Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 13.05.2020

B 6 KA 43/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2
SGB V § 87b Abs. 1 S. 3

BSG, Beschluss vom 13.05.2020 - Aktenzeichen B 6 KA 43/18 B

DRsp Nr. 2020/9648

Höhe eines vertragsärztlichen Honorars Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig- Holsteinischen Landessozialgerichts vom 29. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 14 073 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ; SGB V § 87b Abs. 1 S. 3;

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars des Klägers für das Quartal 4/2013.

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hatte dem als Facharzt für Chirurgie, Kinderchirurgie und plastische Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Kläger für das Quartal 4/2012 ein Honorar in Höhe von 98 205,83 Euro gewährt. Dabei waren die innerhalb eines - mit Bezug auf die Arztgruppe festgelegten - Regelleistungsvolumens ( RLV ) und die innerhalb eines qualifikationsbezogenen Zusatzvolumens (QZV) erbrachten Leistungen mit einem festen Punktwert zu den Preisen der regionalen Eurogebührenordnung vergütet worden, während die darüber hinausgehenden Leistungen quotiert vergütet wurden. Zum Quartal 4/2013 änderte die Beklagte das System der Honorarverteilung und nahm eine Budgetierung nicht mehr auf der Grundlage von RLV und QZV, sondern auf der Grundlage arztindividueller Punktzahlvolumina (PZV) vor. Im Zusammenhang damit wurden Übergangsregelungen für die Quartale 4/2013 bis 3/2014 eingeführt, mit denen eine durch die Systemänderung bedingte unvermittelte Umverteilung zwischen Ärzten und Arztgruppen vermieden werden sollte. Die in diesem Zeitraum außerdem in Kraft getretenen Änderungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) sollten durch die Übergangsregelungen dagegen nicht ausgeglichen werden (vgl dazu im Einzelnen die Sonderveröffentlichung der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein: "Änderungen im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) und im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) zum 1. Oktober 2013").

Unter Zugrundelegung des geänderten HVM und in Anwendung der darin enthaltenen Übergangsregelungen gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14.4.2014 für das Quartal 4/2013 ein Honorar in Höhe von 99 988,98 Euro. Der Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid ist ebenso wie Klage und Berufung ohne Erfolg geblieben.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG macht der Kläger Rechtsprechungsabweichungen sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG ) geltend.

II

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung des Klägers beruht das Urteil des LSG, das die Rechtmäßigkeit des Honorarbescheides für das Quartal 4/2013 bestätigt, nicht auf einer der geltend gemachten Rechtsprechungsabweichungen (dazu nachfolgend 1.) und die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die formulierten Rechtsfragen sind entweder nicht entscheidungserheblich oder nicht klärungsbedürftig (dazu nachfolgend 2.).

1. Eine Rechtsprechungsabweichung 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) setzt voraus, dass das LSG seiner Entscheidung einen Rechtssatz tragend zugrunde gelegt hat, der einem Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG widerspricht. Das ist hier nicht der Fall.

a) Der Kläger entnimmt der Entscheidung des LSG den folgenden Rechtssatz:

"Die Kassenärztliche Vereinigung ist zu einer Regelung berechtigt, wonach die Vertragsärzte nach einer Systemumstellung derart zusammengefasst werden, dass eine Honorargleichstellung erreicht wird, aus der weder Gewinner noch Verlierer hervorgehen."

Diesen Rechtssatz hält der Kläger mit Rechtssätzen aus Urteilen des Senats vom 18.8.2010 ( B 6 KA 27/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 58 = juris RdNr 23) und vom 5.6.2013 ( B 6 KA 47/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 3 = juris RdNr 30) für unvereinbar, wonach zwischen den Vertragsärzten keine Art "Schicksalsgemeinschaft" der "von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen" bestehe. Der Kläger leitet daraus den Rechtssatz ab:

"Die Kassenärztliche Vereinigung darf keine Honorarverteilungsregelung treffen, die eine Art 'Schicksalsgemeinschaft' von Gewinner- und Verliererpraxen herstellt."

