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BSG - Entscheidung vom 05.02.2020

B 3 KS 2/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 05.02.2020 - Aktenzeichen B 3 KS 2/19 B

DRsp Nr. 2020/4187

Parallelentscheidung zu BSG , Beschl. v. 05.02.2020 B 3 KS 1/19 B

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2019 - L 5 KR 128/16 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Das Schleswig-Holsteinische LSG hat mit Urteil vom 13.6.2019 ( L 5 KR 128/16) die Rechtmäßigkeit der Beendigung der Versicherungspflicht des Klägers und der Zuschussberechtigung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz ( KSVG ) durch die beklagte Künstlersozialkasse ab 1.4.2013 bestätigt.

Der Kläger war als selbstständiger Journalist langjährig bei der Beklagten in der Künstlersozialversicherung pflichtversichert. Ab September 2012 überprüfte die Beklagte die tatsächlichen Einkommensverhältnisse und ließ sich die Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Jahre 2007 bis 2010 vorlegen. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 wiesen negative Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit aus. Nach Anhörung des Klägers hat die Beklagte die Versicherungspflicht und die Zuschussberechtigung des Klägers nach dem KSVG zum 1.4.2013 aufgehoben (Bescheid vom 7.3.2013, Widerspruchsbescheid vom 15.5.2013). Das Klage- und Berufungsverfahren (LSG-Urteil vom 13.6.2019) ist erfolglos geblieben: Der Bescheid sei rechtmäßig nach § 48 Abs 1 SGB X ergangen. Für die wesentliche Änderung der Einkommensverhältnisse aus publizistischer Tätigkeit sei der Bescheid vom 18.8.1995 maßgeblich, der den Beginn der Versicherungspflicht ab 6.8.1995 festgestellt habe und dem ein monatliches Nettoeinkommen von 2000 DM aus freiberuflicher Tätigkeit zugrunde gelegen habe. Vergleichsgrundlage seien die bewiesenen Einkommensverhältnisse des Jahres 2007, da andere verwertbare Nachweise vor dieser Zeit nicht vorgelegen hätten. Nach diesem Zeitpunkt habe der Kläger in den drei Folgejahren jeweils die Mindesteinkommensgrenze von 3900 Euro nach § 3 Abs 1 KSVG unterschritten. Die Versicherungspflicht habe nur bestehen können, solange das Arbeitseinkommen nicht mehr als zweimal innerhalb von sechs Kalenderjahren die dort genannte Grenze nicht überstiegen habe 1 iVm § 3 Abs 3 KSVG ). Die Angaben des Kläger zu seinem voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommen in 2013 (4800 Euro) seien unter Berücksichtigung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 mit den dort ausgewiesenen Negativeinkünften nicht plausibel gewesen (s § 13 Satz 3 KSVG ). Die Prognoseentscheidung der Beklagten für das Jahr 2013 habe die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides zutreffend erfasst (Hinweis auf BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 3 KS 4/13 R - SozR 4-5425 § 3 Nr 3). Für die Berücksichtigung des Ertragsanteils seiner Berufsunfähigkeitsrente könne sich der Kläger nicht mit Erfolg auf das Urteil des BSG vom 21.7.2011 (B 3 KS 5/10 R - BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2) stützen. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2011 wiesen auch keinen Gewinn aus Gewerbebetrieb aus. Im Übrigen sei weder die von ihm bezogene Erwerbsminderungsrente noch die Einmalzahlung des Autorenversorgungswerkes der VG Wort (6560,71 Euro) als Arbeitseinkommen aus selbstständiger künstlerischer bzw publizistischer Tätigkeit zu werten 15 Abs 1 SGB IV und Hinweis auf BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6). Beide Positionen ließen nicht auf eine günstigere Einkommensprognose schließen, ebenso wenig wie bloße Behauptungen des Klägers. Auch lasse der sozialrechtliche Herstellungsanspruch keine günstigere Rechtsposition zu.

Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 25.6.2019 zugestellte Urteil des LSG mit einem von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 1.7.2019 sinngemäß Beschwerde ("Antrag auf Aufhebung/Zurückweisung") gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und am 16.7.2019 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt.

II

Der Antrag auf PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet 73a Abs 1 Satz 1 SGG , § 114 ZPO ). Es kann daher offenbleiben, ob der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH erfüllt. Da die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH nicht vorliegen, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung zulässige Rechtsmittel ist eine - hier bei verständiger Würdigung des Vortrags zugunsten des Klägers anzunehmende - Beschwerde gegen die im Urteil des LSG ausgesprochene Nichtzulassung der Revision zum BSG 160a SGG ). In einem solchen Verfahren geht es allerdings - entgegen den Vorstellungen des Klägers - nicht etwa darum, ob die angegriffene Entscheidung des LSG "richtig oder falsch" ist. Vielmehr darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3).

1. Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs nicht ersichtlich und könnte auch von einem rechtskundigen Bevollmächtigten des Klägers voraussichtlich nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden.

a) Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das vom Kläger angegriffene Urteil des LSG auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung iS dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bislang nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt. Dass im Rechtsstreit des Klägers solche Fragen von Bedeutung sind, ist nicht ersichtlich. Der Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) könnte nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass das LSG bei seiner Entscheidung die maßgeblichen Rechtsnormen abweichend von der im Berufungsurteil in Bezug genommenen Rechtsprechung angewandt hat. Die Entscheidung des LSG entspricht insbesondere den Maßgaben des BSG zur prognostischen Einschätzung des Einkommens aus künstlerischer bzw publizistischer Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KS 2/12 R - BSGE 115, 29 = SozR 4-5425 § 3 Nr 2 und BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 3 KS 4/13 R - SozR 4-5425 § 3 Nr 3).

b) Ebenso wenig lässt sich bei Würdigung des Akteninhalts und dem Vorbringen des Klägers für den Senat ein Verfahrensfehler des LSG ersehen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Rüge eines entscheidungserheblichen Verstoßes des LSG gegen Vorschriften des Prozessrechts (vgl Seite 2 des Schreiben des Klägers vom 1.7.2019) der Beschwerde zum Erfolg verhelfen könnte. Soweit der Kläger insbesondere bemängelt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG keine Zeugen geladen worden seien bzw dass das LSG keinen Beweis erhoben habe (s Seite 8 und 9 des Schreibens des Klägers), ergibt sich hieraus kein Verfahrensfehler des LSG. Denn der Kläger war ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem LSG durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten. Der Bevollmächtigte hat aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gestellt. Das LSG hat auch keinen Beweisantrag in seinem Urteil erwähnt. Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann aber mit Blick auf § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 iVm § 103 SGG nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Mit den darüber hinaus gerügten Mängeln wendet der Kläger nichts anderes als eine vermeintliche Rechtswidrigkeit des Berufungsurteils ein, die für sich allein aber kein Revisionszulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG ist.

2. Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingelegt worden ist 64 Abs 2 , § 73 Abs 4 , § 160a Abs 1 Satz 2 SGG ). Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen, ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des LSG und durch das BSG hingewiesen worden. Das somit nicht der gesetzlichen Form und Frist entsprechende Rechtsmittel ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss zu verwerfen.

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 13.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 128/16
Vorinstanz: SG Schleswig, vom 16.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 10 KR 115/13