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BSG - Entscheidung vom 19.08.2020

B 13 R 284/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB VI § 43

BSG, Beschluss vom 19.08.2020 - Aktenzeichen B 13 R 284/19 B

DRsp Nr. 2020/15317

Rente wegen Erwerbsminderung Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. November 2019 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines noch zu benennenden Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB VI § 43 ;

Gründe

I

Das LSG hat mit Beschluss vom 6.11.2019 den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente verneint. Die Revision gegen diesen Beschluss hat das LSG nicht zugelassen.

Mit privatschriftlichem Schreiben vom 26.11.2019, das am 29.11.2019 beim BSG eingegangen ist, hat der Kläger "die Beschwerde" gegen die Entscheidung des LSG eingelegt. Darüber hinaus hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines noch nicht benannten Prozessbevollmächtigten beantragt.

II

1. Der Senat wertet das Schreiben des Klägers als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG. Eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160a SGG stellt den einzig in Betracht kommenden Rechtsbehelf gegen die von ihm ersichtlich angegriffene Berufungsentscheidung dar. Den von dem Kläger zugleich gestellten PKH-Antrag legt der Senat entsprechend dahin aus, dass er auf die Bewilligung von PKH für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gerichtet ist.

2. Der so verstandene PKH-Antrag ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier. Die von dem Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde verspricht keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Nach Durchsicht der beigezogenen Akten des LSG ist das hier nicht der Fall. Auf diese Durchsicht hat sich die Prüfung durch den Senat konzentriert, weil der Kläger zur Begründung seines Antrags keine Revisionszulassungsgründe geltend macht. Mit der Ablehnung des PKH-Antrags des Klägers entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

a) Es ist nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1 SGG ) erfolgreich geltend machen könnte, der Rechtssache komme eine grundsätzliche Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) zu. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Eine derartige Rechtsfrage stellt sich in diesem Rechtsstreit nicht. Insbesondere bedarf es keiner Klärung, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung gegeben ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz 43 SGB VI ) und ist - soweit umstritten gewesen - höchstrichterlich geklärt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE (vorgesehen) = SozR 4-2600 § 43 Nr 22).

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wäre auch nicht erfolgreich geltend gemacht, wenn entsprechend dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift dargelegt würde, der Kläger sei wegen der erfolgten - nach seiner Ansicht unberechtigten - Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland und der daraus folgenden psychischen Erkrankung nicht mehr in der Lage, erwerbstätig zu sein. Unabhängig davon, wie stark die Ausweisung den Kläger psychisch betroffen haben mag, lässt sich daraus unter keinem Gesichtspunkt eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit des § 43 SGB VI oder einer anderen konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG ) mit höherrangigem Recht ableiten. Ebenso wenig erwächst eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage daraus, dass der Kläger äußert, ihn treffe keine Schuld an der Ausweisung - sie habe ihn überrascht.

b) Es ist nach der Aktenlage auch nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) vorliegt. Die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.

c) Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.

Der Umstand, dass ein Beteiligter im Berufungsverfahren nicht durch einen rechtskundigen und berufsmäßigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, führt nicht dazu, dass die in § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 3 SGG normierten Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge insgesamt unbeachtlich wären. Deshalb kann auch bei einem solchen Beteiligten nicht darauf verzichtet werden, dass er einen Verfahrensfehler zumindest sinngemäß darlegt und ausführt, welche konkreten Punkte am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten wurden und welcher Beweismittel sich das Gericht bedienen solle, um die begehrte weitere Aufklärung herbeizuführen (Senatsbeschlüsse vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - juris RdNr 11 und vom 11.2.2015 - B 13 R 300/14 B - juris RdNr 8 ff; s auch BSG Beschluss vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - juris RdNr 4).

Hierzu fehlt es an jeglichen Ausführungen in der "Beschwerdeschrift" des Klägers. Die Durchsicht der Akten zeigt zudem, dass der Kläger im Berufungsverfahren zu keinem Zeitpunkt auch nur weitere Sachermittlungen durch das LSG angeregt hat. Dass das LSG das klägerische Vorbringen zum Leistungsvermögen nicht von Amts wegen bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt hat, eröffnet die Revisionsinstanz ebenfalls nicht. Das LSG hat in Übereinstimmung mit dem beklagten Rentenversicherungsträger befunden, es lägen bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht vor.

3. Die von dem Kläger selbst eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG ). Sie ist bereits deswegen unzulässig, weil sie formunwirksam ist. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1 SGG ) eingereicht werden. Hierauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich hingewiesen worden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 06.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 151/18
Vorinstanz: SG Landshut, vom 18.12.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 432/17