Soweit der Kläger formuliert, dass das LSG eine Regelung gebilligt hätte, nach der Vertragsärzte "zusammengefasst werden", kann das nicht ohne Weiteres nachvollzogen werden. Die Übergangsregelung bewirkt keine "Zusammenfassung" von Vertragsärzten, sondern sie bewirkt, dass die Systemumstellung - hier von einer Budgetierung auf der Basis von RLV zu einer Budgetierung auf der Grundlage von arztindividuellen PZV - in der einjährigen Übergangsphase nur geringe Auswirkungen auf den Honoraranspruch des Arztes hat. Richtig ist, dass das LSG in seiner Entscheidung derartige Übergangsregelungen gebilligt hat.

Darüber hinaus lässt sich der vom Kläger formulierte davon abweichende Rechtssatz, wonach keine Honorarverteilungsregelung getroffen werden dürfe, die eine Art "Schicksalsgemeinschaft" von Gewinner- und Verliererpraxen herstelle, aus der Rechtsprechung des Senats jedenfalls nicht in dieser Allgemeinheit ableiten. Der Kläger verkennt, dass der Senat in den zitierten Entscheidungen nicht generell die Zulässigkeit solcher Übergangsregelungen bei einem Wechsel des Systems der Honorarverteilung in Frage stellt. Es ging in den Entscheidungen vielmehr allein darum, dass die in den maßgebenden Zeiträumen bestehenden gesetzlichen Vorgaben zur Budgetierung auf der Grundlage gerade von RLV nicht im Ergebnis durch Übergangsregelungen unterlaufen werden dürfen. Vergleichbare bundesrechtliche Vorgaben, die durch die im vorliegenden Verfahren maßgebenden Übergangsregelungen konterkariert werden könnten, existierten unter Geltung der hier maßgebenden Rechtslage nicht mehr. Das Ziel der zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Neufassung des § 87b SGB V durch das GKV- Versorgungsstrukturgesetzes (GKV- VStG ) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) bestand gerade darin, die Honorarverteilung zu flexibilisieren und (wieder) zu regionalisieren (BT-Drucks 17/6906, 65; vgl dazu auch BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr RdNr ). Nach § 87b Abs 1 Satz 3 SGB V idF des GKV- VStG galten die bisherigen Bestimmungen insbesondere zur Zuweisung von arzt- und praxisbezogenen RLV nur noch bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab vorläufig fort. Mit den bundesrechtlichen Vorgaben war die Fortführung von RLV deshalb ebenso vereinbar wie die im Bezirk der Beklagten praktizierte Rückkehr zu dem bereits früher in Schleswig-Holstein geltenden System der Budgetierung auf der Grundlage arztindividueller PZV. Regelungen, die den Übergang von einem zulässigen in ein anderes ebenfalls zulässiges System der Honorarverteilung abfedern und sprunghafte Veränderungen der Vergütungshöhe des einzelnen Arztes vermeiden, können selbstverständlich nicht mehr unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass dadurch bundesrechtliche Vorgaben zum anzuwendenden Vergütungssystem unterlaufen würden. Die im HVM der Beklagten vorgesehenen Übergangsregelungen haben im Übrigen gegenüber dem Kläger auch die beabsichtigte Wirkung entfaltet: Sein Honorar entsprach im streitbefangenen Quartal 4/2013 etwa dem Honorar, das er im entsprechenden Quartal des Vorjahres erzielt hatte und überschreitet dieses sogar um 1783,15 Euro. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Umfang der erbrachten Leistungen im Quartal 4/2013 gegenüber dem Referenzquartal 4/2012 wesentlich erweitert hätte und dass deshalb im Quartal 4/2013 ein höherer Anteil von Leistungen mit reduziertem Punktwert vergütet worden wäre oder dass er durch die Übergangsregelungen von Honorarerhöhungen ausgeschlossen worden wäre, die ihm aufgrund der Änderung des EBM-Ä hätten zu Gute kommen müssen, sind nicht ersichtlich und dies ist vom Kläger in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht geltend gemacht worden.

b) Soweit der Kläger der Entscheidung des LSG den Rechtssatz entnimmt

"Honorarregulierungen durch die Kassenärztliche Vereinigung in der Form, dass eine Systemumstellung weder 'Gewinner' noch 'Verlierer' hervorbringt, greifen nicht in den freien Wettbewerb zwischen den Vertragsärzten ein und dürfen von der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgeschrieben werden."

und aus dem Urteil des Senats vom 24.8.1994 ( 6 RKa 15/93 - BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7 = juris RdNr 30) den Rechtssatz ableitet

