantiiert begründete Ablehnung des Sachverständigen zu entscheiden, einen Verfahrensmangel begründen ( BSG Beschluss vom 20.3.2017 - B 9 SB 54/16 B - juris RdNr 8; BSG Urteil vom 15.3.1995 - 5 RJ 54/94 - SozR 3-1500 § Nr 5 S 7). Die Beschwerdebegründung bezeichnet aber nicht einmal, dass die Klägerin ausdrücklich einen derartigen Antrag gestellt hätte. Sie erläutert nicht, warum allein die Bewertung des Gutachters als "voreingenommen und nachlässig" im Zusammenhang mit der ausführlichen inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Gutachten als Befangenheitsantrag zu werten war. Einer näheren Begründung hätte es auch deshalb bedurft, weil die Klägerin bereits vor dem LSG von ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten worden ist, die Bedeutung eines Befangenheitsantrags mithin als bekannt vorausgesetzt werden kann. Eine substantiierte Begründung des Ablehnungsgesuchs ist in der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht dargelegt. Die bloße Behauptung, sie habe ihr Gesuch hinreichend substantiiert, ist nicht ausreichend, ebenso wenig der nicht konkretisierte Hinweis auf Unterlagen, die vom Sachverständigen nicht berücksichtigt worden seien. Es ist nicht Aufgabe des erkennenden Senats, den maßgeblichen Sachverhalt aus den Akten herauszusuchen (stRspr, vgl aus jüngster Zeit BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 13 R 65/19 B - juris RdNr 7 mwN). Ferner legt die Klägerin auch nicht dar, dass sie alles getan hat, um eine Entscheidung des LSG über den behaupteten Ablehnungsantrag herbeizuführen. Schließlich fehlt es an jedem substantiierten Vortrag dazu, inwiefern die angefochtene Entscheidung, die sich auf die Bewertung einer Vielzahl von Gutachten stützt, auf dem vermeintlichen Verfahrensmangel beruhen könnte.

Soweit die Klägerin ihr Recht auf ein faires Verfahren dadurch verletzt sieht, dass das LSG ihr vor seiner Entscheidung nicht den von ihr erbetenen Hinweis gegeben habe, verdeutlicht sie nicht, worauf genau das LSG hätte hinweisen sollen. Ebenso mangelt es an einer Begründung für eine Hinweispflicht des Senats. Der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Prozessgericht grundsätzlich nicht, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 40/17 B - juris RdNr 9 unter Hinweis auf BSG Beschluss vom 21.6.2000 - B 5 RJ 24/00 B - SozR 3-1500 § 112 Nr 2 S 3 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 26.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 97/18
Vorinstanz: SG Hildesheim, vom 06.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 30 R 521/15