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BSG - Entscheidung vom 04.05.2020

B 12 KR 86/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 04.05.2020 - Aktenzeichen B 12 KR 86/19 B

DRsp Nr. 2020/11160

Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Weisungsgebundenheit eines Geschäftsführers einer GmbH

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Juli 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Feststellung von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund Beschäftigung in seiner Tätigkeit als Fremdgeschäftsführer der zu 3. beigeladenen GmbH in der Zeit vom 1.11.2007 bis 5.8.2009 durch die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle.

Der Kläger war seit 1997 als Prokurist und ab 1.2.2001 als Geschäftsführer der zu 3. beigeladenen GmbH sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ab Oktober 2007 erfolgten diverse Änderungen: Gemeinsam mit zwei weiteren Personen gründete er eine Holding-GmbH, an deren Stammkapital die Gesellschafter jeweils 8400 Euro hielten. Alle drei wurden Geschäftsführer der Holding-GmbH. Die Holding-GmbH wurde am 29.10.2007 alleinige Gesellschafterin der Beigeladenen zu 3. Am 16.11.2007 wurden die beiden weiteren Gesellschafter der Holding- GmbH neben dem Kläger zu Geschäftsführern der Beigeladenen zu 3. bestellt. Der Geschäftsführervertrag des Klägers wurde neu gefasst. In dem vom Kläger initiierten Einzugsstellenverfahren stellte die beklagte Krankenkasse fest, dass er seit 1.11.2007 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht ua in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege (Bescheid vom 4.6.2008; Widerspruchsbescheid vom 17.12.2008). Nach angenommenem Teilanerkenntnis hat die Beklagte im sozialgerichtlichen Verfahren festgestellt, dass der Kläger ab 6.8.2009 nicht mehr aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliegt. Das SG Bayreuth hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 2.3.2015). Das Bayerische LSG hat die Berufung zurückgewiesen und dem Kläger Missbrauchskosten iHv 1000 Euro auferlegt. Als Fremdgeschäftsführer der zu 3. beigeladenen GmbH unterliege der Kläger aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht. Eine evtl Sperrminorität in der Holding-GmbH habe nicht Weisungen an die beherrschte Gesellschaft - die Beigeladene zu 3. - betroffen. Auch ändere die Übernahme einer Bürgschaft durch den Kläger an der Bewertung nichts (Urteil vom 23.7.2019). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision.

II

1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Beschwerdebegründung vom 18.12.2019 stützt sich ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Diesen legt der Kläger aber nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar.

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN).

Der Kläger formuliert auf Seite 11 f der Beschwerdebegründung folgende Fragen:

"Ist für die Weisungsgebundenheit eines Geschäftsführers einer GmbH und für dessen Möglichkeiten, ihm unliebsame Beschlüsse in der GmbH abzuwenden, auf die Willensbildung in einer weiteren GmbH abzustellen, wenn diese weitere GmbH im Rahmen einer Holding-Struktur die alleinige Gesellschafterin der GmbH ist und diese weitere Gesellschaft bei bestehendem umfassenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (auch Überwälzung von Verlust als negativen Gewinn) die herrschende GmbH über die GmbH als beherrschte Gesellschaft ist? Reicht es für die Annahme von Unternehmerrisiko eines Gesellschafter-Geschäftsführers aus, dass er für die Gesellschaft eine persönliche Bürgschaft über 75.000,00 € übernommen hat?

Ist Unternehmerrisiko für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer im Rahmen eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages beherrschten GmbH anzunehmen, wenn der GmbH als beherrschter Gesellschaft Verluste von einer weiteren Gesellschaft im Rahmen bestehender Holding-Struktur auszugleichen sind und der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH auch an der herrschenden Gesellschaft beteiligt ist und damit direkt an deren wirtschaftlichem Ergebnis und durch den Ergebnisabführungsvertrag vermittelt auch am wirtschaftlichen Ergebnis der GmbH teilnimmt?"

a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts 162 SGG ) mit höherrangigem Recht ( BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert hat. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).

b) Unabhängig davon legt der Kläger auch die Klärungsbedürftigkeit der gestellten Fragen nicht hinreichend dar. Er unterlässt es, die umfangreiche Rechtsprechung des Senats zur Frage des Status eines Fremdgeschäftsführers darauf hin zu untersuchen, inwieweit sich daraus eine Beantwortung seiner gestellten Fragen ergeben kann, obwohl das LSG hierauf bereits hingewiesen hat. Speziell zur Frage einer Rechtsmacht durch eine wirtschaftliche Abhängigkeit setzt sich der Kläger nicht mit dem Urteil des Senats vom 29.8.2012 (B 12 R 14/10 R - juris RdNr 30) auseinander. Schließlich befasst er sich nicht damit, dass sich nach der Rechtsprechung des Senats auch aus der Übernahme von Bürgschaften keine unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten bestehende Vergleichbarkeit mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergeben kann (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26). Im Kern seines Vorbringens rügt der Kläger in erster Linie eine seiner Meinung nach gegebene Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Urteile, was in seinen Formulierungen "Zur zutreffenden Würdigung des der Klage zu Grunde liegenden Sachverhalts hätten die Vorgerichte abstellen müssen auf (…)", "Die Vorgerichte legen ihren Urteilen unzutreffend zu Grunde (…)" und "Entgegen der Ansicht des Vorgerichte hat der Kläger auch Unternehmerrisiko getragen." deutlich wird. Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, kann im sozialgerichtlichen Verfahren aber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

2. Die Beschwerde kann nicht auf die Rechtswidrigkeit der Auferlegung von Kosten iHv 1000 Euro wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG gestützt werden. Der Kläger kann sich nicht auf Abs 3 Satz 2 der Norm berufen. Danach kann die Entscheidung nach § 192 Abs 1 SGG durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden. Eine solche Aufhebung kann nur durch eine Kostenentscheidung im zugelassenen Rechtsmittelverfahren erfolgen. Eine Überprüfung ist dem BSG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren verwehrt. Da der Kläger gegen die Entscheidung des LSG in der Hauptsache jedoch keinen Revisionszulassungsgrund entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen dargelegt hat, wäre eine Überprüfung der Anwendung von § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG eine isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung, die gemäß § 165 Satz 1 iVm § 144 Abs 4 SGG nicht zur Zulassung der Revision führen könnte und deshalb auch nicht gesondert mit der Beschwerde geltend gemacht werden kann (stRspr, zuletzt BSG Beschluss vom 28.10.2010 - B 13 R 229/10 B - SozR 4-1500 § 192 Nr 1 RdNr 14-15 mwN). Ungeachtet dessen lässt sich aus der Auferlegung von sogenannten "Missbrauchsgebühren" auch kein Verfahrensfehler ableiten ( BSG Beschluss vom 19.10.2017 - B 3 KR 4/17 B - juris RdNr 11 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 23.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 KR 176/15
Vorinstanz: SG Bayreuth, vom 02.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 6 KR 29/09