"Honorarregulierungen durch die Kassenärztliche Vereinigung, die einigermaßen gleichliegende Einkünfte der Vertragsärzte bedingen, beeinträchtigen den Wettbewerb zwischen den Ärzten und greifen nach Ausmaß und Intensität so weit in Art 12 Abs 1 Satz 2 GG ein, dass sie nicht mehr von der KÄV als Vertreterin von Verbandsinteressen vorgeschrieben werden dürfen."

fehlt es bereits an der Darlegung eines Widerspruchs: In der Entscheidung des LSG geht es allein um die Frage, ob die Folgen einer Umstellung des Systems der Honorarverteilung während eines Übergangszeitraums kompensiert werden dürfen. Eine Angleichung von Arzthonoraren wird dadurch nicht bewirkt. Die Ärzte werden lediglich vorübergehend in einem gewissen Rahmen an dem Honorar "festgehalten", das sie unter Geltung des vorher geltenden Vergütungssystems erzielt hatten, sodass Ärzte mit einem hohen Honorar in den ersten Quartalen nach dem Systemwechsel in der Regel weiterhin ein hohes Honorar erzielen können, ohne daran durch die Budgetierung gehindert zu werden, während Ärzte mit ursprünglich niedrigem Honorar auch mit einem engen Budgetrahmen in das neue System "starten". Abweichend davon betraf das zitierte Urteil des BSG die Frage der Zulässigkeit einer Stützung ertragsschwacher Praxen durch besonders ertragreiche Praxen. Eine solche Umverteilung im Sinne einer Angleichung des Honorars der Vertragsärzte ist nicht Gegenstand der Regelungen des HVM, mit denen sich das LSG zu befassen hatte.

2. Auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung liegt nicht vor.

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt ( BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).

a) Der Kläger macht die grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die folgende Rechtsfrage geltend:

"Ist es zulässig, die Ärzte einer Arztgruppe wie eine Art 'Schicksalsgemeinschaft' auf einen einheitlichen Honorarwert ohne 'Verlierer' und 'Gewinner' zu justieren."

Auf die formulierte Rechtsfrage kommt es für die Entscheidung nicht an. Wie oben ausgeführt findet eine Vereinheitlichung der Honorare nicht statt. Vielmehr bewirkt die vom Kläger beanstandete Übergangsregelung, dass die Umstellung des Vergütungssystems nicht zu einer unvermittelten Änderung der Honorarhöhe führt, und dass Vertragsärzte bei gleichbleibender Leistungserbringung im Regelfall auf demselben Vergütungsniveau in das neue System starten. Derartige Übergangsregelungen sind - wie ebenfalls bereits oben ausgeführt - unproblematisch, solange damit nicht Vorgaben zur Einführung eines neuen Vergütungssystems unterlaufen werden. Das ist bezogen auf den hier maßgebenden Zeitraum nicht zu besorgen, weil bundesrechtliche Vorgaben durch das GKV- VStG gerade mit dem Ziel zurückgeführt worden waren, die regionalen Spielräume bezogen auf die Honorarverteilung zu erweitern.

