Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 06.05.2020

B 12 R 50/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 06.05.2020 - Aktenzeichen B 12 R 50/19 B

DRsp Nr. 2020/8298

Nachforderung von Beiträgen und Umlagen nebst Säumniszuschlägen zur Sozialversicherung Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. September 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 103 778,62 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich die klagende GmbH gegen die Nachforderung von Beiträgen und Umlagen nebst Säumniszuschlägen durch die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund anlässlich der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin in der Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2011.

Die Klägerin stellt Statisten für militärische Übungen. Sie besitzt eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Der Beigeladene zu 1. betreibt unter der Einzelfirma "DSS" eine Detektei und ein Sicherheitsunternehmen, welche der Klägerin Personen als Statisten vermittelte. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. schlossen einen auf den 5.1.2008 datierten "Vertrag über freie Mitarbeit/Dienstvertrag". Im Nachgang zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Geschäftsführer der Klägerin und Ermittlungsmaßnahmen des Hauptzollamts R., die ua zum Auffinden eines Entwurfs eines Arbeitsvertrags zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. führten, stellte die Beklagte fest, dass neben weiteren Personen der Beigeladene zu 1. aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliege; sie forderte Beiträge, Umlagen und Säumniszuschläge (Bescheid vom 23.1.2013; Widerspruchsbescheid vom 28.1.2014). Im Klageverfahren erkannte die Beklagte die Klage hinsichtlich einer anderen Person an. Das SG München hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.11.2017). Das Bayerische LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 12.9.2019). Zwar hätten die Klägerin und der Beigeladene zu 1. den Willen gehabt, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Entscheidend sei aber, dass nach der tatsächlichen Ausgestaltung Beschäftigung anzunehmen sei. Insbesondere sei der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit regelmäßig in den Geschäftsbetrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur

dann zulassen, wenn

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

1. Die Beschwerdebegründung vom 21.2.2020 stützt sich ausschließlich auf den Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ). Diesen legt die Klägerin aber nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar.

Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG , der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).

Die Klägerin behauptet, das angefochtene Urteil stehe im Widerspruch zum Urteil des Senats vom 31.3.2017 (B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30), indem es auf dem Rechtssatz beruhe, "Die Höhe des Gehaltes von € 7.500,00 spielt für die Bewertung einer selbständigen Tätigkeit keinerlei Rolle." Indem das LSG die monatliche Vergütung nicht als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ansehe, stelle es einen Rechtsatz auf, der von den vom BSG entwickelten Rechtsgrundsätzen abweiche. Ferner behauptet die Klägerin, der Rechtssatz des angefochtenen Urteils "Es besteht keinerlei Vertrauensschutz für die Beschwerdeführerin", sei mit dem Rechtssatz im Urteil des Senats vom 19.9.2019 (B 12 R 25/18 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 43, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) unvereinbar, wonach auch Betriebsprüfungen bei fehlenden Beanstandungen künftig Vertrauensschutz für den Betroffenen entfalten müssten. Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des BSG hätte es bei der Klägerin entgegen dem angefochtenen Urteil des LSG Betriebsprüfungen gegeben, bei denen der Beigeladene zu 1. nicht als "Scheinselbständiger" beanstandet worden sei.

Die Klägerin entnimmt dem angefochtenen Urteil bereits keine abstrakten Rechtssätze, sondern gibt in beiden Divergenzrügen lediglich das konkrete Ergebnis des Subsumtionsvorgangs im individuellen Einzelfall wieder, was bereits in der Formulierung der von ihr gebildeten Sätze deutlich wird. Darüber hinaus legt sie hinsichtlich der ersten Divergenzrüge nicht nachvollziehbar dar, inwieweit dem angefochtenen Urteil überhaupt ein Rechtssatz entnommen werden kann, der Vergütungshöhe komme keine Indizwirkung zu. Tatsächlich enthält das angefochtene Urteil auf Seite 23 Ausführungen zur Höhe der Vergütung, die deshalb nicht als Vergütung einer selbstständigen Tätigkeit angesehen wird, weil sie dem nach dem vorbereiteten Arbeitsvertrag vorgesehenen Gehalt für die Tätigkeit als Arbeitnehmer entspricht. Schließlich legt die Klägerin hinsichtlich ihrer zweiten Divergenzrüge nicht dar, inwieweit die von ihr gebildeten Rechtssätze überhaupt zum gleichen Gegenstand ergangen sind. Schon der von ihr dem in Bezug genommenen Urteil des Senats entnommene Rechtssatz stellt lediglich auf "künftige" Betriebsprüfungen ab. Mit den Ausführungen des Senats zum fehlenden Vertrauensschutz früherer beanstandungsfreier Betriebsprüfungen ( BSG aaO RdNr 29 ff) befasst sich die Klägerin nicht.

Im Kern macht die Klägerin eine Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils geltend. Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, kann im sozialgerichtlichen Verfahren aber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 , § 162 Abs 3 VwGO .

4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 , § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 12.09.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 14 R 5182/17
Vorinstanz: SG München, vom 14.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 47 R 386/14