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BSG - Entscheidung vom 12.08.2020

B 8 SO 20/20 B

Normen:
SGB XII § 82
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 12.08.2020 - Aktenzeichen B 8 SO 20/20 B

DRsp Nr. 2020/13693

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII Anrechnung eines Guthabens aus einer Abrechnung über Heizkosten und Betriebskosten als Einkommen Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 2020 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGB XII § 82 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Im Streit ist die Anrechnung eines Guthabens aus einer Heiz- und Betriebskostenabrechnung als Einkommen.

Der Kläger bezieht neben einer Altersrente ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ); die Miete zahlt die Beklagte direkt an die Vermieterin. Die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2017 wies ein Guthaben von 166,85 Euro aus, das die Vermieterin mit der Miete für den Monat August 2018 verrechnete. Die Beklagte änderte daraufhin die Bewilligung von Leistungen für August 2018 ab und berücksichtigte das Nebenkostenguthaben in Höhe von 166,85 Euro bedarfsmindernd als Einkommen (Bescheide vom 16. und 20.7.2018, Widerspruchsbescheid vom 15.10.2018). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Detmold <SG> vom 27.5.2019; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein- Westfalen <LSG> vom 27.1.2020).

Der Kläger wendet sich dagegen mit seiner Beschwerde und macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, weil das Bundessozialgericht ( BSG ) bislang zur Anwendung und Auslegung des § 82 SGB XII noch nicht ausdrücklich Stellung genommen habe. Die vom LSG gefundene Auslegung, wonach das Guthaben Einkommen sei, verstoße gegen die auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegebenen Auslegungsgrundsätze. Folglich sei das Urteil des LSG rechtsfehlerhaft ergangen.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Denn der Kläger hat noch nicht einmal eine konkrete Rechtsfrage formuliert, deren Beantwortung durch den Senat angestrebt wird. Denn die schlichte Behauptung, das BSG habe zur Auslegung des Begriffs des Einkommens in § 82 SGB XII "noch keine Stellung genommen", genügt den an eine abstrakte Rechtsfrage zu stellenden Anforderungen erkennbar nicht.

Zudem fehlt es an der ausreichenden Darlegung der Klärungsfähigkeit. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist ( BSG vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § Nr 31). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsfähigkeit - konkretindividuell sachlich entscheiden müssen ( BSG vom 25.6.1980 - 1 BA 23/80 - SozR 1500 § 160 Nr 39 und BSG vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § Nr 31). Dies erfordert es, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht ( BSG vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § Nr 31). Der Kläger trägt jedoch nur vor, das LSG habe rechtsfehlerhaft den Standpunkt vertreten, es handle sich bei den zurückgezahlten Nebenkosten um Einkommen iS des § 82 SGB XII . Weder setzt sich der Kläger mit der bereits existierenden Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des Einkommensbegriffs nach § 82 SGB XII auseinander (vgl dazu nur beispielhaft BSG vom 28.2.2013 - B 8 SO 12/11 R - BSGE 113, 86 = SozR 4-3500 § 84 Nr 1 RdNr 14), noch mit der vom LSG vorgebrachten Argumentation, warum es sich bei der Nebenkostenrückzahlung nicht (mehr) um anrechnungsfreie Leistungen nach dem SGB XII handelt. Vielmehr behauptet er nur das Gegenteil. Die Frage, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist jedoch kein Grund, der die Zulassung der Revision rechtfertigen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 27.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 SO 314/19
Vorinstanz: SG Detmold, vom 27.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 2 SO 297/18