Auch der bei der Berechnung des Honorars des Klägers zur Anwendung kommende arztgruppenspezifische Korrekturfaktor bewirkt keine Angleichung von Honoraren, sondern schreibt die Auswirkungen der zuvor bestehenden Honorarkontingente der Arztgruppen fort. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sich Mengenentwicklungen innerhalb der Arztgruppe zuungunsten des einzelnen der Arztgruppe angehörenden Arztes auswirken würden. Die Bildung arztgruppenbezogener Honorarkontingente hat generell zur Folge, dass sich Steigerungen der Leistungsmenge im Bereich einer Arztgruppe nicht zu Lasten anderer Arztgruppen aber umso deutlicher innerhalb derselben Arztgruppe auswirken. Dass derartige "Töpfe" gleichwohl zur Umsetzung einer gesetzlich vorgegebenen Budgetierung gebildet werden können, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl zB BSG Urteil vom 7.2.1996 - 6 RKa 68/94 - BSGE 77, 288 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11; Engelhard in Hauck/Noftz, § 85 SGB V RdNr 243 mwN). In einer Entscheidung vom 2.8.2017 ( B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 11 RdNr 31) hat sich der Senat darüber hinaus gerade mit den im Bezirk der Beklagten geltenden Regelung zur Bildung arztgruppenspezifischer Quoten innerhalb des auch hier maßgebenden Übergangszeitraums der Quartale 4/2013 bis 3/2014 befasst und diese nicht beanstandet. In dem dortigen Verfahren hatte der Kläger im Übrigen beanstandet, dass der HVM der Beklagten gerade keine ausreichenden Regelungen zum Honorarausgleich zwischen kleinen Arztpraxen mit geringen Fallzahlen und größeren Arztpraxen enthalte und dass er deshalb aufgrund seiner geringen Fallzahlen an einem unterdurchschnittlichen Honorar festgehalten werde. Das Fehlen der vom dortigen Kläger geforderten Regelungen zur Honorarangleichung im HVM der beklagten KÄV hat der Senat in der Entscheidung nicht beanstandet (aaO RdNr 50 ff) und an seiner Rechtsprechung festgehalten, nach der es genügt, wenn kleine Arztpraxen die Möglichkeit haben, durch eine Steigerung der Fallzahl den Fachgruppendurchschnitt zu erreichen (aaO RdNr 42 ff mwN).

b) Der Kläger hält ferner die folgenden Rechtsfragen für klärungsbedürftig:

"Darf die Kassenärztliche Vereinigung bei der Einführung von Individualbudgets auf rechtswidrige Honorarverteilungsmaßnahmen im Bezugszeitraum abstellen?"

und

"Ist es zulässig, bei einem Vergütungssystemwechsel rechtswidrig ermittelte Abrechnungsergebnisse des vorangegangenen Vergütungssystems als Bezugshonorarzahlen zur Berechnung des aktuellen Honorars mit fortwirkender Dauer zugrunde zu legen?"

Die genannten Fragen sind nicht klärungsfähig. Dass Kontingentgrenzen in Anknüpfung an Abrechnungswerte des einzelnen Arztes aus vorangegangenen Zeiträumen gebildet werden können, ist in der Rechtsprechung des Senats seit langem geklärt (vgl zB BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 71/97 R - BSGE 83, 52 , 54 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 209; BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 5 = BSGE 92, 10 , RdNr 10; BSG Urteil vom 23.3.2011 - B 6 KA 6/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 63 RdNr 16, jeweils mwN). Insofern könnte allenfalls die Frage klärungsbedürftig sein, ob auch an rechtswidrig ermittelte Abrechnungsergebnisse angeknüpft werden darf. Dass der Bescheid, mit dem das Honorar aus dem Vorjahresquartal festgestellt wurde, rechtswidrig gewesen sein könnte, geht aus dem Urteil des LSG jedoch nicht hervor und das LSG hat auch keine Feststellungen getroffen, aus denen auf die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides aus dem Vorjahresquartal geschlossen werden könnte. Insofern bezeichnet der Kläger zudem keinen der in § 160 Abs 2 SGG genannten Revisionsgründe, sondern stellt in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Behauptung auf, dass die Festsetzung des Honorars in dem entsprechenden Quartal des Vorjahres, an das bei der Ermittlung des Honorars im Quartal 4/2013 angeknüpft wird, rechtswidrig gewesen sei. Der Angabe der Beklagten, dass der Honorarbescheid für das Quartal 4/2012 bereits bestandskräftig ist, ist der Kläger im Übrigen nicht entgegengetreten. Dafür, dass die Honorarverteilung in diesem Quartal aufgrund einer materiell rechtswidrigen Honorarverteilungsregelung erfolgte (vgl zu diesem Aspekt BSG Urteil vom 20.3.2011 - B 6 KA 6/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 63 RdNr 31; BSG Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 2/07 R - SozR 4- 2500 § 85 Nr 34 = juris RdNr 26 mwN) ist nichts ersichtlich.

c) Der Kläger formuliert außerdem die folgende Rechtsfrage:

"Darf die Kassenärztliche Vereinigung bei der Einführung von Individualbudgets auf die tatsächliche Honorierung im Bezugszeitraum unter Geltung von RLV abstellen oder gebietet es der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, als Bezugsgröße auf die fiktive Vergütung unter RLV im Folgejahr abzustellen?"

