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BSG - Entscheidung vom 05.11.2020

B 8 SO 34/20 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 05.11.2020 - Aktenzeichen B 8 SO 34/20 BH

DRsp Nr. 2020/18037

Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juli 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ) im Zeitraum vom 1.8.2019 bis 30.6.2020.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin vorläufig ab 1.7.2019 (Bescheid vom 10.7.2019; Widerspruchsbescheid vom 20.8.2019) und endgültig ab 1.8.2019 Grundsicherungsleistungen (Bescheid vom 21.8.2019; Widerspruchsbescheid vom 3.9.2019), jeweils nach der Regelbedarfsstufe 2 und unter Berücksichtigung von Renteneinkommen des Ehemannes. Die hiergegen erhobene Klage, mit der die Klägerin vorgebracht hat, sie lebe tatsächlich von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Wohnung getrennt, ist erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts <SG> Karlsruhe vom 13.2.2020; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden- Württemberg vom 15.7.2020). Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, zwar sei auch innerhalb einer Wohnung Getrenntleben möglich, dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Die Eheleute lebten nicht getrennt.

Die Klägerin hat beim Bundessozialgericht ( BSG ) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich angesichts der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des BSG nicht, wonach Voraussetzung für die Annahme von Getrenntleben ist, dass sich aus den die Beziehung der Ehegatten zueinander kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt, dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen (BVerwG vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344 ; BSG vom 6.12.2018 - B 8 SO 2/17 R - BSGE 127, 85 = SozR 4-3500 § 19 Nr 6, RdNr ). Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig.

Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Klägerin trägt nur vor, es liege kein Beweis dafür vor, dass sie nicht getrennt lebe, und das LSG habe die vorliegenden Umstände falsch gewertet. Eine Revision kann aber nicht auf eine Verletzung von §§ 109 SGG und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG ). Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht 103 SGG ) durch das LSG könnte nur erfolgreich geltend gemacht werden, wenn sich der Vortrag auf einen Beweisantrag im Berufungsverfahren bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein solcher Sachverhalt ist nicht ersichtlich. Das LSG hat unter Anwendung der Grundsätze der oben dargelegten Rechtsprechung des BSG eine Einzelfallentscheidung getroffen, ohne dass ersichtlich ist, dass es sich zu einer weiteren Beweiserhebung bzw weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18d mwN). Die Klägerin selbst hat im Berufungsverfahren jedenfalls keine weiteren Ermittlungsschritte angeregt.

Da der Klägerin keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 15.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 2 SO 838/20
Vorinstanz: SG Karlsruhe, vom 13.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen S 12 SO 3012/19