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BSG - Entscheidung vom 08.04.2020

B 13 R 65/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 08.04.2020 - Aktenzeichen B 13 R 65/19 B

DRsp Nr. 2020/7642

Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

I

Mit Urteil vom 16.1.2019 hat das Bayerische LSG einen Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich ausschließlich auf Verfahrensmängel (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

II

Die Beschwerde der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

die angefochtene Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

In ihrer Beschwerdebegründung von 30.4.2019 beruft sich die Klägerin ausschließlich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln. Diese werden jedoch nicht hinreichend bezeichnet.

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81 - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.10.2018 - B 13 R 59/18 B - juris RdNr 7). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zugrunde zu legen ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG ( BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG ; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr - juris RdNr ). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 - juris RdNr 16 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN). Daran fehlt es.

Die Beschwerdebegründung vom 30.4.2019 genügt hinsichtlich sämtlicher von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel schon deshalb nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG , weil die Klägerin den Sachverhalt, der dem angefochtenen Urteil des LSG zugrunde liegt, nicht hinreichend mitgeteilt hat. Zwar wird als Gegenstand des Rechtsstreits ein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung oder Umschulung zum Beruf einer Fremdsprachenkorrespondentin benannt, der bereits in der Vergangenheit wiederholt abgelehnt worden sei. Jedoch sind weder der Gang des Verwaltungs- noch des Gerichtsverfahrens in einer Weise dargestellt, die den Senat in die Lage versetzen würde, sich aufgrund der Beschwerdebegründung ein Bild über das Vorliegen möglicher Verfahrensmängel zu machen. Es ist aber nicht Aufgabe des erkennenden Senats, sich den maßgeblichen Sachverhalt aus den Akten oder der angegriffenen Entscheidung herauszusuchen (vgl BSG Beschluss vom 31.5.2017 - B 5 R 358/16 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 3 f).

Unabhängig hiervon genügt die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Bezeichnung des ausdrücklich geltend gemachten Verstoßes gegen § 103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) auch deshalb nicht, weil die Klägerin entgegen § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG keinen Beweisantrag benennt, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zudem kann ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; ferner Leitherer in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 18c mwN). Wird ein Rechtsstreit - wie vorliegend - ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG ( BSG Beschluss vom 1.9.1999 - B 9 V 42/99 B - SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f; BSG Beschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - juris RdNr 10). Dass sie vor dem LSG einen formgerechten Antrag auf Einholung einer erneuten Eignungsprüfung oder auf eine Beweiserhebung in anderer Form gestellt hätte, wird von der Klägerin nicht dargetan.

Nicht hinreichend bezeichnet werden zudem die von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensmängel, "begründet durch die Nichtausübung des Ermessens, … die Umdeutung des Antrages der Klägerin und die Nichteinbindung bzw. Nichtprüfung der Einbindung der Mitwirkung der Bundesagentur für Arbeit". Insoweit bleibt auch bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Beschwerdebegründung offen, ob hiermit Verstöße des Gerichts im unmittelbar vorangehenden Rechtszug angesprochen werden oder solche der Beklagten im Verwaltungsverfahren. Gleichzeitig wird nicht deutlich, gegen welche Normen des Verfahrensrechts hier konkret verstoßen worden sein soll. Jedoch können - wie oben ausgeführt - mit der Beschwerde nur bestimmte Verstöße des LSG gerügt werden, die anders als vorliegend in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konkret zu bezeichnen sind.

Letztendlich wendet sich die Klägerin im Kern gegen die inhaltliche Richtigkeit des Berufungsurteils. Diese kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 16.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 19 R 14/17
Vorinstanz: SG Bayreuth, vom 27.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 55/15