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BSG - Entscheidung vom 21.01.2020

B 12 KR 60/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 21.01.2020 - Aktenzeichen B 12 KR 60/19 B

DRsp Nr. 2020/3483

Höhe von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Höhe der vom Kläger zu tragenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Landwirtschaftliche Krankenkasse Niedersachsen-Bremen, berechnete diese Beiträge anhand des korrigierten Flächenwertes (Bescheid vom 7.12.2011) und lehnte einen Härtefallantrag des Klägers nach § 41 Abs 7 ihrer Satzung ab (Bescheid vom 16.7.2012; Widerspruchsbescheid vom 15.10.2012) . Das S G hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 12.9.2016). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und ausgeführt, die Satzungsregelung sei hinreichend bestimmt und entspreche den gesetzlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage. Nach der Rechtsprechung des BSG dürften die Beiträge aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung anhand des durchschnittlichen Hektarwertes in der Gemeinde berechnet werden. Nach der Härtefallregelung des § 41 Abs 7 S atz 1 der Satzung sei der durchschnittliche Hektarwert der Betriebssitzgemeinde mit dem individuell finanzamtlich festgestellten Hektarwert der in der Betriebssitzgemeinde vom Kläger bewirtschafteten Flächen zu vergleichen und nicht wie der Kläger meine - mit dem durchschnittlichen Hektarwert aller von ihm landwirtschaftlich genutzten Flächen. Durch den Bezug auf § 41 Abs 2 Nr 1 der Satzung sei der Wortlaut eindeutig und nicht ergänzungsbedürftig. Ergänzend werde auf die systematischen und teleologischen Erwägungen im angefochtenen SG -Urteil Bezug genommen (Urteil vom 17.6.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht hinreichend dargelegt.

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5 mwN).

Der Kläger misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,

"welche Flächen die vom Satzungsgeber in § 41 Abs. 7 S. 1 gewählte Formulierung 'nach dem für die landwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen finanzamtlich festgestellten und nachgewiesenen Hektarwert' erfasst".

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung schon deshalb den Anforderungen nicht genügt, weil sie sich nicht mit den systematischen und teleologischen Erwägungen des SG zur Auslegung der Satzungsvorschrift auseinandersetzt, auf die in der Entscheidung des LSG ausdrücklich Bezug genommen wird. Denn die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage wird in der Regel nicht allein dadurch hinreichend dargelegt, dass der Wortlaut einer Vorschrift auch eine andere Auslegung zuließe.

Die Beschwerdebegründung wird aber jedenfalls deshalb den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht gerecht, weil die Klärungsfähigkeit sowie die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage im Hinblick auf die Auslegung von ausgelaufenem Satzungsrecht nicht hinreichend dargelegt sind.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine konkrete Rechtsfrage zu einer Norm des Bundesrechts aufwirft, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Daher bestehen an ihre Darlegung dann besondere Anforderungen, wenn ausgelaufenes Recht betroffen ist. Bei Rechtsfragen zu bereits außer Kraft getretenem Recht kann eine Klärungsbedürftigkeit nur anerkannt werden, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage dieses ausgelaufenen Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hat. Eine Fortwirkung kann insbesondere dann vorliegen, wenn an die Stelle der bisherigen Regelung eine inhaltsgleiche getreten ist oder die bisherige Regelung im Wortlaut beibehalten und nur formal neu geschaffen wurde. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist, wenn sie nicht offensichtlich erfüllt sind, in der Beschwerdebegründung darzulegen ( BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 10 mwN). Solche Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung allerdings nicht, obwohl die aufgeworfene Frage ausschließlich die Auslegung einer Vorschrift der Satzung der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Niedersachsen-Bremen betrifft. Diese Krankenkasse ist jedoch zum 1.1.2013 aufgrund ihrer Eingliederung in die beklagte Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau aufgelöst worden (Art 1 § 3 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 12.4.2012, BGBl I 579). Damit ist auch die Satzung der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Niedersachsen-Bremen außer Kraft getreten - worauf der Kläger selbst hinweist - und durch die Satzung der Beklagten als Rechtsnachfolgerin vom 9.1.2013 ersetzt worden. Vor diesem Hintergrund mangelt es an der Darlegung der Fortwirkung der hier infrage stehenden Regelung.

Darüber hinaus fehlt es in der Beschwerdebegründung an den gebotenen Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage. Grundsätzliche Bedeutung für eine Zulassung der Revision kann nur solchen Fragen zukommen, zu deren Klärung das Revisionsgericht berufen ist. Die als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage muss eine der Entscheidung des Revisionsgerichts zugängliche Vorschrift betreffen. Denn nach § 162 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Die aufgeworfene Frage betrifft demgegenüber nicht Bundesrecht, sondern ausschließlich die Satzung der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Niedersachsen-Bremen (vgl BSG Urteil vom 20.8.2019 - B 2 U 35/17 R - juris RdNr 28). Dass diese Satzungsbestimmungen wegen überregionaler Geltung gleichwohl revisibel sein sollen, ist vorliegend nicht dargetan.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 17.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 16 KR 663/16
Vorinstanz: SG Hildesheim, vom 12.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 2 KR 779/12