In der Beschwerdebegründung erläutert der Kläger sinngemäß, dass eine Erhöhung seiner Fallzahlen unter Fortgeltung des RLV zu einer Erhöhung des Umfangs der unbudgetiert zu vergütenden Leistungen geführt hätte und dass er von der damit verbundenen Honorarsteigerung durch die in den Quartalen 4/2013 bis 3/2014 geltende Übergangsregelung, die ihn an dem Vergütungsniveau in den entsprechenden Vorjahresquartalen festhält, ausgeschlossen worden sei. Insofern ist bereits fraglich, ob der Kläger die Entscheidungserheblichkeit mit dem allgemeinen Hinweis auf eine Fallzahlsteigerung ("hauptsächlich im QZV") in der erforderlichen Weise dargelegt hat. Konkrete Angaben, inwiefern sich die für die Bemessung von RLV und QZV maßgebenden Fallzahlen gerade im Quartal 4/2013 gegenüber dem Quartal 4/2012 erhöht haben, fehlen jedenfalls. Unabhängig davon ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass Ärzte im Falle einer Umstellung des Vergütungssystems für den Zeitraum eines Jahres an dem bisher erzielten Vergütungsniveau festgehalten werden dürfen. Selbst unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen muss nicht zu jeder Zeit eine Wachstumsmöglichkeit eingeräumt werden ( BSG Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 5/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 32; BSG Urteil vom 17.7.2013 - B 6 KA 44/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 2 RdNr 36 ff; BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 11 RdNr 48), solange gewährleistet ist, dass eine Steigerung des Honorars bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe binnen fünf Jahren möglich ist. Für den Kläger, der nicht geltend macht, eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis zu betreiben, kann erst recht nichts Anderes gelten. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass die Übergangsregelung eine "dauerhafte Festlegung" bewirken würde, trifft das nicht zu, weil nach Ablauf des einjährigen Übergangszeitraums grundsätzlich die Möglichkeit besteht, durch eine Erhöhung der Zahl der abgerechneten Punkte das Individualbudget in Zukunft zu erhöhen.

d) Soweit der Kläger fragt:

"Ist es zulässig, Honorarvolumen eines Arztes im Abrechnungsquartal durch die Anwendung einer Quote, die auf die Überschreitungen der gesamten Fachgruppe im Vorjahresquartal abstellt, zu reduzieren oder verstößt diese Honorarabrechnung gegen die Grundsätze einer leistungsproportionalen Vergütung bzw. den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit"

und

"Ist es zulässig, dass eine KV das im Vorjahresquartal erwirtschaftete Honorar eines einzelnen Arztes, das als Ausgangsquartal für das Abrechnungsquartal gilt, reduziert, indem sie die durchschnittliche Überschreitung der Arztgruppe im Vorjahresquartal zu seinen Lasten in Abzug bringt?"

ist dies nicht klärungsbedürftig. Wie bereits unter 2. a) und b) dargelegt ist in der Rechtsprechung geklärt, dass arztgruppenbezogene Honorarkontingente gebildet werden dürfen und dass außerdem Kontingentgrenzen in Anknüpfung an Abrechnungswerte des einzelnen Arztes aus vorangegangenen Zeiträumen gebildet werden dürfen.

e) Der Kläger fragt ferner:

"Steht es mit dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit im Einklang, wenn die KV in ihrem HVM eine Regelung vorsieht, wonach eine Honoraranpassung für eine Praxis vorgenommen wird, die ein Leistungsangebot, das dauerhaft von einer anderen Praxis eingestellt wird, übernimmt, während andere Praxen, die dieses Leistungsangebot dauerhaft erbringen, grundsätzlich von einer Honoraranpassung ausgenommen sind?"

Der Kläger hat bereits die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Die in der Frage angesprochene Regelung unter Teil C Nr 4 Abs 13 des HVM regelt eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Arzt an dem Honorarniveau aus dem entsprechenden Vorjahresniveau festgehalten wird, selbst wenn er die abgerechnete Leistungsmenge steigert. Wie oben ausgeführt ist ein solches Moratorium grundsätzlich zulässig. Nach Teil C Nr 4 Abs 13 des hier maßgebenden HVM soll das ausnahmsweise nicht für den Fall gelten, dass eine Praxis ein Leistungsangebot, das dauerhaft von einer anderen Praxis eingestellt wird, übernimmt. Der Kläger legt nicht konkret dar, dass er sein Leistungsangebot in dem hier maßgebenden Zeitraum des Moratoriums überhaupt gesteigert hat. Deshalb ist auch nicht ersichtlich weshalb er einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit der unter Teil C Nr 4 Abs 13 HVM angesprochenen Gruppe von Ärzten haben sollte.

