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BSG - Entscheidung vom 12.11.2020

B 8 SO 69/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGG § 88

BSG, Beschluss vom 12.11.2020 - Aktenzeichen B 8 SO 69/20 B

DRsp Nr. 2021/3613

Parallelentscheidung zu BSG B 8 SO 70/20 B v. 12.11.2020

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Juni 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGG § 88 ;

Gründe

I

Im Streit steht die Verbescheidung verschiedener Anträge.

Der 1971 geborene und seit 2009 in K lebende Kläger führt verschiedene Erkrankungen darauf zurück, dass die beklagte Stadt G, von der er Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ) bezog, ihm im Jahr 2000 die Zustimmung zur Anmietung einer neuen Wohnung verweigert hatte (Bescheide vom 7.2.2000 und 3.4.2000), obgleich seine damalige Wohnung von Schimmel befallen gewesen sei. Eine auf Amtshaftung gerichtete Klage gegen die Beklagte ist ebenso erfolglos geblieben (Urteil des Landgerichts <LG> Essen vom 4.3.2004; Urteil des Oberlandesgerichts <OLG> Hamm vom 24.10.2007) wie eine weitere gegen die Beklagte gerichtete Klage auf Auskunft und Herausgabe von Originalunterlagen aus dem Jahr 2000 (Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts <VG> Gelsenkirchen vom 5.1.2015; Beschluss des Oberverwaltungsgerichts <OVG> Nordrhein-Westfalen vom 13.2.2015).

Nachdem eine auf Verbescheidung von Anträgen aus den Jahren 1999 und 2000 auf Genehmigung des Wohnungswechsels gerichtete Untätigkeitsklage erfolglos geblieben ist (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts <SG> Köln vom 22.8.2014; Beschluss des Landessozialgerichts <LSG> Nordrhein-Westfalen vom 27.1.2015; Senatsbeschluss vom 10.11.2015), hat der Kläger drei weitere Untätigkeitsklagen gegen die Beklagte erhoben. Die vorliegende Klage, gerichtet auf Verbescheidung sämtlicher Anträge auf Zustimmung zum Wohnungswechsel im Zeitraum ab dem Jahr 2000 sowie auf die Herausgabe von nach Darstellung der Beklagten nicht mehr vorhandenen Originalunterlagen (betreffend deren Wohnungsbesichtigungen in den Jahren 2000 bis 2002) sowie auf Verbescheidung verschiedener Anträge aus den Jahren 2002 bis 2005 (Kostenübernahme für ärztliche Untersuchungen; Anträge auf Einholung von Sachverständigengutachten) ist erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 17.7.2019; Urteil des LSG vom 18.6.2020). Das LSG hat unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG ausgeführt, die Untätigkeitsklagen seien unzulässig, da teilweise wegen identischer Begehren in den parallel geführten Untätigkeitsklagen doppelte Rechtshängigkeit vorliege, die in Frage stehenden Anträge teilweise schon nicht bestimmt seien und im Übrigen wegen des Zeitablaufs Verwirkung vorliege.

Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG beim Bundessozialgericht ( BSG ) Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Denn es ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter die Beschwerde erfolgreich begründen könnte. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre insoweit nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Es stellen sich keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung, weder im Zusammenhang mit den Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage 88 SGG , vgl dazu etwa BSG vom 10.3.1993 - 14b/4 REg 1/91 - BSGE 72, 118 = SozR 3-7833 § 6 Nr 2; BSG vom 15.12.1994 - 4 RA 67/93 - BSGE 75, 262 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2, juris RdNr 23), noch hinsichtlich der "Sperrwirkung" wegen sog "doppelter Rechtshängigkeit" (vgl BSG vom 15.11.2012 - B 8 SO 22/10 R = FEVS 64, 486; BSG vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R - SozR 4-1500 § 192 Nr 2) noch der Verwirkung einer Untätigkeitsklage nach langem Zeitablauf (vgl BSG vom 23.5.2018 - B 8 SO 1/18 BH - juris RdNr 10 unter Hinweis auf BT-Drucks 7/4324 S 13). Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig. Soweit sich der Kläger gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung wendet, kann dies nicht Gegenstand einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde sein ( BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § Nr 7).

Es ist schließlich nach Aktenlage auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Insbesondere hat das LSG den Kläger vor der Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter 153 Abs 5 SGG ) angehört (zur Notwendigkeit vgl BSG vom 5.2.2019 - B 8 SO 20/18 BH - juris RdNr 6).

Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Die eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung selbst nicht rechtswirksam vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Auch hierauf hat das LSG in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 18.06.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 SO 264/19
Vorinstanz: SG Köln, vom 17.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 35 SO 454/15