Im Übrigen begegnet es ersichtlich keinen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebotes nach Art 3 Abs 1 GG , wenn von dem sog Moratorium Ausnahmen für den Fall geregelt werden, dass die Erweiterung des Leistungsangebots aus Versorgungsgründen dringend geboten ist. Davon kann typisierend ausgegangen werden, wenn eine Praxis ein Leistungsangebot, das dauerhaft von einer anderen Praxis eingestellt wird, übernimmt. Soweit der Kläger geltend macht, dass er Anspruch auf Gleichbehandlung haben würde, weil er ein "fachfremdes Leistungsangebot" aufrecht erhalten würde, so kann der Senat dem nicht im Ansatz folgen. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Arzt grundsätzlich keinen Anspruch auf Vergütung für Leistungen, die für ihn fachfremd sind. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass Beschränkungen des Fachgebiets den Arzt auch in seiner Tätigkeit als Vertragsarzt erfassen (stRspr, s zB BSG Urteil vom 2.4.2003 - B 6 KA 30/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 5 = juris RdNr 15 mwN; BSG Urteil vom 8.9.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8, RdNr 6). Ausnahmen gelten nach ständiger Rechtsprechung für Notfallbehandlungen und für Leistungen, bei denen dem behandelnden Arzt ausnahmsweise im Einzelfall die Überweisung an einen anderen Gebietsarzt nicht zumutbar wäre sowie für fachfremde Leistungen, die im Verhältnis zu der vorgenommenen Fachbehandlung von gänzlich untergeordneter Bedeutung sind (vgl BSG Urteil vom 29.9.1999 - B 6 KA 38/98 R - BSGE 84, 290 , 296 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 90 f mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 19).

Auch wenn der Kläger den Begriff "fachfremd" nicht in diesem Sinne verwendet haben sollte, sondern damit Leistungen meint, die von den Ärzten gerade seiner Fachgruppe selten erbracht werden, wäre nicht zu erkennen, welche sachlichen Gründe es gebieten könnten, Ärzte mit einem für die Fachgruppe unüblichen Leistungsangebot mit Ärzten gleich zu behandeln, die ihr Angebot um bestimmte, aus Versorgungsgründen dringend erforderliche Leistungen erweitern. Soweit der Kläger geltend macht, dass er ein "fachfremdes" Leistungsangebot gerade zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung "aufrecht erhält", fehlt es dazu sowohl an Feststellungen im Urteil des LSG als auch an näheren Darlegungen des Klägers. Außerdem liegt es auf der Hand, dass bei einer Budgetierung wie der im Bezirk der Beklagten geltenden, die an die Honorarabrechnung aus einem vorangegangenen Zeitraum anknüpft, Honorarausgleichsmaßnahmen eher bei einer aus Versorgungsgründen erforderlichen Erweiterung des Leistungsangebots, als bei einer bloßen Aufrechterhaltung des - bereits in das Punktzahlvolumen des Ausgangsquartals eingeflossenen - Leistungsangebots erforderlich sein können.

Ferner sieht Teil C Nr 4 Abs 11 HVM der Beklagten eine Neufestlegung des PZV in begründeten Einzelfällen aus Sicherstellungsgründen und Teil C Nr 5 HVM Honorarausgleichsmaßnahmen in Fällen unbilliger Härte vor. Ob die behaupteten Sicherstellungsaspekte bezogen auf die vom Kläger angebotenen Leistungen - gemeint sind wohl in erster Linie gastroskopische Leistungen - eine Erhöhung des PZV oder Honorarausgleichsmaßnahmen begründen können, ist eine Frage des Einzelfalls und deshalb nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu begründen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO . Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels 154 Abs 2 VwGO ).

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 , § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der Festsetzung des LSG, die von keinem der Beteiligten beanstandet wurde.

Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 29.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KA 12/16
Vorinstanz: SG Kiel, vom 23.02.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 2 KA 428/14